Dienstag, 20. Feber 1973
Die Sektionsgruppe für die Gewerbeordnung suchte für die
strittigen § die vom Unterausschuß beanstandet wurden,
eine Formulierung zu finden. Als man mich über die Vorgangs-
weise informieren wollten und vor allem den Mitgliedern
von der Handelskammer Dr. Christian und Dr. Koupa von der FPÖ
Dr. Orator, von der SPÖ stellvertreter des Städtebundes von
der Wiener Landesregierung sowie die Beamten des Hauses von
der Landwirtschaftskammer Dr. Nassauer war diesmal abwesend,
jetzt mit den Vertretern der Parteien auseinander, daß wir
so schnell wie möglich eine endgültige Formulierung finden
müssen. Frage, wie werden die Ergebnisse präsentiert? Esr-
klärte er für sekundär. Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß
wenn einvernehmliche Lösungen gefunden, dann im Unterausschuß
zur Kenntnis gebracht werden. Auf alle Fälle entspannte sich
darüber die Frage der Abgrenzung zu den freien Berufen oder
Industriebetrieb neuerliche stundenlange Debatten. Die Kompro-
mißlösungen die gefunden wurden haben dann doch letzten Endes
auch dazu geführt, daß die einzelnen erklärten, zunächst mit
ihren Parteien reden, ob diese akzeptiert werden können. Es
zeigt sich, daß sich die Verhandlungen sehr ziehen. Dr. Christian
meinte zwar, daß er überzeugt ist, daß wir heuer noch die Ge-
werbeordnung im Parlament beschließen können, da bei den Anfangs-
paragraphen sich große Schwierigkeiten entstehen. Ich teile
diese Meinung nicht, ich bin überzeugt davon, daß auch wenn
der Wirtschaftsbund und der Bauernbund sich über die Fragen
der landwirtschaftlichen Genossenschaften geeinigt hat, es
dann doch sehr lange dauern wird, bis wird zu einer endgültigen
Beschlußfassung kommen können. Die ÖVP versucht, durch einen
paktierte Lösung die anderen Wünsche, wie die Genossenschafts-
gesetznovelle und vor allem steuerliche Begünstigung eine
akzeptable Lösung durchzuziehen. In der letzten Phase wird es
also ganz harte Verhandlungen geben, die allerdings nicht bei
mir im Handelsausschuß geführt werden, wohl aber dort die
Arbeit blockieren werden.
Im Ministerrat hat Kreisky der Delegierung eines Beamten des
Verkehrsministeriums zu seiner Dienstreise festgehalten, daß die Ab-
sicht dieser Reise von der Firma bezahlen zu lassen, von ihm
entschieden abgelehnt wird. Diese Dienstreise wird nach Amerika
geführt von der Firma Doppelmayr, um festzustellen, wie
die Sessellifte, Seilbahnen in Amerika gebaut werden. Kreisky
befürchtet, daß der Beamte, wenn er nachher die entsprechenden
Kommissionierungen in Österreich durchzuführen hat, nicht ob-
jektiv sein kann und ist, wenn ihm jetzt die Reise von der
Firma bezahlt wird. Er wird deshalb Frühbauer tatsächlich
diese Reise aus seinem Budget bezahlen. Da ich Kreisky nicht
im unklaren lassen wollte, daß hier bei uns die Kommissionierungen
von Autozulassungen in die Lieferwerke durchführen, aber auf
Kosten der Firmen, hatte ich ihm diese Tatsache neurdings mit-
geteilt. Kreisky empfahl unter allen Umständen darauf zu ver-
zichten, daß die Firmen diese Kosten übernehmen, sondern daß
selbstverständlich Beamte nur auf Kosten des Bundes fahren
können.
Anmerkung für HEINDL
Bitte die Protokollierung der Ministerratssitzung zu diesem
Punkt genau beaschten.
Kreisky hatte bereits angekündigt,daß die ORF-Reformkommission
im Ministerrat bescließen lassen wird. Er hatte ein Papiaer vor-
gelegt bekommen, daß ihm allerdings nicht zusagte. Er änderte
deshalb den Inhalt während seines Referates wesentlich ab.
