Freitag, 1. Dezember 1972
Der soz. Landesrat Klauser von der Steiermark glaubt allen Ernstes,
dass er der Gemeinde, wo er Bürgermeister ist, für den Kauf eines
Gasthauses mit 60 Betten 6.000 m³ Grund um 7 Mill. S einen Zuschuss
geben können. Angeblich sollte damit verhindert werden, dass Kastner
und Öhler ein Kaufhaus aus Graz, diesen Betrieb erwirbt. Für den
Fremdenverkehr wäre aber das Gasthaus, wie er glaubt, unbedingt
notwendig. 7 Mill. S ist irrsinnig überzahlt. Zum Glück habe ich gar
keine finanziellen Mittel und Budgetansätze für Zuschüsse an Gemeinden,
um solche Irrsinnsprojekte mit zu bezahlen.
Bei der AK-Vorstandsfraktion hat Hrdlitschka klar und deutlich ge-
sagt, dass er nicht imstande ist, bei einer Beschwerdestelle, die
im Handelsministerium, wo nicht über die Geschäfts- und Lieferbedin-
gungen sondern auch über die Preise auf freiwilliger Basis
zwischen den Interessenvertretungen gehandelt werden soll, mitwirken
könnte. Zöllner ergänzte dann, dass er infolge Personalmangel eine
solche Tätigkeit für unmöglich hält. Ich ergänzte sofort, dass es
sich bei dieser Idee des Konsumentenforum keinesfalls um eine Be-
schwerdestelle für Preise handeln könne. Ausserdem sollte nur als
nächster Schritt, ähnlich wie es jetzt bei den Reisebüros diese
Beschwerdestelle gibt, schrittweise auch auf andere Gebiete ausgedehnt
werden. Zöllner dürfte Hrdlitschka dann informiert haben, dass es auf
die Dauer unmöglich ist, dass die Arbeiterkammer die ganze Last der
Verantwortung und auch die Arbeit macht. Zöllner steht auf dem Stand-
punkt, es muss der Staat, wenn er so etwas schafft, sich die notwendigen
Beamten halt anstellen. Bei dieser Gelegenheit bedankte ich mich vor dem
Vorstand für die Unterstützung der Arbeiterkammer bei der Erstellung
des Entlastungskataloges und der Arbeit, die sich jetzt auf Grund der
Preiserhebungen usw. auf Grund des Preisbestimmungsgesetzes ergibt.
Sicherlich ist die Angst Zöllners begründet, wenn die Arbeiterkammer
alles ganz exakt und genau überprüft und jeden einzelnen Fall bis ins
kleinste Detail verfolgt, kaum mit den Beschäftigten, die Zöllner jetzt
zur Verfügung hat bewältigt werden kann. Wahrscheinlich müsste aber doch
wesentlich mehr improvisiert werden, als Zöllner sich dies vorstellt.
Der Vorteil der Arbeiterkammer liegt doch darin, dass sie als Nicht-
Behörde keinesfalls verpflichtet ist, aktenmässig alles bis ins letzte
Detail durchzuleuchten, bevor sie dann irgendwelche Interventionen
macht. Ich versuchte dem Vorstand auseinanderzusetzen, dass als erster
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Schritt das Abtreten von Beschwerden über den Möbelkauf an die Handels-
kammer, Gremium Möbelhandel, Komm.Rat Weinberger, erfolgen sollte.
Dieser hat sich doch im Forum bereiterklärt, alle Beschwerden genau
zu überprüfen.
Ing. Hedrich von den Privatangestellten beschwerte sich auf meine Aus-
führungen wegen der Stahlfusion insbesondere wegen der Mitsprache-
möglichkeiten der Betriebsräte. Weissenberg wies darauf hin, dass
wenn die Gesetzwerdung der jetzigen Regierungsvorlage im Parlament
kommen sollte, er vorschlagen würde, lieber auf die Ausdehnung auf
1/3 bei Einschränkung der betriebsrätlichen Möglichkeiten im Aufsichts-
rat auf das gesamte Gesetz zu verzichten. soweit es die betriebsrätliche
Mitwirkung betrifft. In der vorgeschlagenen Einschränkung der Betriebs-
räte bezüglich der Bestellung von Prokuristen und Leitungsgremien sowie
vor allem der Mitwirkung bei Investitionsentscheidungen sieht er einen
so grossen Rückschritt, dass es besser ist, im Hinblick auf die Kodifi-
kation des Arbeitsrechtes, wo wir eine weitere Mitbestimmung der Betriebs-
räte erreichen wollen, lieber diesen Paragraphen aus dem Stahlfusions-
Gesetz zu streichen. Auf Grund des ungeheuren Widerstandes, den ich jetzt
bei vielen Stellen wegen dieser Bestimmung feststellen kann, glaube ich wird
Kreisky auf alle Fälle ein neues Gesetz im Parlament als Initiativ-Antrag
einbringen müssen, resp. eine entsprechende Abänderung im Ausschuss be-
antragen.
