Bei der Konferenz des Freien Wirtschaftsverbandes in NÖ
hatte ich Gelegenheit, das Programm des Handelsministeriums
darzulegen. Bei solchen Konferenzen ist ja meistens so, dass
kaum eine Diskussion stattfindet, so sagte es mir zumindest Jodlbauer,
der als Vertreter des Verbandes anwesend war. Und er war daher sehr
erstaunt, dass sich doch etliche Diskussionsredener gemeldet haben.
Das Motto "Service an der Wirtschaft" kommt sicher gut an, wieweit
sich in diesen Kreisen unsere wichtigste Aufgabe Service an der
Bevölkerung verkaufen kann, weiss ich noch nicht. Ich zumindest
bin nicht ganz davon überzeugt, dass sich alle dort Anwesenden
wirklich für diese Ideen gewonnen habe. Widerspruch hat sich aller-
dings keiner gezeigt.
Nachmittags hatte ich mit Benya eine längere Aussprache über unsere
Sandkastenspiele und vor allem auch über das Problem Waldbrunner.
Ich konnte mich überzeugen, dass Kreisky alles daran setzen wird,
um Waldbrunner zu einer Kandidatur zu bewegen, denn er teilt die-
selbe Meinung wie Broda, Benya, Fischer und ich haben. Ich konnte bei
dieser Gelegenheit wieder einmal mehr feststellen, dass das Haupt-
problem auch in diesem Kreis eine mangelnde Kommunikation sein
kann und dass deshalb sehr leicht Missverständnisse entstehen,
die wahrscheinlich, wenn es zu besseren Kontaktgesprächen zwischen
den Spitzenmännern kommen könnte, möglich wäre,zu verhindern.
Allerdings ergibt sich gerade in einem solchen hohen Niveau die
Hauptschwierigkeit, dass selbst bei besten Willen wahrschein-
lich dazu notwendige Zeit kaum zu erübrigen ist. Das Problem, wie
ich es momentan sehe, ist dabei folgendes: Es spricht der Partei-
obmann mit dem Präsidenten des Gewerkschaftsbundes unter vier
Augen, was ich für sehr zweckmässig halte, ergibt das natürlich
vielleicht Spannungen mit dritten Personen innerhalb der Partei,
wenn bei diesem Gespräch, was selbstverständlich ist, bedeutende
Entscheidungen fallen. Spricht dagegen der Parteiobmann nur im
Rahmen des erweiterten Präsidiums, wo der Gewerkschaftspräsident
sowieso dabei ist, hört es ein zu grosser Kreis, ein unlösbares
Problem wie mir scheint.