Freitag, 13. Oktober 1972
Bei der Aussprache in der Gemeindestube von Rauris mit dem Bürgermeister
Rasser, Rauris, Denk, Lend, und Lackner, Taxenbach, sowie dem Initiator
der Lifte und allgemeinen Bauernbundführer Loitfellner sowie dem Ge-
schäftsführer Winkler auf der einen Seite LH-Stv. Steinocher, NR Maier
und wir auf der anderen Seite konnten wir doch unsere Vorschläge durch-
setzen. Arch. Ursprunger, der schweizerisches Kapital vertritt und
Möglichkeiten sieht, im Rauris-Tal grössere Fremdenverkehrsinvestitionen
zu projektieren und auch durchzufinanzieren, hat als Voraussetzung ver-
langt, dass eine Bodenaufschliessungsgesellschaft gegründet wird.
Nun unter diesen Umständen kann er eine grossflächige Planung
durchführen. Er selbst wird bis Anfang Dezember eine Grobplanung
und in weiterer Folge eine Detailplanung vorlegen. Die Bauern resp.
die Beteiligten an den Liftanlagen dürften nun bereit sein, doch
einen Zusammenschluss der einzelnen Lifte zu akzeptieren. Eine Anlage
auf dem Kreuzboden besteht schon, ist zu 60 % ausfinanziert durch eine
AG. 2,3 Mill. S Bankkredit mit 8 % Verzinsung von der Raiffeisenkasse
hat aber dazu geführt, dass infolge des Schneemangels die Gesell-
schaft jetzt in einer finanziellen schlimmen Situation ist. Sie möchten
deshalb umschulden. Andererseits wird eine zweite Rauris Bergbahn GesmbH
und Co. KG einen weiteren Lift bauen. Dieser Lift hat aber keine
wirkliche Abfahrtstrasse für die erste Sektion. Ich sehe nur eine
einzige Möglichkeit mit Hilfe des Landwirtschaftsministers Weihs
die Wildbachverbauung dort in Angriff zu nehmen und dadurch für das
letzte Stück knapp vor dem Talboden eine Abfahrtsmöglichkeit zu
schaffen. Loitfellner braucht für 15 Mill. S Zinsenzuschüsse, die ihm
auch von Kreisky bei einer Regierungsbesprechung mit Weihs und
Frühbauer zugesagt wurde. Loitfellner hat allerdings noch nicht einmal
einen bankmässig begründeten Antrag gestellt. Die Hauptschwierigkeit liegt
darin, dass keinerlei bankmässige Garantien aufgebracht werden können.
Die Kommanditisten haben derzeit 5 Mill. S Eigenmittel aufgebracht,
wobei auch deutsche Kommanditisten gezeichnet haben. Bucheben soll auf
die Stanzscharte, das ist der Übergang ins Gasteinertal, ebenfalls ein
Lift gebaut werden. Ich verlangte, dass alle Lifts in einer Gesellschaft
zusammengeschlossen werden. LH Steinocher wies darauf hin, dass
ansonsten ununterbrochen Streitereien entstehen, das typischeste Beispiel
dafür sind die Lifts auf den Radstädter Tauern. Sparkassendirektor Stockin-
ger, der mittags auf das Nassfeld kam, hat uns zugesichert, er wird jetzt
sofort die entsprechende Finanzierung und vor allen den Zusammenschluss
13-1265
der Lifte vorwärtstreiben. Bis jetzt hiess es nur, er sollte bremsen,
damit die einzelnen Bauern und vor allem auch die beteiligten an den
Lifts bereit wären, unser Konzept zu akzeptieren.
