Mittwoch, 24. Jänner 1973
Im Klub berichtet Gratz, dass die 120 Gesetze, die unerledigt sind,
wie die ÖVP zum Jahreswechsel mitteilte, 16 heute erledigt werden.
28 sind Initiativen von der VP, wo natürlich niemand wirklich INter-
esse daran hat, dass sie schnell zu behandeln sind, wenn sie überhaupt
behandelt werden. 22 sind internationale Abkommen und Protokoll,
17 sind Berichte und 19 sind in Unterausschüsssen, wo bereits Bespre-
chungen über das Gesetz stattfinden. nur 18 sind tatsähclich dann
letztlich offen, die auf den Tagesordnungen im Feber erledigt werden.
_Allerdings sagt er jetzt, dass er jetzt gleichzeitig ein ganz neues
Paket von GEsetzen, die die Regierung in der Zwischenzeit beschlossen
hat, dem Haus vorgelegt werden. Er berichtet dann auch, da Kreisky
nicht kommen konnte, über die Absichten der einzelnen Regierungsmit-
glieder. Beim Handelsministerium erwähnt er die Berggesetz-Novelle
das Patentgesetz und ein Filmförderungsgesetz. Ebenso ein Filmförde-
rungsgesetz beim Unterrichtsminister. Vielleicht wäre es sinnvoll
noch einmal einen Filmgesetzentwurf, der mit dem Unterrichtsministeriums
abgesprochen ist, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass wir zwei
GEsetzentwürfe tatsächlich ins Parlament schicken, in die BEgutachtung
zu schicken, oder – was noch zielführender wäre – den anderen Mini-
stern zur Kenntnis zu bringen. IN diesem Fall hätten wir Aktivitäten
entiwckelt, ohne dass wir in die Gefahr kommen, ein GEsetz im National-
rat einzubringen, ohne dass wir vom Finanzminister eine Zusage haben,
dass tatsächlich dann die notwendigen Mitteln zr Verfügung stehen
werden.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte kläre vor allem mit dem Unterrichtsministe-
rium, wie unser gemeinsamer Entwurf dann wirk-
lich ausschauen soll.
Da der UA-Vorbesprechung für den Handelsausschuss entfiel, weil nur
von Lanc ein Abänderungsantrag vorlag, er möchte gerne, dass das
Problem der Bank, die in den Städten abgestellt werden, gelöst wird,
fand dann eine BEsprechung zwischen Mühlbacher, Swoboda, Jagoda und
mir über die Gew.O-Wünsche der FWV statt. Teilweise haben Gruppen
des FWV wie z.B. die Lebensmittelkleinhändler Forderungen erhoben,
die im Gesetzentwurf schon berücksichtigt sind, wie z.B. dass sie auch
Obst und Gemüsesäfte pressen dürfen. Teilweis haben sie aber Vorschläge
die liberaler sind und die ich naütlruch sofort erklärt habe, dass
wir aufnehmen werden. Z.B. wünschen sie auch, dass sie Kaffee ausschenke
dürfne, so wie die Zuckerbäcker und Bäcker. Ausserdem wollen die
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Süsswarenkleinhändler dieselbe Nebenrechte, wie sie die Zucker-
bäcker haben. Bezüglich die Abstimmung zwischen Baumeister, Zivil-
techniker und tchn. Büros ist innerhalb des FWV auch keine einheit-
lcihe Auffassung. Interessane haben eigentlich die FVW stark organi-
sierten Pflasterer von Wien, dass sie wieder ein Handwerk werden und
nicht ein gebundenes Gewerbe, wie im ENtwurf vorgesehen. Die Schuh-
macher, die zweite starke Gruppe will, dass die Schuhhändler nicht
Reparaturen durchführen dürfen. Mühlbacher hat die Sorge, dass wenn
wir nicht irgendwie zum Ausdruck bringen, dass der Freie Wirtschafts-
verband sich für diese Gruppen einsetzt, dann vielleicht doch der Unter-
ausschuss irgendwelchen Wünschen der Handelskammer nachgiubt und
der Wirtschaftsbund würde dann sagen, dass er alles erreicht aht.
Wir vereinbaren deshalb, dass auf Grund der heutigen Aussprache
der FWV usn ganz offiziell ein Schreiben schickt, wo er die WÜnsche
seiner Gruppen mitteilt, obwohl Mühlbacher weiss, dass keinesfalls alle
berücksichtigt werden können, insbesondere dort, wo es sich um Ein-
schränkungen der liberalen Auffassung des Entwurfes hadnelt. Z.B.
möchten die Kleidermacher, dass ihnen vorbehalten ist, alle Leder-
arbeiten, wie Jacken, Kostüme und so weiter, allein zu machen.