ZS Millendorfer von den Bau- und Holzarbeitern meinte, dass sie wegen
der beabsichtigten Baubremse sehr besorgt seien. Sie hätten dem Bauten-
minister Moser bereits vor Monaten vorgeschlagen, dass er entsprechende
Schritte unternehmen sollte, doch sei die jetzige Massnahme als gefähr-
lich zu deklarieren. Er meinte, dass eine Preisauszeichnungsstelle
im Bautenministerium geschaffen werden müsste und dass das stat. Zentral-
amt die Betriebsergebnisse von 1000 Betrieben zur Verfügung stellen müsste
Ich versuchte zu erklären, dass Präs. Bosse das niemals tun könne, weil
er sonst gegen das statistische Gesetz verstösst, wo diese Meldungen
ausschliesslich für statistische Zwecke aufgearbeitet werden dürfen.
Millendorfer sprach sich auch gegen die Aufhebung der ÖNORM A 5020
d.h. dass der Bestbieter nicht den Zuschlag bekommen sollte, wie dies auch
von der Handelskammer gefordert wird, aus. Dagegen meinte er, man könnte
die ÖNORM A 2111, welche vorsieht, dass bei einer Indexpreisänderung von
2 % durch die Lohnerhöhungen dann die laufenden Verträge automatisch abge-
ändert werden können. Diese Gleitung hat einmal 2,5 % betragen, wurde
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von Kotzina auf 2 % gesenkt, und die Gewerkschaft der Bau- und
Holzarbeiter meint, es könnte ruhig 5 % sein. Am Abend bei dem
Referat über Preisprobleme in der Gesellschaft für Wirtschafts- und
Finanzpolitik, wo auch von der PORR-AG Dipl.Ing. Witzmann anwesend
war, und ich auch wegen dieses Problemes in der Diskussion gefragt wurde,
konnte ich feststellen, dass die Baugewerkschaft mit den Vertretern
der Bauindustrie konform geht bis auf diesen Punkt. Witzmann meinte,
dass eine Erhöhung dieses Prozentsatzes auf 5 % ihm seinen ganzen
Gewinn des Jahres 1971 z.B. kosten würde.
Bei der Verleihung von Grubenwehrehrenzeichen wurde von mir auch ein
Betriebsdirektor der Reichenhaller Saline ausgezeichnet. Wieder ein-
mal hat mir überhaupt niemand eine Information gegeben. Bei anderen
haben sie in die Auszeichnungsurkunde Spickzettel eingelegt. Ich musste
Min.Rat Dworak drum flüstern, er sollte mir doch, wenn er mir die Urkunde
gibt, ein Stichwort flüstern. Ich kann doch dort nicht anfangen den Spick-
zettel ganz einfach herunterzulesen. Ausserdem stand in den Spick-
zetteln sowieso nicht das drinnen, was ich gerne wollte, nämlich irgend-
welche persönlichen Aussagen gegenüber den einzelnen ausgezeichneten Per-
sonen. Ich habe mich über diese Vorgangsweise, deren Änderung ich
schon dutzendemale verlangt habe, sehr geärgert.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Ich brauche einen Souffleur, ich glaube am besten
ist das Regierungsrat Puffler, der zumindestens zwei Tage vorher mit mir
die Vorgangsweise und die Ausgezeichneten kurz durchgeht. Wenn es das
nächste Mal wieder nicht funktioniert, schlage ich wirklich einmal Krach.
Wenn die einzelnen Abteilung z.B. Dworak von der OB bei der Auszeichnung
oder Böhm vom Präsidialbüro – dort hat es das letzte Mal ganz gut funkti-
oniert, diese Funktion des Souffleurs übernehmen wollen und können, bin
ich natürlich auch damit einverstanden aber das System muss jetzt endgül-
tig festgelegt werden.
Vom Tuxer Magnesitbergbau sollte ein Ingenieur ausgezeichnet werden.