Mit Kreisky, Steinocher und NR Maier, der übrigens auch bei dieser
Besprechung dabei war, wurde vorher vereinbart, dass das Handelsministerium
die Koordinierungsstelle für dieses Projekt sein soll. Mag. Wagner,
der von Kreisky beauftragt wurde, sich im Rauristal umzusehen und die
Koordinierung im Rahmen der österr. Raumordnung durchzuführen, wird
mit uns nur mitarbeiten. Ich glaube, dass nämlich das schlechteste ist,
wenn mehrere Stellen gleichzeitig mit Agenden betraut werden. Das Ergebnis
muss dann sein, das sich überhaupt niemand mehr auskennt. Kreisky hat
Loitfellner versprochen, dem Rauristal zu helfen. Von uns hat er ver-
langt, wir sollten das Rauristal als Rauristal als den Modellfall ganz
gross herausbringen. Weihs wurde beauftragt, für die Bauern dort entsprechen
de Massnahmen zu treffen und er selbst glaubt am besten ist dies in Form
von Zinsenzuschüssen für die Liftanlage. Zuständig dafür ist aber der
Verkehrsminister und der hat von Weihs aus dem Budget den Zinsenzuschuss-
beitrag überwiesen bekommen und ihn an die Sparkasse in Salzburg, Dkfm.
Stockinger, weiter versprochen. Überaus kompliziertes Verfahren und überaus
komplizierte Wege. Die einzige Lösung sehe ich wirklich darin, wenn
Ursprunger beauftragt wird, ein Konzept auszuarbeiten und gleichzeitig
als Moderator die einzige Stelle ist, wo alle die Aktivitäten zusammen-
laufen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte diesen Plan durchzuführen und gleichzeitig zu
veranlassen, dass Weihs womöglich die Wildbachverbauung beauftragt, die Ab-
fahrt entsprechend zu schlägern, resp. dafür Voraussetzungen zu schaffen.
Der Bürgermeister von Bad Gastein Kerschbaumer und auch der soz. Vizebürger-
meister haben Riesenprojekte in Angriff genommen. Sportgastein, welches
wir neuerdings besichtigten, die Strasse ist bereits fertigt, verschlingt
Dutzende Millionen. Auf das Schreck soll nun die grösste Seilbahn
Europas, ich glaube vielleicht sogar der Welt gebaut werden. Kabinen, die
155 Personen fassen, werden ca. 150 Mill. S benötigen. Dann ist allerdings
die Gletscherregion Schareck-Sonnblick gut erschlossen. Die Strasse, die
vor allem auch die SAFE mitgebaut hat, weil sie gehofft hat, dass die
Bockhartsee-Projekte besser ausgebaut werden können, ist fertig und die
SAFE wird das Elektrizitätsprojekt nicht weiter verfolgen. Steinocher
sagte, es war mit 450 Mill. projektiert, jetzt haben Berechnungen er-
13-1266
geben, dass sie mindestens 860 Mill. kosten und damit erst in 25 Jah-
ren überhaupt erst aus den roten Ziffern herauszukommen wäre. Wenn die
tatsächliche Durchführung dann abgerechnet ist, stellt sich wahrscheinlich
das Projekt auf über eine Milliarde Schilling, weshalb die SAFE darauf
verzichtet. Vom fremdenverkehrspolitischen Standpunkt ist dies ganz
angenehm, nur muss jetzt Sportgastein weitere finanzielle Mittel auf-
bringen. Das Handelsministerium hat für das Strassenprojekt Zinsenzuschüsse
gewährt.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Hast Du etwas davon gewusst?
Spaumer möchte nun ein neues Strassenprojekt in Angriff nehmen. Er wird
einen Tunnel durch die Tauern nach Mallnitz vortreiben. Ich selbst
sprach mich sofort ganz entschieden gegen dieses Projekt aus. Erstens
würde es vom fremdenverkehrspolitischen Standpunkt dazu führen, dass
eine Mautstrasse dann aber doch auch eine Durchgangsstrasse wird.
Zweitens wird aber vor allem der Bahn, die jetzt vor allem den Durch-
lassverkehr einigermassen gewinnbringend betreibt, sofort eine weitere
Konkurrenz erwachsen. Aus diesem Grund war sowohl der Verkehrsminister
als auch die Kärntner ganz entschieden gegen ein solches Strassenprojekt.
