Montag, 28. Juni 1971
Die Direktoriumssitzung in der ÖFVW ist mit einer riesigen Tagesordnung
immer beladen. Obwohl ich darauf dränge, dass jeder Tagesordnungspunkt
schnell abgewickelt wird und nicht viel herumgeredet wird, ergibt sich
doch, dass einzelne Probleme länger diskutiert werden müssen. Die Haupt-
schwierigkeit liegt darin, dass die Vorbereitung sehr mangelhaft ist.
Ich habe keine Zeit, mir die einzelnen Punkte wirklich anzusehen und
vor allem mit den Referenten de ÖFVW darüber zu diskutieren. Andererseits
ist mir vollkommen klar, dass der Geschäftsführer Langer-Hansel in Wirk-
lichkeit natürlich bereits in den Vorverhandlungen weitestgehende
Bindungen eingeht. So hat z.B. die Frage, ob wir in Gent an der Aus-
stellung uns beteiligen sollen, die uns über eine 1/2 Millionen kosten
würde, trotz unserer finanziellen Bedenken nachher eine positive Erledi-
gung gefunden, weil eben der Geschäftsführer Langer-Hansel und auch
die Abteilung Ausstellung bereits sehr weitgehende Vorverhandlungen ge-
führt haben. Natürlich stehen auch sie unter einem Zeitdruck und arbeiten
so, als wenn unsere finanzielle Situation in der Fremdenverkehrswerbung
gesichert wäre. Sie gehen ganz einfach her und machen auf das nächstjährige
Budget Vorgriffe. Andererseits benötigen sie auf alle Fälle ein ge-
wisses Pouvoir, denn ohne eine finanzielle Bedeckung müssen sie doch
Entscheidungen für das nächste Jahr bereits treffen. Die Arbeitshypothese
von Langer-Hansel ist nun, dass wenn sie auch im nächsten Jahr nur
72 Mill. S zur Verfügung haben, sie doch durch Kostensteigerungen und
Mehrausgaben in den Drucksorten bedingt die Prospekte jetzt für den
Sommer jetzt in Auftrag geben und nächstes Jahr zu bezahlen ist. Wenn
keine Budgeterhöhung zustandekommt, würde dann für die Winterprospekte
nur mehr ein unwesentlicher Rest zur Verfügung stehen. Ich berichtete
von dem Ergebnis der Landesfinanzreferenten-Besprechung, wo wir
immerhin im Prinzip mit einer Erhöhung des Anteils der Länder von
13 auf 20 % und damit gekoppelt auch von der Bundeskammer mit 13 auf
20 % rechnen können. Dadurch würde sich der perzentuelle Anteil des
Bundes von 74 auf 60 % reduzieren und wir könnten zu einem grösseren
Budget kommen, ohne dass eine wesentliche Erhöhung des Bundesbeitrages
notwendig ist. Derzeit nämlich ist ein Budget von mindestens 100 Mio. S
fürs nächste Jahr beabsichtigt.
Und diese Budgetsteigerung hat die Geschäftsführung mit dem Betriebsrat
ein neues Gehaltsschema ausgearbeitet. Heindl ging von der Voraus-
setzung aus, dass dieses Gehaltsschema noch vertreten werden kann,
06-0784
Weil die Angestellten der ÖFVW zwei Jahre keine Gehaltserhöhung
gehabt haben. In Wirklichkeit müsste ich dann feststellen, dass sie
sehr wohl alle Gehaltsbewegungen des öffentlichen Dienstes mitgemacht
haben. Die Erhöhung der Gehälter z.B. für die neuen Abteilungsleiter
von 8.000 auf 14.000 S halte ich für vollkommen unmöglich. Sicher ist,
dass die drei neuen Männer Kübler, Zolles und Schuster unterbezahlt
waren, insbesondere was ihre wirkliche Initiative und Leistung in dem
letzten Jahr betrifft. Dr. Schuster ist deshalb zur Mobil gegangen, wo
er 13.000 S bekommt. So leid es mir tut, musste ich mich aber gegen
dieses Gehaltsschema aussprechen, weil der Rechnungshof und die Öffent-
lichkeit hätte uns dies niemals durchgehen lassen und habe vorgeschla-
gen, man sollte mit Zulagen versuchen, die entsprechenden Entlohnungen
zu erreichen. Ich hätte mir sehr gut vorstellen können, dass man für die
Abteilungsleiter wirklich bedeutende Zulagen gibt und dass vor allem
auch für die fremdsprachigen Sekretärinnen entsprechende Zulagen gezahlt
werden müssen.
