Freitag, 4. Feber 1972
Bei den Plenarsitzungen mit den Rumänen stellte ich fest, dass bei
den Rumänen zwei Leute stenographische Protokolle führen. Bei uns,
obwohl mindestens 30 Leute daran teilnehmen, machen ich mir glaube ich
als Einziger Aufzeichnungen. Ich frage Fälbl. wieso bei uns überhaupt kein
Protokoll über die Verhandlungen geführt wird. Fälbl meint allerdings,
dass das Wichtigste dann in dem schriftlich gemeinsam festgelegten Proto-
koll von dem Vorsitzenden gezeichnet wird und deshalb eigentlich Aufzeich-
nungen über die Debatte und über die Entwicklung der einzelnen Punkte
gar nicht notwendig sei. Dieses Argument stimmt sicherlich gegenüber den
ausländischen Teilnehmern. Ich glaube nämlich kaum, dass ein Rumäne
jemals aus der Diskussion irgendwelche Schlüsse oder gar Beweise gegen
eine Meinungsauffassung vorbringen wird, die nicht dann auch im offi-
ziellen Protokoll verankert ist. Für die internen Behauptungen glaube
ich gilt dies allerdings nicht. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass
nach einiger Zeit vielleicht die Bundeskammer erklären wird, ihr Ver-
treter hätte diese oder jene Aussage, die ich mache, falsch verstan-
den und dieser nicht zugestimmt. Es wird allerdings dann ein Problem für
den Betreffenden sei, zu behaupte, dass ich es anders gesagt hätte, als
er auffasste, da keinerlei schriftliche Unterlagen vorliegen werden,
kann man theoretisch behaupten, was man will. Ich kann mit diesem Zu-
stand glaube ich einverstanden sein. Ich habe mir allerdings nicht vor-
gestellt, dass in einem Ministerium, in einer so wichtigen Angelegenheit,
Vertragsverhandlungen mit ausländischen Staaten keinerlei Aufzeich-
nungen gemacht werden.
Fälbl war über die Rumänen sehr verärgert, weil sie 10 Minuten vor Beginn
der Sitzung erst neue Vorschläge zum offiziellen Protokoll vorgebracht ha-
ben. Über alle Punkte konnte leicht eine Einigung gefunden werden.
unmöglich war es nur, ihnen ein Zugeständnis zu machen, sodass aus Koope-
rationen, Produkte die nach Österreich eingeführt werden, zollbegünstigt
auf Grund der Kooperation behandelt werden. In dem seinerzeitigen Koope-
rationsabkommen wurde in einem Briefwechsel bereits festgehalten, dass,
soweit die österr. Zollgesetzgebung es ermöglicht, natürlich auch diese
Produkte zollbegünstigt eingeführt werden können. Obwohl ich persön-
lich auf dem Standpunkt steh, man sollte tatsächlich eine gesetzliche
Regelung finden, um auf Produkte aus der Kooperation Zollbegünstigung
einzuführen, hat das Finanzministerium, insbesondere die Finanzbüro-
kratie dies aus formellen Gründen immer wieder abgelehnt. Willenpart
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vertritt dann auch noch den Standpunkt, dass eine solche Zollbegün-
stigung auf Grund der Meistbegünstigungsklausel GATT-weit gegeben
werden müsste. Hier frage ich mich allerdings, ob es nicht in diesem
Fall möglich wäre, eben als Kriterium eine Kooperation, d.h. eine
Vertrag zwischen zwei Firmen als Grundlage und wenn es nicht anders
geht, einen Vertrag zwischen zwei Staaten als Grundlage für ein
spezifisches Produkt und somit klar eingegrenzt gegeben werden kann.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte neben den schon in Angriff genommenen aussen-
politischen Gesichtspunkt auch diesen untersuchen zu lassen.