Für mich war dies ein deutliches Zeichen, da Reiter in Urlaub
ist, daß die Firmulierung scheinbar Mussi ausgearbeitet hat
und dabei nicht seine Zustimmung fand. Seine Konzeption ist,
daß in dieser Kommission kein Vertreter der poltiischen Parteien
sein sollen, da die Kommission gutachtlich beraten soll. Beamte,
die reingeschickt werden, sind ausdrücklich nlcht weisungsge-
bunden. Seine Idee ist, die Gesellschafter-Versammlung wesent-
lich zu verändern. In Hinkunft soll der Bund nur mehr 51 %
die Länder 29 % und 20 % also jeweils 5 % = 11 Mio.
sollen die vier Sozialpartner bekommen. Welche Sozialpartner
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das nicht will, dessen Anteil soll zwischen Bund und Länder
aufgeteilt werden. Aufgabe der Geselschaft der Versammlung
soll es werden, die Tarife die der Aufsichtsrat genehmigen
soll, letzten Endes zu beschließen. Damit hofft Kreisky, kommt
er über das Problem hinweg, die Paritätische Kommission im
Gesetz zu nennen. Wenn nämlich in der Gesellschaft der Ver-
sammlung die Sozialpartner übereinkommen, daß sie die Tarif-
erhöhung zustimmen ist es erledigt, wenn nicht, dann können
sich ja immer noch an die Paritätische Kommission abtreten.
Ich weiß nicht ob Benya mit dieser Lösung einverstanden ist.
Er steht nämlich auf dem Standpunkt, daß unter allen Umständen
im Gesetz schon reguliert werden soll, daß letzten Endes doch
die Paritätische Kommission befragt werden muß, sowie auch
dies die anderen Unternehmer zu tun haben. der
Gesellschaft der Versammlung soll gleichzeitig auch mit 2/3
Mehrheit die Intendanten bestellt werden. Durch die qualifizierte
Mehrheit würde verhindern, daß eine Partei, die die Mehrheit
an den Bundesanteil vertritt, eine politische Lösung erzwingen
kann. Die Intendanten, er stellt sich auch vor, daß die ein-
zelnen Fernseh- und Rundfunkintendanten unabhängiger sein sollen
und von der Generalversammlung bestellt werden. Dadurch eine
große Unabhängigkeit erhalten würden. Die Zeitungen, die durch
Rundfunkvolksbegehren agiert hatten, haben beschlossen, dieser
Reformkommission nicht teilzunehmen und angeblich sogar ihren
Redakteuren verboten. Trotzdem haben einige sich bereit erklärt
mitzuarbeiten. Vom Profil Trautl Brandstaller, vom ORF Dillner,
von der UNI Salzburg Prader, vom ORF – christl. Gewerkschafter
Fiedler, vom OTH – Hartner, vom Kurier Hübl. Weiters Redakteur
in der Maur, von der Furche, wenn ich mich nicht täusche,
weiters ein Vertreter der Gewerkschaft Kunst und freie Berufe.
Von dieser Gewerkschaft allerdings sind keine Spitzenfunktionäre
vorgesehen. Von der Presse Jeschko, MR. Dittrich vom Justiz-
ministerium, Menzhold vom Salzburger Volksblatt, Nenning von
der Journalistengewerkschaft, Pahr vom Verfassungsdienst,
Podgorski vom ORF, Riedler von der Neuen Zeit, Schmidt – Be-
triebsrat vom ORF, Skala – ehemaliger Leiter vom 2. Fernsehen,
Trinks von der evangel. Akademie und Ziesel. Als Sekretär der
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Kommission wird Wolgang in der Mauer fungieren. Er möchte
wirklich wissen, wenn ein Minister solche Arbeitsweise ent-
wickelt, ob Kreisky dann auch die Geduld hätte, solange ein
Problem anzuhören. DerArbeitsstil von ihm ist baer in Wirk-
lichkeit durch Diskussion erst sich eine endgültige Meinung
bildet. Deshalb benützt er alle Formen um einen Gedanken immer-
wieder vorzutragen und in den entsprechenden Nuancen in die
Diskussion zu stellen. Meistens aber kommt es weder im Minister-
rat noch im Parteivorstand zu einer wirklichen Diskussion.
