Mittwoch, 5. Mai 1971
In der Nationalratssitzung vereinbarte ich mit Kostroun, wie
wir der Unterausschüsse für die Gewerbeordnung beschicken würden.
Kostroun war sehr einverstanden, dass den Vorsitz, den ja im Han-
delsausschuss die ÖVP stellt, daher im Unterausschuss Dr. Mussil
bekommen sollte. Wenn sich der Unterausschuss aus 4 SPÖ, 4 ÖVP und
1 FPÖ-Mitglied zusammensetzt, wird unsererseits Kostroun als Präsident
des Freien Wirtschaftsverbandes, Blecha als Unternehmer der IFES,
Müller als burgenländischer Friseur und Adam Pichler als Salzburger
Kohlenhändler delegiert werden. Zwischen der 1. und 2. Nationalrats-
sitzung, die erste beinhaltet nur die Fragestunde und erledigte nur
12 Anfragen, wurde im Handelsausschuss ein neuerlicher Unterausschuss
eingesetzt, der sich mit der Entkriminalisierung des Verkehrsstrafrechtes
beschäftigen wird. In der zweiten Fragestunde hatten wir auf Wunsch des
Klubs die Hohenemser Steinbruch-Tiefbohrungen dem Vorarlberger Heinz
zugespielt. Ich erwartete eigentlich Zusatzfragen, doch Heinz war mit
der kurzen ersten Auskunft von mir vollkommen zufrieden. Die zweite
Anfrage betraf die Umweltschutz-Industrieförderung, doch der Anfrager
Zingler wusste nichts, denn er hatte vor etlichen Monaten einmal ge-
meint, man könnte über Umweltfragen eine Anfrage an die Bundesregie-
rung richten und war deshalb gar nicht im Saal, ich antwortete, als
ob ich dies nicht bemerkte und Waldbrunner ging ebenfalls sofort auf
die nächste Frage über. Nachher entschuldigte er sich bei mir, weil
er der richtigen Auffassung ist, dass er die Frage eigentlich hätte
gar nicht zulassen dürfen, nachdem der Angeordnete nicht im Saal ge-
wesen ist. Natürlich hätte ich sowohl mit Heinz als auch mit Zingler
alle diese Frage ganz genau vorbereiten können und die Zusatzfragen
fixieren, doch stehe ich auf dem Standpunkt, es sollten sich eigent-
lich die Abgeordneten ein bisschen selbst um ihre Angelegenheiten
kümmern.
Bei der letzten Ministerratssitzung hat Lütgendorf berichtet, dass
sein Geheimdienst ihm mitteilt, dass deutsche Panzer durch Österreich
mit der Bahn transportiert werden. Kreisky meinte nun, nachdem er
uns alle ein bisschen lustig gemacht hat, dass dies in Österreich so-
wieso möglich sei, dass wir hier doch vorsichtigst vorgehen müssen,
denn letzten Endes sei für einen neutralen Staat dies von aller-
grösster Bedeutung. Rösch erinnerte sich, dass irgendetwas einmal
genehmigt wurde, konnte aber nicht genau sagen, um was es sich ge-
handelt hat. Androsch rief dann noch während der Sitzung die Zoll-
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stelle in seinem Ministerium an und konnte am Ende mitteilen, dass
eine Genehmigung vorliegen müsste. Rösch zeigte mir nun heute den
Akt, wo eindeutig auch das Aussenministerium, aber auch das Vertei-
digungsministerium von der Durchfahrt, die die Generaldirektion für
die öffentliche Sicherheit genehmigen muss, verständigt und zugestimmt
hat. Rösch und Kirchschläger waren über diese von ihnen damit einwand-
frei gedeckte Regelung sehr zufrieden. Lütgendorf wird sicherlich in
seinem Ministerium einen entsprechenden Wirbel machen. Ich selbst
bin nur der Meinung, auch bei uns könnte so etwas ohne weiteres passie-
ren, dass eine Abteilung von der anderen nichts weiss. Ich bin nur bezüg-
lich der Information des Ministerrates sehr vorsichtig und riskiere lie-
ber einmal den Vorwurf zu hören, dass ich zu wenig über die Arbeit dem
Ministerrat berichtet habe, als mich dann in einer solchen Angelegenheit
entsprechend zu blamieren.
