Freitag, 19. Jänner 1973
Der finnische Journalist Karijalainen, der in Belgrad seinen Sitz
hat und für das finnische Fernsehen eine TV-Aufnahme machte, vertrat
mir gegenüber dann die Ansicht, dass die SU die EG-Probleme so lösen
möchte, dass der COMECON als Gesamtes mit den europäischen Gemein-
schaften verhandeln sollte resp. möchte. Schwierigkeiten, auf die ich
hinwies, ergeben sich allerdings dann, dass sowohl Rumänien als auch
Jugoslawien in einen Block einbezogen werden, den sie eigentlich wie
jetzt der Beitritt Rumäniens zur Weltbank und zum Währungsfonds zeigt,
auflockern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass tatsächlich die Rumänen
und die Jugoslawen bereit sind, ihre Möglichkeiten der bilateralen Be-
sprechungen zwischen den Staat und den EG auf das COMECON zu über-
tragen. Abgesehen davon, glaube ich kaum, dass Brüssel bereit- ist,
diese Konzeption Breschnews zu akzeptieren. Ich bin sehr gespannt,
was Patolitschew in dieser Hinsicht mitteilen, resp. welche Vorschläge
er eventuell machen wird.
Gen.Dir. Hecke von Siemens hat sich bei der Rechenanlage, die Firn-
berg jetzt für die Universitäten und für die wissenschaftliche Forschung
ausschreibt beteiligt. Auf einem US-Test-Verfahren, welches ein Dozent
der TH für Firnberg durchführt, ist Siemens aber schlecht herausgestiegen.
Die beste Anlage war in dem Fall Controll-Data, eine amerikanische
Firma. Hecke fürchtet nun, dass auf dieser Rechenanlage auch die Schu-
lung unserer EDV-Fachleute durchgeführt wird und damit Siemens kaum
Chancen hat, in Hinkunft bei Ausschreibungen berücksichtigt zu werden,
weil eben die Studenten nachher schon immer wieder auf amerikanische
Anlagen zurückgreifen werden. Siemens hat nun mit der franz. Firma
CII einen Europa-Computer in Absicht, wobei auch Philips sich daran
beteiligen sollte. Siemens hat sich zu diesem Zweck von der amerika-
nischen Firma RCA gelöst. Dieser Europa-Computer soll 1975/76 ein
neues System herausbringen, das zweieinhalbmal schneller ist als
das derzeitige. Die jetzt vorliegenden Offerte für die Rechenanlage
der Firnberg haben auch ergeben, dass Siemens viel zu langsam ist.
Darüber hinaus aber ist Siemens, wie ich mit dann bei der Akteinsicht
überzeugen konnte, wesentlich teurer. Er hätte 1,8 Mill. S Monatsmiete
verlangt gegenüber Controll Data mit 1,3 Mill. Hecke erklärte mir,
er wäre selbstverständlich bereit, den Preis wesentlich zu reduzieren.
Da ich ihm erklärte, wenn überhaupt eine Chance besteht, dass man
Siemens anstelle von amerikanischen Firmen nimmt, dass entsprechende
14-0058
preisliche Zugeständnisse notwendig sind. Dies war, wie ich ihm erklärte,
der Grund, warum die Patentdokumentation nicht auf IBM sondern auf
Siemens sich festlegte. Über diesen Tatbestand war Hecke sehr erfreut
da er mir dann zugutehielt, dass ich als Industrieminister meinen Ein-
fluss geltend machte, dass eben österreichische Firmen zumindestens
Firmen, wo Österreich mit 49 % beteiligt ist, favorisiere. Ich versprach
ihm nur, mit Firnberg darüber zu sprechen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: UND HEINDL: Bitte zu klären, ob hier überhaupt
noch eine Möglichkeit besteht, dass man tat-
sächlich österreichischen Firmen dieses Geschäft
zukommen lässt.
Die Kinderfreunde-Vertreter Hanke, Matzenauer und der Pflichtschul-
Elternvertreter Valentin protestierten bei mir gegen die Schulzeit-
gesetz-Novelle, welches die Vorverlegung der Schulferien für Wien,
NÖ und Burgenland vorsieht. Nach Mitteilung von Valentin soll dann an-
stelle von Wien, NÖ und Bgl. – Steiermark und Kärnten eine Woche vorziehen.
