Donnerstag, 15. Feber 1973
Im Parlament bespreche ich mit Firnberg die Errichtung eines
humanökologischen Institutes. Firnberg lehnt ab, daß dazu das
Institut in der Kunsthochschule herangezogen wird. Sie meint,
daß Ursprunger seinerzeit dort studiert hat und jetzt sogar dort
noch lehrt und deshalb diese Hochschule herangezogen werden soll.
Sie selbst meint, daß dafür die Technik viel besser geeignet ist.
Wir haben dort auch mehrere Professoren unter anderem Frisch,
Matzner, Wurzner. Sie schlägt vor, daß zwischen dem Handels-
ministerium und dem Wissenschaftsministerium eine kleine Arbeits-
gruppe das Problem genau studieren soll und uns dann entsprechende
Vorschläge erstattet.
Anmerkung für WANKE
Bitte die entsprechenden Verhandlungen einleiten.
Mit Aussenminister Kirchschläger erörtere ich das Stocken der
Verhandlungen mit Bulgarien. Kirchschläger teilt voll meine Meinung,
daß es sinnlos wäre, aus aussenpolitischen Gründen die Bulgaren
in Ungarn zu lassen, da sie keinen besseren Vertrag erreichen
können als die Udssr und die anderen Oststaaten. Meiner Auffassung
nach ist es besser, unmittelbar jetzt bereits diesen österreichischen
Standpunkt den Bulgaren mitzuteilen, Die Hoffnung der Bulgaren, daß
sie auf Grund der seinerzeitigen Zusagen und des Papiers, welches
Fälbl bezüglich der Meistbegünstigung ihnen übergeben hat, als ein
Vertrag gewertet auch jetzt in dem neuen Vertrag aufgenommen werden
soll, ist eine Illussion. Fälbl war damals dazu nicht berechtigt
trotzdem glaubt Kirchschläger, daß die Bulgaren annehmen, sie hätten
eine rechtsgültige Zusage erhalten. Wie immer dies auch sei, im
neuen Vertrag käme eine Besserstellung Bulgariens gegenüber den Ost-
staaten nicht in Frage.
Anmerkung für WANKE
Bitte Fälbl von dieser Entscheidung des Aussenministers und mir
sofort unterrichten.
Vor der Sitzung der Industriellenvereinigung habe ich noch Ge-
legenheit, mit Gen. Wick von der österr.-amerik. Magnesitindustrie
wegen Hintertux zu sprechen. Wick ist der festen Überzeugung, daß
kein Magnesit mehr in dieser Gegend vorhanden ist. Er meint, wenn
dort noch 1 kg Hoffnungsbau wäre, würde er die eigenen Firma unter
allen Umständen weiter betreiben. Bezüglich des Gelitvorkommens ist
er sehr skeotisch und meint, daß auch dieser Rohstoff von der neu-
zu gründenden Firma dann der österr.-amerik. Magnesit-AG geliefert
werden müßte. Er ist fest entschlossen den Betrieb sobald als möglich
zu verkaufen, denkt allerdings nur an eine andere Branche. Meine
Frage, ob er gegebenenfalls bereit wäre, der Auffanggesellschaft
zu denselben Bedingungen, d.h. zu den Buchwerten, den Betrieb zu
überlassen, weicht er insoferne aus als er erklärte, über dieses
Problem möchte er sehr gerne mit mir sprechen. Ich habe Nationalrat
Wille erklärt, daß wenn Tirol zustimmt, daß Bassetti und Salcher mit
mir in Verhandlungen mit der amerik. Magnesit-AG eintritt, ich auch
die Gewerkschaft verständigen werde. Wille möchte dieses Problem
weitertreiben und hat deshalb an den Landeshauptmann von Tirol ein
dringendes Telegramm gerichtet wo er frägt, warum er noch immer
nicht die Verhandlungsvertreter Tirols für eventuelle Übertragung
Hintertux an eine andere Firma nominiert . Wille steht auf dem
Standpunkt, ohne daß eigentlich ein Auftrag vorlag, die theologische
Bundesanstalt Untersuchungen angestellt hat und Vorkommen in Hinter-
tux vermutet, andererseits auch Austro-Mineral jetzt einen ent-
sprechenden Plan zur Exporation des Gebietes entwickelthat. Offen
bleibt nur, ob die amerikanische Magnesit AG bereit ist den Betrieb
tatsächlich einem Konkurrenzunternehmen zu verkaufen. Außerdem
die finanzielle Beteiligung und vor allem die entsprechende bewußte
Inkaufnahme von Defizit bei den UntersuchungenDefizit bei den Unter-
suchungen. Mit den präliminierten 5 Mio wird man garantiert nicht
das Auslangen finden.
Pschorn hat für mich entsprechende statistische Auswertungen vor-
zubereiten gehabt. Zu meiner größten Verwunderung habe ich zwar
die gewünschten Ziffern nicht erhalten, aber ganz interessante
neue Gesichtspunkte der österreichischen Aussenhandelsstatistik
Ich glaube, daß es in Hinkufnt besser sein wird die beiden Sta-
tistiker zu Besprechungen einzuladen, damit ich immer das System
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einer vorbereiteten und ausgearbeiteten Statistik, wie sie ein
Politiker braucht, erörtere. Pschorn hat in dieser Hinsicht schon
einiges gelernt. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich, daß er als sein
Hobby sich ungeheure Spezialkenntnisse vom Burgenland erworben hat.