Bei der ersten Lesung des Lebensmittelgesetzes, es besteht hier sowohl
ein Initiativantrag der ÖVP-FPÖ, die auf einen Entwurf des Privat-
dozenten Barfuss zurückgeht, und der Regierungsvorlage erörterte König
den Initiativantrag. Sehr sachlich und geschickt stellte er die 7 Punkte
fest, wo der Bundesregierungsentwurf mit dem Initiativantrag gleichgeht
und arbeitete dann die Differenzen heraus. Auf diese sachliche Darstellung
replizierte Abgeordnete Winkler von der SPÖ sehr hart und polemisch.
Sie warf König seine Anstellung bei der Unilever vor und unterstellte
ihm damit, dass er deren Interesse vertritt. Bei Barfuss wieder meinte
sie, dass er ein Strafverteidiger für die der Unternehmer
gegen das Lebensmittelgesetz sei. Zum Schluss meinte sie noch, man würde
von der Regierungsvorlage ausgehen, die ihr noch immer zu wenig radikal
ist, einen neuen Gesetzentwurf im Parlament schaffen. Scrinzi von der
FPÖ replizierte, dass die Mehrheit bestimmen würde, von welchem Gesetz-
entwurf ausgegangen wird, d.h. dass jetzt bereits feststeht, dass die
ÖVP und die FPÖ den Barfuss-Entwurf als Grundlage nehmen werden. Pansi,
der ebenfalls reden sollte, fragte mich vorher, wieso das Handelsmini-
sterium eine so negative Stellungnahme zum Regierungsentwurf abgegeben
'hat. Bei der Vorbesprechung wurde nämlich unsere Stellungnahme hart
kritisiert. Ich erklärte ihm unsere Stellungnahme, aber vor allem auch
dass ich glaube, dass hier die Frauen, insbesondere Winkler und Wondrack,
doch nicht ganz objektiv berichteten. Er meinte, dass hier scheinbar
ein ganz grosser Gegensatz zwischen Häuser und Wondrack besteht. Häuser,
der mit mir bei dieser Debatte auf der Regierungsbank sass, stellte nur
lakonisch fest, dass die Angriffe von Winkler vollkommen sinnlos sind,
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da sie die Verhandlungen nur erschweren werden. Letzten Endes
würden wir ja die Zustimmung der anderen Seite brauchen und eine
solche Attacke kann daher nur auf die Verhandlungsführung sich negativ
auswirken. Ich glaube jetzt, dass es eigentlich nicht zielführend
ist, wenn wir uns in diese Auseinandersetzung als Handelsministerium
auch nur fraktionell einschalten. Es liegt jetzt an Unterausschuss,
einen entsprechenden Gesetzentwurf auszuarbeiten, wenn wir an den
Sitzungen teilnehmen oder auch nur den Fraktionssitzungen, müssten
wir auf Grund unserer seinerzeitigen Vereinbarung mit Wondrack die
andere Seite in einzelnen Fällen oft unterstützen. Man hat uns
bis jetzt nicht eingeladen, wir sollten uns daher auch gar nicht bemühen
in Hinkunft an irgendwelchen Sitzungen teilzunehmen. Man kann und
wird uns dann kaum mit dem Ergebnis parteiintern belasten können.
In der Paritätischen Kommission waren eine Unzahl von Preiserhöhungsan-
trägen. Dr. Lachs erzählte mir, dass Benya angeblich grössten Wert
darauf legt, dass all diese Preisanträge in die Paritätische Kommission
hinaufkommen. Ich kann mir dies zwar nicht vorstellen, weil optisch
sich dadurch sicher ein sehr schlechter Eindruck in der Öffentlich-
keit entsteht. Ich werde aber keinerlei Initiative ergreifen, um
vielleicht den Unterausschuss zu ermächtigen, dass von Seiten des
ÖGB und der AK doch in diesem Forum mehr Preisanträge erledigt werden.
Bei einer solchen Vorgangsweise besteht sonst die Gefahr, dass der ÖGB
und die AK glauben, die Bundesregierung will sich von der Mitverant-
wortung drücken. Benya hat deshalb auch den Antrag auf Freigabe
des Büromaschinenservices, der Unterausschuss wollte, dass in Hin-
kunft keine Preisgenehmigung mehr ausgesprochen wird, nicht akzeptiert.