Die Kärntner legen angeblich grössten Wert darauf und wünschen dies
bereits seit Jahren. Durch die Vorverlegung der Hauptsaison in Wien,
NÖ und Bgl. würde die Fremdenverkehrswirtschaft eine kürzere Vorsaison
haben und dadurch den Vorschulpflichtigen nach ihrer Auffassung sogar eine
Verteuerung der Ferien bringen, da sie nur mehr kürzere Möglichkeiten
haben. Ich teile diese Meinung keinesfalls, da die Verlängerung der
Hauptsaison für Schüler automatisch bedingen muss, dass die konzen-
trierte Nachfrage sich auf mehrere Wochen verteilt. Ich wies darauf hin,
dass die Ärzte sogar eine Zweiteilung der Ferien möchten und Winter-
ferien immer wieder im Anschluss an die Weihnachtsfeiertage von Seiten
der Fremdenverkehrswirtschaft verlangt werden, um die tote Saison zu
überbrücken. Die Kinderfreunde machten mir eine interessanten Gegen-
vorschlag: sie meinen, dass in Hinkunft die Semesterferien von den
Pflichtschulen und an allgemein bildenden Höheren Schulen zusammenfallen.
Die Trimester von AHS werden aufgelöst. Bei den Pflichtschulen gibt es
nun zwei Tage Semesterferien, nämlich Montag und Dienstag, wenn nun
der Direktorstag Peter und Paul, Allerseelen und Leopoldi noch dazugenommen
werden, ergibt sich leicht die Möglichkeit eine ganze Woche im Feber
und zwar Anfangs bis Mitte Feber eine entsprechende Winterferienwoche zu
schaffen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte Würzl mitteilen, dass man diese Idee verfolgen
sollte, wobei ich mich keiner grossen Hoffnung
hingebe, das es sich meistens um kirchliche Feier-
tage handelt, die allerdings nicht arbeitsfrei
sind.
Ich habe abends im Metro-Kino bei der Uraufführung von KAIN
mit Sinowatz über dieses Problem kurz gesprochen. Sinowatz meint,
wir sollten jetzt einmal die Begutachtung der Gesetzesnovelle ab-
warten und nachher entsprechende Absprachen führen.
Bei der Überreichung von Zeugnissen für die Management-Schulung
anderer Beamten, an der auch Ing. Reischitz vom ÖPZ anwesend war,
verpflichtete ich mich in aller Öffentlichkeit, dass wir diese
Schulung fortsetzen werden. Min.Rat Gröger hat mir nämlich mitge-
teilt, dass er befürchtet, für heuer keine Budgetmittel dafür zu
bekommen.
ANMERKUNG FÜR Heindl: Ich glaube, dass die notwendigen Beträge aufge-
bracht werden können, wenn man die Unterbrin-
gung der Teilnehmer z.B. im ÖMV-Heim am
Semmering arrangieren kann.
Reischitz erzählte mir auch dann, dass der ÖPZ wesentlich bessere
Schulungskurse für Management macht als dies z.B. das Innenministerium
durchführte. Die Propaganda aber war insoferne beim Innenministerium
erfolgreicher, als dies in der Öffentlichkeit so dargestellt wurde,
als wenn die erste und einzige Management-Schulung im Behördenbe-
reich von ihm durchgeführt würde. In Wirklichkeit hat es sich hier
nach Mitteilung von Reischitz nur um Vorträge gehandelt, die über-
haupt keinerlei Management-Schulungs-Charakter zeigten. Der Organisa-
tor war die Industriellenvereinigung Leitner. Reitschitz wollte bei
dieser Gelegenheit auch gleich die weiteren Arbeiten für das Jahr
1973 mit mir besprechen und vor allem finanzielle Zusagen haben.
Das ÖPZ hat derzeit 44 Angestellt und beschäftigt angeblich noch
60 Konsulenten, die 2 – 9.000 S pro Monat fast wie die Angestellten
beziehen. Reischitz meinte, er hätte nicht einmal das Geld,um das ÖKW,
welches jetzt mit der ÖPZ zusammengelegt werden soll, zu finanzieren.
Im ÖKW sind sage und schreibe zwei Angestellte. Sowohl Wanke als auch.
Gröger aber ganz besonders ich, liessen Reischitz nicht im Unklaren,
dass wir derzeit keine Chance sehen, seine Anforderungen auch nun
annähernd zu erfüllen. Reischitz wird ein wesentlich vereinfachtes
und damit auch wesentlich verbilligtes Konzept mit Gröger und Wanke be-
sprechen. Wanke hat recht, wenn er darauf hinweist, dass uns Studien
mit hunderten von Seiten gar nichts nützen und auch Konzepte,
die wieder hunderte von Seiten von unseren Beamten produzieren würden,
unbrauchbar sind, sondern dass wir ein System finden müssen, wo wir
14-0060
mit wenigen Kennziffern einen Informationsfluss aufbauen, der
für alle zielführend ist.