Die Gehaltspolitik aller Betriebsräte auch der Gewerkschaften geht heute
dahin, ein entsprechend gutes Schema zu erreichen. In diesem Schema hat
dann die Nieten genauso nicht nur Gehaltssteigerungen sondern auch eine
Position, die ihnen überhaupt gar nicht zusteht. Meiner Meinung nach
wird es heute oder früher oder später dazu kommen oder kommen müssen,
dass die Gehaltsschemata in Wirklichkeit nichts als Mindestentlohnungen
darstellen. Es darf also nicht dazu kommen, dass man Gehaltsschemata
mit tatsächlichen Löhnen, die irgendwo anders bezahlt werden, vergleicht.
Im Gehaltsschema kann nur ein kollektivvertraglicher Mindestlohn
gesehen werden. Darüber hinaus wird man Anreize in Form von Zulagen
und Leistungsprämien geben müssen, wenn man nicht die Gehaltskosten irr-
sinnig ausweitet und dabei in Wirklichkeit auch keinerlei Leistungseffekt
erzielt.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte bei der nächsten Direktoriumssitzung das Unter-
lagenmaterial, das ja auch Min.Rat Poppinger bekommt, von ihm analysieren
lassen. In meine Tagesordnung dann von ihm handschriftlich die wichtigsten
Zahlen und ein bis zwei Stichworte einfügen. Dort, wo es sich um Entschei-
dungen von grösster Bedeutung handelt, wie z.B. das Gehaltsschema, mit Rot-
stift die wichtigsten Probleme anzeichnen und in meine Handbeilage dann
geben.
Direktor Herzig vom Kugellagerwerk Steyr und der Arbeiterkammerpräsident
Schmidl, der gleichzeitig auch BR-Obmann von Steyr ist, wollten wegen
der Japan-Importe bei mir intervenieren. Die Steyr-Werke stehen immer auf
dem Standpunkt, dass man sie womöglich von allen Importen abschirmen sollte
und Schmidl hat natürlich eine noch extremere Stellung eingenommen. Sie
waren daher sehr erstaunt, als ich ihnen im Zuge der preisdämpfenden
Massnahmen mitteilte, dass man selbstverständlich auch die Japanimporte
aufstocken wird. Ich ersuchte dann auch noch Min.Rat Meisl, zu dieser
Sitzung zu kommen, damit er mit ihnen über die Details weiter verhandelt.
Meisl erklärte mir, als ich ihn draussen informierte, dass die Steyr-Werke
selbst japanische Kugellager importieren, um sie ergänzend zu ihren Produk-
tionsprogramm ebenfalls zu verwenden.
Min.Rat Schleifer wollte und will in der Erdölfrage, d.h. in der Preis-
festsetzung für Benzin und Dieselöl doch zu irgendeinem Verhandlungsergeb-
nis kommen. Er hat deshalb von der Bundeskammer die Zusicherung verlangt,
dass diese ihre Tankstellenantrag auf 10 Groschen Erhöhung pro Liter zu-
züglich der Verteuerung der Mineralfirmen durch die höheren Rohölpreise
zurückzieht. Der dann so genehmigten Preiserhöhung müsste die Handelskammer
in internen Besprechungen die Aufteilung zwischen dem Mineralölhandel, d.h.
den Tankstellenfirmen und den grossen westlichen Ölgesellschaften herbei-
führen. Da wir derzeit nicht beabsichtigen, eine Preiserhöhung für Benzin
und Dieselöl wirklich zu genehmigen, hat eine solche Taktik nicht sehr
viel Sinn. Erstens würden die Tankstellenbesitzer, Stationäre für wie
Pächter auf uns dann entsprechend böse sein und zweitens würde es letzten
Endes doch nur zu einer Scheinverhandlung kommen, denn derzeit können und
wollen wir nicht den Benzinpreis erhöhen. Wenn die Benzinfirmen eine Preis-
erhöhung beantragen und das haben sie getan, dann muss Schleifer die Ver-
handlungen entsprechend führen und meiner Meinung nach kann er dies indem
er dilatorisch eben von einer Sitzung zur anderen entsprechende Unterlagen
verlangt und Detailfragen diskutiert. Ein Abschluss – habe ich ihm deutlich
zu erkennen gegeben – kommt nicht in Frage. Er hat ja auch dafür eine sehr
gute Begründung, denn ich habe – wie die gesamte Ölwirtschaft bei mir war –
dieser bei Anwesenheit von Schleifer, Neuhold und Elsinger auf die Frage,
ob sie vor dem Sommer noch mit einer Benzinpreiserhöhung rechnen können,
dezidiert mit NEIN geantwortet.