Um Kärnten an die entsprechenden Schiabfahrten anzuschliessen, besteht
nämlich auch die Absicht von Kärntner Seite auf den Tauernkamm entspre-
chende Seilbahnen zu bauen. Dadurch kommt es zu einer Seilbahnschaukel
und dies ist für die Schifahrer die bessere Lösung. Das Rauristal soll von
Sportgastein durch die seinerzeitige Knappenbergbahn nach Kolm-Saigurn
wieder aufgeschlossen werden. Die Bahn ist derzeit eingestellt, weil der
Stollen ca. 80 Meter verschüttet ist. Die verkehrsmäsisge Erschliessung als
Tunnelbahn wurde von dem Bürgermeister nicht beabsichtigt, da sie zu
hohe Sicherungsforderungen an ein solches Projekt stellt und damit
zu teuer kommt. Es ist die Absicht, die Berghauptmannschaft für eine
bergmannmässige Lösung einzuschalten.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte Bericht anfordern.
Kreisky erklärte in seinem Referat, dass es kein Grundsatzreferat sein
wird. Er wählte sich einige Schwerpunkte und natürlich war der Schwer-
punkt Preise sowohl am Anfang als auch am Schluss der wichtigste.
Das zweite Thema war der ORF, wo er insbesondere drei Punkte herausstrich.
Die Unabhängigkeit des ORF dürfte nicht nur dem Generalintendanten zu-
gutekommen sondern müsste auch allen anderen Intendanten, die er installie-
ren will, die Möglichkeit geben, eine eigene Politik zu machen. Zweitens
soll die Sicherheit für Angestellte durch ein Statut für Redakteure ähn-
13-1267
lich dem der AZ-Redakteure gemacht werden. Drittens wäre die Mitbestimmung
der 3.000 Beschäftigten zu sichern. Auf alle Fälle möchte er keine
Lex Bacher im Parlament beschliessen. Von Köpfe-Rollen könne und dürfe
nicht die Rede sein, wie manche Funktionäre gerne sehen würde. Keinesfalls
dürfe es einen sozialistischen Rundfunk dann geben. Ich glaube, dass
insbesondere diese Bemerkungen für die Funktionäre gedacht ist, da
viele erwarten, es müsste doch jetzt, wenn schon das Rundfunk-Gesetz
in Angriff genommen wird, gleich radikal durchgegriffen werden. Kreisky
hat aber seinerzeit versprochen, er wird keinesfalls das Rundfunkgesetz
novellieren. Jetzt sieht er die einzige Möglichkeit aus diesem Dilemma
herauszukommen, darin, dass er einerseits erklärt, wenn eine so mächtige
Organisation wie der ÖGB etwas verlangt, müsse er dem nachkommen und
andererseits wäre das Rundfunkgesetz anders konstruiert als seinerzeit
das Volksbegehren es verlangt hat.
Redakteur Nowotny vom Trend hat mich ebenfalls über Bacher interviewt.
Da ich zu dieser Zeit gleichzeitig auch für seinen Fotografen posieren
musste und er ausschliesslich dieses Problem besprach, habe ich das
erste Mal feststellen müssen, dass ich mich eigentlich viel zu wenig mit
diesem Phänomen Rundfunk und unabhängige Intendanten beschäftigt habe
Koppe meinte in einem Zwischenruf, dass wir doch eher kooperieren als
mit dem Rundfunk streiten. Ich selbst erklärte allerdings dezidiert,
dass ich mit Bacher viel zu wenig Kontakt habe, ich habe ihn ein- oder
zweimal getroffen, und mir wirklich über ihn eine Urteil bilden zu
können. Für mich sind, wenn es Rundfunk heisst, nur die Kollegen von
Bedeutung, mit denen ich ständig Kontakt habe, sei es bei Interviews
oder bei Pressekonferenzen, wo sie anwesend sind. Ich würde es nur für
fraglich und für falsch halten, wenn ich mich sozusagen aus der
Regierungsphalanx ausschliesse, nur weil wir gute Kontakte und Bezie-
hungen zu den untergeordneten Organen des Rundfunks haben. Daß z.B.
auch manchmal unter diesen Kollegen Leute sind, die eine eigene Auf-
fassung von Unabhängigkeit haben, ist ein typisches Beispiel Payrleitner.