Da die.Rumänen bei unserem weitergehenden Vorschlag, nämlich volle
Liberalisierung mit Schutzklausel a la Polen-Vertrag nicht unter-
zeichnen konnten, einigten wir uns, dass wir diese Problem weiter
verfolgen wollten und gegebenenfalls über den Botschafter einen
endgültigen Abschluss tätigen könnten. Ich habe mit dem Vizemini-
ster Popa unter vier Augen neuerdings über dieses Problem gespro-
chen. Er erklärte mir, dass die Rumänen keine Bedenken hätten, dies
sofort in Österreichern zuzugestehen. Da es auch überzeugt ist, dass
dieser Weg für eine Ausweitung des rum.-österr. Handels zielführend
wäre. Bedenken, die auf rum. Seite bestehen und die noch überprüft
werden müssten, ist, ob dadurch nicht eine GATT-Verletzung vorliegt.
Mein Einwand, dass wir die GATT-Konformität geprüft hätten und
Polen als GATT-Mitglied so etwas schon einmal akzeptiert hat,
war für ihn glaube ich nicht überzeugend. Ich nehme an- dass das
wirkliche Problem für sie ist, dass sie befürchten, wenn sie uns diese:
Zugeständnis machen, müssen sie es auch für alle anderen GATT-Staaten,
die an sie mit einer solchen Idee herantreten, gewähren.
Dr. Fröhlich von der OeNB berichtete über die Besprechung der Bankenver-
treter. Die OeNB aber auch die Kommerzialbanken in Österreich sind bereit
der rum. Nationalbank beim Übergang vom Clearing auf den Freien
Warenverkehr, günstigere Konditionen über die Liquidität resp. die
Abwicklung der Clearingkonten zu gewähren, Dadurch hofft die OeNB, dass
die Rumänen bereit sein werden, im Jahre 1972 umzusteigen.
Bei der VÖEST-Kooperation ergab sich eine finanzielle Schwierig-
keit. Apfalter, der Finanzdirektor, rief deshalb bei mir an und
sagte, die Österr. Kontrollbank, Dr. Haschek, wäre bereit, aus
den 3 Mill. Zuschuss, die wir ihm voriges Jahr gegeben hatten,
1 Mill. für die VÖEST abzuzweigen. Er verlangte von mir die Zu-
stimmung. Da Haschek neben ihm stand, konnte ich gleich diesem
meine Stellungnahme auseinandersetzen. Ich weigerte mich ganz
strikte, eine Entscheidung zu treffen, wenn die Österr.
Kontrollbank Unterstützung gewährt. Ich erklärte, dass ich ausser-
stande wäre, einer Firma eine solche Unterstützung zuzugestehen
und dann einer zweiten oder dritten, wenn z.B. die Mittel nicht mehr
ausreichen, oder wenn das vielleicht wirklich ein schlechteres
Geschäfte wäre oder ein besseres Geschäft ist, dann ich die Ent-
scheidung treffen sollte. Dies sei Angelegenheit der Kon-
trollbank und müsste unter dieser alleinigen Verantwortung geschehen.
Haschek konnte mir sofort dagegen erwidern, dass in einem Vertrag,
den das Ministerium mit ihm geschlossen hat, eine solche Genehmi-
gung ausdrücklich vorgesehen sei. Eine Rücksprache bei Min.Rat
Zienert, der für Exportförderung zuständig ist, ergab, dass wir
tatsächlich eine solchen Vertrag abgeschlossen haben. Er behauptet
sogar, er hätte ihn mir zur Genehmigung vorgelegt. Auf eine Frage,
nah welche Kriterien er eine solche Entscheidung trifft, so sagte
er unbekümmert, nach volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Angeblich
sei eine solche Genehmigung unbedingt erforderlich, weil es sich
hier um Staatsgelder handelt. Wanke meinte, dass der Vertrag von
Haschek ausgearbeitet wurde und uns nur als Rückendeckung für
Haschek Zienert unterschoben worden sei. Damit sei Haschek gedenkt,
Zienert in seinem Bewusstsein bestärkt, dass er etwas zu entscheiden
habe und ich in Wirklichkeit hineingelegt. Ich bin neugierig, was
Zienert jetzt sagen wird, wenn er erfährt, dass dass den Vertrag,
ohne dass wir diese eine Million zuschiessen musste zustandegekommen
ist. Scheinbar hat Haschek dann, wie mir Apfalter mitteilte, doch
Bedenken gehabt, auf Grund meiner Stellungnahme diese Entscheidung
zu treffen. Es ist unwahrscheinlich, wie sich Beamte anmassen,
Entscheidungen zu fällen, ohne die entsprechenden Unterlagen tat-
sächlich zu haben oder auch nur annähernd selbständige Unterlagen
zu besitzen. Sie haben auf Grund der Mitteilungen der Bank dann eine
Entscheidung zu bestätigen, übernehmen damit eine Verantwortung,
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ohne dass sie auch nur im entferntesten begründen können, warum
dies so geschieht und nicht anders. Ich kann mir nämlich sehr gut
vorstellen, dass im Zuge der weiteren Kooperationen Firmen dann abge-
lehnt werden, die gerannt kommen und mit Recht uns dann vorwerfen
würden, dass wir der reichen VÖEST eine Subvention gewährt haben und einen
anderen Betrieb, der gar nicht finanziell so gut dasteht, dann ablehnen
Diese Überlegungen berühren scheinbar die Ministerialbürokratie kaum.
