Mittwoch, 21. Juni 1972
Bei der Ordensüberreichung an Dr. Lizier von der Fa. Olivetti hat
mit der Gen.Direktor Taper mitgeteilt, dass sie ihre Vorbereitungen
für die Mehrwertsteuer abgeschlossen haben. Sie haben sogar ihre
Bilanz 1972 unter der Annahme, dass die Mehrwertsteuer schon im Jahre
1972 bestanden hätte, erstellt. Olivetti wird ihre Produkte um 5–
7 % mit 1.1.1913 senken. Das ergibt sich aus dem Wegfall der Umsatz-
ausgleichsteuer. Etwaige Vorsteuerentlastungen wurden nicht berücksich-
tigt, da der Kalkulationsanteil sehr gering ist. Hier müsste sich
noch eine wenn auch geringfügige Senkung ergeben, denn obwohl die
Löhne und vor allem die Importwaren den grössten Anteil in den
Kalkulationen ausmachen, ist doch ein gewisser Vorsteuerentlastungs-
abzug noch zu berücksichtigen.
Beim Sonderkomitee Entlastungskatalog erklärte ich den Gesetzent-
wurf der ÖVP, der bereits festlegt, dass die Anlagenentlastung nicht
durchgeführt werden soll. Dr. Klose von der Handelskammer und auch
Dr. Lachs von dem ÖGB erklärten übereinstimmend, dass damit dieses
Problem auf die politische Ebene gehoben wurde, und sie keine wie
immer geartete Stellungnahme mehr zu diesem Problem abgeben. Lachs
will insbesondere den Finanzminister nicht präjudizieren. Daume
vom FM erklärte, dass der Finanzminister nach wie vor auf der hatten
Forderung, dass die Exportvergütung resp. die Ausgleichsteuersätze
als Vorsteuerentlastungen zu berücksichtigen sich, beharre. Nach der
Sitzung erklärte er aber Dr. Lachs und mir, dass er hofft und über-
zeugt ist, dass odch en Kompromiss in dieser Frage abgeschlossen wird.
Schleifer und Neuhold sassen am Ende des Verhandlungstisches und ich
fragte sie beim Verabschieden, warum sie sich denn so absentieren.
Schleifer meinte, er sei ja nicht eingeladen gewesen und nur am
Rande, d.h. eigentlich überhaupt nicht mit den Problemen befasst.
Ich replizierte sofort, dass nicht nicht stimmen könne und die Sektion
eingeladen sei. Schleifer musste zugeben, dass Sekt.Chef Römer bis
jetzt immer an den Sitzungen teilgenommen worauf ich ihm erwiderte,
dann ist es eine Sektionsangelegenheit und da mische ich mich
nicht hinein. Ich glaube, wir sollten den äusserst tüchtigen Neuhold
versuchen, in eine bessere Position zu bringen. Um den ist es wirklich
schade, wenn er nicht aktiver an diesen in Hinkunft für uns so bedeuten-
dem Problem mitarbeitet.
ANMERKUNG FÜR WANKE und HEINDL: Bitte entsprechende Überlegungen anstellen
wie man ihn, ohne dass Schleifer beleidigt ist und er zustimmen wird, viel-
leicht sogar von ihm ausgehend, transferieren könnte.