Der Präsident und der Kammeramtsdirektor Dr. Martin von der Tier-
ärztekammer, wollte bei einer Vorsprache die Entlastungssätze
geändert. In der Diskussion stellte sich dann heraus, dass dies
deshalb nicht notwendig sei, weil die gesetzlich normierten
Tarife schon jetzt vorsehen, dass die Umsatzsteuer dazukommt. Wenn
daher für TBC- und Bang-Proben statt 25 S im Tarif sowieso nur
20.- S verlangt werden dürfen, oder wenn für Impfungen anstelle
von 15.- S 8.50 S nur verlangt werden kann, so gibt es jetzt
die Möglichkeit, dass zu diesen öffentlich Tarifen die Umsatzsteuer
dazugelegt werden kann, sodass die Änderung oder Entlastung nicht durch
geführt werden muss. Bei dieser Gelegenheit konnte ich feststellen,
dass die Tierärzte sehr wohl sehr froh sind, dass sie aus dem
Landwirtschaftsministerium herausgekommen sind und derzeit beim
Gesundheitsministerium ressortieren. Wenn ich mir vorstellen, dass
Minister Weihs bei der Beratung über dieses Problem gemeint hat,
dass es so unzweckmässig ist, dass die Tierärzte vom Landwirtschafts-
ministerium wegkommen und man den Eindruck haben müsste, das nicht
nur die Bauern sondern auch diese froh sind, dass sie beim Landwirt-
schaftsminister ressortieren, so glaube ich, ist hier wirklich die
Bürokratie im Landwirtschaftsministerium der einzige gewesen, der
in Erfüllung des Bauernbundauftrages diese Forderung bis zum
letzten vertreten hat. Dr. Martin und der Präsident erzählten mir,
dass sie schon vor Jahrzehnten die Forderung erhoben haben,
endlich vom Landwirtschaftsministerium wegzukommen. Die Ministerial-
bürokratie dürfte dort wirklich sehr stark sein und vor allem
die einzelnen Gruppen fast beherrschen.
Sekt.Rat Mock berichtet mir über das Berggesetz, dass er jetzt
mit der Handelskammer aber auch mit der Arbeiterkammer und vor allem
der Industriellenvereinigung abschliessend Besprechungen führen
möchte. Die Gutachten dieser Stellen sind noch immer nicht gekommen
und er möchte meine Meinung, ob er weitere Terminverlängerungen zu-
gestehen sollte. Natürlich erkläre ich, dass es eigentlich auf die
8 oder 14 Tage auch nicht mehr ankommt und viel wichtiger ist
die verschiedenen Auffassungen doch noch zu bereinigen. Mock be-
hauptet, dass der Fachverband für Mineralölwirtschaft jetzt sich
auch dem Berggesetz akkommodieren wird, weil Bauer erklärt hat,
14-0061
dass die Vorbringung von einzelnen Referenten resp. kleineren
Firmen nicht mehr gelten. Die Handelskammer hat diese offenen
Punkte resp. Wünsche bereinigt. Offen bleibt jetzt nur mehr, ob
die Gemeinden auch noch weitere Parteistellung bekommen sollten.
Hofrat Korn von der Verbindungsstelle der Bundesländer hat aber
bereits wissen lassen, dass die Länder keinen Aufstand wegen
Ablehnung dieser Forderung machen würden. Auch die anderen Inter-
essensvertretungen haben diesen Wunsch der Gemeinden nicht aufge-
nommen. Die Handelskammer war überhaupt ganz entschieden gegen
diese Möglichkeit, dass die Gemeinden Parteistellung weiterhin
ausgebaut wird, weil sie dadurch nur eine Erpressung der Gemeinden
an die Firmen vermuten und befürchten. Richtig ist, dass sehr wohl
jede Gemeinde, wenn sie entsprechende Bohrgenehmigungen oder son-
stige Änderungen auf ihrem Gemeindegebiet genehmigten, muss dann
entsprechende zusätzliche Leistungen von den Ölfirmen erwartet
und auch zugesagt bekommen. Hier handelt es sich meistens dadrum
dass Strassen oder sonstige öffentliche Wege entsprechend ausge-
baut werden müssen., die von den Ölfirmen gezahlt werden oder zumin-
destens ein grosser Zuschuss geleistet werden muss.
