Donnerstag, 17. Feber 1972
Reichard beschwerte sich bei mir, dass die AZ bereits die ganzen
Ergebnisse des Konsumentenforum, d.h. die Aktivitäten der Konsumenten-
vertreter in dieser Institution vorweggenommen hat. Koppe erwiderte,
dass er für die Berichterstattung der AZ nicht verantwortlich gemacht
werden könne. Ich bin zwar sicher, dass er diese Vorinformation der
AZ gegeben hat aber für die Berichterstattung ist er wirklich nicht
verantwortlich. In der AZ erschien nämlich die Ankündigung des
Konsumentenforums so, als ob Minister Leodolter die ausschliesslich
Verantwortliche sei. Dies veranlasst Leodolter sogar, mit Koppe
sofort zu telefonieren, um ihm zu erklären, dass es auch ihr unange-
nehm ist, wenn sie ausschliesslich jetzt in der Berichterstattung
genannt wurde. Sie hat sicherlich angenommen, dass mich dies sehr ge-
ärgert hat. Hier irrt sie aber ganz gewaltig. Ich bin überzeugt, dass
Leodolter in der Frage der Lebensmittelkennzeichnung mit uns gut koope-
rieren und wirklich den sachlich zweckmässigsten Weg gehen wird. Durch
die Art der Berichterstattung aber wird sie sich noch mehr verpflich-
tet fühlen, zu kooperieren. Prof. Schönherr , der neue Vorsitzende
des Deklarationsausschusses, der übrigens am Vorabend bis in die
späte Nacht hinein mit dem Patentamt die neue Deklarationsverordnung
für das Fernsehen ausgearbeitet hat, wird bestrebt sein, in einem Unter-
ausschuss für die Lebensmittelkennzeichnung eine sachliche Lösung
zu finden. Das Lebensmittelgesetz hat Schönherr mit Leodolter besprochen
und insbesondere auf den Entwurf von Dozent Barfuss hingewiesen, den
die Oppositionsparteien neuerdings als Initiative im Parlament einge-
bracht hat. Leodolter gab mir anschliessend unter vier Augen zu, dass
sie schon gehört hat, dass dieser Entwurf besser sei als der vom
Ministerium ausgearbeitete. Die Schaffung dieses Arbeitsausschusses
ist das konkreteste Ergebnis des Konsumentenforums. Die anderen An-
regungen werden in den Ausschüssen behandelt werden. Pressevertreter
waren das erste Mal alle auch zum Forum selbst geladen und es hat
wirklich eine sehr sachliche, lebhafte und positive Diskussion ge-
geben. Konsumentenvertreter der Gewerkschaften und der Arbeiterkammer,
lauter Sozialisten, beherrschten die Diskussion eindeutig. Die ganze
Entwicklung ist ungeheuer interessant. In den Ausschüssen sind die
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Vorsitzenden zwar meistens Handelskammer oder ÖVP-Leute, in der
Arbeit aber dominiert unsere Partei.
Beim Mittagessen für Manescu im Bundeskanzleramt traf ist Sallinger
und urgierte neuerdings, daß New York AUA resp. Österreichische
Fremdenverkehrswerbungslokal. Sallinger versicherte mir, daß
er bereit ist, eine Lösung anzustreben. Wie sich die Bundeshandels-
kammer daran beteiligen kann. Er hätte Syndikus Dr. Zedek, der üb-
rigens Patzak so forciert hat, wegen diesem und vor allem wegen dem
Lokal "zusammengestaucht".
Der 4-Mann-Zentralausschuß unter Führung von Schleifer kam sich vor-
stellen und wir diskutierten gleich das Wohnungsproblem. Schleifer
möchte, daß die Personalvertretung, wie das Gesetz es vorsieht,
jetzt einen stärkeren Einfluß auf die Vergabe der Wohnungen hat. Das
Präsidium wehrt sich scheinbar bis jetzt erfolgreicher gegen diese
gesetzliche Bestimmung. Hier gibt es einen Gegensatz, den wir zweifels-
ohne noch sehr nützen werden. Das Präsidium hat außerdem versprochen,
es wird im Jänner sofort die Verhandlungen wegen eines Systems der
Belohnung, die zu Weihnachten ausbezahlt wurden und heuer werden
mit Personalvertretung gemeinsam ausarbeiten. Auch hier hat bisher
Schipper noch nicht konkrete Verhandlungen aufgenommen. Die beiden
Forderungen des Zentralausschusses sind glaube ich sehr berechtigt.