Die Bundeskammer möchte das Institut für Gewerbeforschung von Prof. Heinrich
bei dieser Arbeit einschalten, da Heinrich erklärt, er hätte schon vor
Jahren diesbezügliche Vorarbeiten geleistet und auch schon festliegende
Resultate auf dem Gewerbe- und Industrleistungssektor . Für diese Tätigkeit
verlangt er 240.000 S. Da wir das Institut sowieso mit irgendeinem
Betrag, ich glaube im Vorjahr haben wir 500.000 S gegeben, finanzieren, für
Arbeiten über Reihenuntersuchungen, so könnte man diese jetzt ergänzen
und den Budgetbetrag vielleicht um ein klein wenig aufstocken und das
Institut betrauen. Voraussetzung dafür ist und dies habe ich Hecke klar
und deutlich in der Sitzung gesagt, dass auch die Bundeshandelskammer die
unglückseligerweise und vielleicht wirklich unbeabsichtigt das Ansuchen
im Original gegangen ist, sich finanziell daran beteiligt. AK und ÖGB
haben, da sie Heinrich aus einer Situation heraus kennen, die auch für mich
sehr verdächtig war, erklärt, dass sie die Ergebnisse keinesfalls von vorn-
herein als richtig anerkennen. Gegen eine Mitarbiete haben sie aber nichts
einzuwenden.
Die Jugendkonfrontation mit der Bundesregierung beschäftigt sich auch
mit dem Problem der Entwicklungshilfe. Ich bin dafür nicht zuständig,
aber habe mich bereiterklärt, doch ganz kurz dort zu erscheinen. In diesem
Fall hatte ich vorgehabt, über die Präferenzzollregelung für Entwicklungs-
staaten und über die handwerkliche freie Einfuhr zu berichten. Tatsächlich
ist dieses Problem zur Sprache gekommen und konnte improvisierte Auskünfte
geben. Immer wollte man wissen, warum man nach Afghanistan Sensen geliefert
hat, die angeblich dort verrosten, obwohl Sicheln benötigt werden. Natür-
lich konnte ich darauf hinweisen, dass in anderen Entwicklungsländern ein
ungeheurerer Fortschritt zu verzeichnen war, als unsere Entwicklungshelfer
meistens Bauernsöhne den dortigen Bauern den Gebrauch der Sensen beigebracht
haben, denn Sicheln ist bekanntlicherweise noch mühseliger. Die Vermutung,
dass hier reine Geschäftsinteressen vorgelegen sind, konnte ich deshalb ent-
kräften, weil bei uns dieselben Firmen Sicheln und Sensen herstellen, sodass
es von diesem Standpunkt eigentlich egal gewesen wäre, ob man Sicheln gelie-
fert hätte. Eine weitere Frage war, ob die Zollermässigungen, die wir den
Entwicklungsstaaten geben, bei uns auch auf die Letztverbraucher durch-
schlagen. Die dritte Frage war, warum im Zivildienst auch die Preis-
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kontrolle vorgesehen ist. Wegen der Leichenbestattung, die eigentlich nur
für die Umbettung von Kriegsgräbern vorgesehen ist resp. um die
Zivilhelfer nach einer Epidemie, wenn wirklich Tote wären, dann auch
noch mit diesen manipulieren zu dürfen – sonst ist des ein Vorrecht
der Gemeinde und dürfte von den Zivilhelfern gar nicht mehr gefördert
werden, die Bestimmung über die Preiskontrolle auf den Widerstand ganz
besonders der Handelskammer ausgelöst. Die Regierungsbesprechung am
Abend mit den soz. Landeshauptleuten und Stellvertretern sagte mit
Sebastian, dass dies auch in der Steiermark nicht überall auf Zustimmung
stösst, wünscht aber eine vernünftige Beschäftigung für die Zivildienst-
ler und nicht wie sich manche Linke Organisationen vorgestellt haben,
dass sie im Rahmen eines Friedensinstituts arbeiten könnten. Diese
Tätigkeit können sie nicht in Anrechnung auf die Zivildienstzeit aus-
üben. Wenn wir diese Diskussion schon etliche Tage vorher gewusst hätten,
wäre es zweckmässig gewesen, entsprechende konkrete Unterlagen von den
Abteilungen zu erhalten und Informationen vorlegen zu lassen. Es geht
uns in diesem Fall ähnlich, wie mir auch das Sekretariat vom Bundes-
kanzler mitteilt, wurde auf Grund unserer Tagesordnung dorthin stradiert,
obwohl die Sitzung am Bauernmarkt stattfand, mitteilte, dass auch bei
ihnen ganze Abteilungen jetzt spazieren gehen. Das Sekretariat muss alles
selbst erledigen oder erledigt alles selbst und noch niemals sagt Knittl
und der zweite Mann von ÖVP ist aber sehr loyal mit Kreisky zusammenarbei-
tet, manche Abteilung so wenig zu tun wie derzeit. Ich glaube, wir soll-
ten automatisch im selben Moment, wo irgendein Problem bei uns auftaucht
oder ich an einer Sitzung oder Besprechung teilnehmen muss, sofort die ent-
sprechenden Abteilungen auffordern, bis einen Tag vor diesem Termin
alles Material vorzulegen, was sie glauben, dass von Bedeutung ist.