Dadurch, dass dieser Betrieb aber jetzt stillgelegt wird und zwischen
der Belegschaft und ihm grosse Spannungen bestehen, hat er mir einen
Brief geschrieben, dass er auf diese Auszeichnung verzichtet, weil er
sich auch gar nicht dafür als würdig betrachtet. Er selbst ist durch
andere Arbeiter schon einmal gerettet worden, diese bekommen aber keine
Auszeichnung. Ich habe so das unbestimmte Gefühl, dass hier ebenfalls
die Ingenieure sich hier gegenseitig mit der OB im engsten Einvernehmen
zu Auszeichnungen vorschlagen, auch dann, wenn sie gar keine Berech-
tigung dafür haben. Dies gilt auch für die von mir ausgezeichneten
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Ing. Wüstrich, Min.Rat Peschke und des deutschen Bergbaudirektors.
Da ich für diese Auszeichnungen zum Unterschied von den staatlichen
Auszeichnungen ausschliesslich selbst verantwortlich bin, glaube ich
müsste man wirklich einmal prüfen, ob und inwieweit das bisherige System
nicht abgeändert gehört. Anlass könnte der vorgelegte Brief des Tuxer
Bergingenieurs sein.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte prüfen, wieso effektive Lebensretter nicht
bekommen und Ingenieure oder Ministerialbeamte, die kaum dafür etwas
beigetragen haben, das Grubenwehrehrenzeichen bekommen haben.
Gen.Direktor Klimesch und Dir. Karlhuber von der OKA wollten meine
Stellungnahme zur Kohlenpreisproblematik mit der WTK erfahren. Ich
habe sofort Sekt.Rat Sterk dazu gebeten. Nach wie vor glaube ich, dass
es für die OKA möglich ist, den Preis von 78.– S 10^6 Wärmeeinheit zu
bezahlen. Derzeit bezahlen sie 70.– resp. für Übermengen, die sie
abnehmen, mehr. Da der Vertrag mit 1.1.1973 neu geschlossen werden
muss und auf 5 Jahre einmal befristet werden soll, wären sie bereit,
statt der 300.000 t Grundmenge 400.000 zu übernehmen. Diese 400.000 t
stellen aber nach Meinung der WTK eine zu geringe Menge dar. Sie er-
wartet mindestens 450.000 t. Die OKA erklärt aber, dass sie diese Menge
gar nicht verfeuern könnte. In den alten Anlagen, wo sie 4 Maschinen
laufen hat, hat sie einen sehr schlechten Wirkungsgrad. Deshalb ver-
sucht die OKA die Menge so weit wie möglich zu reduzieren. Beim Preis
liess ich keinen Zweifel, dass die 78.– S nicht kostendeckend sind und
deshalb von der WTK unter allen Umständen erreicht werden müssten.
Ich erklärte zwar vorweg, dass ich mich in die Preisverhandlungen im
Detail gar nicht einmische, weil ich dafür nicht zuständig bin, doch
liess ich keinen Zweifel, dass 78.– der Mindest- und von
der OKA aus gesehen, wahrscheinlich der Höchstpreis ist. Auch beim
Fernheizkraftwerk Linz musste ich feststellen, dass seinerzeit
schon Gen.Dir. Seitlinger ein Genosse, erklärte hätte, er könnte
nicht mehr als 60.000 t übernehmen. Die WTK erwartet 80.000 t und hofft
zumindestens mit 65 bis 70.000 abzuschliessen. Hier ist der Preis wesent-
lich schlechter, weil diese Kohle franco Linz geliefert werden muss und
mindestens 12 S/t Fracht, das sind ca. 6.- auf 10^6 umgerechnet abzuziehen
sind. Für die WTK ergibt sich, wie ich auch immer vermutet habe, ein
reines Absatzproblem. Niemand will die mindestens 800.000 t, die gefördert
werden, kaufen. Durch die Sortierung verteuert sich die Kohle noch zu-
sätzlich. Andererseits dürfte die OKA nicht bereit sein, auf längere
Zeit eben mehr als 400.000 t maximal abzunehmen. Wenn es wieder zu
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normaler Wasserführung kommt, kann man jetzt schon voraussehen,
dass die Kohle wieder auf die Halde wandern wird. Wahrscheinlich
müsste man jetzt bereits, auch dann wenn die Energieversorgung und
die E-Wirtschaft noch nicht ausschliesslich im Handelsministerium
liegt, Berechnungen und Modelle anstellen, wo und in welchem Umfang
eine Stromimportkalkulation als Alternative zu einem geringen Wasser-
jahr und damit im Zusammenhang einer starken Verfeuerung einer in-
ländischen Kohle kostenmässig die Verbund resp. die einzelnen Landes-
gesellschaften belastet.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Min.Rat Frank sollte sich mit diesem Problem als
erstes beschäftigen, denn wir werden sehr bald endgültige Entscheidun-
gen treffen müssen.