Bei der Uraufführung des Filmes KAIN hat auch Schönherr in seiner
Eröffnungsansprache darauf hingewiesen, dass nun endlich die Zusage
des Herrn Bundeskanzlers, eine Filmförderung zu machen, erfüllt wer-
den sollte. Da ich neben Kreisky sass, wies ich sofort darauf hin,
dass das Gesetz zu jeder Zeit fertig gemacht werden kann, wenn
der Finanzminister sich bereit erklärt, einen entsprechenden finan-
ziellen Beitrag zu leisten. Kreisky wird mit Androsch darüber
sprechen. Der Film allerdings, der vom Unterrichtsministerium und
von der Gemeinde Wien mit etliche Millionen gefördert wurde, zeigt
typisch, dass zwar ein ganz interessanter Film damit entstehen kann,
aber wahrscheinlich kommerziell eine Pleite ist. Mir selbst hat dieser
Streifen am wenigsten gefallen, weil er nicht, wie Schönherr behauptet,
aus dem Leben gegriffen ist, sondern eine sicherlich traurige
und verwerfliche Tatsache, dass die Welt in Blöcke geteilt ist und
dadurch die einzelnen Menschen immer wieder zum Schaden kommen, sym-
bolisch darstellt. In etlichen Jahrzehnten wird man dies als einen
interessanten Dokumentationsfilm bezeichnen. Auch der ORF soll
sich an diesem Film wesentlich beteiligt haben. Ich bin neugierig,
wann er ihn abstrahlt, wie die Öffentlichkeit darauf reagieren
wird.
Was mir in den letzten Tagen aufgefallen ist, dass andere
Ministerien über wesentlich höhere Beträge verfügen, die sie
für die verschiedensten Aufwendungen, seien es z.B. Computer-
anschaffungen, Subventionen für Filme usw. ausgeben können. Nicht
dass ich sie um diese Beträge beneide, ganz im Gegenteil, ich bin
sehr froh, dass wir nicht in dieser Situation sind. Ich muss aber
doch feststellen, dass wahrscheinlich hier noch grosse Einspa-
rungsmöglichkeiten wären. Der Finanzminister kann eben über die Budget-
ansätze und selbst über das monatliche Präalabel nicht eine wirkli-
che restriktive Budgetpolitik erreichen. Wahrscheinlich gibt seine
Bürokratie für ihre Bedürfniss ebenfalls Geld aus und zwar in
einem Ausmass, das auch nicht im Verhältnis zu den Sparerlässen
resp. zu den Sparabsichten des Finanzministers passt. Wenn man
bedenkt, dass auch andererseits in unserem Ministerium viel Geld
danebengeht, ich denke hier z.B. an die Studien, so summiert
sich das ganze zu einem ganz erklecklichen Betrag. Darüber hinaus
stelle ich immer wieder fest, dass einzelne Stellen oder Behörden
sich gegenseitige subventionieren oder Aufträge zuschanzen.
Dies dann auf die Kammern und Interessensvertretungen ausgedehnt,
ergibt ein ganz nettes System. Wir fördern das Wifi, das Wifi
fördert die Hotelfachschule, die Hotelfachschule kann es sich
leisten, 8 Professoren mit der Aufgabe zu betrauen, Unterrichts-
material herzustellen. Diese Ausgabe, die in Wirklichkeit meiner
Meinung nach dem Unterrichtsministerium zustände, erspart dem
Unterrichtsministerium vielleicht Kosten, vielleicht allerdings
ist diese Schule aber so aufwendig, daß man in Wirklichkeit sie
rationeller im Rahmen eines Schulverbandes führen könnte, wenn
alles das richtig organisiert und zentralisiert wäre. Dies gilt nicht
nur für die Schulen der Wifis und der Handelskammer, sondern sicher-
lich auch für die Schule z.B. der Arbeiterkammer. Die Vielfalt von
Aktivitäten vor allem aber die finanzielle Unterstützung dieser
Aktivitäten ergibt in Summe gesehen, eine meiner Meinung nach rie-
sige Belastung der gesamten Volkswirtschaft. Nicht dass ich auf
dem Standpunkt stehe, dass eine Zentralisierung wesentlich billiger
wäre. Zweckmässiger glaube ich könnte man sie aber auf alle Fälle
einrichten.
Tagesprogramm, 19.1.1973