Wie wir schon erklärt haben, wenn in einem Wochenbericht steht, dass
der Minister die und die Herren empfängt oder an der und der Besprechung
teilnimmt, automatisch die dafür Zuständigen sich melden müssen, wenn
sie dabei sein wollen oder ganz automatisch im Hause zu dieser Sitzung
kommen, so müsste auch eigentlich automatisch von allen davon Betroffenen
verlangt werden, dass sie die Unterlagen einen Tag vor diesem Sitzungs-
termin zu liefern hätten. Später eingesagte Sitzungen und Ergänzungen
des Wochenprogramms müssten eben dann die Abteilung sofort verständig
werden.
ANMERKUNG AN ALLE: Bitte dieses Problem zu besprechen und dann ent-
sprechende Veranlassung treffen.
Bei Autofahrer unterwegs hat Nidetzky das Gespräch über die Sicherheits-
gurte neuerdings aufgenommen. Nach meinem Prinzip der kleinen Schritte
wäre es glaube ich zweckmässig, an die Versicherungen heranzutreten, ob
sie so wie in der Schweiz bereit wären, wenn jemand sich verpflichtet
mit Gurten zu fahren, billigere Insassenversicherungsprämien zu gewähren.
Die wäre ganz besonders für die Fahrschulen von Bedeutung, denn dort
haben sie glaube ich hohe Insassenversicherungsprämie und die Fahrschul-
lehrer selbst haben sich ja bis jetzt nicht sehr begeistert gezeigt,
den Schülern das Anlegen von Gurten zu zeigen und auch vor allem einmal
bei der Übung zu verlegen. Die Fahrschulbesitzer nämlich haben mir
ja seinerzeit bei einem internationalen Kongress zugesichert, dass sie
meine Intentionen unterstützen werden.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Wie besprochen, Brief an Versicherungsverband ab-
schicken.
Beim Gespräch mit belgischen Journalisten über EWG-Fragen konnte ich
in Erfahrung bringen, dass in Belgien nicht nur eine französische
und flämische Ausgabe der Entlastungssätze sondern auch eine deutsche
Übersetzung für die einzelnen Positionen gibt. Darüber hinaus sind sämt-
liche Gesetzestexte und auch alle Verordnungen in Deutsch vorhanden.
Dies hätte eigentlich unsere Delegation, die in Belgien war, unbedingt
herausbringen müssen und dieses Material auch vom Finanzministerium
anfordern lassen müssen. Meisl wird nun versuchen, so schnell wie
möglich aus Brüssel die Unterlagen vom Finanzministerium zu erhalten.