Anmerkung für HEINDL
Diesen Gegensatz müssen wir für unsere Personalpolitik nützen.
Fleischindustrie, Weiser, Fleischergewerbe, Dr. Bernand, der Sekretär,
ersuchen um Intervention das größtere Mengen von Vieh eingeführt
werden, die Abschöpfungsbeträge nicht zu hoch sind und insbesondere
endlich ihr Preisantrag genehmigt werden soll. Ich verspreche in den
ersten beiden Punkten mit Weihs zu reden. Erkläre aber, daß insbe-
sondere Weihs größere Mengen Vieh jetzt hereingelassen hat, die Ab-
schöpfungsbeträge vom Viehverkehrsfonds einvernehmlich festgelegt
werden. Was die Fragen der Preise betrifft, so hat ja Weihs erklärt,
er ist bereit, wenn sie von ihren 13 % auf 5 % zurückgehen, von
einer Preisregelung Abstand zu nehmen. Sie erklären mir sofort, daß
sie dies ja bereit wären zu akzeptieren. Nur die Arbeiterkammer und
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der Gewerkschaftsbund machen Schwierigkeiten,
Zöllner, mit dem ich anschließend telefonierte erklärte mir,
daß die Jahresfrist erst mit 1.6. abgelaufen wäre. Bis zu diesem
Zeitpunkt käme eine Preiserhöhung nicht in Frage. Er würde ver-
suchen, mit dem Gewerkschaftsbund sich zu koordinieren, denn er
sagt auch, ohne daß ich ihn dazu aufgefordert hätte, daß seine
5%ige Preiserhöhung akzeptiert werden könnte. Der Preispolitik
dürfte es derzeit in der Arbeiterkammerseite überhaupt sehr schwer
sein eine einheitliche Linie zu finden. Zuerst war Gewerkschafts-
präsident für eine Regelung der Bierpreisfrage. Hrdlitschka war
schwer dagegen. Jetzt dürften sich die Fronten teilweise geändert
haben. Zöllner ist jetzt als neuer Kammeramtsdirektor-Stellvertreter
sehr schwer die richtige Linie zu finden. Bis jetzt war er ein
sturer Vertreter bekannt. Wenn er hier nicht beweglicher wird und
insbesondere versucht und es ihm gelingt die Gegensätze zwischen
den beiden Institutionen auf ein Minimum zu reduzieren, dann wird
sich das Klima zwischen den beiden Institutionen sehr bald sehr
verschlechtert haben. Eine Regierung könnte sich vielleicht darüber
sehr freuen, weil sie damit in ihrer Bewegungsfreiheit wesentlich
größer wird als wenn sie eine einheitliche Front der Arbeitnehmer-
seite gegenübersteht. In Wirklichkeit aber wäre dies eine vollkommen
falsche Politik. Das Endergebnis einer solchen Politik ist nämlich
ausschließlich die Ablehnung. Jede dieser Gruppen, um sich nicht
zu präjudizieren ist dann in einem einzigen Punkt einig. Nämlich
nein zu sagen. Man müßte dieses Problem mit aller Deutlichkeit
Zöllner und Lachs immer wiederholen, was ich bereits einige Male
gemacht habe.
Anmerkung für Wanke
Bitte mache auch Du beide immer wieder auf diese Situation aufmerk-
sam.
Vorbesprechung mit unseren Herren und mit Dr. Reicher vom Landwirt-
schaftsministerium über den Integrationsausschuß. Wanke erwartet
einen konzentrierten Angriff, insbesondere von Dr. Lanner , über
die Agrarprobleme der EWG-Verhandlung. Lanner hat mit Mitterer und
anderen Herren eine schriftliche Anfrage über die Integrationspolitik
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am Agrarsektor an mich gerichtet. Was ich brauche, sind Detail-
informationen, die ich von Reich auch tatsächlich bis ins Letzte
erhalte. In diesem Fall ist es mir viel lieber er ist gekommen
als SChef Pultar. Um Fragen nach der Belastung der Landwirtschaft,
wenn es nicht zu einem befriedigenden Abschluß kommt, beantworten
zu könne, schlage ich vor, wir werden dem Weihs einen Brief schreiben,
wo wir bitten, daß das Agrarwissenschaftliche Institut in Ober. St.
