Freitag, 25. August 1972
Gegen die verhältnismäßig sinnlosen Auslandsreisen hat Wanke ge-
glaubt, wir können eine entsprechendes System aufbauen. Irgendwann
wurde von meinen Amtsvorgängern beschlossen, daß der Minister jede
Auslandsreise zu genehmigen hat. Ich weiß nicht meine Vorgänger
praktizierten, aber wie wir das Geschäft übernahmen, hat Wanke ge-
meint, hier müßte man ein System hereinbringen. Nach 2 1/2 Jahren
kapituliert er. Mit den monatlichen Voranmeldungen haben wir zwar
einen ganz schönen Überblick wer aller fährt und warum gefahren wird,
aber niemand selektiert wirklich. Sekt.Leiter will sichs mit seinen
Leuten nicht verderben und genehmigt in Wirklichkeit wahrscheinlich
fast alle Anträge, die nur einigermaßen zu begründen sind. Wenn Wanke
jetzt die entsprechenden Streichungen vornimmt, so bleibt er immer
der den anderen keine Auslandsreise vergönnt obwohl sie doch so
dringend und zweckmäßig sind. Zum Beispiel wird jetzt eine Kakao-
konferenz neuerdings in Genf stattfinden, die vom 11. September bis
13. Oktober dauert. Für dieses Kakaoabkommen wurden schon Dutzende
Sitzungen durchgeführt und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen,
was man hier noch in Detail noch verhandeln kann. In Wirklichkeit
geht es ja nur mehr darum ob der politische Wille existiert ein
solches Abkommen, welches wahrscheinlich die Verbraucherpreise und
damit die Konsumentenländer belastet, abzuschließen oder nicht. Vom
Außenamt, Dr. Martins bekam die Aufforderung, einen Mann zu schicken.
Von unserer Mission in Genf werden aber selbst zwei Männer, darunter
auch der Delegationsleiter teilnehmen. Gleichzeitig schrieb die Ab-
teilung einen Brief an die Handelskammer, wo sie bittet, daß nicht nur
der Vertreter des Fachverbandes, sondern natürlich auch noch ein Ver-
treter der handelspolitischen Abteilung daran teilnehmen sollen.
Mit anderen Worten, die österr. Delegation würde 5 Teilnehmer auf-
weisen. Wenn man sich vorstellt, daß die anderen Staaten und vielleicht
größere, sogar noch eine größere Anzahl von Teilnehmern schicken wird,
die internationalen Behörden an die Organisationen kann man ermessen,
welche riesige Menschenmenge jetzt zusammenkommt, ohne daß es zu
einem sichtbaren Erfolg kommen wird oder kommen kann Wenn nämlich
die politische Absicht besteht ein solches Abkommen tatsächlich abzu-
schließen, müßte es auf, ich weiß nicht welcher Ebene, im Prinzip
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wirklich ernstlich beschlossen werden und dann die Durchführung
einem kleinen Komitee, wo jeder Staat mit einem Mann oder zwei
vertreten ist, übertragen werden. Wirklich betroffen ist ja nur
die Handelskammer, und zwar dort auch nicht die handelspolitische
Abteilung, sondern wahrscheinlich ein Gremium und natürlich der Fach-
verband der Kakao dann teurer kaufen muß. Wanke hat nun die sehr
gute Idee, wir werden uns nicht mehr herumstreiten über die einzelnen
Genehmigungen, sondern für die die wir wollen das fahren, die werden
wir in der Liste besonders kennzeichnen und Schipper als Präsidial-
chef sollte oder müßte dann eigentlich auf eigene Verantwortung unter
Berücksichtigung der budgetären Situation die endgültige Genehmigung
für die fraglichen Fälle aussprechen. Ich bin neugierig ob wir überhaupt
jemals eine solche Streichung erleben werden. Wir sollten aber die
entsprechende Entwicklung auf der Delegationsbeschickung für dieses
Kakaoabkommen weiter verfolgen um festzustellen, in einem konkreten
Fall, wieviele sinnlose Arbeitszeit und Kosten für ein solches Ab-
kommen aufgewendet wurde. Vor allem wird es aber zweckmäßig sein einen
Vergleich mit anderen Ländern zu machen.
Anmerkung für WANKE:
Wir sollten uns unbedingt die Teilnehmerlisten auch der anderen Staaten
wenn der Vertrag abgeschlossen ist resp. die Sitzung vorüber ist, vor-
legen lassen.
Das Haus selbst und vor allem auch die Personalvertretung stöhnt, daß
wir zu wenig Beamte haben. In Wirklichkeit ist ein Großteil der Beamten
Sozialfälle, die dauernd oder fast dauernd krank sind, ein Großteil da-
von ist auf Reisen, das Inlandsreisebudget, sagt mir Schipper,
wird kaum ausreichen, dort haben wir nämlich ein ministerbüromäßiges
Genehmigungsverfahren und wahrscheinlich kaum eine Erfassung, wozu
natürlich jetzt auch noch die Urlaube kommen. Zugegeben werden deshalb
manche Abteilungen wesentlich durch diese Umstände in der inländischen
Aktivität sehr beeinträchtigt. Wenn dann noch dazukommt, daß aus pol.
