Mittwoch, 13. Oktober 1971
Ich hatte die Sektion III, Sekt.Chef Römer ersucht, er möge durch
Besprechungen informeller Art mit der ÖMV herausbekommen, welchen
Benzinpreis sie sich vorstellen. Schleifer hat mir nun berichtet,
dass er mit Dr. Kreutler von der ÖMV Besprechungen geführt hat. Lei-
der hat er der ÖMV vorgeschlagen, dass für Super 15 Groschen und
für Normalbenzin 25 Groschen von ihm in Aussicht genommen werden könnte.
Die ÖMV hat behauptet, dass die Herabsetzung de Bleigehaltes auf
0,4 Gramm pro Liter 15 Groschen Kosten verursachen. In diesen Be-
trägen wären nun 3 Groschen Tankstellenprovisionserhöhung ebenfalls
drinnen. Derzeit beträgt die Provision lt. Mitteilung der ÖMV bei
einzelnen Tankstellen sogar bis 60 Groschen. Für Normalbenzin sollte
auch gleichzeitig der Oktangehalt von 86 auf 90 erhöht werden, was
ebenfalls 4 Groschen Kosten verursacht. Ohne dass ich Schleifer
deshalb anbrüllte oder auch nur schärfer ins Wort ging, habe ich ihm
doch zu verstehen gegeben, dass dieses Verhalten von ihm taktisch
äusserst unklug war. Natürlich ist Kreutler sofort zu seinen Leuten
gegangen und dann mit der Antwort gekommen, sie erwarten mindestens
30 Groschen Benzinpreiserhöhung. Ich erläuterte Schleifer, wie er
eigentlich hätte taktisch vorgehen müssen, indem er die westlichen
Ölgesellschaften von der ÖMV trennt und dann zu einem Punkt kommt,
wo er den tatsächlichen Mindesterhöhungsbetrag von dieser Seite ge-
nannt bekommt. Der grösste Fehler war, dass er einen Betrag genannt
hat, denn damit ist zumindestens er persönlich präjudiziert. Ich
erläuterte Schleifer, dass wir nur eines können, nämlich als Ver-
mittler dann einen Kompromissvorschlag machen, der von den Inter-
essensvertretungen und nicht zuletzt auch von den Kraftfahrverbänden
akzeptiert wird. Jede andere Lösung halte ich für unmöglich. Auch
wenn wir Behörde sind, müsste unsere Funktion mehr darin bestehen,
einen Ausgleich herbeizuführen als bescheidmässig irgendeine Lösung
dann dekretieren, die von allen Seiten womöglich angefochten wird.
Elsinger und Neuhold, die bei dieser Aussprache dabei waren, haben
glaube ich meine Taktik erkannt und vor allem ziffernmässig Vor-
arbeiten für eine solche Aussprache geliefert. Ich habe in einem
Telefongespräch nach der Sitzung mit der ÖMV Kreutler wissen lassen,
dass er sich keiner Illusion hingeben sollte, dass auch nur an-
nähernd die 30 Groschen erreicht werden können. Auf die Frage der ÖMV,
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was sie nun machen könnte, erwiderte ich, dass sie solange zuwarten
müssen, bis ich mit den Kraftfahrverbänden und den Interessensver-
tretungen eine gemeinsame Plattform gefunden habe. Wanke meinte
abschliessend nach dieser Besprechung, dass Schleifer für eine solche
feine Klinge oder für so taktische Überlegungen viel zu wenig Vor-
aussetzungen mitbringt.
Bei der Bürges wurde die Diskussion über die Änderung der Richt-
linien oder Einstellung der Normalfälle im Gewerbestrukturver-
besserungsgesetz fortgesetzt. Janak schlug vor, dass die Normal-
fälle um die Hälfte ihres Anträge gekürzt werden sollen, um nicht
abrupt alle einstellen zu müssen. Der Handelskammervertreter Dr.