Veit im Einvernehmen mit dem agrarischen Rechenzentrum entsprechende
Modelle ausarbeitet und EDV-mäßig untersucht. Wenn der Brief von uns
geschrieben ist, dann kann ich mit ruhigem Gewissen beantworten,
daß wir alle Vorkehrungen getroffen haben, Das Ergebnis ist sicherlich
erst nach Abschluß des EWG-Vertrages, wenn überhaupt, zu erwarten.
Beim Empfang der Chinesen erfahre ich von Dr. Karasek, daß Lanner
gar nicht kommen wird, weil er bei seiner Raumordnungsplanungstagung
in Krems ist. Mitterer, der zweite, der scharf angegriffen hätte, soll
erkrankt sein. Karasek meinte, es wird sich daher um eine sehr fried-
liche und kurze Diskussion des Integrationsausschusses handeln.
Direktor Egger vom Vorwärtsverlag kommt mit dem Sekretär des Zeitungs-
herausgeberverbandes und ersuchte mich, daß ich mich in der Frage
des Papierpreises einschalte. Zeitungsherausgeberverband hat im
Namen der großen Druckereien, die Zeitungen herstellen, einen Vertrag
wonach sie nach dem deutschen, resp. Weltmarktpreisen, auch ihre
Inlandspreise bezahlen müssen. Die Schweden haben nun die Feldmühlen
von der BRD, wie sie sich ausdrückten, durch die Importe den deutschen
Markt so bedroht, daß sie jetzt eine entsprechende Papierpreissenkung
vorgenommen hat. Dadurch müßte die österreichische Papierindustrie
bei den inländischen Abnehmern um 8 % den Preis senken. Egger gibt
zu, daß dies in der jetzigen finanziellen und kalkulationsmäßigen
Situation der Papierindustrie vollkommen unmöglich ist. Trotzdem wenn
er auf den Wortlaut des Vertrages besteht, müßten die ÖPA diese
Preissenkung vornehmen. Mairhuber hat ihnen glaube ich bei den
Verhandlungen 1–2 %, 9,–– S angeboten. Der Mindestrabatt müßte
aber 24,–– sein. Ich erkläre dem Zeitungsherausgeberverband, daß
beide Teile wünsche, ich mich als Vermittler bei einer Besprechung
einschalten könnte.
Dem chinesischen Botschafter versichere ich, daß ich jeder Zeit
in allen Fragen gerne unterstützen würde, damit unser chin.-österr.
Handel sich verbessert. Die neuerliche Frage, wann wir mit den Ver-
handlungen über den Handelsvertrag beginnen könnten, beantworte ich,
daß wir mit Ende März Anfang April unseren Entwurf ihm zur Ver-
fügung stehen werden. Der Botschafter entschuldigte, sich, daß dies-
mal noch kein chin. Essen serviert werden kann. Leodolter ist mit
ihrem Gatten anwesend und sie hat mir vormittags erzählt, sie freut
sich schon so auf das chin. Essen und ich habe ihr dort schon
erklärt, wir werden sicherlich einen internationalen Schlick bekommen.
Es war tatsächlich ein wiener kaltes Buffet. Meine Prognose hat ge-
stimmt und sie war darüber sehr traurig.
Beim Imperialempfang über 10 Jahre Prädikatskommission für
die Filme erzählte mir der Obmann für die Lichtspieltheater, Kzl.
Rat ................ wenn ich den Namen vergesse kann ich ihn nur
umschreiben. Er ist gleichzeitig auch der ehemalige Besitzer des
Kinos in Rodaun, welches abgebrannt ist, daß Zilk angeblich, der
leider schon weg war, erklärt hätte, das E Fernsehen würde zu den
Filmförderungsgesetz nichts beitragen. Er steht aber selbst zu den
seinerzeitigen Zusagen, die ja mit Dr. Heindl im Detail bereits
vereinbart hat.
Anmerkung für HEINDL
Bitte klären, wieso Zilk zu einer solchen Auffassung gekommen ist.
