Bei Besprechungen mit den Abteilungsleitern, das sind Ministerial-
räte, kann ich immer feststellen, dass sie verwundert sind, dass
in Zukunft ein anderer Arbeitsstil im Ministerium einziehen soll.
Sie geben sich alle sehr begeistert, allerdings weiss ich nicht, wie
weit dies tatsächlich bei ihnen zutrifft. Auf alle Fälle erklärte
ich z.B. Min.Rat Fälbl, der mich um Spezialweisungen für die rumä
nischen Verhandlungen bat, dass ich ihm eine solche gar nicht zu
geben beabsichtige, sondern dass er sich bemühen müsste, die liberal-
ste Form der Verhandlungsführung und das Ergebnis womöglich recht
liberalen Handelsvertrag zu erreichen. Der Hinweis, dass er ins-
besondere Schwierigkeiten mit Vertretern des Landwirtschaftsmini-
sterium hätte, veranlasste mich, den Herrn Landwirtschaftsminister
anzurufen und zu bitten, dass er mit seinen Beamten in diesem Sinne
spricht. Vor allem wurde mir mitgeteilt, dass es einen Briefwechsel
zwischen Bock und Schleinzer gegeben hat, worin festgelegt wurde,
dass entgegen dem Gesetz auch in Zukunft das Handelsministerium
nur im Einvernehmen mit dem Landwirtschaftsministerium entsprechende
Abänderungsanträge bei Handelsvertragsverhandlungen stellen sollte.
d.h. die Handelspolitik gegenüber dem Osten war ausschliesslich vom
Landwirtschaftsministerium diktiert. Wir konnten in der Arbeiterkammer
seinerzeit immer wieder feststellen, dass deshalb gegenüber dem Osten
eine verhältnismässig orthodoxe Einstellung Platz gegriffen hatte,
d.h. es war in den seltensten Fällen eine Aufstockung der Kontingente
oder eine Liberalisierung zu erreichen. Ich erklärte dem Landwirt-
schaftsminister, dass es für mich vollkommen untragbar wäre, an
eine solchen Briefwechsel gebunden zu sein, da insbesondere diesen
Brief im Ministerium überhaupt niemand kannte in konkrete, nur von
seinem Inhalt im Ministerium alle Abteilungen Bescheid wussten.
Bei der ersten der BÜRGES-Kreditaktion, an der ich teilnahme, wurde
die neuen Richtlinie diskutiert. Es stellte sich dabei heraus, dass
die jungen Vertreter der Handelskammer Dr. Rief weitestgehend er-
kannt haben, dass solche Richtlinien dringend notwendig seien, denn
insgesamt sollte auf Grund des 3 %-igen Gewerbesteuerertrages, die
für die BÜRGES im Strukturuverbesserungsgesetz gebunden sind,
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72 Mio S zur Verfügung stellen. Bis zum 12. Mai wurden aber bereits
310 Anträge mit einer Summe von 389 Mio S eingereicht, die bei
einem Zuschuss von 3 % und einer Laufzeit von 10 Jahren, d.h. bei
5-jährigen Förderungszeit 45 Mio S erforderlich machen würden.
Das Finanzministerium hatte mit der Maiüberweisung von 3 Mio S
eine Summe von 16 Mio S bis jetzt zur Verfügung gstellt. Aus diesem
Grund war es notwendig, dass die Richtlinien der BÜRGES für das
Gewerbestrukturverbesserungsgesetz wesentlich verschärft wurden
und interesaanterweise ergab die Diskussion, dass die Handelskammer
hier rigoros vorgehen wollte. Korinek, der Geschäftsführer der
BÜRGES und ehemaliger Generalsekretär der BHK, zeigte sich von
diesem Vorgehen nicht sehr begeistert, erklärte allerdings, dass
das Windhundverfahren. d.h. ,dass der der früher einreicht zum
Zug kommen sollte, auch von seinem Standpunkt aus unbefriedigend
ist. Am liebsten hätte er natürlich eine Richtlinie, die ihm er-
möglicht zu sagen, auf Grund der Richtlinie ist dieser Fall abzu-
lehnen und er selbst keine einzelne Überprüfung des Falles vornehmen
müsste. Dies ist allerdings vollkommen unmöglich und deshalb muss
eine Verschäfung der Richtlinie erreicht werden. Zuerst verlangte
der Handelskammervertreter, Dr. Rief, dass man einmal über
das ganze Problem im eigenen Hause bei der Handelskammer diskutieren
müsste, doch ich hoffe,dass wir ihn überzeugt hatten, dass wenig
Zeit zur Verfügung steht, weil jetzt die Anträge nach den alten
Richtlinien genehmigt werden und dann sehr bald der unbefriedigende
Zustand eintreten würde, dass da kein Geld mehr vorhanden ist,
eine weitere Aufnahme von Anträge nicht mehr in Frage kommt.