Ich bin gespannt, welche Information ich bekommen werde. Wanke nimmt mit
Recht an, er wird sofort Haschek angerufen haben, damit ihm der eine
entsprechende Begründung für den Vertrag und vor allem für sein
Verhalten liefert.
Bei der 70-jährigen Jubiläumsausstellung der Köche überraschte es
mich, dass ich schon das zweite Mal eingeladen wurde und man von
mir keinerlei finanzielle Unterstützung verlangt. Obwohl diese
Veranstaltung den Verband der Köche an die 30.000 S kostet, sind sie
noch niemals um eine Subvention an mich herangetreten. Falls sie
dies aber einmal machen sollten, würde ich ihnen entweder einen
Preis nur widmen, oder wie ich erfahren konnte, teilen sie auch
Medaillen aus für die Teilnahme und da könnte ich einen solchen
Medaillensegen von Auszeichnungen über sie ergehen lassen. Medaillen
mit Dekret sind noch immer die billigste Art, sich bei jemanden in
Erinnerung zu rufen und ich glaube, dass die österr. Mentalität damit
mehr befriedigt wird als mit grösseren Subventionen an die Aussteller.
Beim Mittagessen im Institut besprach ich mit Hrdlitschka, Teschl, ZS ,
Maderthaner, ZBO der Neusiedler, BR Holzerbauer, dem Fachsekretär für Pa-
pier, Thiel, dem Rechtsschutzsekretär der Gewerkschaft Chemie, sowie
Krenn, dem Landessekretär für NÖ der Gew. d. Privatangestellten, sowie Au-
racher von der Arbeiterkammer die Wirtschaftskommissionssitzung am Montag,
Ich hatte eigentlich mit Teschl vor längerer Zeit schon vereinbart,
dass ich in der Vorbesprechung versuchen werde, ihre Wünsche von
Turnauer, dem Besitzer der Neusiedler, zugestanden zu erhalten, damit
wir uns die Wirtschaftskommission überhaupt ersparen. Wenn nämlich
einmal die Wirtschaftskommission entschieden hat, dass und selbst,
wenn das Urteil noch so günstig für die Belegschaft lautet, der Betrieb
eben das und jene unterlassen hat, dann ist diese Waffe ausgespielt.
Turnauer wird dann vielleicht in der Öffentlichkeit als unfähig er
Chef dargestellt, hat aber meiner Meinung nach dann allen Grund zu
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sagen, und jetzt mache ich eine Politik, wie ich sie will.
