Donnerstag, 21. Jänner 1971
Im Parlament trat endlich der Unterausschuss zusammen um
die Kraftfahrzeuggesetznovelle zu besprechen. Ich hatte
dem Obmann des Handelsausschusses, ÖVP-Abgeordneten Staudinger,
versprochen, dass ich jederzeit bereit bin, meine Herren der
ÖVP zur Verfügung zu stellen. Am Abend bei dem Empfang für Graber
hatte ich auch Gelegenheit mit dem ÖVP-Abgeordneten Fiedler zu
reden, der der Vorsitzende des Unterausschusses wird. Auch ihm
erklärte ich, dass Min.Rat Steinhart, den er ja sehr gut kennt,
denn die letzte KFZ-Gesetznovelle hat ja Fiedler entscheidend
mitgemacht, wird ihm zur Verfügung stehen. Es war über diese
Erklärung sehr erfreut. Ich selbst stehe auf dem Standpunkt, dass
es meiner Meinung nach zielführend ist, die ÖVP durch entsprechende
Unterstützung mit Beamten in die Lage zu versetzen, sich sachlich
mit dem Problem auseinanderzusetzen. Ausserdem glaube ich, dass
damit keinerlei Vorteile für sie verbunden sind. Es zeigt nur eine
gewisse Grosszügigkeit. Min.Rat Metzner, der Gruppenleiter, wird bei
der SPÖ-Fraktion den Beratungen beiwohnen und Steinhart bei der
ÖVP. Metzner teilte mir allerdings mit, dass ein Sekretär des
ÖVP-Klubs hat wissen lassen, dass sie nicht beabsichtigen, den
Beamten in Gewissenskonflikt zu bringen und deshalb auf eine Teil-
nahme verzichten. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass sie
Angst haben, dass der Beamte dann über alle Details dem Minister
berichtet, obwohl ich einen solchen Druck oder auch einen solchen
Wunsch niemals aussprechen würde. Fiedler hat von dieser Entschei-
dung noch nichts gewusst oder er setzt sich bewusst darüber hinweg.
Fiedler ist übrigens der Meinung und ich teile sie, dass gerade
beim KFZ-Gesetz keine wie immer gearteten politischen Entscheidun-
gen nötig oder auch nur möglich sind. Die Verhandlungen gingen ver-
hältnismässig sehr zügig vorwärts und ich habe es nur übernommen,
neuerliche Unterlagen für den Unterausschuss zur Verfügung zu
stellen. Z.B. war es ein grosser Fehler von uns, keine Gegen-
überstellung vom derzeitigen Gesetzestext und dem zukünftigen
Gesetzestext zu machen, sodass der Abgeordnete sofort entnehmen
kann, was sich ändern soll. Ich bitte deshalb, in Zukunft immer
bei allen Entwürfen, die wir ins Hohe Haus hinübergeben, eine
solche Gegenüberstellung anzufertigen.
ANMERKUNG für WANKE: Sofort die legistischen Abteilungen verständigen.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte des UWG in dieser Beziehung sofort
vorzubereiten, da nächste Woche die Materie im Handelsausschuss
vorbereitet wird.
Ich versprach den Herren des Unterausschusses auch eine Zusammen-
stellung über die derzeitigen Bleigehalte von Benzin und die Absichten
der westeuropäischen Staaten und insbesondere auch der EWG in einem
Schreiben darzulegen. Ebenfalls sollte unverzüglich erhoben werden,
wieviel bei den einzelnen Landesprüfstellen noch Rückstände von Autos
oder KFZ insgesamt zu verzeichnen sind, die auf Grund der gesetzlichen
Lage nämlich alle zwei Jahre dann jedes Jahr weiter überprüft werden
müssten. Steinhart war ausserstande, dieses Ziffernmaterial auch
nur annähernd zu bekommen und die Argumentation von ihm ist, dass
die einzelnen Bezirkshauptleute resp. Landeshauptleute erst entspre-
chende Erhebungen durchführen müssen.
Bei einem Empfang von Graber im BKA traf ich auch Skotton und erzählte
ihm sofort von der Vorsprache des Min.Rat Kammerhofer. Skotton bestritt
diese Äusserungen auf das entschiedenste, seiner Erinnerung nach hat er
nur abgelehnt, für Kammerhofer bei mir zu intervenieren, damit er
Sektionschef wird. Er hat also niemals dazu Stellung genommen, dass
Kammerhofer aus dem BSA ausgetreten ist, sondern er hat ihm nur gesagt,
er denkt nicht daran, eine politische Intervention bei mir vorzunehmen.
Er kennt Kammerhofer übrigens nicht nur als Sekretär des BSA sondern er
hat mit ihm auch irgendwie persönlich gute Beziehungen gehabt. Wie weit
er sie derzeit noch hat, habe ich nicht gefragt. Skotton wird um diese
Frage zu bereinigen, Kammerhofer in der nächsten Zeit aufsuchen oder
zu sich bitten.
Der Vertreter des Kolpingverbandes, Präses Zack, kam, um sein Leid
mir zu klagen. Mein Amtsvorgänger hätte für sie überhaupt kein Ver-
ständnis gehabt. Auch derzeit sei er als Präsident der Wiener Handels-
kammer ihnen fast feindlich gesinnt. Er hätte gestern eine Aussprache
mit Mitterer gehabt und gebeten, ob nicht die Subvention der Wiener
Kammer von 400.000 S erhöht werden könnte. In Wien hat die Kolping-
Familie 14 Häuser mit 1.000 Plätzen für die Lehrlinge. Mitterer er-
klärte 400.000 S seien heuer bereits beschlossen, aber nächstes Jahr
sei es fraglich, ob er überhaupt eine Subvention geben könne.
Ich fand sofort einen guten Kontakt zu Herrn Zack, da wir
auch in der Arbeiterkammer Lehrlingsheime gehabt haben und
ich mich daher mit diesem Problem sehr eingehend habe beschäf-
tigen müssen. Was Zack dringend braucht ist eine Subvention,
da er im 9. Bezirk in der Althanstrasse einen Ausbau vor-
nehmen kann und Wohnbauförderungskredite bekommen könnte,
wenn sein Eigenkapital um mindestens 2 Mill. S erhöht wird.
Auch für Dornbirn hätten sie einen Bedarf von 1 Mill. S.
Der ehemalige Unterrichtsminister Mock hat ihnen 2 Mill. S
zugesagt, die jetzt nicht mehr kommen. Zugegeben hat Zack aber,
dass das Unterrichtsministerium auch Gratz ihnen 30.000 S pro
Bett gibt, wenn sie Studenten in ihre Heime aufnehmen. Sie selbst
wollen aber Lehrlinge aufnehmen. Ich sagte ihm zu, mit
Slavik zu sprechen und bei der Geburtstagsfeier für Kreisky konnte
ich dieses Versprechen auch erfüllen.
Die Rede von Waldbrunner zur Geburtstagsfeier Kreiskys war wirklich
sehr herzlich gehalten und auch alle anderen Redner hatten Kreiskys
Tüchtigkeit und Tätigkeit nicht nur herausgestrichen sondern
die freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen ihm und den Landes-
organisationen oder dem ÖGB usw. besonders betont. Wenn man be-
denkt, dass noch vor etlichen Jahren einige Hans Czettel zum
Obmann der soz. Partei machen wollten, um so leichter über die
Schwierigkeiten hinwegzukommen, ich selbst habe diese Meinung
nie geteilt, dann ist es wirklich für Kreisky ein grosser Erfolg.
Er ist jetzt der unbestrittene Führer einer siegenden Partei.
Tagesprogramm, 21.1.1971