Donnerstag, der 30. April 1970

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Zur Eröffnung der Grazer Messe hatte ich nur eine Einladung
bekommen, ohne daß vorgesehen war, daß ich dort auch eine
Ansprache halten sollte. Bisher hatten immer der Handelsmin-
ister oder der Finanzminister eine solche Ansprache gehalten.
Ich hatte deshalb dem Büro den Auftrag gegeben nur mitzuteilen,
daß ich eine Begrüßungsadresse schicken würde. Auf Intervention
Pittermann erklärte ich mich bereit, dann doch zur Grazer Messe
zu fahren, wenn ich eine entsprechende Sprechmöglichkeit bekomme.
Dies ist letztenendes auch gelungen und ich wurde zwischen den Er-
klärungen des Landeshauptmann Krainer und der Eröffnungsrede
des Bundespräsidenten eingeschoben.

Beim Empfang auf der Burg vom Landeshauptmann versuchte
ich bereits mit den Handelskammer- und Industriellenvereinigungs-
leuten Kontakt zu bekommen. Leider war aber keiner anwesend.
Bei der Messeeröffnung konnte ich dann den Grund feststellen, warum ich
scheinbar nicht reden sollte. Krainer, der eine sehr gut vorbe-
reitete Rede las, kam darauf zu sprechen, daß sich die
politische Landschaft geändert hätte und man jetzt insbesondere
der Entwicklung genaues Augenmerk zuwenden müßte. Besonders
der Schutz des Eigentums müßte gesichert werden. Ich hatte in
meiner verhältnismäßig sehr kurzen Rede Gelegenheit diesen


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Angriff sofort zu parieren in dem ich erklärte, auch für uns
steht der Schutz des Eigentums außer jeder Diskussion.

Hier hatte ich als einziger von den Begrüßungsansprachen einen
Beifall, wahrscheinlich von den sozialistischen Zuhörern erhalten.
Nach Beendigung meiner Rede mußte ich mich wieder neben den Landes-
hauptmann setzen und zu meiner größten Verwunderung spendete
er mir ein ganz großes Lob in dem er sagte "Sehr gut gemacht,
echt Krainerisch". lm folgenden hatte ich Gelegenheit beim Durch-
gang der Messe die Herren der Industriellenvereinigung und der
Handelskammer kennen zu lernen und mit ihnen Gespräche zu
führen. Zu meiner größten Verwunderung waren sie sehr
erfreut über meine Erklärung bezüglich des Eigentums, denn
sie sagten , vom Landeshauptmann hätten sie sich eine positive
Stellungnahme dazu erwartet. Scheinbar aber nicht von der so-
zialistischens Regierung. Ich glaube es ist mir gelungen, sie
einigermaßen zu beruhigen. Da ich mittags noch ein Pressegespäch
im Steirerhof abführte, mußte ich mich vorzeitig vom Bundes-
präsidenten verabschieden, der mir zu meiner größten Überraschung
mitteilte, er hätte gerne gesehen, wenn ich mit ihm in seinem Salon-
wagen nach Wien zurückgefahren wäre, um mit mir 1 Stunde zu
debattieren. Ich mußte mich bei ihm entschuldigen, da ich um 16.00
Uhr in Wien einen Termin hatte. und habe mit Kabinettsdirektor
Drescher ausgemacht, daß, sobald der Herr Bundespräsident Zeit
hat, ich jederzeit zu einer Aussprache zur Verfügung stehe. Ich
mußte dann noch die Flecktierschau von Präsident Wallner seinem
Zuchtverband besichtigen und anschließend mit Redakteur Riedler


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von der "Neuen Zeit" auch den Druckereistand von Leykam be-
sichtigen. Er ärgerte sieh maßlos weil, als wir dort hin kamen,
der vorgesehene Fotograf nicht vorhanden war, ich aber keine
Zeit mehr hatte zu warten, da ich die Pressegespräche im Steirer-
hof führen mußte.

Anmerkung für Fritz:
Eventuell Pressegespräch schildern, von mir aus nicht notwendig.

Nach dem Pressegespräch fuhren wir unverzüglich nach Wien,
da ich um 16.00 das wirtschaftspolitische Komitee der SPÖ
einberufen hatte.
Zu unserer größten Verwunderung ist unser amerikaniseher
Schlitten knapp vor Vösendorf ausgefallen und der ARBÖ
mußte ihn abschleppen. Wir selbst wurden durch die Gendarmerie
nach Wien gebracht, so daß ich mit einiger Verspätung doch noch
zur Sitzung kommen konnte.

Anmerkung für Otto:
Bitte die Sitzsng schildern. Ich glaube, deren Verlauf und Inhalt ist
wichtig. da ich vom Anfang an nicht anwesend war und nicht weiß,
wer das Papier vorgelegt hat. (auch dieses mitteilen).

Abends fand der Fackelzug der sozialistischen Jugend Wiens statt.
Gott sei dank bewegte er sich derzeit nur vomn Heldenplatz bis zum
Rathaus. Ich sage deshalb Gott sei dank, weil in den vergangenen Jahren


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immer wieder ein Anmarsch zum Sammelplatz Schwarzenbergplatz
von den einzelnen Bezirken sich meist wüste Elemente, meistens
ganze Platten, in den Zug eingeschlichen hatten, und dadurch der
Eindruck entstand, als bestehe die sozialistische Jugend nur aus
lauter Rowdis und Gammlern und sonstigen unseriösen Elementen.

Tätigkeit: CR "Neue Zeit"


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