In der Präsidentenbesprechung sagte er, hätte er über dieses Problem
hinweggelesen und ich glaube nun, dass auf gar keinen Fall die Ver-
antwortung der Unternehmer hier allein wirksam werden soll. Letzten
Endes einigt man sich darauf, dass die EDV-Anlage ausgenommen wird,
für die anderen Service-Stunden aber Richtsätze des Preisunteraus-
schusses festgelegt werden sollen. Betreffend der Preiserhöhung für
die Firma Kodak, die ohne Genehmigung der Paritätischen Kommission
erfolgt ist, wurde beschlossen, dass ich doch versuchen sollte, mit
der Firma eine Besprechung abzuführen. Vizepräsident Seidl hat diesen
Vorschlag mir zugeflüstert und der Bundeskanzler, ohne dass er dies
hörte, meinte, hier müsste doch der Handelsminister eingreifen. Ich
erklärte mich sofort dazu bereit. Tatsache ist, dass Kodak in Öster-
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reich höhere Preise verrechnet als dies z.B. in der Schweiz der Fall
ist.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte im Einvernehmen mit Tommy Lachs alles Material
vorbereiten. Die AK hat seinerzeit Erhebungen in der Schweiz durchgeführt,
wo ersichtlich war, dass Kodak ein unterschiedliches Preissystem in den ver-
schiedenen Staaten anwendet. Auch ein Unterausschuss der PK hat sich einmal
mit dieser Frage sehr eingehend beschäftigt.
Die Preiserhöhung für Fischer-Ski wurde akzeptiert, obwohl die Firma
bereits die Preise erhöht hat, da sie die Handelsspannen von 30 auf 32 %
hinaufsetzt, verlangte der AKT und Der ÖGB die Einführung des Nettopreis-
systems. Die Preise liegen in der Schweiz niedriger, in der BRD höher.
Mussil meint nun, wenn das Nettopreissystem kommt, werden höhere Spannen
als im Bruttopreissystem derzeit zur Verrechnung kommen, da die Importeure
die Händler mit höheren Spannen ködern wollen. Ich flüstere Mussil zu,
dass ich nicht mehr imstande bin, die Nettopreisverordnung für Skier hinaus-
zuschieben.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Trotzdem Auracher erklärt hat, sie wollten noch Unter-
suchungen anstellen, sollte doch jetzt Schleifer beauftragt werden, die
Nettopreisfrage womöglich natürlich im Einvernehmen zu erlassen. Wenn das
Einvernehmen nicht herzustellen ist, dann bitte im Hinblick auf die Ergeb-
nisse der Paritätischen Kommission und deren Aufforderung durch den Bundes-
kanzler das Nettopreissystem vorbereiten, damit es in Kraft gesetzt werden
kann.
Bitte, aber das Protokoll der PK abwarten, vielleicht gelingt es, daraus
herauszulesen, dass die PK beschlossen hat, eine Nettopreisanordnung für
Skier zu erlassen.
Da Mussil auf meine Mitteilung nur mir gegenüber gesagt hat, sie würden
dagegen protestieren, wird diese Stelle im Protokoll ja nicht aufscheinen.
Bei der Freigabe über die Löhne der Mühlen- und Bäckereiarbeiter sowie
der Molkereiarbeit und der Angestellten – dieser frei Sparten – verlangte
die Unternehmerseite, aber auch die Landwirtschaft, dass die Lohnerhö-
hung nur Zug um Zug mit der Preiserhöhung erfolgen dürfe. Ich machte Mussil
nach der Sitzung darauf aufmerksam, dass eine solche Vorgangsweise wahr-
scheinlich wird eine entsprechende Beunruhigung in den Betrieben auslösen.
Es war bisher nur üblich, dass ungefähr 14 Tage nach Inkrafttreten der
Löhne die Preise endgültig fixiert wurden. In Wirklichkeit wurden die
Preise immer bestimmt zu einem gewissen Zeitpunkt zu erhöhen und die Löhne
eben 14 Tage vorher bereits erhöht resp. da es sich um eine monatliche
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Abrechnung im Nachhinein handelt, eben 14 Tage vorher die höheren
Löhne dann in rechnungsmässig Ansatz gebracht. Das Landwirtschafts-
ministerium teilte mit, dass eine Preisanordnung noch nicht erlassen
werden kann, weil die Verhandlungen darüber noch geführt werden.
Überdies hätte der Raiffeisenverband erst jetzt eine Erhöhung seiner
Spannen beauftragt und es müsste natürlich auf dieser Antrag noch
entsprechende bearbeitet und verhandelt werden. Ich habe Mussil
vor diesem Punkt darauf aufmerksam gemacht, dass ich das Verhalten
des Raiffeisenverbandes nicht verstehe. Wenn die Landwirtschaft darauf
drängt, dass sie so schnell wie möglich zu einer Milchpreiserhöhung
auch für die Produzenten kommt, dann ist es mir unerklärlich, dass
der Verband der Landwirtschaft, nämlich der Raiffeisenverband, erst
jetzt eine neue Forderung in die Debatte wirft. Dies wird nur dazu
führen, dass eine weitere Verzögerung des Antrages erreicht wird.