Die Säckler dürften dann nur Lederhosen erzeugen.
Mühlbacher teilt mir auch mit, dass er mit Sallinger über seine Koop-
tierung in das Präsidium verhandelt hat und Sallinger jetzt diese
Forderung seinen Landesobmännern des Wirtschaftsbundes mitteilen
wird und sich dafür auch einsetzt. Sallinger hat nur gegenüber Mühlbacher
erwähnt, dass er über die Angriffe von ihm gegen die Handelskammer-
Organisation im Nationalrat ein bisschen verärgert war, weil er erklärte
das wird Schwierigkeiten bei seinen Wirtschaftsbundkollegen machen.
Aus diesen Äusserungen konnte ich entnehmen, dass Sallinger grössten
Wert darauf legt, eben nicht seine Organisation im den politischen
Tagesstreit hineinziehen zu lassen. Dies kan er umso besser erreichen,
wenn er durch Kooptierung von Mühlbacher ihn mit Beschlüssen in der
Handelskammer, nachdem er ja sicherlich dann entweder zustimmt oder
ablehnt und Kostroun hat natürlich immerzugestimmt, und Mühlbacher
bich ich überzeugt davon, wird auch bei allen vernünftingen Vorschlägen
zustimmen, Mühlbacher eben dann tatsächlich bindet.
Bei der wirtschaftspolitischen Aussrpache hat das erste Mal Seidel
anstelle von Nemschak referiert. Während Nemschak immer ein vorbereitere
Statement als Grundlage seiner Auführungen machte, hat Seidel, wie ich
erfahren konnte, nachmittag noch nicht gewusst, was er eigentlich er-
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zählen soll und dann sehr gut imrpovisiert. Die Wirtschaftslage ist
äuesserst günstig, er nimmt nur an, dass das Preisniveau doch im
Jahre 1973 mindestens 8 % steigen wird. Für Jänner prognostiziert
er sogar bis 8,5 % Indexsteigerungen. Ich glaube, dass die Jännerzahl
falsch und zu hoch gegriffen ist, ich nehme an, dass es nicht einmal
8 % werden, doch kann man natürlich solange die Ziffern nicht vorlie-
gengen, kaum etwas sagen. Auch Androsch improvisierte bei seinen Er-
klärungen, nur Schmitz, der eigentlich seine letzte Erklärung abgab,
dies aber gar nicht erwähnte, hatte sich, so wie immer , vorbereitet.
In der anschliessenden Diskussion hat dann Mussil, wie er mir auch schon
bei einem Jour Fixe angekündigt hat, darauf hingewiesen, dass die Preis-
erhebungen der Organe auf unsere Soll-Preise falsch sind, da sie nicht
dme Gesetz entsprechend mit 1. Jänner erhoben wurden sondern eben auf
Oktober Erhebungen schon zurückgehen. Ich versicherte ihm darauf, dass
diese Erhebungen nur dazu dienten, um eben Richtwerte resp. Unterlagen
den Erhebungsorganen zur VErfügung zu stellen und dass wenn es zu
Strafanzeigen kommt, natürlich dann der Jänner-Preis und deren Ent-
lastung genau festgelegt werden muss. In Wirklichkeit komme ich immer
mehr drauf, dass der Handelskammer es deshalb so unangenehm ist,
unsere Organisation, weil auf GRund der Soll-Preise und der Teil-
information des ERhebungsorganes sehr wohl Firmen, die eben schelcht
entlastet haben, sofort beim ERscheinen des Organes bereit sind,
ihre Preise zu reduzieren. Ich gebe sogar zu, dass vereinzelt Fälle
vorkommen, wo Firmen ganz einfach ohne eigentlich diese Etnlastung
in dem starken Ausmass durchführen zu müssen, bereit sind, ihre
Preise, damit sie mit demOrgan nicht in Konflikt kommen, abzusetzen.
Andererseits habe ich nach der Sitzung sowohl den Klose als auch
Hecke vorgeworfen, weil sie sich bei mir bschwert haben, dass die
Firmen unter einem gewissen DRuck gestellt werden, dass
VEreinbarungen der Paritätischen Kommission nicht im Protokoll
festgehalten wurden und deshalb bei uns die Entlastungsberechnung
falsch durchgeführt wird. Es handelt sich dabei um Suchard-Schokolade
Maresi-Milch, Manner-Schnitte und die Friseurpreise. Altenburger hat
in der Diskussion ganz hart Kreisky attackiert, dass seine statistische
Zentralamt die Wünsche des Bundeskanzlers, eine Änderung des Indexes
so schnell wie möglich vorzunehmen, negiert und erklärt, dass dies
erst in eine paar Jahren der Fall sein kann. Hier hat Androsch mit
Recht repliziert, dass eine sofortige Änderung d.h. die Index-Neuge-
staltung als kosmetische Operation betrachtet werden würde und die
Gefahr bestände, dass man sofort von einer Manipulation spricht.
