Freitag, der 7. Mai 1971

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Freitag, 7. Mai 1971

In der Sozialakademie haben die Schüler jetzt eigentlich keinen
einheitlichen Lehrplan mehr betreffend der Volkswirtschaftslehre
und Volkswirtschaftspolitik. Die Dozenten haben scheinbar nicht
mehr die notwendige Zeit, um eine einheitliche Ausbildung der Hörer
zu gewährleisten. Hufnagl, der Assistent, teilte mir mit, dass z.B.
Krämer erklärt hätte, er könnte in der Statistik jetzt nicht mehr die
Endvorträge halten. Deshalb ist jetzt Weissel eingesprungen. Veselsky
wieder hält allgemeine Vorträge über Wirtschaftspolitik. Klimpt
selbst referiert über Wirtschaftsgeographie. Ich selbst habe seit
eh und je nur über aktuelle wirtschaftspolitische Fragen gesprochen,
dabei aber immer wieder versucht, den Kolleginnen und Kollegen einen
einigermassen brauchbaren Überblick und Zusammenhang über die Probleme
zu geben. Ich konnte und kann es bis heute nicht verstehen, dass man
hier nicht versuchte einen Lehrplan auszuarbeiten, der abgestimmt ist
auf die einzelnen Sachgebiete und Fachgebiete. Ausserdem müsste man
die Garantie haben, dass tatsächlich die Kolleginnen und Kollegen,
wenn theoretische Probleme erörtert und erklärt werden, aktuelle
österreichische Ziffern hiefür heranzieht. Ich halte es für sinnlos,
wenn man z.B. zur Erklärung des Bruttonationalproduktes amerikanische
Ziffern verwendet. Bei aller Notwendigkeit und ich sehe dies ein,
dass die Hörer systematisches Denken lernen müssen, erscheint mir
doch wichtig, dass sie aktuelle Ziffern und konkrete österreichische
Verhältnisse als Beispiele diesen theoretischen Exkurs als Grundlage
dienen soll. Wenn ich zeitig genug aus der aktiven Politik und aus
dem aktiven Kammerdienst ausscheiden sollte, werde ich mich gerne
dem Problem der Sozialakademie, deren Führung und insbesondere Lehr-
plangestaltung, wenn ich dazu berufen werde, widmen. Ich glaube näm-
lich, dass die Nachwuchsschulung eine der wichtigsten Aufgaben der
Arbeiterbewegung und der Arbeiterkammer sein müsste.

Bei dem Mittagessen für den brasilianischen Handelsminister ersuchte
mich Gen.Direktor Koller von der VÖEST und insbesondere der Finanz-
referent Dr. Apfalter, ich möchte doch offiziell endlich mitteilen,
dass der Staat bereit wäre, 30 Mill. $ Bundeshaftung für das Gross-
projekt der Stahlindustrie in Brasilien beizusteuern. Dr. Castellez
von der Kontrollbank versicherte mir, dass um 4 Uhr Nachmittag eine
diesbezügliche Besprechung bei ihnen stattfinden wird, eine genaue
Vereinbarung von Konditionen ist auf Grund der derzeitigen währungs-


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politischen Situation beim besten Willen nicht möglich. Da die
Kontrollbank keine Ahnung hat, wie sich die Zinssätze in den nächsten
Wochen und Monaten gestalten werden, müssten jetzt noch zugewartet
werden. Ich erfüllte bei der Tischrede diesen Wunsch, da mir versichert
wurde, dass Androsch mit dieser Regelung einverstanden sei.

Bei diesem Treffen benützte ich die Gelegenheit und erklärte sowohl
Gen.Dir. Koller als auch Dr. Apfalter, dass ich es als vollkommen un-
möglich halte, wenn ein amerikanischer Handelsminister kommt, dass die
VÖEST mir keine Information gibt, dass jetzt z.B. von Amerika beabsich-
tigt ist, die Stahlexporte in die Vereinigten Staaten zu kontingentieren.
Meine Annahme, dass es sich bei den beabsichtigten Massnahmen Amerikas
um eine Begrenzung der Investitionen handelt, wie mir der Vertreter der
VÖEST bei dem Empfang der amerikanisch-österreichischen Handelskammer
gesagt hat, hat sich als falsch erwiesen. Koller ist nur bekannt, dass
eine Exportbeschränkung eingeführt werden kann, welche eine jährliche
Steigerungsrate von 5 % wie die Japaner und 3 % wie die Amerikaner
zugestehen wollen, eingeführt werden soll. Bei dieser Gelegenheit er-
klärte mir Koller, dass die Italiener ebenfalls eine Exportbeschrän-
kung von der VÖEST auf freiwilliger Basis erwarten. Die VÖEST hat 1966
150.000 t geliefert und im Vorjahr nur 30.000. Nun wünscht sie heuer
45.000 t nach Italien zu exportieren. Die Gesamtmenge ist für Italien
uninteressant und deshalb glaubt die VÖEST, dass die eine solche Be-
schränkung unter gar keinen Umständen akzeptieren kann.

In der brasilianischen Botschaft hatte ich eine Vereinbarung mit Dr.
Heinz Kienzl von der OeNB. Ich konnte feststellen, dass sie zwar jetzt
tagelange diskutiert und Sitzungen gehabt haben, aber in Wirklichkeit
auch nicht wissen, welche konkreten Massnahmen für Österreich zielführend
wären. Sie hängen genau so von dem Entscheid der BRD ab wie die öster-
reichische Bundesregierung.

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Tagesprogramm, 7.5.1971


Tätigkeit: Assistent AK-Sozialakademie


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    Tätigkeit: AK


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      Tätigkeit: Direktor Kontrollbank


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        Tätigkeit: wirtsch.wiss. Abt. AK Wien, VWL-Doz. AK-Sozialakad., Doz. f. Sozialpol. Uni Wien
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