Die Befürchtung, insbesondere des Zentralbetriebsrates, dass er
dann noch weitere Betriebe, Schlöglmühl und Weissenbach, schliessen
kann, könnte er dann umso hemmungsloser betrieben. Der Wunsch
von Hrdlitschka, dass wir jetzt an dieses Verfahren ein umfang-
reiches und für die Gewerkschaft sehr interessantes Programm,
wie es in der Papierindustrie weitergehen sollte, erstellen und
erzwingen sollten, ist meiner Meinung nach aus Termingründen nicht
möglich. Lt. Gesetz müssen wir, wenn ein Betrieb stillgelegt
wird, innerhalb 4 Wochen und ansonsten innerhalb 8 Wochen unsere
Entscheidung treffen. Eine so umfangreiche Untersuchung durch einen
Sachverständigen wie Hrdlitschka wollte, ist innerhalb 8 Wochen
selbst, wenn die andere Seite nicht formelle Gründe findet, dies
abzulehnen, unmöglich. Erstens einmal bin ich überzeugt, dass
niemand einen Unternehmer zwingen kann, dass er seinem Sach-
verständigen Unterlagen zeitgerecht geben muss. Selbst wenn sich
ein Sachverständiger findet, der in so kurzem Zeitraum den Neu-
siedler Konzern und darüber hinaus die gesamte Papierindustrie unter
sucht, damit ein solches umfassendes Elaborat erstellt werden könn-
te, so ist noch lange nicht gesagt, dass ihm die Unternehmer auch
zeitgerecht die notwendigen Unterlagen bis ins Detail hinein lie-
fern. Die Gefahr, die ich sehe, ist, dass dann überhaupt nur ein
Elaborat vorliegt und für die Belegschaft gar nichts herausge-
fetzt werden konnte. Die Stillegung von den vereinzelten veralteten
und kleinen Einheiten der Papierindustrie kann niemand
aufhalten. Was mir deshalb vorschwebt, ist, ohne dass man die Waffe
der Wirtschaftskommission ausspielt und vor allem dass man nicht,
dass wenn es selbst aus Termingründen zu einer solchen Sitzung
kommen muss, sie muss nämlich innerhalb von 7 Tagen einberufen wer-
den, es sei denn, der Betriebsrat zieht seinen Antrag wieder zurück,
ist, dass sie nicht hochgespielt wird und dann der Fall nur eskaliert
und in der Öffentlichkeit eine grosse Auseinandersetzung darüber
entbrennt. In so einem Fall glaube ich kann man die Unternehmer
dazu bringen, dass sie, um ihr Image und ihren Namen nicht in
der Öffentlichkeit angegriffen zu sehen, bereit sind, Zugeständ-
nisse zu machen. Für Hrdlitschka ist das wieder eine prinzipielle
Frage, wo er gleichzeitig erzwingen will, dass ein soz. Handeis-
minister eben nicht nur aus pragmatischen Überlegungen eine
Teillösung anstrebt, sondern dass eben das ganz grosse Konzept in
Angriff genommen wird. Die ÖPA selbst arbeitet an einem solchen
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Konzept, ich bin überzeugt davon, sie wird es auch früher oder
später dem Handelsministerium und auch der Gewerkschaft übermitteln.
Dann haben wir Zeit genug, über dieses Problem im einzelnen zu dis-
kutieren und wenn die Gewerkschaft mit ihrer ganzen Kraft dahinter-
steht, zweifellos auch dann Wünsche wie z.B. den Sozialfonds, durch-
setzen können. Jetzt aber über die Wirtschaftskommission so etwas
zu erreichen, halte ich – da wir ja nur 8 Wochen maximal Termin ha-
ben – für unmöglich. Hrdlitschka hat nämlich ganz vergessen und
war sehr erstaunt, als ich ihm auseinandersetzte, dass wenn einmal
ein Kommissionsentscheid vorliegt, dann keinerlei Möglichkeiten mehr
bestehen, das Verfahren weiterzuführen. Ihm ist scheinbar vorgeschwebt,
dass unabhängig von dem Begehren, der Neusiedler Betriebsräte die Wirt-
schaftskommission der Aufhänger wäre, um das allumfassende Papier-