Eine Bemerkung bei dieser Diskussion war für mich so typisch,
als ich erklärte, er hätte in diesem Punkt schon öfter Diffe-
renzen mit dem Geschäftsführer Korinek gehabt, erwiderte dieser,
er könnte sich auf solche Differenzen nicht erinnern, wenn er
sei übrigens gewohnt, mit anderen Kalibern Differenzen zu haben
als mit Dr. Rief. Es zeigt sich also, dass alte Herren sehr empfind-
lich sind und nicht anerkennen wollen, dass junge Leute, wenn sie
in Positionen aufrücken, nicht nur eigene Meinungen haben, sondern
vor allem auch, dass sie darauf Wert legen, dass mit ihresgleichen
also Minister Korinek nur entsprechend höhergestellte Persönlichkei-
ten diskutieren und Differenzen haben sollen.
Mittags hatte ich Dr. Salcher, den Landesobmamn der Sozia-
listischen Partei von Tirol in meinem Büro. Die Brixlegger
Kupferhütte und die Mitterberger Kupferhütte hatten in der
Nähe von St. Johann in Tirol Versuchsbohrungen mit einer Süd-
afrikanischen Kupferfirma durchgeführt und bergbehördliche
dazu die Genehmigung von meinem Vorgänger erhalten. Es
handelte sich um Versuchsbohrungen, ob und inwieweit dort
Kupfer gefunden werden könnte. Da es sich um ein Fremdenver-
kehrsgebiet handelt, hatte die umliegenden Gemeinden grosse
Angst, dass hier irgendwie ein Industrierevier entstehen würde
und es entwickelte sich schön langsam dort eine entsprechende
Volksmeinung gegen die Industrialisierung. Teilweise wird davon
gesprochen, dass hier sogar nicht nach Kupfer sondern nach Uran
gesucht werden soll, teilweise wird behauptet, es sei pures Gold
gefunden worden. Auf alle Fälle hatte mich Salcher und Dr. Rein-
hardt von der Arbeiterkammer Tirol mich aufmerksam gemacht,
dass hier eine grosse Gefahr im Anzug ist. Ich hatte deshalb den
Vertreter der Obersten Bergbehörde gebeten, er sollte eine genaue
Aufklärung dieses Falle Dr. Salcher geben, was auch tatsächlich
geschehen ist und er war sehr befriedigt von dieser Vorgangs-
weise. Da mich auch der Landeshauptmann Wallnöfer in dieser
Frage anschrieb, hatte ich Salcher zuerst den Brief gezeigt,
bevor ich ihn an den Landeshauptmann mit einer sachlichen Dar-
stellung abgeschickt hatte. Ich erklärte Salcher, dass ich im
Büro die Absicht hätte, vonallen wichtigen Landesfragen, die
Parteispitze zu informieren, dass ich überzeugt war, dass die
ÖVP-Landeshauptleute unsere Landtagsmitglieder oder Landesregie-
rungsmitglieder nicht verständigten und sie deshalb einen ge-
wissen Informationsmangel haben. Dieser sollte durch dieses
neue System, das ich zu etablieren versuchte, ausgeglichen
werden. Ausserdem erinnerte ich den Vertreter der Obersten Berg-
behörde, dass ich es wünschen würde wenn auch dann wenn nicht
unmittelbar Parteienstellung der einzelnen Gemeinden oder sonstigen
Vertreter gegeben ist, in solchen Fällen die Bergbehörde doch
nicht nur Auskunft geben, sondern weitestgehend Aufklärung über
die beabsichtigten Massnahmen.Der Ministerialrat Gasser sagte
mir zu, er würde dies gerne tun, da er selbst einmal erlebte,
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wie er, als er noch als Aussenstelle der Bergbehörde nach
Grundla kam, dort eine entsprechende Beunruhigung in der Be-
völkerung wegen eines Steinbruches feststellen konnte, und er
durch entsprechende Aufklärung und Diskussion mit der Bevölke-
rung feststellen konnte, dass diese dann den notwendigen Schrit-
ten ein entsprechendes Verständnis entgegenbracgte. Ich versuchte,
nihm auch noch zu erklären, dass der Mehraufwand in Wirklihkeit
sehr minimal ist, denn wenn ich über die örtlichen Organisationen,
über eine Vorgangsweise höhe, dann würde ich doch über die Berg-
behörde entsprechende Berichte anfordern und die Beamten hätten dann
nur mehr Arbeit. mich zu informieren und ich informiere dann über das
Ministerium die dortigen Interssenvertretungen . Mir erschiene
es deshalb viel wichtiger und richtiger, dass gleich eben von Sei
te der örtlichen Bergbehörde die Organe angewiesen sind, entspreche
chende Auskünfte allen entsprechenden Stellen zu geben..