Gerade in einer kritischen Preisphase sollte man deshalb zuwarten.
Bis eben die normalen 10-jährigen Änderungen fällig sind. Nach
Auffassung Androsch wird dies erst im Jänner 1975 der Fall sein.
Die normale Paritätische Kommission und deren Tagesordnung ging
glatt über die Bühne, Dies nicht zuletzt deshalb,weil für 18 Uhr berei
der Empfang des NR-Präsidenten angesagt war und viele daran teilnehmen
wollten.
Da Präs. Hrdlitschka das erste Mal wieder an einer Sitzung teilnahme,
hatte ich ihm gleich bei der BEgrüssung mitgeteilt, dass ich sehr
gerne in den nächsten Tagen mit ihm sprechen möchte. Er schlug vor,
unmittelbar an die Sitzung – und hat dann Zöllner dazugerufen – Die
Arbeiterkammer selbst hat jetzt ein Problem mit Häuser wie die
Erhöhung der Höchstgrenze für die AK-Umlage erreicht werden sollte.
Häuser selbst möchte in Etappen, die AK-Höchstgrenze der in der
Krankenversicherung anpassen und womöglich dynamisieren. Hrdlitschka
befürchtet, dass diesim Herbst wieder nicht der Fall sein könnte,
so wie im Vorjahr auch die AK nicht mit der Krankenversicherung mit-
gezogen wurde. Nachdem Benya een als Kompromiss erklärt hatte, dass
eben nur die Krankenversicherung erhöht werden sollte. Einer Dyna-
misierung würden nach Auffassung von Hrdlitschka der ÖAAB niemals
zustimmen, der einen Grundsatzbeschluss diesbzeüglich gefasst hat.
Ich berichtete Hrdlitschka dann über die Sitzungen, wo er nicht an-
wesend war und habe ihm neuerdings versichert, dass ich natürlich jede
zeit bereit bin, sowohl in dem Vorstandsfraktion der AK als auch vor
allem zu ihm persönlich zu kommen, wenn er das BEdürfnis hat. Die
Differenzen bezüglich des Instituts, dass er einmal dort eine Aus-
sprache resp. den Saal gebraucht hätte und Eder unglückseelig erklärt
hätte, dies sei nicht möglich, hat er gar nicht als das empfunden,
was scheinbar Stecewics überall erklärte und herumerzöhlte. Bezüg-
lich der Reorganistion der Konsumenteninformation ist er nicht bereit,
eine endgültige Entscheidung zu treffen. Wenn der ÖGB eine Änderung
will, dann soll er eine solche vorschlagen, Zöllner wies darauf hin,
dass dann natürlich auch die Frage in der Arbeiterkammer selbst unbedin
gelöst werden muss. Ich selbst versicherte Hrdlitschka, dass ich jedes
Arrangement akzeptiere und mich natürlich in die Details nicht einmi-
schen kann, da ich ja in der Arbeiterkammer keine wie immer geartete
Funktion mehr ausübe. Aus der DIskussion habe ich den Eindruck,
dass er in Wirklichkeit noch einmal Reichard eine Chance geben will,
weil er auf dem STandpunkt steht, dass ihm niemaand noch dezidiert
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erklärt hat, dass er das und das machen muss und das und das
eben unterlassen soll. Hrdlitschka stellt sich vor, dass man ihm
ein halbes Jahr noch konzesideren müsste. In diesem Fall habe
ich, nachdem wir ja auch froh wären, wenn dieses Problem nicth
aprubt gelöst werden muss, vorgeschlagen, dass er doch mit Hofstetter
zu einem Arrangement kommen müsste. Ob eine solche Aussprache er
will resp. führt, kann ich derzeit noch nicht beurteilen.