konzept zu verwirklichen. Auracher teilte meine Meinung und ich
zweifle nicht, dass auch unsere Juristen, vor allem die der BHK
dieselbe Auffassung haben. Hrdlitschka meinte allerdings, wenn eine
solche Entscheidung fallen würde, wäre das auch nur gut, denn dann
könnte man eben verlangen, dass die Gesetze entsprechende geändert
werden müssen. In diesem Fall ist das Betriebsrätegesetz zuständig
und Häuser wird sich dann mit ihm herumstreiten müssen. Das Haupt-
problem dieser Gesetzesbestimmung liegt überhaupt darin, dass keiner-
lei Exekutionsmöglichkeiten für den Handelsminister oder eine
sonstige Stelle vorgesehen ist, wenn Daher die Kommission, selbst
wie dies einige Male schon der Fall war, zu dem Beschluss gekommen
ist, dass hier eine gröbliche Verletzung der Betriebsführungspflicht
vorliegt und ein Versagen der Direktion und des Besitzers, so kann
trotzdem nichts anderes geschehen als dieser Tatbestand festge-
halten werden. Teschl meint, ihm wäre damit schon sehr gedient,
ich denke, er denkt daran, dass er in den Verhandlungen dann dieses
Argument für seine Interessen benützen kann. Ich glaube nur, hier irrt
er, denn dies bleibt sicherlich nicht vertraulich sondern wird in
kürzester Zeit in der Öffentlichkeit bekannt werden und damit hat
die Firma den stärksten Angriff überstanden. Hrdlitschka wieder
meint, mit einem solchen Beschluss könnte er dann in der Öffent-
lichkeit, so glaube ich, dann die Firma zu einigen Zugeständnissen
zwingen und insbesondere aber, das grosse Konzept und das grosse
Problem aufhängen. Andererseits aber wieder erklären beide, dass
sie keinesfalls bei der Presse, Koppe hat eine solche Idee gehabt,
irgendwelche Auskünfte geben würden. Ich fürchte, dass sich alle
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ein Konzept zurechtgelegt haben, das äusserst kompliziert
im Gesetz keine Deckung findet und vor allem wahrscheinlich in der
Praxis überhaupt nicht abgewickelt werden kann. Ich werde mich am
Montag in der Vorbesprechung bemühen, weitestgehende Zugeständnisse
zu bekommen, ich bin überzeugt davon dass dann er Betriebsrat ganz
besonders darauf drängen wird, dass man ein solches Zugeständnis
akzeptiert und damit in Wirklichkeit ihm mehr hilft. Sollte Turnauer
und die Unternehmerseite aber stur schalten, dann bleibt sowieso nichts
anders übrig, als das Verfahren abzuwickeln. Dann trage ich dem
Wunsch der Gewerkschaft Rechnung und bin gespannt, welches positive
Ergebnis wird dann erzielen können.
Beim Abendempfang in der um. Botschaft urgierte ich neuerdings die
Stellung des Evidenzbüros in Bukarest. Minister Avram berief sofort
den Vizeminister Popa und erklärte mir und den Aussenhandelsdelegierte
– ich führe solche Gespräche nie allein – dass die Rumänen falsch
informiert wurden. Die Rumänen hatten angenommen aus Grund der Aus-
sage des Evidenzbüros, dass sie als Vertreter von so und so vielen
Firmen fungieren. Die Rumänen lassen nun Vertretungen nur dann zu,
wenn es sich um direkte Produzenten oder Handelsunternehmungen han-
delt, mit denen sie direkten Kontakt haben wollen. Sie wollen alle
Zwischenhändler, die sich in Form von Vertretungen in Bukarest
niederlassen wollen, ausschalten. Ihr Standpunkt ist, dass sie mit
der Firma äusserstenfalls mit einer Handelsvertretung unmittelbaren
Kontakt haben möchten. Zwischenhändler lehnen sie auf das entschieden-
ste ab und sind nicht bereit, denen eine Aufenthaltsgenehmigung resp.