Wenn die Bauernvertreter deshalb in einem Flugblatt geklagt haben,
dass immer nur alles geprüft wird, dann haben sie uns jetzt ein sehr
gutes Argument gegeben, dass ihre eigenen Organisationen für die Hinaus-
zögerung der Erledigung selbst schuld daran haben.
Nach Ende der Paritätischen Kommission ersuchte mich Kreisky, ob ich
nicht doch zum Verbandstag des Freien Wirtschaftsverbandes kommen
könnte. Kostroun hat mich allerdings vorher bereits, ich sollte alles
daran setzen, damit Kreisky auf alle Fälle kommt. Er selbst hat nämlich
auf alle Plakate und Einladungen bereits Kreisky als Referenten zum
25. Jubiläumsverbandstag angekündigt. Eine Vertretung hat Kostroun
ganz entschieden abgelehnt. Er meinte, dass Androsch und auch ich mich
bisher für den Verband aufgeopfert hätten, insbesondere meine Tätigkeit
in den diversen Landeskonferenzen und sonstigen Veranstaltungen des
Freien Wirtschaftsverbandes strich er ganz besonders hervor. Er meinte,
dass unbedingt notwendig ist, dass der Bundeskanzler sich diese Zeit
nimmt. Kostroun musste mir gegenüber allerdings zugeben, dass Kreisky
keine endgültige Zusage gemacht hat, als er ihn vor Monaten einlud. Er
meinte nur, er wird schon sehen und das betrachtete er als eine Zusage
und hat deshalb alles auf Kreisky-Referat vorbereitet. Kostroun meinte,
dass Kreisky unbedingt kommen müsste, sonst würden die Verbandsdele-
gierten sehen, dass der Freie Wirtschaftsverband von ihm desavouiert wird.
Er wies mir gegenüber sogar darauf hin, dass er 1 Mill. S gespendet hat
und jetzt im Herbst neuerdings 500.000 S und dass eigentlich immer
die finanziellen Mitteln der Partei vom Freien Wirtschaftsverband zur
Verfügung gestellt werden. Der Freie Wirtschaftsverband hat nämlich
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so wie der Wirtschaftsbund der ÖVP von der Bundeshandelskammer einen
sogenannten Pressebeitrag bekommen. Für diese Öffentlichkeitsarbeit
müssen sie nicht Rechnung legen. Der Wirtschaftsbund dürfte mit diesen
Mitteln die Presse finanzieren, d.h. die Zeitung "Die Presse" während
der Freie Wirtschaftsverband eben daraus entsprechende Parteispenden
bezahlt. Ich bin überzeugt, dass natürlich auch der Wirtschaftsbund
die ÖVP aus diesen Geldern unterstützt. Als Aufsichtsbehörde müsste
ich mir eigentlich die Rechnungsabschlüsse in diesem Punkt genauer
ansehen. Allerdings möchte ich nicht haben, dass die Bürokratie dies
hier irgendwie erfährt, denn sonst kann es uns passieren, dass hier
durch Indiskretion sowohl der Wirtschaftsbund als auch vielleicht der
Freie Wirtschaftsverband aufmerksam wird. Ich war einmal bei einer
Vorstandssitzung des Freien Wirtschaftsverbandes, wo ein Budget,
das der FWV letzten Endes ja auch dort beschliessen muss, vorgelegt
wurde. Die Exemplare wurden am Ende der Sitzung wieder eingesammelt.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte, überlegen, wie man an diese Ziffern
herankommt, um sowohl einen Überblick über das Budget des Freien
Wirtschaftsverbandes als auch des Wirtschaftsbundes zu bekommen.
Die Journalisten stürzten sich auf mich, um Details über die Sitzung
zu erfahren, da scheinbar alle anderen fluchtartig den Saal verlassen
hatten. Mussil stellte sich nach einiger Zeit dazu und meinte, er müsste
doch kontrollieren, ob ich objektiv berichte. Der Vertreter der Südost-
Tagespost stellte aber sofort fest, dass ich dies tatsächlich bis jetzt
getan habe. Man kann also feststellen, dass – ob es in der Steiermark
Krainer oder in Wien Mussil ist – sie doch ein gewisses Misstrauen,
was ich vollkommen verstehen kann, haben und wahrscheinlich denken,
dass ich geschickt genug bin, um unsere Meinung in der Presse zu
lancieren, ohne gegen die Objektivität zu verstossen.