Die zweite Arbeitssitzung mit dem bulgarischen Handelsminister
Nedew und seinem Aussenhandelsministerstellvertreter Penkow gestaltete
sich äusserst schwierig. Die Bulgaren geben sich scheinbar noch immer
der Hoffnung, um nicht zu sagen, der Illusion hin, dass wir ihnen vom
Staat einen grösseren Kredit gewähren können. Ich versuche zwar ununter-
brochen, die entsprechende Aufklärung, doch wird dies scheinbar zumindest
äusserlich nicht zur Kenntnis genommen. Wir haben auch weiters noch
offene Fragen im neu abzuschliessenden Handels- und Schiffahrtsabkommen.
Im Handelsabkommen wünschen sie, dass bezüglich der Meistbegünstigung
nur die Einschränkung auf die Zollfreizonen oder auf Zollunionen fest-
gelegt wird.Sie sind nicht bereit, auch für die zollähnlichen Abgaben
und vor allem auch für bilaterale Zollkontingente, die z.B. zwischen
der BRD und Österreich im Hinblick auf die EWG-Verhandlungen gegeben
werden, Ausnahmen zuzugestehen. Fälbl hat ihnen an Hand 31.000 Rinder
die wir gegen 5.000 t Rahm im Zollkontingent in Hinkunft liefern wollen,
versucht zu erklären, dass sie an einem solchen, nicht durch die Meist-
begünstigung partizipieren können. Zuerst hat es den Anschein gehabt,
als wenn sie bereit wären, auf eine solche Regelung einzusteigen, dann
spät abends hat mich Fälbl informiert, dass alle diesbezüglichen Ex-
pertenbesprechungen gescheitert sind.
Bezüglich des Art. XI, Abs. 5 des Schiffahrtsabkommens sollte die Ver-
teilung des bulg.-österr. Donauflottenraumes dahingehend geregelt
werden, dass auf eine gerechte Verteilung hingewiesen wird.Die Bulgaren,
die zuerst einer Lösung zugestimmt haben, haben nun auch wieder diese
Lösung verworfen und sich auf die ursprüngliche Ausgangsposition zurück-
gezogen, nämlich, dass dieser Absatz unbedingt aus dem Schiffahrtsabkom-
men herauskommen sollte. Ich habe in der Ministerratsvorbesprechung mit
Frühbauer über dieses Problem eingehend diskutiert, er erklärt sich aber
ausserstande, hier nachgehen zu können. Die DDSG dürfte hier bei ihm
mächtig interveniert haben und beharrt unbedingt auf einer solchen Fassung.
Selbstverständlich wird selbst diese Fassung der DDSG nicht sehr viel hel-
fen, da bekanntlicherweise das Überangebot von Flottenraum der Bulgaren
nur dazu führt, dass sie unter allen Umständen diesen bei Gegengeschäften
mit österr. Firmen verkaufen. Auf eine Aufteilung kann dann die österr.
Firma, um ein Geschäft machen zu können, überhaupt nicht eingehen.
Bezüglich des Fremdenverkehrsabkommen, wo wir in Kürze eine Paraphierung
resp. Unterzeichnung vornehmen könnten, hat sich dann eine neue Schwie-
rigkeit aufgetan. Der österr. Botschafter in Bulgarien hat telegraphisch
06-0787
ersucht, man sollte unter gar keinen Umständen das Fremdenverkehrs-
abkommen unterzeichnen, da er jetzt wieder einen Fall hat, wo eine
bulgarische Behörde einen Österreicher, der in Bulgarien seinen ständigen
Wohnsitz hatte, nicht ausreisen lassen will. Ich habe mich unverzüglich
mit Kirchschläger, der leider krank war, ins Einvernehmen gesetzt und
habe deshalb mit Gen.Sekr. Wodak und Botschafter Marquet verhandelt.
Beide sind der Meinung, dass eine solche Retorsionsmassnahme oder
Repressalie nicht zielführend ist. Wir sollten dagegen versuchen, in
das Fremdenverkehrsabkommen eine Bestimmung aufzunehmen, dass Öster-
reicher, die einen ständigen Wohnsitz in Bulgarien haben, d.h. die
eigentlich für die Bulgaren als Bulgaren gelten, nach Österreich aus-
wandern, d.h. ihren Wohnsitz ändern dürfen. Da wir annehmen, dass die
Bulgaren einer solchen Regelung nicht zustimmen werden, könnten wir dann
eine Liste von Österreichern vorlegen, die von ihrem Standpunkt als
Bulgaren gelten und denen sie dann die Ausreisegenehmigung gestatten
sollten.