Niederlassungsrecht zu gewähren. Auf unsere Erklärung, dass es sich
bei dem Evidenzbüros auf eine nicht auf Gewinn abzielende Organisa-
tionsform handelt, war für sie ein Gesichtspunkt und sie werden
überprüfen, ob eine Niederlassungsmöglichkeit, die dann endgültig
sein würde, von der Handelskammer der Regierung vorgeschlagen werden
kann. Avram erklärte, er würde Popa hier in diesem Fall nicht als
Vizeminister, sondern als Vizepräsident der Handelskammer schon zwin-
gen, dass eine positive Regelung zustandekommt. Auf alle Fälle be-
steht derzeit keine Gefahr für das Evidenzbüro, dass es geschlossen
werden müsste. Ich glaube sogar, im Gegenteil, dass es gelingen wird,
die Rumänen zu einer endgültigen Anerkennung zu bringen. Wir verein-
barten, dass Gleissner von der Handelskammer mit dem rumänischen
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Handelsrat Verhandlungen und Verbindung aufrechterhalten wird, damit
eventuelle Auskünfte noch in Bukarest vorgelegt werden können. Ich
hoffe und bin überzeugt, dass ein positiver Abschluss zustandekommen
wird.
Im Zuge der Besprechung über die Besetzung des Wirtschaftskommission
hat MR Anreiter mir mitgeteilt, dass ein Telefongespräch zwischen
Wiesinger und ihm von Min.Rat Schleifer, sie haben das gemeinsame Vor-
zimmer, mitgehört wurde. Die Gewerkschaft ist an mich herangetreten,
ob man nicht den Vertreter der Textilarbeitergewerkschaft gegen
Tommy Lachs austauschen könnte. Ich erklärte, dass sich dies erst in
meinem Haus prüfen lassen müsse. Wiesinger hat davon Anreiter ver-
ständigt. Schleifer, der dieses Gespräch eben mitgehört hat, hat
sofort den ÖAAB angerufen, da er nämlich, wie er wusste, dieser
Textilarbeitervertreter ein ÖAAB-Mann ist. Auf Grund dieses Telefon-
gespräches hat dann, so wurde mir von Präs. Hrdlitschka der AK mit-
geteilt, der Landessekretär des ÖAAB und Vizepräsident Eberhardt
von der AK sofort schärfstens bei Hrdlitschka protestiert und erklärt
dass dies eine politisch weittragende Entscheidung wäre. Da ich eine
solche politische Entscheidung aber gar nicht herbeiführen wollte,
ganz im Gegenteil ist mein Bestreben seit eh und je ohne Rücksicht
auf die politische Einstellung, die beste Lösung für alle Fraktionen
zu finden, habe ich Heindl ersucht, den Fall genau zu überprüfen.
Min.Rat Hauffe und Dr. Benda berichten, dass es ihnen geglückt ist,
zwischen den Interessensvertretungen einen Entwurf über die landwirt-
schaftlichen Nachfolgeprodukte im Prinzip zustandezubringen, wo nur
mehr kleinste Änderungen, die unbedeutend sind, notwendig wären. Über
die prinzipielle Frage der Erstattung allerdings konnte kein Einver-
nehmen erzielt werden. Das Finanzministerium äusserte sich überhaupt
nicht und die Arbeiterkammer lehnte nach einem Vorstandsbeschluss
ganz entschieden eine Erstattungsregelung ab. Die Handelskammer wieder
und ganz besonders die Landwirtschaftskammer erklärt, dass sie ohne
Erstattung nicht einem Gesetzentwurf, der eine Abschöpfung vorsieht,
zustimmen könnten. Steiger berichtet in der weiteren Folge, dass
die EWG aber gar nicht die ganze Liste de Nachfolgeprodukte, die
sie in die Erstattungs- und Abschöpfungsregelung einbezogen hat, bereit
ist, Österreich zuzugestehen. Dadurch fällt mir die Entscheidung leicht
dass wir hie verhältnismässig in Brüssel ein leichtes Verhandeln von
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politischer Seite her haben werden. Wenn die EWG sowieso nur ganz
unbedeutende Zugeständnisse machen will, wenn andererseits die Han-
delskammer und die Landwirtschaftskammer ganz entschieden eine Rege-
lung ohne Erstattung ganz entschieden ablehnen, dann wird wahrschein-
lich das Ergebnis sein, dass wir eben auf diesem Sektor werden ver-
zichten müssen. Mit Recht meint Wanke anschliessend, dass dadurch
anschliessend eine Verbilligungsmöglichkeit für die Konsumenten ausge-
schaltet wird. Wanke fürchtet, dass sich in der AK und im ÖGB niemand
mit diesen Spezialproblemen im einzelnen beschäftigen kann und dadurch
vielleicht ein sehr wichtiges Gebiet aus der Integrationslösung aus-
geschaltet wird. Wanke hat recht, dass wir diesen Gesichtspunkt von
unserer Seite viel stärker werden in den Vordergrund schieben müssen.