Dr. Steinacker, der Pressereferent der Bundeshandelskammer, machte mich
vor Mussil darauf aufmerksam, dass nächsten Montag, ein Angriff in
der Sendung "Der blaue Montag" der BHK gegen mich erfolgen würde.
Ohne zu wissen, um was es sich handelt, erklärte ich sofort, dass ich
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mit dieser Vorgangsweise sehr einverstanden bin und vollstes
Verständnis dafür habe. Angriffe, die von einzelnen Personen
der ÖVP oder des Wirtschaftsbundes gegen mich gestartet wenden,
erledige ich immer so, dass ich bei einer guten Gelegenheit die
Betreffenden darauf aufmerksam mache, wo sie nicht ganz sachlich
gewesen sind. So replizierte ich auf einen Angriff Grafs in der
Burgenländischen Handelskammer-Zeitung als er mich ersuchte, ob
ich auch tatsächlich die zusätzlichen Kommerzialräte, die ich
für das Bundesland vom Bundespräsidenten erhalten habe, auch persön-
lich auszeichnen würde. Staudinger wieder, der Obmann des Handels-
ausschusses wurde von mir bei der Sitzung des Ausschusses auf seine
Presseaussendung "Staribachers Schaumschlägerei" aufmerksam gemacht.
Er erwiderte sofort, dass er nur angerufen wurde, ob er seinen
Namen zur Verfügung stellen würde und dies hätte er auch getan.
In der offenen Haussitzung musste Staudinger allerdings zugeben,
dass sich diese Bundesregierung propagandistisch sehr gut verkauft.
Leider hat niemals sofort repliziert und durch einen Zwischenruf
bemerkt, dass dies geschieht, obwohl die Bundesregierung dafür
keine öffentlichen Mitteln in Anspruch nimmt, sondern wie sie
seinerzeit beschlossen hat, tatsächlich diese Mittel für die
wissenschaftliche Forschung zur Verfügung gestellt hat. Die Pro-
pagandisten der ÖVP dürften es tatsächlich äusserst schwer haben.
z.B. hat Dr. Steinacker beim Nachhausefahren Mussil immer wieder aus-
einandergesetzt, dass er sich jetzt schön langsam an die harte
Führung vom Generalsekretär gewöhnt. Er hätte ihm zwar schon einige
Mal mit der Entlassung gedroht. Grund wäre allerdings gewesen, dass
er zu aktiv über das Ziel hinausgeschossen hätte. Steinacker wollte
mit dieser Bemerkung nur beweisen, dass er auf der einen Seite sehr
aktiv auf der andren Seite aber doch insofern unabhängig ist,
dass er sich ein bisschen mehr traut als der Generalsekretär ihm
gestattet. In Wirklichkeit glaube ich, hat Mussil ein sehr hartes
Regime, Steinacker will sich nun moralisch selbst aufrichten und
unterstreicht deshalb, dass er doch ein bisschen selbst etwas machen
darf und wenn er es auch nicht darf, es doch macht. Bei solchen
Gelegenheiten bemerkte ich doch erst, wie sehr wir ein Team sind und
kein einzelner bei uns die Notwendigkeit hat, zu unterstreichen,
dass er doch auch noch eine Persönlichkeit ist und seine Person
doch noch anerkannt wird.
Andererseits frage ich mich, ob es nicht zielführender wäre,
ein hartes Regime auch im Ministerium aufzurichten. Ich habe
mich heute masslos geärgert, als ich feststellen musste, dass
auf einen Zwischenruf von Karasek, dass das Parlament keinen
Integrationsbericht bis jetzt bekommen hatte, ich zuerst Kirch-
schläger dahingehend informierte, dass wir ja gestern im Minister-
rat den Integrationsbericht beschlossen haben und deshalb er ja
heute sicherlich im Parlament eingebracht wurde. Zum Glück liess
ich diese Behauptung den Sekretär von Kirchschläger prüfen. Bei
dieser Gelegenheit stellte sich heraus, dass das BKA die Regierungs-
vorlagen nur dann ans Haus weiterleitet, wenn das Ministerium dies
wünscht und die Unterlagen zur Verfügung stellt. Bei uns im Haus
war nun nicht klar, ob die Sektion I oder das Präsidium dies ver-
anlassen sollte. In den Sektionsleitersitzungen wurde auf die Dring-
lichkeit aber hingewiesen. Nicht ärgern, nur wundern!
Tagesprogramm, 5.5.1971