Ich bemühe mich sehr, das Besuchsprogramm der Bulgaren einigermassen
auf einem Niveau zu halten, das ihren Wünschen entspricht. Da Nedew
erklärt hat, er möchte eigentlich mehr in die Museen gehen, haben
wir für Dienstag an Stelle vom VÖEST- oder Stickstoffwerk-Besuch
entsprechende Museums-Besuche in Wien vorgesehen. Wir wollen ihnen
damit beweisen, dass wir alle ihre Wünsche weitestgehend erfüllen,
wenn wir auch zu keinem Abkommen kommen können. wahrscheinlich meint
Fälbl, wird es am zielführendsten sein, ein weiteres langfristiges
Handelsabkommen abzuschliessen, an Stelle des zu besprechenden und
abzuschliessenden Handels- und Schiffahrtsabkommens.
Der Bundespräsident hat zugestimmt, dass wir einen Teil der Delegation,
nämlich die Minister und die stellvertretenden Minister zum Gala-Empfang
nach Schönbrunn einladen. Er hat auch eine diesbezügliche Einladung
durch mich ihnen übermittelt. Zum Bedauern der Bulgaren ist in diesen
Einladungen Smoking oder Frack, ich weiss nicht was, vorgeschrieben
und zum Schluss kam Nedew zu mir und entschuldigte sich, dass er an
dieser Einladung nicht teilnehmen kann, da er diesbezügliche Kleider
nicht mit hat. Ich habe ihm mein vollstes Verständnis dafür zum Aus-
druck gebracht, primär war ich ja froh, dass überhaupt ein positive
Erledigung meiner Schnapsidee möglich war. Dadurch haben wir gezeigt,
dass wir alles daran setzen, um die Bulgaren überall hinzubringen, wenn
sie dann nicht daran teilnehmen, war das für mich nur angenehm, weil
ich unmittelbar nach Einzug des Bundespräsidenten in Schönbrunn ebenfalls
nach Hause fahren konnte. Es war sowieso bereits 3/4 11 Uhr.
In der Ministerratsvorbesprechung berichtete ich über den Stand der
Verhandlungen mit den Bulgaren. Ich versuchte auch klar zulegen, dass
wir die Verhandlungen wahrscheinlich nicht positiv abschliessen können.
Kreisky meinte, dass keine Möglichkeit besteht, wenn Frühbauer nicht
zustimmen kann, ihn von Seiten der Regierung dazu zu zwingen. Ich hatte
auch gar nicht die Absicht, einen solchen Zwang zu erreichen, sondern
nur darauf hinzuweisen, dass die Verhandlungen platzen würden. Platzen
meinte dann Kreisky, wäre nicht der richtige Ausdruck, sondern man
sollte halt, wie das schon einigemale in den vergangenen Jahrzehnten ja
immer wieder geschehen ist, die Verhandlungen unterbrechen und zu
einem späteren Zeitpunkt fortsetzen, auch eine solche Lösung hatte ich
im Auge, doch wollte ich, dass man sich darüber klar ist, dass auch
in Hinkunft, glaube ich, keine bessere Lösung erzielt werden kann.
Die Hauptschwierigkeit ergibt sich übrigens bei diesem Vertrag, wie
ich einleitend ja auch dem Regierungschef und den anderen Mitgliedern
mitteilte, weniger aus diesen Spezialproblemen sondern, dass wir nicht
imstande sind, die 60 Mill. $ Kredit den Bulgaren zu gewähren.
Kreisky berichtete, dass die ÖVP-Regierung 1 Mio. S für das> Figl-Denkmal
beschlossen hat, davon aber nur 300.000 S bis jetzt bezahlt hat. Maurer
wünscht nun die restlichen 700.000 S. Bei dieser Gelegenheit werden wir
auch 1 Mio. S für ein Schärf-Denkmal beschliessen, dies allerdings nicht
für ein wirkliches Denkmal, sondern für die Adolf-Schärf-Stiftung als
denkmalähnliche Einrichtung zuwenden.
Kreisky hat erklärt, dass wir statt der 30 Mio S, die die Bundesregierung
an Kurzwellen aufwenden müsste, auf 10 Mio. S reduziert werden sollen.
Zuerst wollte er den Kurzwellendienst ja überhaupt auflassen, d.h. von
Staats wegen nichts mehr dazu beisteuern. Der ORF Generalintendant
Bacher reagiert, dass er 35 Dienstnehmer des Kurzwellen-Auslandsdienstes
kündigt. Dafür ist allerdings gar keine Notwendigkeit, denn andererseits
werden wesentlich höhere und fast ungesetzliche Überstunden bei anderen
Angestellten geleistet.