Da die Bundeskammer eine Presseaussendung gegen die Gewerbe-
ordnungsnovelle oder besser gesagt, gegen meine Auffassung,
dass ich hier liberaler vorgehen werde, gemacht hatte, sie
hatte allerdings nicht einmal meinen Namen genannt, sondern
nur die Bundesregierung als Ganzes angegriffen, hatte ich
um einen Termin bei Mussil ersucht und mich nachmittagsmit
ihm zusammengesetzt. Ich erkläre gleichzeitig, dass ich vollstes
Verständnis hatte, wenn die Bundesregierung oder ich von der
Bundeskammer angegriffen würden, wenn ich darin keinen wie immer
gearteten negatoven Punkt in unseren Beziehungen. Ich erklärte
ihm nur, dass es verwunderlich ist, dass das Ministerium nicht
einmal den Pressedienst der Handelskammer bezieht und dass
Koppe gerade auch mit mir jetzt gekommen ist, um mit dem Presse-
referenten der Handelskammer dieses Problem im einzelnen noch
zu besprechen. Interessanterweise ist dieser Angriff fast würde
ich sagen, ins Leere gegangen, denn selbst die Salzburger Nach-
richten schrieben, es hätte niemand ein Recht der neuen Regie-
rung vorzuwerfen, wenn sie in so kurzer Zeit noch kein endgül-
tiges Programm vorgelegt hat, da ja doch die alte Regierung
nicht einmal imstande war, nach jahrelangen Bemühungen einen
diesbezüglichen Reformvorschlag auszuarbeiten und im Parlament
einzubringen.
Bei dieser Gelegenheit ersuchte ich gleich, dass mir die
Bundeskammer mehrere Stellungnahmen zum neuen Kompetenz-
gesetz geben sollte, eine habe ich ja bereits über die
Abteilungen als Vorausmeldung der Bundeskammer erhalten und
ich erklärte Dr. Mussil , dass es doch aus Zweckmässigkeitsgründen
besser ist, er gibt mir gleich mehrere Exemplare, als wir
müssten das im Haus erst ablichten lassen. Er war mit dieser
Vorgangsweise einverstanden und erklärte mir neuerdings die
Gründe, warum die Bundeskammer diesen Gesetzentwurf ganz ent-
schieden ablehen müsste. Ich meinerseits schlug ihm vor, er
sollte mir doch in den nächsten Tagen Bescheid geben, ob dieses
Verhalten der Bundeskammer auch weiterhin der Fall sein wird.
Er erklärte sich zu dieser Vorgangsweise bereit. Ich nehme an,
er wird mit einigen Herren noch sprechen, insbesondere auch mit
Präsident Sallinger, der derzeit nicht greifbar war.
Am Nachmittag, bei einem Empfang des tunesischen Botschafters
im meinem Büro wurde ich verständigt von Sekr. Pleschiutschnig
dass der Landwirtschaftsminister einen Herzanfall erlitten hatte
undich sofort hinüberkommen sollte. Dies tat ich. Ich ersuchte
noch mein Büro Prof. Polzer vom Hanuschkrankenhaus zu verständigen.
Zu meiner grössten Überraschung war er aber bereits dort und er-
klärte mir, bevor ich mit Öllinger sprechen konnte, dass er
das Gefühl hätte, nach der ersten Untersuchung, es handelt sich
um keinen Herzinfarkt sondern um ein sehr starkers Flimmern
des Herzens, das er auh nach Aussprache mit Öllinger auch das
Gefühl hat, dass dieser den Aufgaben nicht gewachsen ist.
