Donnerstag, der 25. März 1971

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Donnerstag, 26. März 1971

Beratung mit Bundesrat Brugger und Beamten. Aus den Bemerkungen
Staribachers ist zu entnehmen, daß es sich um ein von beiden
Seiten propagandistisch verwertbares Bekenntnis zum gemeinsamen
Vorgehen in Brüssel und ansonsten um einen allgemeinen Gedanken-
austausch gehandelt hat. Bundesrat Brugger wurde eingeladen, die
nächste Runde der Verhandlungen in Wien zu führen.

Mittagessen in der Botschaft. Die Leute die hier teilnehmen,
werden wir durchwegs noch mindestens 3x treffen. Dennoch dürfte
dieses Mittagessen Bedeutung haben, an dem die Gesellschafts-
chronik von Bern eingeht. Erstmals nehmen nämlich an einem
solchen Essen auch die Gattinnen der Minister teil. Dies war
auch der Grund, daß Bundesrat Brugger, der schüchtern protestiert,
daß sein ursprünglicher Plan, dieses Mittagessen selbst zu
geben, gescheitert ist. Er hätte wahrscheinlich nicht den Mut
gehabt, die Gattinnen einzuladen. Der österreichische Außen-
handelsdelegierte und der erst zugeteilte Botschafter entwickeln
sich zu Staribacher-Fans.

Für unsere Kuriositätensammlung eignet sich die Mitteilung
des jungen Beamten, daß als äußeres Zeichen für die Moder-
nisierung des Geistes im Außenamt die bisherige Schlußfloskel
von Briefen an den Außenminister unterbleiben darf. Diese
hatte gelautet: "Genehmigen Sie, hochverehrter Herr Bundes-
minister, den Ausdruck meiner vollkommenen Ergebenheit."
Botschafter Bielka lächelte dazu gequält, die Floskel zu
rechtfertigen.

Die Fahrt nach Zürich bietet Gelegenheit zur Besichtigung
des eindrucksvollen Einkaufszentrums in Spreitenbach.

Nachtessen der Creditanstalt in Zürich. Das eindrucksvollste
daran ist die Teilnehmerliste. Sie liest sich wie der Finanz-


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kompaß von Zürich. Wenn die Idee Calvins richtig ist, daß
Reichtum ein Ausdruck des Segens Gottes ist und der Lohn
für fromme Lebensweise ist, dann muß es sich hier um eine
Versammlung von Heiligen handeln.

Im übrigen bringt der Abend, an dem auch CA-GenDir.
Treichl teilnimmt, eine Gratulationsrede zum 50. Geburtstag
und eindrucksvolle Beweise dafür, wie fair viele dieser Finanzge-
waltigen die Situation in Österreich im Lichte skeptischer
Vorurteile sehen und vor allem der Verstaatlichung und der
sozialistischen Bundesregierung mißtrauen. Der Vorsitzende
der Handelskammer, Herr Bunzl, verspricht überdies einen
Brief mit einer Sammlung von bürokratischen Hemmnissen,
denn dem verstärkten Schweizer Engagement in Österreich
entgegenstehen.

Der Abend endet mit einem "Schlaftrunk" im Kreise der Damen,
die von der illustren Herrengesellschaft sorgfältig fernge-
halten wurden.

Tätigkeit: Schweizer BR f. Wirtsch.


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    Tätigkeit: Schweizer Handelskammer [?; Besuch in der Schweiz 1971; ev. auch ident mit Bunzl, A?]


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        Tätigkeit: Bankier


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