Dieser hat eine festgefügte Meinung zu einem Problem und möchte, wenn
er interviewt, dann unbedingt die Antworten sie bekommen, wie sie in
sein Konzept passen. Jeder andere Redakteur sagt, ich habe vier Minuten
Aufnahmezeit und interviewt einem dann annähernd in diesem Zeitrahmen.
Payrleitner dagegen interviewt normalerweise so lange, bis er die ent-
sprechende Antwort hat, die er dann eben auf den Zeitrahmen zusammen-
schneidet, dies ist einige Male schon geschehen.
Das wesentlich wichtigere Preisproblem hat Kreisky durch eine Analyse
versucht zu erfassen. Er meint, dass 1970/71 die Bevölkerung nicht die
Regierung dafür verantwortlich gemacht hat. Erst als wir mit den
Tariferhöhungen begonnen haben, hat sich der Umschwung eingestellt.
Er meinte deshalb, man sollte in Hinkunft die Tarife öfters anheben,
um nicht auf einmal dann Tarifsprünge zu machen. Ausserdem vermutet er,
dass bei dieser Gelegenheit gleich nicht nur ein gewisser Nachholeffekt
sondern auch eine Vorhalteeffekt festzustellen ist. Mit der Augmentation
es wird jetzt sowieso längere Zeit keine Tariferhöhung mehr Platz greifen,
wird nicht nur eine gewisse Kostendeckung sondern darüber hinaus auch
eine gewisse Reserve eingebaut.
Gegen den Index-Fetischismus, gegen den er sich ganz entschieden wehrte,
so wie auch der ÖGB-Präsident Benya, meint er, müsste die Konsumenten-
politik a) pädagogisch arbeiten, aber b) einen kämpferischen Akzent
bekommen. Konsumenten und Regierung müssten gegen die Preiserhöhung
auftreten und die Firmen würden sich dann wesentlich mehr in die
Regierungspolitik einordnen. Für die Firmen wäre es nämlich ein grosser
Prestigeverlust, wenn sie angeprangert werden. Als typisches Beispiel bezeich-
nete er die Fleischpreispolitik im Sommer, Sekr. Bednar von der Postgewerk-
schaft hätte sich ein grosses Verdienst erworben, als er die Fleischlosen
Wochen in der Post-Werksküche einführte. Die ÖVP möchte gerne, dass wir
entsprechende unruhige Zeiten haben, deshalb organisiert sie jetzt in
Kärnten wegen der Zweisprachentafeln, die Ärzte wegen ihrer Honorarfor-
derung und die Unternehmer wegen der Ladenschlussproblematik.
Die ÖVP geht so weit, dass sie diese Unruhestiftung selbst mit Gesetzes-
bruch sanktioniert. Demgegenüber muss die Politik der Regierung und
insbesondere der SPÖ sich deutlich abheben. Als wir das Wirtschafts-
programm 1967 beschlossen, haben wir ein zehnjähriges Konzept für einen
österreichischen Industriestaat angestrebt. Deshalb müssen die Investi-
tionen sehr hoch sein und haben natürlich nach wie vor Vorrang. Trotzdem
ist natürlich die Preispolitik ungeheuer wichtig und als Zielsetzung
wäre die selektive Kontrolle, die Dämpfung durch Zollermässigung, Steuer-
politik und Sparförderung anzustreben. Die Devise müsste sein: Aufklären
und Auseinandersetzen.