Motiven die entsprechende Sabotage der Arbeit oder zumindestens die
Nichtinitiative als ein parteipolitische für die ÖVP und ÖAAB absolut
notwendige Maßnahme gilt, dann kann man sich erklären, daß eben mancher
Beamte nur so weit arbeitet und überhaupt aktiv wird, als er es für
seine eigenen Interessen und in seinem Sinne richtig hält. Pfeifer
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selbst hat ja sogar schon von Kolopakateuren gesprochen, wobei ÖVP-ler
meinten, die nicht anderes machten als initiativ und aktiv mitarbeiten.
Zugeben muß ich, daß manche Abteilungen, wie z.B. Würzl gegenüber der
Handelskammerorganisation ausgesprochen schwach besetzt ist. Trotzdem
hätte es wenig Sinn, neue Beamte aufzunehmen. Die Regierung beabsichtigt
die Beamtenanzahl wenn schon nicht zu reduzieren, so doch wenigstens
einigermaßen stabil zu halten. Wir müssen deshalb die entsprechend
Umschichtung im Hause vornehmen und die willigen Beamten zu willigen
Abteilungsleitern transferieren. Andererseits dauert es natürlich
einige Zeit bis sich ein neuer Mann wo eingearbeitet hat. Wir haben
z. B. für Würzl B Gebahl vom Statistischen Zentralamt gewinnen können
und trotzdem, was mich furchtbar ärgert, gibt jetzt noch immer die
Handelskammer statistische Informationen an die Massenmedien. Als wir
sie überprüften stellte ich fest, daß sie gar nicht den Tatsachen ent-
spricht. Ich habe deshalb mit Würzl vereinbart, daß wir in Hinkunft
früher mit Material, das natürlich seriöser sein muß, als von anderen
Stellen in Erscheinung treten werden.
Anmerkung für KOPPE:
Die übernächste Ministerfrühstücksrunde werden wir über die Fremden-
verkehrsergebnisse berichten. Bitte Material mit Würzl abbesprechen.
Präs. Walzer, der Obmann der Gewerbesektion in der Bundeskammer kam
mit Syndikus Schick, der in letzter Zeit sehr gealtert ist, und dem
Referenten Dr. Micheler, welcher dieses Institut für Gewerbeforschung
betreut. Heinrich hat dem Ministerium geschrieben, den ich nicht kannte,
wo er seine Verwunderung Ausdruck gibt, daß er nicht heuer auf 650.000
seine Reihenuntersuchungen, 320.000,–– für eine Kooperationsunter-
suchung Gewerbe und Industrie und 120.000,–– für die Mehrwertsteuer-
erhebung bekommt. MR Schuster der im Gewerbeinstituts-Vorstand sitzt,
hat zwar keinen Zweifel gelassen, daß wir solch hohe Beträge nicht in
Aussicht nehmen können, doch haben scheinbar Heinrich und seine Leute
damit gerechnet. Die Bundeshandelskammer hat ihnen 650.000,–– zugesagt
und aus dem Gewerbeschilling, der je Mitglied an das Institut geleistet
wird, soll 380.000,–– kommen. Außerdem hat die Handelskammer ihnen
versprochen 240.000,–– für die Mehrwertsteuererhebung zur Verfügung
zu stellen und mich angesprochen, wir sollen die Hälfte davon übernehmen.
Ich habe damals sofort erklärt, daß dies nur dann in Frage kommt,
wenn innerhalb der dem Institut zu gehenden Subventionsbetrag eine
Umschichtung möglich ist. Einen höheren Betrag habe ich niemals
in Aussicht gestellt. MR Bögler, der wegen einer Kooperationsunter-
suchung von Gewerbe und Industrie mit Wanke gemeinsam verhandelt hat,
hat ausdrücklich verlangt, daß über die finanzielle Bedeckung von ge-
redet werden muß, d.h. der größte Teil davon innerhalb der schon ge-
währten Subvention von 500.000,-- für die Reihenuntersuchungen aufge-
bracht werden müssen. Da die Abteilung Thun-Hohenstein nicht genau
wußte, wie sich die BÜRGES-Ausgaben entwickeln, hat sie 3 Mio. S, die
sie zur Verfügung hat und woraus auch das Institut finanziert werden
sollte, für die BÜRGES ausschließlich reserviert. Nachdem jetzt die
BÜRGES-Aktion durch die Bestimmung, daß in Hinkunft nur nicht haftungs-
mäßig gesicherte Kredite unterstützt werden, mit den vorgesehen Mitteln
leicht das Auslangen findet, können wir jetzt eine Akontierung eines
Betrages nach Rücksprache mit der Budgetabteilung ausschütten. Walzer
war mit diesem Ergebnis nicht allzufrieden , aber er hat unseren guten
Willen gesehen, daß wir was machen wollen und meinte nur abschließend,
in Hinkunft wird die Handelskammer insbesondere die Gewerbesektion
genau festlegen, welche Beträge das Institut bekommt und nach diesen
Beträgen muß das Institut seine Arbeit entsprechend einrichten.
Selbstverständlich ist dies ja in Wirklichkeit der einzig richtige
Weg, Prof. Heinrich hat nur geglaubt er kann diesmal, er kann
weil er Sonderaufträge erwartet. entsprechende Mehreinnahmen bekommen.
Tagesprogramm, 25.8.1972