Die ÖMV und die Austria-Ferngas-Vertreter haben sich über die Vorgangs-
weise wegen des Algerien-Gases nicht einigen können und ersuchten des
halb ob ich ihnen noch einen Termin geben könne. Sie waren sehr
erstaunt, dass dies am selben Tag noch der Fall war und wir kamen
dann nach langer Diskussion überein, dass die ÖMV gegen die Abgabe
der Kaufabsichtserklärung durch die Austria-Ferngas nicht einzuwenden
hat. Bei den weiteren Verhandlungen werden zwei Vertreter der ÖMV
Kreutler und das Gasmann Mackowski daran teilnehmen. Damit die Russen
nicht allzu verärgert sind, werden – wenn es bekannt wird – die beiden
erklären, dass ich sie aufgefordert habe, als meine Experten bei diesen
Besprechungen anwesend zu sein. Darüber hinaus aber wird die ÖMV bei
der ersten passenden Gelegenheit die SU über diesen Schritt der Austria-
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Ferngas informieren. Sie waren nämlich alle Überzeugt, dass die SU
über die Absicht der Austria-Ferngas für 77/78 Gas aus Algerien zu be-
ziehen, bereits informiert ist, oder zumindestens sehr bald sein wird.
Die ÖMV hat Bedenken gegen dieses Geschäft, aus zwei Gründen. Erstens
befürchtet sie, dass damit die Preisverhandlungen mit der SU über
zukünftige Erdgaslieferungen präjudiziert werden. Da dieses Gas jetzt
bereits 62 Groschen franco Grenze kostet, ist kaum anzunehmen, das
die SU weiterhin um 39,40 Groschen Gas in Hinkunft liefern wird. Es war
allerdings von vornherein klar, dass die weiteren Lieferungen keines-
falls mehr um diesen günstigen Preis erwartet werden können. Wichtig er-
schien mir nur und das ist mir gelungen, dass sowohl die ÖMV als auch
die Austria-Ferngas erklären, dass wir im Ausland nicht gegeneinander auf-
treten wollen, sondern eng kooperierend, was dadurch zum Ausdruck kam, das
ich gleich den Wunsch der ÖMV, dass sie einen Vertreter bei den Verhandlungen
haben will, erklärte, das ist selbstverständlich der Fall, ohne eigentlich
die Stellungnahme der Austria-Ferngas-Vertrete abzuwarten. Zweitens
befürchtet aber die ÖMV, dass sie in weiterer Zukunft, wenn alles auf Gas
umsteigt, mit ihren Heilölmengen hängenbleibt. Wenn ich die Elektrizität
dann im Handelsministerium habe, muss ich wirklich unverzüglich Arbeits-
gruppen einsetzen, um die Energieplanung und die Prognose vor allem dann
entsprechend vorzubereiten und auf die einzelnen Energiezweige und
auf die Energiearten genau abzustimmen.
Die Besprechung mit den Regierungsmitgliedern und Landeshauptleuten
war nicht wie in meinem Programm um 17 Uhr angegeben sondern erst um
17.30 Uhr. Frau Schmidt, die Sekretärin von Kreisky, versicherte mir, dass
dies einheitlich allen Regierungsmitgliedern so mitgeteilt wurde. Der
einzige Vorteil, dass ich früher dort war, war, dass ich die
Diskussion mit dem Sekretariat über die Geschäftsabwicklung auch beim
Bundeskanzler führen konnte, die ich bereits oben erwähnte. Aktive Mini-
ster bedeuten, dass eben dann in einem Ministerbüro, das sich jeder dann
irgendwie anlegt, die Arbeit mehr geleistet wird als in den Abteilungen.
Die Folge davon ist, dass diese Büros überlastet sind und die Abteilungen
dann wirklich, ich will nicht sagen spazieren gehen, aber ein herrliches
Leben vom Standpunkt der Arbeitsbelastung führen. Hier müssten wir unbe-
dingt auch bei uns im Haus noch einiges versuchen zu ändern. Insbesondere
dann wenn die neue Geschäftsordnung auf Grund des Kompetenzgesetzes ge-
schaffen wird, müssen wir auch auf diesen Gesichtspunkt ganz besonders
Rücksicht nehmen. Wenn man sich andererseits aber auf die einzelnen
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Sektionen oder Abteilungen blindlings verlässt, dann kann es passieren,
dass wie Sebastian bei der Regierungsbesprechung sofort feststellte,
das Forstgesetz eine Katastrophe ist und er es bedauert, dass Weihs nicht
anwesend ist, damit er ihm seine Meinung darüber gesagt hätte. Dies war
eine lustige Auseinandersetzung von Steiermark gegen Steirer gewesen.