Von der Wirtschaftspolizei Dr. Tintner hat mir mitgeteilt, dass gegen
Ing. Scherbaum von der ÖFVW über Anregung der Staatsanwaltschaft, sie
hat einen anonymen Brief bekommen, ein Verfahren wegen Betruges einge-
leitet wird. Tintner wollte mich nur, da ich Obmann dieses Vereines
bin, verständigen und hat gefragt, mit wem er diesbezügliche Bespre-
chungen in der ÖFVW aufnehmen sollte. Ich habe sofort darauf hingewiesen
dass das Direktorium und ich selbst keine Details wissen, Langer-Hansel
hat erklärt, er würde erst nach Abschluss des Kündigungsverfahrens, wo
er hofft, einige hunderttausend Schilling Wiedergutmachung zu bekommen,
dem Direktorium und vorher mir berichten. Langer-Hansel wollte ja ur-
sprünglich überhaupt dass dies still und leise über die Bühne geht und
nur ich einen Detailbericht bekommen sollte. Ich habe aber bei der
letzten Sitzung des Direktoriums schon festgehalten, dass zumindestens
das Direktorium informiert werden muss. Tintner selbst habe ich an
Langer-Hansel verwiesen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte Kontakt mit Tintner halten und Langer-
Hansel ebenfalls verständigen.
Bei der Barbara-Feier in Prottes, welche die Berghauptmannschaft Wien
organisiert, konnte ich eine erfreuliche Aktivität feststellen. Berghaupt-
mann Bornberg hat mich ersucht, ich sollte drei Pokale, die er gestiftet
hat, an Firmen überreichen. Dies habe ich wirklich gerne gemacht, denn
eine Initiative vom Berghauptmannschaften, die nicht nur bestrafen, son-
dern auch Firmen, die sich im Umweltschutz und in der Sicherheit ausge-
zeichnet haben, ist eine sehr glückliche Idee.
Da in der wirtschafts- und finanzpolitischen Gesellschaft nicht nur
sozialistische Direktoren sondern auch andere z.B. Prof. Mautner-Markhof,
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Gen.Sekr. Kottulinsky von der Industriellenvereinigung, Gen.Dir.
Stepski von der Nettingsdorfer Papierindustrie, usw. vertreten sind,
nützte ich die Gelegenheit, um insbesondere beim Stabilisierungsabkom-
men auf die Vereinbarung Sallinger - Benya zu verweisen. Hier erklärte
ich, hätte der ÖGB eine ungeheure Aufgabe übernommen, die er nur lösen,
könnte, wenn die Unternehmer auch Preisdisziplin halten. Ich konnte
feststellen, dass tatsächlich die Unternehmerseite, zumindestens
was die Industrie betrifft, heute brennend daran interessiert ist,
dass dieses Stabilisierungsabkommen zum Tragen kommt und auch durch-
geführt wird. Präs. Schmitz von der OeNB meinte sogar in der Diskussion,
dass die ÖNB ihre Hilfe deshalb gegeben hat, um dem ÖGB und der Regierung
eine Politik der Stabilisierung zu ermöglichen. Prof. Mautner-Markhof,
dem ich beim Essen über die Bierpreisentwicklung erzählte und insbeson-
dere über die Flut von Anträgen der Gastwirte jetzt wegen individuellen
Entlastungssätzen, zeigte sich bereit, gegebenenfalls auf etliche Mo-
nate von einer Preiserhöhung Abstand zu nehmen, um als Übergang erst nach
einigen Monaten den Preis einschleifen zu lassen. Die Gastwirte sollten
dadurch eine Atempause bekommen und die, wie er selbst sagte, unmögliche
Haltung, dass die Handelskammer jetzt ein solche Politikum aus der
Entlastung macht, verschoben werden. Nach etlichen Monaten könnte doch
dann sowieso niemand mehr genau prüfen, welche Preise in den einzelnen
Gastwirtschaften verlangt werden.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte dies Idee in der Arbeiterkammer mit
Zöllner resp. Blaha besprechen.
Tagesprogramm, 1.12.1972