Andererseits aber müssen wir die Verhandlungen in Brüssel jetzt
einmal abwarten. Derzeit weiss niemand, wie sich die Kommission die
Regelung auf diesem komplizierten Sektor überhaupt vorstellt. Die
jetzt vorgelegten Listen sind vollkommen uneinheitlich, sie behan-
deln die einzelnen Staaten, die nicht beitreten können, ganz ver-
schieden. Z.B. soll der Kaugummi gegenüber der Schweiz ausgenommen wer-
den. Ich weiss nicht, ob die Schweizer wirklich eine so starke Kau-
gummiproduktion hat, dass sie damit Kaugummiproduzenten in der Europ.
Wirtschaftsgemeinschaft hart treffen könnte. Reiterer selbst möchte
seine Hauptaufmerksamkeit auf die Ursprungsregelung und die sensiblen
Produkte in den Verhandlungen richten. Wanke meint mit Recht, dass
die sensiblen Produkte nach einer Übergangszeit auf alle Fälle aber
in die Freihandelszonenregelung einbezogen werden. Anders ist dies
bei den landwirtschaftlichen Nachfolgeprodukten. Hier nämlich gibt es
zwar dann auch die Möglichkeit im weiteren Verlauf Produkte einzube-
ziehen, eine solche Entwicklungsklausel ist ja im Vertrag vorge-
sehen, doch in der Praxis wird dies wahrscheinlich äusserst schwierig
sein. Ich glaube, dass hier tatsächlich von allem Anfang an unsererseits
ein viel stärkeres Interesse dokumentiert werden müsste. In diesem Fall
allerdings wird der Finanzminister zu entscheiden haben, ob er nicht
doch z.B., wie Hauffe vorgeschlagen hat, im Rahmen der Einnahmen aus
der Abschöpfung bereit ist, dann in dieser Grössenordnung auch Zu-
schüsse zu gewähren. Die Erstattungsregelung könnte nämlich dann
ein Limit nur soweit die Einnahmen dafür reichen, vorgesehen sein.
Derzeit werden Grössenordnungen von 60–80 Mill. S als Erstattungs-
bedarf von Seiten der Handelskammer genannt. Als Abschöpfung kämen
nach Auffassung ebenfalls dieser Kreise ca. 100 Mill. S in Frage.
Bei dieser Abschöpfung allerdings sind sowohl die beweglichen als auch
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die fixen Teile beinhaltet. Da nun die fixen Teile aber abgebaut
werden, ist auf lange Sicht gesehen, grössenordnungsmässig nicht
mit Einnahmen von 100 Mill. zu rechnen. Grössere Einnahmen könnten
nur dann entstehen, wenn der Weltmarktpreis entsprechend fällt und
dadurch die beweglichen Teile eine grössere Abschöpfung ermöglichen und
auch erbringen. Der Vertreter des Finanzministeriums, Dr. Kretschmer,
hat von seinem Minister noch keine Entscheidung und Weisung bekommen
und hat sich daher zu diesem Problem überhaupt nicht geäussert. Ich
kann mir sehr gut vorstellen, dass Androsch jetzt mit der Frage des
Finanzausgleiches, der Steuersenkungen, der Ordnung des Kreditsektors
beschäftigt ist, sodass er beim besten Willen aus Zeitgründen noch
nicht dazugekommen ist, dieses Problem durchzudenken und Entscheidungen
zu treffen. Sein Geschäft möchte ich wahrlich nicht haben.
Tagesprogramm, 4.2.1972
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)