Sebastian meinte nämlich, er erzählt überall, dass Weihs wahrscheinlich
den Gesetzentwurf gar nicht gekannt hat, was Kreisky ihm sofort auch be-
stätigt hat. Ich nützte die Gelegenheit, um die LH-Fraktion zu ersuchen,
die Forderung, die Bauordnungen zu novellieren, unterstützen sollten.
Ich erklärte die Absicht einiger Firmen, eine entsprechende Holzhäuser-
produktion in den aufgelassenen Zellulose- und Papierfabriken-Gegenden
aufzunehmen, wenn die baupolizeilichen Bestimmungen gelockert werden.
Zu meiner grössten Verwunderung stiess ich aber auf allgemeine Ablehnung.
Fridl von OÖ meinte, mit diesen Holzhäusern würden doch nur Zweit-
wohnungen errichtet, die womöglich sogar noch die Seeufer ver-
bauten, und daher lehnt OÖ so etwas ab. Wien, Slavik, erklärte, dass der
Wienerwald damit nur verschandelt wird und sie bezüglich der Elektro-
installationen, dass diese verrohrt werden müssen, gegenüber dem amerika-
nischen System, wo sie nur ganz gewöhnlich zwischen den Wänden eingezogen
werden, bleiben müssten. Sebastian, Steiermark, meinte, dass die Holz-
häuserproduktion in den Papier- und Zellulosegegenden, wo heute noch die
Fabriken eventuell arbeiten, nichts verloren haben und auch keine
Entlastung bringen würden. Mir war diese negative Stellungnahme insofern
recht als ich bei Besprechungen, die ich mit Kreisky vorher schon führte,
auf diesen schwachen Punkt der Bauordnung hingewiesen habe und erklärt,
dass es hier grosse Widerstände gibt, die nicht so leicht zu über-
winden seien. Er meinte, dass wäre lächerlich, man müsste sich nur entsprechend
mit den einzelnen Landesregierungen ins Einvernehmen setzen. Er stürzte sich
dann auch tatsächlich in die Diskussion und hatte – diesen Eindruck hatte
ich dann – allerdings die LH-Fraktion auch nicht hundertprozentig überzeugt.
Ich glaube, dass es jetzt an der Zeit ist, eine offiziellen Brief wegen
dieses Wunsches an die Landesregierungen zu richten. Auf Grund der zu er-
wartenden Stellungnahmen können wird dann dem Turnauer mitteilen, wie und
welche Aussichten seine Produktion auf diesem Sektor zu erwarten hat.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte Schreiben mit Jagoda besprechen.
Bei dieser Gelegenheit erinnere ich nochmals alle, dass von Gesetzentwürfen
Stellungnahmen oder Briefen, die an Landesregierungen gehen, unbedingt
unsere Landesfraktion einen diesbezüglichen Durchschlag bekommen müssen.
Büromässig muss bei uns vorgesorgt sein, dass jede Korrespondenz, die
mit einem ÖVP-LH oder mit einer von der ÖVP geführten Landesregierung
geführt werden automatisch unsere LH-Fraktion auch einen diesbezüglichen
Durchschlag bekommt. Wie wichtig dieses Vorgehen ist, konnte ich jetzt
bei der Zwettler Industriesiedlung-Fraktion feststellen. Die Zwettler
Bezirksorganisation hat sich bei mir beschwert, dass ich sie nicht ver-
ständigt habe und damit Mussil von der Handelskammer und ÖVP-Mandatar
des Bezirkes dort gross aufspielt. Ich habe Czettel bei der heutigen
Sitzung auf diese Tatsache aufmerksam gemacht und Czettel musste zuge-
ben, dass es sein Fehler war, weil er die Bezirksorganisation nicht ver-
ständigt hat. Er selbst ist aber bestens informiert gewesen und nimmt
die Schuld hundertprozentig auf sich. Ich selbst habe Czettel zugesichert
dass wir nicht ihn jetzt gegen die Bezirksorganisation ausspielen,
sondern dass wir dieses Schreiben der nö. Partei zu seinen Handen
übermitteln werden. Den Zwettlern werden wir mitteilen, dass wir uns
in diesem Fall mit ihm, d.h. Czettel ins Einvernehmen gesetzt haben.