Die Verhandlungen mit Schleinzer über die Heeresreform geht nun in ein
konkretes Stadium. Schleinzer ist bereit, die Definition, dass die
15.000 Mann Bereitschaftstruppe alles zusammenzuzählen ist, was über
zwei Monate ausgebildet ist. Mit der Tatsache, dass dann 12.000 Mann
der eingerückten Truppe sowie 6–7.000 Mann des Kaderpersonals
bereits mehr als 15.000 Bereitschaftstruppen-Mann vorhanden wären,
könnte eine Lösung einvernehmlich gefunden werden. Das Problem sind nur
die 60 Tage Übungen, denen noch 15 Tage strategische Reserve dazukommen,
06-0789
welche die Sozialisten akzeptieren könnten. die 60 Tage dagegen
müssten auf 40 oder zumindestens 50 Tage reduziert werden.
Ein weiterer Erfolg von Kreisky ist insbesondere der neue Investitions-
plan für die Berggebiete. Die 300 Mill. S jährlich auf 5 Jahre haben
die ÖVP richtiggehend verwirrt. Häuser bemerkt allerdings dazu, dass
weitere wesentliche Aufwendungen für die Bauern in dem nächsten Jahr
notwendig sein werden. Der Abschluss zwischen den Bauern und den Ärzten
wird die Bauernkrankenkasse mit 120–150 Mill. S belasten. Da sie nur
eine Beitragserhöhung von 40–50 Mio. S im Auge haben, würde der Rest
vom Ministerium zu bezahlen sein. Damit würde die derzeitige Parität
von 1:1 verlustig werden. Darüber hinaus hat die landwirtschaftliche
Unfallversicherung eine Steigerung von 10 % pro Jahr zu verzeichnen.
Häuser rechnet, dass uns dadurch jährlich 450 Mill. S ohne die
Erhöhung der Bauernpension anfallen. Bei der Bauernpension sind derzeit
17.000 Anträge gestellt und 500 ungefähr bescheidmässig erledigt. Die
durchschnittliche Pension beträgt 1.600 S der erledigten Bescheide,
wodurch sich heute bereits mit Sicherheit sagen lässt, dass auch hier
etliche Hunderte Millionen Schilling zusätzlich anfallen werden. Ich
muss sagen, schön langsam summiert sich ein Agraraufwand, der nicht
einmal in der ÖVP-Ära so gross gewesen ist. Für mich bestätigt sich
die Tatsache, dass eine Alleinregierung in Wirklichkeit immer entsprechen
de Extreme Ausgaben in einer Richtung bereit ist zu tätigen.
Ich informierte Androsch, dass ich Koppe sofort über seine Beschwerde
bezüglich des Verhaltens unsererseits in der Frage der KFZ-Versicherung
informiert habe. Androsch nahm mit Genugtuung zur Kenntnis, dass
hier ein Journalist versucht hatte, uns gegenseitig auszuspielen.
Er hätte auch von Mauhart bereits eine Mitteilung bekommen, dass ihn
Koppe in dieser Frage angesprochen hat, obwohl Mauhart davon nichts
wusste, oder auch nichts wissen konnte, da der Journalist scheinbar mit
ihm allein nur gesprochen hat. Mich hat einigermassen verwundert, dass
auf eine so einzelne Intervention Androsch sofort so eingeschnappt ist.
Ich kann mir das nur so erklären, dass dies aber doch im Hinblick auf
die Zeitungskampagne, die pro Staribacher kontra Androsch gewesen ist,
nicht wirkungslos bei ihm geblieben ist.
Beim Empfang in der Hofburg hat mich Botschafter Marquet aufmerksam
gemacht, dass wenn ich das Fremdenverkehrsabkommen unterzeichnen
will, ich unbedingt morgen in der Regierung einen diesbezüglichen
Bericht geben soll, damit ich auch die notwendige Regierungsdeckung
formell habe. Niemand im Haus hat mich auf diese Tatsache aufmerksam
gemacht.
Ich habe beim Mittagessen mit Handelskammerpräsident Sallinger
die Aussendung der Handelskammer von 6 Uhr früh besprochen. Er hat
zwar nicht gehört, aber die sehr interessanten Reaktionen von ihm
muss ich doch vermerken. In der Sendung wurde ich auf der einen Seite
angegriffen, auf der anderen Seite aber indirekt gelobt. Sallinger selbst
war sehr erstaunt darüber und hat erklärt, er wird sich die Sendung
anhören resp. vorlegen lassen.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte, höre sie dir auch an.
Tagesprogramm, 28.6.1971