Dr. Lorenz vom Patentamt ist spät am Abend gekommen um mir mitzu-
teilen, daß er von der BIRPI, Gen.Sekr. Bogsch, den Anruf bekommen hat,
daß die Reise durch die europ. Straßen mit Ing. Pilch sehr gut ge-
wesen ist, aber daß unser Mann, der von Pilch nominiert wurde, der
nach Washington, Moskau und Tokio fahren sollte, sich in Washington
als Niete erwiesen haben soll. Er möchte deshalb, daß unbedingt
Ing. Pilch jetzt nach Tokio und Moskau reist, um mit den BIRPI-Leuten
noch zu retten, was zu retten ist. Dr. Lorenz glaubt allerdings,
in Moskau zumindestens auch er anwesend sein müßte. Als ich dies am
Nachmittag abgelehnt habe, kommt nun Ing. Pilch und erklärt mir,
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er fühle sich außerstande, diese zusätzliche Belastung auf sich
nehmen und alleine nach Moskau und Tokio zu reisen. Ich erkläre
sofort, daß es unmöglich ist, daß wir, wo wir so mit den Reisen
sparen müssen, jetzt drei Personen nach Tokio oder nach Moskau
schicken können. Ich habe den Mann nicht ausgewählt, der angeblich
versagt haben soll, Ing. Pilch übernimmt für ihn die Verantwortung,
kann sich aber nicht erklären, daß er wirklich so schlecht sein soll.
und vor allem aber muß es meiner Meinung nach genügen, wenn Pilch nach
Moskau fährt. Pilch gibt sofort zu, daß Tokio sowieso schon zu spät
wäre und es einen schlechten Eindruck macht, wenn jetzt erst jemand
dort zusätzlich erscheinen würde. Pilch macht mir einen sehr guten
Eindruck, weil er energisch seine Meinung vertritt, andererseits
erkläre ich ihm, daß ich unmöglich ohne mit dem Präsidium zu sprechen,
jetzt entscheiden würde. Der Hinweis, daß# ich als Minister ja eine
entsprechenden Entschluß auf alle Fälle im Präsidium durchsetzen
könnte, veranlaßt mich nur darauf hinzuweisen, daß in einem Ministerium
wenn eine Abteilung so viel reist und dann nicht nur einer sondern
zwei oder gar drei mit Recht die anderen Abteilungen darauf hinweist,
und erklären, aha, bei und wird gespart und woanders können drei
fahren. Pilch meinte dann, wenn er alleine nach Moskau fahren müßte,
dann könnte er nicht die Verantwortung übernehmen. Er würde einen
Juristen, der auch mit die politische Seite stärker berücksichtigt, in
Moskau dringend brauchen. Dieser Mann sei eben Dr. Lorenz. Der einen
Seite imponiert mir der Mann, weil er sich auf die Hinterfüße stellt,
er selbst erklärt ja auch, daß er ohne Sekretärin die eigenen Über-
setzungen machen muß, daß er dies selbst auf der Maschine abtippen
muß, daß er sich also wirklich für das Dokumentationszentrum einsetzt.
Auf der anderen Seite aber mich so unter Druck zu setzen, ist
eigentlich, gelinde gesagt, eine Frechheit. Die Patentamtsbeamten sind,
soweit sie mit der Dokumentation befaßt sind, natürlich jetzt wesent-
lich mehr belastet, da sie ja ihre normale Arbeit auch teilweise
weiterführen müssen. Andererseits aber ist es so, daß hier ein neues
Betätigungsfeld sehen, welches ihnen nicht nur Reisen und interessante
Arbeit bringen wird, sondern auch wahrscheinlich eine besser Auf-
stiegschance in ihrem Beruf. Dies erklärt, daß nicht nur der Präsident
des Patentamtes daran sehr interessiert ist, sondern wahrscheinlich
auch sie selbst. Unter Druck lasse ich mich auf gar keinen Fall setzen.
Man müßte vor allem jetzt einmal klären, ob der Mann in Tokio
und in Moskau wirklich auch so versagen wird oder so versagt
hat, wie dies in Washington angeblich der Fall gewesen ist. Da
das Patentamt budgetmäßig für die Reise überhaupt nichts auf-ä
bringt, andererseits aber noch nicht ein Sonderbudget für die
Dokumentation beschlossen wurde, so habe ich erklärt, müßte ich
auf alle Fälle mit MR. Ottahal über die finanzielle Deckung, d.h.
mit der Budgetsektion sprechen.
Anmerkung für HEINDL
Bitte dies sofort vornehmen. Ich bin überzeugt davon, daß von
diesen eine negative Stellungnahme zu erwarten ist.
Nicht ich kann und will diese Details entscheiden, sondern dies
muß ausschließlich über die einzelnen Abteilungen, die dafür
zuständig sind, erfolgen.
Tagesprogramm, 17.2.1972