Anmerkung an alle: Bitte diesen Wunsch der LH-Fraktion unbedingt zu be-
achten, eventuell entsprechende borämissge Vorkehrungen auch in den Sek-
tionen zu treffen, das Material unserem Büro vorgelegt wird, welches wir
dann an die Fraktion expedieren.
Slavik berichtet auch, dass es dringendst notwendig ist, in Hinkunft
die Aktion der ÖVP, nämlich dort, wo sie noch im Land und in den Ge-
meinden die Mehrheit haben und die Führung stellen, jetzt eine Kampffront
gegen die Regierung aufzubauen. Insbesondere müsste man achten, dass
die LH-Konferenz, wo es ja nur einstimmige Beschlüsse gibt, nicht
in diesem Fall missbraucht werden kann. Es werden nämlich immer die
LH-Sprecher von der Landeshauptleute-Konferenz bestimmt und natürlich
sind es 6 Schwarze und 3 Rote in zeitlicher Reihenfolge. Die Verbin-
dungsstelle, in dem Fall Hofrat Korn und Meirer, ist ÖVP-geführt und
es ist zwar ein soz. Genosse dort, der aber nicht einmal dem Namen
nach allen bekannt ist. Slavik wird uns diesbezüglich verständigen
und ich würde vorschlagen, dass wir uns in allen Angelegenheiten der
Verbindungsstelle mit diesem Mann ins Einvernehmen setzen, d.h. ihm zu-
mindestens verständigen.
Kreisky berichtet, dass die Fusion jetzt durchgestanden ist, dass
damit ein schwerer Konflikt zwischen der steirischen Arbeiterschaft
und der Linzer Arbeiterschaft vermieden werden konnte. Koller, der Ge-
neraldirektor für die nächsten drei Jahre, wird der Vorsitzende des
Vorstandes in Linz haben, glaubt man, dass damit auch dieses Problem
bereinigt ist. Als Nachfolger von Koller will die ÖVP den General-
direktor Theuer von Böhler aufbauen, doch deutete Kreisky an,
dass dies ein Finanzfachmann sein soll. Wenzl selbst wird jetzt noch
eine Aussprache mit Kreisky haben, um, wie er sich ausdrückt, die
Sozialleistungen der VÖEST zu sichern und insbesondere zu erfahren, welche
Nachteile die Registrierung der Gesellschaft in Wien für Linz und OÖ
hat. Kreisky meinte, dass sich hier wieder bewahrheitet hat, dass
wenn man in der Politik steht, dann auch in Wirklichkeit der Erfolg
auf der Seite bleibt, die sich stellt und die entsprechend ihre Meinung
bis in die letzte Konsequenz hinein vertritt. Dazu muss man sich aber
stellen, wie Kreisky und Benya dies gemacht haben und damit ein zweites
Fussach verhindert haben. Voraussetzung, dass man bei diesem Stehen
aber gut abschneidet, ist, dass doch die Gunst und das Glück ein bisschen
auf der eigenen Seite ist. Ich erinnere mich an einen ähnlichen Vorfall in
Kitzbühel, wo also auch bekanntlicherweise die ÖVP dort und die Freiheitli-
chen und Unabhängigen glaubten, ein zweites Fussach mit dem Kupferbergwerk
mir zu bereiten. Wenn ich nicht das Glück gehabt hätte, dass die andere
Seite in Wirklichkeit an dieser Entwicklung teilweise selbst
schuld gewesen ist, weiss ich nicht, ob ich so gut abgeschnitten hätte.