Ich habe anschließend mit Unterrichtsminister Sinowatz über dieses
Problem sehr eingehend gesprochen und er hat mir versprochen, er
wird sich überlegen, wie man Pschorn als Burgenlandkennern, sei es
zu Exkursionen, sei es zu entsprechenden Vorträgen heranziehen kann.
Pschorn hat nämlich den Wunsch geäußert, sein Hobby einer größeren
Gruppe zugänglich zu machen, ohne daß er dafür finanzielle Ent-
schädigungen verlangt hätte.
Die Veranstaltung bei der Industriellenvereinigung war eine gmaade
Wiesn, wie man in Wien sagen würde. Ich habe doch von MinRat Gröger
sehr wertvolles Material bekommen. Ursprünglich hat Koppe angenommen,
daß Ergänzungen von ihm und dieses Material Grögers von mir durchge-
arbeitet werden soll und dann daraus eine Rede in Großbuchstaben,
damit ichs leichter lese, konzipiert werden sollte. In Wirklichkeit
komme ich aber mit den Unterlagenmaterial, wie es jetzt aufgearbeitet
wird, am besten aus. Wie Koppe nur richtig bemerkte, habe ich dann in
der Konzeption doch einige Gesichtspunkte vergessen. Da ich aber
sehr reichliches Material gehabt habe, ist das sicherlich im Vor-
trag gar nicht so sehr vermißt worden. Koppe nimmt immer, und das
vielleicht sogar mit Recht an, daß ich alles im Kopf habe und
eigentlich nur entsprechendes Gerüst brauche. Dies ist richtig, doch
möchte ich sehr gerne einzelne Schlagworte als Erinnerungsvermekr
doch aufgeschrieben haben. Vor allem aber brauche ich noch besser
aufbereitete statistische Ziffern. Industriellenvereinigung hat
mit die Chance gegeben, bereits das 2. Mal bei ihrer Hauptversammlung
ein Referat zu halten. Eine Diskussion die ich sehr gerne g daran
angeschlossen hätte war nicht möglich, da ich zur Abstimmung ins
Parlament mußte. Was mir aber geglückt ist, daß weil eine Diskussion
auch von vornherein durch die Leitung d.h. den Vorstand nicht beab-
sichtigt war mir die Möglichkeit zu geben, bei der nächsten Vorstands-
sitzung im kleinen Kreise mit der Industriellenvereinigung und deren
Vertretern zu diskutieren. Damit ist es mir geglückt, wenigstens bei
einer Interessensvertretung der Unternehmer einen Einbruch zu er-
ziehlen. Die Handelskammer hat mir bis jetzt noch niemals eine
solche Chance geboten.
Heute mittags im Institut war ich das erste Mal richtig erschüttert.
Zöllner und Wehsely von der Arbeiterkammer sowie Erich Schmidt von
dem ÖGB haben mit ORat Marsch über eine zweckmäßige Abwicklung der
individuellen Entlastungssätzeanträge gesprochen. Dabei dürfte es,
bevor ich gekommen bin schon zu einer heftigen Diskussion gekommen
sein. Marsch hat das Gefühl, daß man von ihm nur immer Arbeit ver-
langt, die d er mit seinem Apparat nicht schaffen kann. Diese de-
pressive Stimmung ist dann vollkommen zum Durchbruch gekommen als
er erklärte er hätte das Gefühl man wollte ihm physisch und psychisch
ruinieren. Er weiß sehr genau, daß man ihm eigentlich jetzt nicht
nur die Abteilung zusammenschlagen will, sondern daß man auch größte
Anstrengungen macht, um ihn unmöglich zu machen. Er könnte noch
immer ins Innenministerium zurückgegehen wenn man ihn weiter so
behandelt. Ich versuchte ihm auseinanderzusetzen, daß doch gar
kein Grund da ist, daß er zu so pessimistischer Auffassung kommt.
In Wirklichkeit sind wir alle überarbeitet und dadurch sehr ge-
reizt und vielleicht ist dies dafür die Erklärung, daß er oft den
Eindruck hat, ein anderer möchte ihm nicht helfen, sondern nur
Schwierigkeiten bereiten. Ich gebe unumwunden zu, daß er mit
dieser Arbeit überfordert ist. Die Möglichkeit in so kurzer Zeit
eine Abteilung aufzubauen und dann nicht nur zu führen, sondern
auch daministrativ und konziptiv neu zu gestalten, hat ihn doch
überfordert. Da die Entlastungsfrage nur mehr einige Monate
dauern kann, müssen wir versuchen, ihm die entsprechenden Personen
zur Abwicklung seiner tausenden Anträge zur Verfügung zu stellen.
Anmerkung für HEINDL
Bitte die Personalfrage dringendst einer positiven Regelung
zuzusführen. Wenn jemand so explodiert, muß er sich in einer furcht-
baren psychischen Verfassung befinden.
Tagesprogramm, 15.2.1973