Er sei, so sagte er ihm selbst, bis jetzt als Beamter im
der Kärntner Landesregierung doch sehr viel im Wald und im
Freien gewesen, hier müsste er aber unvergleichlich lange
im Büro sein und nichts wie Akten studiere n und entscheiden,
d.h. es stellt sich heraus, dass es für ihn ganz unmöglich ist,
sich so schnell in den neuen Stil der Regierungstätigkeit einzu-
gfinden. Ich ersuchte Polzer, er sollte dies vor allem auch
Kreisky mitteilen, was er versprach und wir redeten dann mit
Öllinger, wobei ich ihm versicherte, er sollte sich überhaupt
keine Sorgen machen, Polzer sei der Fachmann, ich hätte ja
auch schon ein Bett bei ihm reserviert und in Wirklichkeit
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sei das alles nicht so schlimm, da es ja kein Herzinfarkt ist,
und er würde doch früher oder später wieder gesund das Spital
verlassen können. Jetzt müsste er einige Zeit dorthin gehen.
Polzer hatte mir vorher gesagt, dass er auf etliche Wochen
ausfallen würde. Ich erklärte Öllinger auch, dass ich bereits
in Kärnten Sima und Wagner angerufen habe, da ich die beiden
aber nicht erreichen konnte, mit dem Sekretär vereinbart ,
dass der Landesamtsdirektor, der ein guter Freund der Familie
Öllinger ist, sich unverzüglich zur Frau Öllinger begibt, um
sie über den Vorfall zu verständigen, damit sie nicht womöglich
aus dem Radio oder Fernsehen erfährt. um was es sich bei ihm
handelt. Ich versuchte auch Kreisky in Deutschland zu erreichen,
konnte aber nur erfahren, dass er in seinem Hotel noch nicht
weg ist, er mich wahrscheinlich zurückrufen würde, Spät abends
kam dann auch tatsächlich eine solche Telfonverbindung zustande
und ich erklärte ihm den ganzen Vorfall. Häuser konnte ich leider
an diesem Abend nicht mehr erreichen. Dafür aber Frühbauer, der
mir erklärte, dass er mit ihm schon einige Male besprochen hatte
und Öllinger ihm sagte, dass er kaum in der Nacht schlafen kann,
es dürfte ihm also die Regierungsverantwortung und vor allem
die Schwierigkeit des Wiener Parketts sehr zu schaffen machen.
Frühbauer erklärte ihm, dass es dringend notwendig ist, dass
er schläft und er sollte deshalb nicht Akten studieren, sondern
sich gegebenenfalls ein Schlafmittel nehmen , um auf alle Fälle
die Arbeitskraft aufzubringen, die notwendig ist. Kreisky selbst
war über den Vorfall natürlich auch einigermassen erschüttert
und versprach, nach seiner Rückkunft nach Wien mit Polzer und
allen zu sprechen. Ich ersuchte ihn, dass ich am nächsten Tag
Bericht erstatten könnte, da ich glaubte, um 11.00 Uhr schon
zu schlafen. In Wirklichkeit hat sich dann herausgestellt, ich
ich natürlich so lange aufgeblieben bin und dann noch Gelegenheit
hatte, über die Deutschlandreise zu reden. Er sagte,
mir, dass er einige gute Erfolge mit Androsch draussen erzielen
konnte, es würden also die Möglichkeiten der 5.000 zusätzlichen
Wohnungen gesichert sein und auch sonstige Unterstützunge hätten
wird von den Deutschen Genossen zu erwarten. Ich fragte ihn,
oh insbesondere Androsch ins Reine gekommen ist, was er bejahte.
Wir werden uns in den nächstenTagen zusammensetzen
unter wir verstand er: Veselsky, Androsch und ich, und wir
sollten uns dann ein Konzept für die nächsten Monate auf
finanzielller und wirtschaftlicher Basis erarbeiten. Dann
erst sollten wir mit den Ressortsministern über deren unmittel-
bare Tätigkeit sprechen. Zur Angelegenheit Öllinger meinte er,
man müsste vorerst mit Polzer ein eingehendes Gespräch führen,
denn Polzer hätte auch bei Probst Otto sehr stark übertrieben und
erst dann könnte man endgültigenEntscheid treffen. Sicher ist
scheinbar nur eines, dass ich jetzt wieder Ackerbauminister
auf einige Zeit werde. Pleschiutschnig sein Sekretär, den
wir ihm von der Arbeiterkammer – ein Kärntner Genosse – beige-
stellt hatten, ist über diese Entwicklung sicher nicht sehr
glücklich, aber es hat einen Vorteil, meint er, dass man jetzt
doch auch in der interimistischen Zeit der Bürokratie stärkeren
Widerstand entgegensetzen sollte. Nach seinen Mitteilungen redet
man bereits überall im Hause herum, dass die Landwirtschaftspolitik
nach nach wie vor vom Bauernbund gemacht wird und der Landwirt-
schaftsminister sich sicher dazu bereitfindet, diese Politik
auch in der sozialistischen Partei zu vertreten.