Kreisky sagt in so einem Fall allerdings, dass nur der Tüchtige Glück
hat und dass eben mit einem gewissen Glück, dass jeder Mensch hat, der
Tüchtige seine Ideen und Durchschlagskraft einsetzen kann und damit
eben das Glück entscheidet. Ich glaube in diesem Fall noch immer,
dass das Wichtigste – wie wir es in Wien sagen – die Masel ist, die man
in so einem Fall haben muss, sie hat oder eben nicht hat. Da jetzt
endgültig beschlossen, dass nach Leoben die Hauptverwaltung für den
Erz- und Kohlebereich kommt, da die Wissenschaft- und Grundlagenforschung
dort ihren Sitz haben wird, glaube ich, dass wir die Bergbaubehörden von
Kärnten und Steiermark auch auf Leoben konzentrieren sollten.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte schön langsam Organisationsvorbereitungen
einleiten.
Sinowatz berichtete über die burgenländischen Wahlvorbereitungen,
versicherte, dass es keinesfalls taktische Gründe gewesen sind, um der
Bundespolitik oder der wirtschaftlichen Entwicklung im Frühjahr aufzu-
weichen, sondern allein taktische Gründe waren, um Soronics, der sich
jetzt schön langsam etabliert, zuvorzukommen. Soronics hatte sich
sehr schwer getan, erst der Obmann dann Landesrat und jetzt erst
sich als Landeshauptmann-Stellvertreter zu werden. Jetzt beginnt sich
die ÖVP, die ja nicht sehr begeistert von dieser Entwicklung war
um Soronics zu scharen. Die burgenländische Genossen haben jetzt aber
eine Hochstimmung, da die So.Jahrfeier und die Gemeindebesuche von
Kery in den ganzen Jahren sich äusserst positiv ausgewirkt haben
Die wirtschaftliche Entwicklung im Burgenland ist jetzt nicht nur
für die Burgenländer, sondern für alle, die jetzt ins Burgenland kommen,
deutlich sichtbar und Burgenland hat einen Aufstieg auf diesem Sektor
erlebt, wie es in der ganzen Geschichte dieses Landes noch niemals zu
verzeichnen gewesen ist. Eine IFES-Umfrage im November 1972 zeigt,
dass jetzt Burgenland am Höhepunkt sich einer Entwicklung befindet
und dies alles der SPÖ zugute geschrieben wird. Sinowatz sagt, dass
die Genossen jetzt direkt glücklich, dass die Entscheidung gefallen
ist und dass sie einen kurzen aber heftigen Wahlkampf führen
werden, Die ÖVP muss nämlich jetzt erst den Wahlkampf vorbereiten
und damit hat sie einen ungeheuren Nachteil in Kauf zu nehmen. Ich
habe Sinowatz nachher versichert, dass ich jederzeit zu seiner
Verfügung stehe und er über mich selbstverständlich verfügen kann.
Sinowatz ist ein so feiner Kerl und vor allem ein so aktiver und
überlegter Landessekretär, dass es mit ihm eine Freude ist, zusammen-
zuarbeiten. In der ersten Republik und auch unmittelbar nach dem
zweiten Weltkrieg hatte er meistens Gewerkschaftsfunktionäre wie Böhm
und Rauscher im Burgenland gewirkt. Damals haben sie auch dort ihre
Mandate bekommen, weil die Burgenländer selbst keine eigenen Mandatare
aufstellen wollten oder konnten. Ich habe diese Politik damals für
schlecht empfunden. Nicht dagegen für schlecht, sondern für sehr gut habe
ich es empfunden, dass die Wiener die Burgenländer damals und natürlich
auch jetzt unterstützten, soweit sie dies wollen.
Tagesprogramm, 21.6.1972
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)