Mit Firnberg, Grimburg und ihrem Sekretär habe ich noch einmal
über das Problem der Siemens-Computer gesprochen. Grimburg er-
klärt, dass sie sehr wohl das Problem Siemens kennen, aber auf d
dem Standpunkt stehen, dass sie mit der Ausschreibung schon so jetzt
festgelegt sind, dass sie sie nicht berücksichtigen können. Firnberg
wies darauf hin, dass sie bevor diese Ausschreibung von Grimburg
veranlasst wurde, sie immer wieder auf das Siemens-Problem auch gegen-
über Grimburg hingewiesen hat. Jetzt selbst sei der Karren bereits
endgültig festgelegt, und der WEg markiert. Mein Vorschlag,
zu erklären, dass alle Anbote zu teuer sind und eine beschränkte
Ausschreibung kann man nicht sagen, aber Offertlegung mit einem
gewissen Höchstlimit den Firmen mitzuteilen, wird nicht akzeptiert
werden. Grimburg und auch der Sekretär von Firnberg wies ganz be-
sonders darauf hin und Firnberg bestätigte diese Auffassung, dass
das grösste Präjudiz durch die BEstellung von Finanzverwaltung
bei IBM, d.h. auch bei amerikanischen Firmen vorliegt. Dort hätte
man sich von Seiten des Siemens-Konzernes viel mehr kümmern müssen,
damit auchsie berücksichtigt werden. ICh glaube, dass mit der Aus-
rede eines Ministeriums auf das andere dem Problem nicht nähergerückt
wird sondern nur ein gewisses Alibi verschafft wird. Ich zweifle nicht
dass Siemens und Philips so wie die franz. Firma wenn sie den Europa-
Computer entwickeln, gewisse Startbedingungen brauchen und wahrschein-
lich erst in eh paar Jahren wirklich konkurrenzfähige Modelle auf
den Markt bringen werden. Anderesits aber kann ich mir wieder
nicht vorstellen, dass für die Wissenschaft wirklich ein so schneller
Computer wie Controlldater ihn vorlegt, dringend jetzt bereits not-
wenig ist. Der Vorwurf um Firnberg, warum ich mich nicht bereits
für Siemens eingeschaltet habe, als die VErhandlungen mit dem Finanz-
ministerium und IBM geführt wurden, konnteich leicht erwidern, dass
ich davon im DEtail überhaupt- nichts gewusst habe und Siemens sich
in diesem Fall auch nicht an mich als Handelsminister gewendet hat.
Beim NR-Präsidenten-Empfang hat Bauer und Feichtinger mir versichert,
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dass sie jetzt immer wieder wegen Energie-Konzepten angesprochen
werden und Bauer selbst erklärt mir, dass ich zwei Jahre ein solches
von ihnen schon verlangt habe.
Koller von der VÖEST hat bei mir erfragt, ob er zu dem kleinen Abend-
essen mit Patolitschew zugezogen wird. Koller hat allerdings
angenommen, dass auch die ÖMV Gen.Dir. Bauer anwesend sein wird. Ich
habe Koller mitgeteilt, dass ich zuerst abwarten muss, wen Patolitschew
aller mitnehmne wird, ich selbst aber würde vorziehen, dass das in
klienstem Kreis geschehen soll. Koller meinte, wenn die ÖMV nicht dabei
ist, dann selbstverständlich legt er auch keinen besonderen Wert
darauf.
Mit Fabricius von der Alpine, der auch gleichzeitig für die Austro-
Mineral verantwrtlich ist, vereinbarte ich, dass Verhandlungen mit
der Österr.-amerik. Magnesit wegen des Bergwerkes in Tux die Voraus-
setzungen sind, damit eine solche Auffanggesellschaft gegründet
werdne könnte. Ob die ÖAMAG tatsächlich um 15 Mill. das WErk der
Auffanggesellschaft abtritt, bezweifelt auch Fabricius. Die Grundwerte
machen ein Vielfaches dieses Betrages aus. Die Austro-Mineral würde
für die Explorationsuntersuchungen nur 2,5 Mill. S vom Bund benötigen.
Fabricius meint, dass vielleicht doch Scheelit-Vorkommen wären, weist
aber gleichzeitig darauf hin, dass in Mittersil ein wesentlich grössere
Lager vemrutet wird, das sie gemeinsam jetzt mit Deutschen ausbeuten
möchten. Geklärt müsste aber werden, on in Treibach dann Scheelit auch
tatsächlich verarbietet werden kann. Derzeit wird der Rohstoff aus China
importiert.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte, ohne dass die Quellle genannt wird,
versuchen zu erfahrne, was eigentlich die OB von
diesem ganzen Problem weiss.
Der Konsumverband ht einen internationalen Kongress und möchte im
Juni, dass die Gemeinde Wien diesem einen Empfang gibt. Er wurde auch
bereits zugesagt, doch stellt sich nun heraus, dass die Gemeinde den
Concordia-Ball hat und deshalb keiensfalls diesen Kongress empfangen kan
deshalb hat Rosenberg mich ersucht, ob ich bereit bin, die Delegierten
zu empfangen, Ich selbst habe sofortzugesagt unter der BEdingungen,
dass der Konsumverband ie Kosten übernimmt. Mit NR Haberl, dem
Obmann des VErbandes habe ich dann dieses Problemdurchbepsorhcne und
erfahren, dass zu diesem ZEitpunkt angeblich kein passenden Lokal frei
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ist. Haberl selbst wird sich denV0rschlag von mir noch überlegen
und mir zeitgerecht Bescheid sagen.
Tagesprogramm, 24.1.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)