Dorn meinte, dass man versuchen sollte, zusätzliche Mittel
zu erreichen. Er meint von den 40 Mill. S Überhang sollten 20 Mill.
durch ein Budgetüberschreitungsgesetz 15 Als Überhang in das nächste
Jahr gezogen werden und 5 Mill. durch strengere Auslegung der Richt-
linien eingespart werden. Ich musste ihm mitteilen, dass ich auch
ursprünglich an einem zusätzliche Budgetüberschreitungsgesetz
interessiert gewesen wäre, dass sich aber jetzt herausstellt, dass
auf Grund der gesetzlichen Lage eine solches gar nicht möglich
wäre, selbst wenn der Finanzminister zustimmen würde. Zedek hat
für den Fremdenverkehr neue verschärfte Richtlinien vorgeschlagen
und ganz konkret beantragt. Korinek flüsterte mir zu, er würde die
Normalfälle jetzt mit einem Schreiben an die Kreditinstitute ab-
stoppen und dies auf seine Kappe nehmen, wenn ich ihm nur entsprechend
Rückdeckung gebe. Er wies darauf hin, dass ich ihm seinerzeit als
er Finanzminister war, auch versprochen hatte, ich würde ihn in den
Ausschüssen niemals hart attackieren, indem ich auch Schwächen die
er wahrscheinlich damals genauso hatte wie jeder Minister aufmerksam
machte und ich habe dieses Versprechen ja auch tatsächlich gehalten.
Dafür sagte er, ist er mir heute noch zu Dank verpflichtet und würde
dies sehr gerne jetzt als Gegenleistung für mich tun. Richtig ist,
dass ich die entsprechenden Weisungen an die Bürges werde ergehen
lassen müssen, doch ersuchte ich alle Anwesenden, eine übereinstim-
mende Meinung zu versuchen, damit im Sinne unserer Sozial- und
Wirtschaftspartnerschaft die Zusammenarbeit nicht leidet.
Bei der Sektionsleiterbesprechung ist Min.Rat Gasser zu mir ge-
kommen, damit wir doch noch diese bergromantische Publikation mit
20.000 S subventionieren sollen. Ich erklärte, warum ich glaube,
dass es sinnlos ist, wenn öffentliche Gelder für solche Publi-
kationen aufgewendet werden. Koppe hat einen diesbezüglichen Ver-
merk im Akt gemacht. Da ich aber bemerkte, dass Gasser sehr verlegen
war, fragte ich ihn, ob er schon entsprechende Zusagen gemacht hätte
was er sofort bejahte. In diesem Fall gab ich meine Zustimmung,
da ich auf dem Standpunkt stand und dies auch klar und deutlich
erklärte, wenn ein Sektionsleiter irgendwelche Zusagen gemacht hat,
dann kann er damit rechnen, dass ich ihn decke, auch dann, wenn es
sich um eine nicht zielführende Entscheidung handelt.
Die Firma Koreska in der Wattgasse hat auch einen Betrieb in
Liesing. Wir wurden eingeladen, den Betrieb in der Wattgasse zu
besichtigen. Die Firma selbst hat sich aus kleinsten Anfängen,
der Grossvater, zu einem bedeutenden Unternehmer entwickelt. Koreska
hat es aber immer verstanden, für sich die günstigsten Bedingungen,
sei es bei Zöllen oder beim Warenverkehr, herauszuschlagen. Die
Firma hatte auch entsprechende Wünsche, die man allerdings glaube
ich teilweise erfüllen kann, resp. sich bemühen wird, diese zu er-
füllen. Insbesondere wünschte sie, dass die Markenschutzfrage mit der
Volksrepublik China geklärt wird. Sie hätte, nachdem jetzt die
diplomatischen Beziehungen aufgenommen werden, versucht, ihre
Marken entsprechend in China schützen zu lassen. Leider seien sie
bis jetzt auf eine chinesische Mauer gestossen. In der Gewerbe-
ordnung ist vorgesehen, dass der Stellvertreter des Geschäftsführers
auch die Befähigung haben muss. Sie meinen nun und das müsste man
Jagoda wirklich nahelegen, dass der Geschäftsführerstellvertreter
doch nicht dieselben Voraussetzungen mitbringen müsste wie der Ge-
schäftsführer. Von der Firma Alto beziehen sie 45 t Äther zu einem
Preis von 24.– S. Obwohl sie nur einen technischen Äther brauchen,
müssen sie einen chemisch reinen Medizinaläther kaufen, weil die
Monopolverwaltung nicht bereit ist, einen verbilligten Äther zur
Verfügung zu stellen. Die Firma exportiert 250 Mio. S, das sind
60 % ihres Umsatzes und muss deshalb sehr kostenmässig jede einzelne
Post entsprechend berücksichtigen und versuchen, die Kosten zu
drücken. Dipl.Ing. Fellner wird sich bemühen, als Fachreferat
die Firma bei ihren Wünschen auf Vormerkverkehr resp. Herabsetzung
des Preises durch technischen Äther von der Monopolverwaltung zu
unterstützen.