Um in der Kompetenzfrage einen besseren Entwurf, als der von
Loebenstein ausgesendet wurde, und zwar für die grosse Kompe-
tenzänderung vorzulegen, hatte ich am Abend noch eine Besprechung
und zwar mit Genossen Vak von der Zentralsparkasse, Vize-Gouverneur
Fremuth von der Postsparkasse und Dr. Reithofer von der Arbei-
terkammer. Ebenso war Heindl und Wanke anwesend. Und auch vom
Bundeskanzleramt Dr. Jankowitsch. Jankowitsch erklärte, dass
er von seinem Chef noch nicht grünes Licht hätte für eine
solche Arbeitsgruppe, er ihn aber am Abend, wenn er ihn
vom Flugplatz holt, informieren will. Ich sagte zu ihm, dass
ich selbstverständlich diese Stellungnahme akzeptiere, aber über-
zeugt bin, dass es mir gelingen wird, bei der Freitag Abend-
sitzung Dr. Kreisky zu überzeugen, dass wir einen besseren
und umfassenderen Entwurf ausarbeiten müssen als dies Loeben-
stein getan hat. Loebenstein hat auch in seinem zweiten Entwurf
nichts anderes gemacht, als den Bedürfnissen der einzelnen
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Minister entsprechenden Kompetenzverschiebungen durchzuführen,
die aber meiner Meinung nach unbefriedigend ist, weil ein
modernes Verwaltungssystem aufgebaut werden müsste. Die Genossen
Vak, Fremuth und Reithofer erklärten sich bereit, einmal
auf dem wirtschaftlichen Sektor eine solche Aufteilung nach Ziel-
vorstellung ausgerichtet zu erstellen, aus der wir sehen könnten,
ob und inwieweit eine solche Vorgangsweise auf anderen Sektoren
vielleicht möglich und zweckmässig ist.
Nachtrag für Besprechung mit Mussil 13. Mai:
Mussil fragte bei dieser Besprechung, wie weit die SPÖ
wirklich das Wirtschaftsgefüge und die Ordnung, die Eigen-
tumsordnung in Österreich ändern. Da ich ganz erstaunt fragte,
wie er zu dieser überraschenden Einstellung kommt, erwiderte
er, durch einen Leitartikel, d.h. durch ein Interview in der
Furche von Czernetz. Er hatte dieses Interview auch griffbereit
in der Tischlade und zeigte es mir. Dort hat, soviel ich mich
erinnern kann, Czernetz festgehalten, dass selbverständlich die
Aufgabe der Sozialistischen Partei es ist, die Gesellschafts-
ordnung zu ändern. Ich habe ihm erklärt, dass Czernetz zweifels-
ohne einer der wenigen ist – als zweiten konnte ich ihm noch
Hindels nennen und als dritten insbesondere auch Prof. März
von der Arbeiterkammer – von denen ich aber allen drei sagen
konnte, dass sie politisch keine wie immer gearteten Einflüsse
derzeit mehr haben. Auf die Frage, wer denn eigentlich in der
Sozialistischen Partei die Politik machte, antwortete ich ihm
in Wirklichkkeit nach meinem Wissen vier Personen. Erstens
Bundeskanzler Kreisky, zweitens Präsident Benya, dritten Präs.
des NR Waldbrunner und viertens Vizebürgermeister Slavik.
Meiner Meinung nach, erklärte ich ihm, seien diese vier Per-
sonen die entscheidenden machtpolitischen Faktoren innerhalb
der SPÖ und die Linke, die also hier in der Person des Czernetz,
Hindels oder März in Erscheinung tritt, sei nur Randerscheinung
die derzeit keinen Einfluss in der Sozialistischen Partei,
keinen bedeutenden Einfluss, haben. Eine Angst von Seiten der
Handelskammer, dass es also jetzt hier wirklich in der nächsten
Periode oder nächsten Zeit zu grossen Änderungen wirtschafts-
politischer oder eigentumspolitischer Art käme, wäre absolut
unbegründet.