Dienstag, der 15. Dezember 1970
In der Ministerratsvorbesprechung berichtete ich auf Wunsch und
Aufforderung von Rösch über zwei wichtige Preisanträge. Die
Dieselpreise müssen von 2,50 S durch die Steuererhöhungen min-
destens auf 3,20 S erhöht werden. Die Tankstellen und Ölfirmen
hatten beabsichtigt eine entsprechende zusätzliche Preiserhöhung
zu verlangen. Die Bundeskammer hatte zuerst vor Wochen scheinbar
versucht, diese Preiserhöhung zu verhindern. Auf alle Fälle wurde
ein konkreter Preisantrag nicht gestellt. Ich habe aber nun erfahren,
daß Mussil auf alle Fälle darauf drängt, daß mindestens um 20
Groschen der Dieselölpreis zusätzlich erhöht werden müßte. Ich
kann mir nicht vorstellen, daß die Bundesregierung einer weiteren
Erhöhung zustimmt. Deshalb schlug ich vor, daß in der Preiskom-
mission die Regierungsvertreter eine solche zusätzliche Erhöhung
ablehnen sollten.
Der Kohlenhandel hat durch die Erhöhung der Tariflöhne und
Gehälter einen Anspruch, daß ebenfalls seine Spannen erhöht
werden. In den vergangenen Jahren hat aber der Kohlenhandel immer
darauf verzichtet in der laufenden Heizperiode die Erhöhung vor-
zunehmen. Er wartete mit der Erhöhung ab bis zum Ende der Heiz-
periode. Auch diesmal wurde von seiten der Arbeiterkammer die
selbe Vorgangsweise in der Vorbesprechung der Preiskommission
verlangt. Es sollten demnach die Kohlenspannen mit 1.4.1971 erhöht
werden. Diesmal verlangen aber die Händler – und die Bundeskammer
unterstützt sie bei diesem Verlangen – daß die Preiserhöhung
bereits ab 4.1.1971 in Kraft treten sollte. Auch hier habe ich
vorgeschlagen, daß man dem Verlangen nicht Rechnung tragen sollte.
Rösch, den ich vor der Ministerratsvorbesprechung mit dieser Frage
konfrontierte, erklärte mir sofort, er sei mit allen Lösungen
einverstanden, die ich vorschlagen würde, und er würde seinem
Vertreter die entsprechende Weisung geben. Es ergab sich in der
Ministerratsvorbesprechung über dieses Problem keine Diskussion,
sondern Kreisky meinte nur, wenn ich als Vertreter der Handels-
kammer einen solchen, für die Bundesregierung akzeptablen Vorschlag
mache, dann kann es ja gar keine andere Lösung als eine Zustimmung
zu meiner Idee geben. Ich wies darauf hin, daß die Möglichkeit
allerdings besteht, daß die Tankstellenbesitzer die Lösung nicht
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akzeptieren und gegebenenfalls mit Kampfmaßnahmen – wie z.B. einem
Streik, oder aber eine Ablehnung des Verkaufes von Dieselöl –
reagieren könnten.
Rösch wies darauf hin, daß im Dorotheum nun die Präsidentenstelle
die Thaller bis jetzt eingenommen hat und wo Uhlir vorgeschlagen
wird, endgültig zu beschließen sei. Da Withalm sich nicht gerührt
hat, wird die Regierung einen diesbezüglichen Beschluß fassen.
Androsch macht ebenfalls aufmerksam, daß bei der AUA die Nachnomi-
nierung von Grubhofer fällig sei, er hätte mit Koren darüber
gesprochen, doch wurde ihm von Koren mitgeteilt, dafür sei Withalm
und Kreisky zuständig. Es wird also ein diesbezügliches Gespräch
zwischen Withalm und Kreisky erfolgen. Kreisky selbst teilt mit,
daß er beim Verwaltungsgerichtshof eine Stelle zu besetzen hat.
Die Vertreter des Verwaltungsgerichtshofes selbst haben, um – wie
sie sich ausdrücken den bundesstaatlichen Charakter dieser Institu-
tion zu erhalten, von der niederösterreichischen Landesregierung
den Oberregierungsrat Klär an erste Stelle gereiht. An zweite
Stelle erst Sektionsrat Draxler vom Bundeskanzleramt, der eine
entsprechende Laufbahn hinter sich hat, z. B. war er auch bei der
Finanzprokuratur, was im Lebenslauf aber garnicht angegeben wird.
Kreisky beabsichtigt nun, Draxler zu ernennen, um einen guten
Juristen, der auch kein Genosse ist aber doch wesentlich bessere
Qualifikation hat als der Vertreter Niederösterreichs. Pittermann
weist darauf hin, daß bezüglich der Besetzung der Höchstgerichte
es sich nur um einen Dreiervorschlag handelt, der in Wirklichkeit
alphabetisch gereiht gehört und nicht, wie das im Hochschulgesetz
vorgesehen ist, ein Dreiervorschlag wo der primo loco zu nehmen
sei. Wenn es sich um eine richtiggehende Nominierung des Alphabetes
gehandelt hätte, dann müßte Draxler sowieso vor Klär an erster
Stelle genannt werden. Kreisky berichtet weiter, daß er beim Bundes-
heer feststellen kann, daß in den Generalstäben geredet wird, daß
individuelle Korruption beim Generalintendanten Zobel, das ist der
Einkäufer, herrschen soll. Ihn haben einige höhere Offiziere, die
teilweise Sozialisten sind, oder wie z.B. der Hauptmann Tschak
bei einer Diskussion als ÖVP-Vertreter, diesbezüglich ganz hart ange-
griffen. Kreisky will nun eine Untersuchung durchführen und hat des-
halb Loebenstein gebeten, er möge ihm mitteilen, welche Möglich-
keiten er dazu hat. Zu seiner größten Verwunderung – ich bin darüber
garnicht verwundert – wurde ihm nun mitgeteilt, daß er nur ent-
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sprechende Anordnungen treffen könnte, daß z.B. eine Sektion oder
eine Abteilung, vielleicht auch ausnahmsweise ein Beamter mit einer
Überprüfung einer anderen Sektion oder Abteilung betraut werden kann.
Dazu aber ist ein sehr komplizierter Vorgang notwendig und vor
allem besitzt der Überprüfende keine wie immer geartetes Weisungsrecht
gegenüber dem zu Überprüfenden und ist nur dem Minister unmittelbar
unterstellt und verantwortlich. Auch hier hat sich wieder einmal
gezeigt, wie dringend notwendig es ist, in der neuen Geschäfts-
ordnung im Kompetenzgesetz entsprechende Vorsorge gegen den selb-
ständigen Bereich der Sektionen und Abteilungen zu treffen.
Tagesprogramm, 15.12.1970
Tagesordnung 34. Ministerratssitzung, 15.12.1970
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