Das Kaufhaus Ludwig hat wegen der Nettopreisverordnung für Ski
grosse Schwierigkeiten. Ludwig hat in den vergangenen Jahren Ski
immer unter den Bruttopreisen verkauft und möchte auch weiterhin
seine eigene Preisgestaltung durchführen. Die Firmen Kneissl und
Fischer lehnen aber seine Belieferung ab. Natürlich wird die Belie-
ferungsablehnung nicht mit der Begründung, dass er nicht die empfoh-
lenen Bruttopreise eingehalten hat, sondern mit irgendwelchen anderen
Begründungen erklärt. Das Kaufhaus will nun feststellen. ob das
Ministerium, wenn es zu einer Liefersperre aller Firmen kommt, sie
tatsächlich unterstützen kann. Die einzige Möglichkeiten sehe ich
darin, einen Brief an die Skifirmen zu schreiben, wo ich auf den
Tatbestand verweise, dass es sich vielleicht nur um einen Irrtum han-
delt, wenn eine Firma nicht beliefert wird. Durch diese Möglichkeit
könnte vielleicht eine Liefersperre dann möglicherweise auch tat-
sächlich aufgehoben werden.
Beim Cocktail in der Bulgarischen Handelsvertretung habe ich Mitterer
getroffen und ihm angekündigt, dass ich selbstverständlich bereit
bin, die Diskussion über die Angriffe der Belangsendung der SPÖ
gegen den Handel weiter zu führen. Mitterer erklärte, er würde ja
keinesfalls mit diesem Briefwechsel in die Presse gehen, sondern
möchte nur den Standpunkt der Handelskammer ganz klar und deutlich
herausarbeiten.Der bulgarische Handelsrat und insbesondere der Dele-
gationsleiter konnten sich nicht erklären, warum die Österreicher
so grossen Wert darauflegen auf die Schillingfakturierung. Sie vermute-
ten, dass es sich hier um ein Politik handelt und ich bestätigte die-
se Meinung.
Beim Empfang in der polnischen Botschaft für den stellvertretenden
Aussenhandelsminister Karski wurde ich neuerdings nach Polen einge-
laden. Ich hatte keinerlei Zusagen gemacht sondern erklärte, dass ich
sicherlich einmal einen Vertrag in Warschau unterschreiben würde.
Fälbl war über das Verhalten der Handelskammer betreffend die bulg.
Abschlussverhandlungen sehr erschüttert. Die Handelskammer hat im
letzten Moment einen Vorschlag gebracht, wonach die Bulgaren in
Schilling fakturieren sollten und die Importe von Bulgarien mit
entsprechenden anderen Währungen bezahlt hätten werden können.
Fälbl ist überhaupt sehr ungehalten, dass Gleissner immer wieder
mit Ideen kommt und erklärt, dass er Weisungen gegenüber den Beamten
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erreichen kann, wenn er mit diese Idee bei den Verhandlungen
nicht durchdringt. Ich versicherte Fälbl, dass eine solche Aussage
vollkommen falsch ist und ich keinesfalls bereit bin, unsere Beamten
von der Handelskammer schikanieren zu lassen. Andererseits aber wie-
der habe ich grösstes Interesse daran, dass wir mit der Handelskammer
zu einvernehmlichen Lösungen mit der Frage der Handelsvertragsver-
handlungen und der Liberalisierung gegenüber dem Osten kommen. Fälbl
wollte bezüglich der tschechischen Verhandlungen, wenn es zu keiner
einvernehmlich Lösung kommt, seinen Posener Vorschlag durchsetzen.
Ich und Wanke vertraten aber die Meinung, dass es zielführender ist,
wegen eines kurzfristigen Vertrages nicht die gute Zusammenarbeit
aufs Spiel zu setzen, es müsste uns doch gelingen, die Handels-
kammer in der Frage der Liberalisierung auf unsere Seite zu bringen.
Schliesslich ist dies viel wichtiger, als einen momentanen Achtungs-
erfolg für einen kurzfristigen Vertrag.
Tagesprogramm, 13.10.1971