Gerade in der Gewerkschaftsfraktion werden ab und zu Anfragen
an ihn gerichtet. Eine souveräne Autroität ist meiner Meinung
nach derzeit vollkommen unbestritten. Ich weiß nicht wie es
in den kleinsten Kreisen ist, wenn er mit Landesobleuten oder
mit Benya selbst über Probleme spricht. Ich kann mir nicht
vorstellen, daß dort ein anderer Arbeitsstil herrscht. In
der letzten Zeit hat er eine interessante Bemerkung gemacht.
Es gibt im Bundeskanzleramt eine Schrift oder vielleicht
sogar ein Buch von Welan und Neisser, beide Mitglie des Brain-
trusts von Klaus, welches über die Stellung des Bundeskanzlers
genau informiert. Als er dies bei der Ministerratsvorbesprechung
erwähnte, habeich sofort erklärt, dieses Buch muß ich mir ver-
schaffen,,damit ich weiß, was ein Bundeskanzler wirklich darf.
Kreisky meinte dann lächerlich, für ihn gilt dies keinesfalls.
Anmerkung für WANKE:
Bitte versuche diese Unterlagen zu bekommen.
In der Sektionsleitersitzung gab insbesondere die Situation
auf dem Budgetsektor bezüglich Reisen und Repräsentationen
eine längere Diskussion. Da ich über den Beschluß des Minister-
rates sofort berichtete, erklärte Ottahal daß es früher nie-
mals üblich, daß auf Kosten der Firma Beamte zur Kommissionierung
z. B. der Autotypen ins Ausland gefahren sind. Ich entschid
deshalb, daß wir auch in Hinkunft diese Kommissionierung in
Österreich vornehmen sollen, damit keine Reisespesen erwachsen.
Bei dieser Gelegenheit hat Heindl darauf hingewiesen, ddaß z. B.
Hauffe und Steiger in einen Aufsichtsrat der Käseexportgesell-
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schaft nach Innsbruck delegiert sind. Sie verrechnen diese
Reise dorthin als Dienstreise, die nachher von der Firma re-
fundiert wird. Die Beamten legen größten Wert darauf, über-
all hin als Dienstreise delegiert zu werden, damit bei ev.
Unfällen sie die entsprechenden personalpolitisch günstigen
Benefizien bekommen. Da ich die beiden nicht in den Käse-
aufsichtsrat geschickt hatte, sie aber von dort nicht abrufen
will, entschied ich, daß dies eine reine private Ange-
legenheit ist, die sie mit der Firma direkt verrechnen müssen.
Schipper wird dieses Problem überprüfen und in die Hand nehmen.
Schipper teilte weiters mit,daß mit der 24. Gehaltsnovelle
große Schwierigkeiten bestehen, da etliche Zulagen, die der-
zeit gegeben werden, vergessen wurden. Außerdem hätten die Be-
amten bereits mit 1. Dezember 1972 die entsprechenden vorge-
sehenen Zulagen der Gehaltsnovelle bekommen sollen.,Bis jetzt
konnte aber mit dem Bundeskanzleramt noch keine endgültige
Formulierung gefunden werden. Ich glaube, daß es höchste Zeit
war, daß Lausecker als Staatssekretär sich dieser Personalange-
legenheiten annimmt. Kreisky war hier wirklich überfordert und
auch Androsch hatte nicht die Zeit, um diese Details, die in
die dutzenden Hunderte und Millionen geht zu überblicken und
allen genau zu kontrollieren. Wahrscheinlich wäre es schon
längst zweckmäßig und notwendig gewesen Lausecker als Staats-
sekretär für Personalfrage ins Bundeskanzleramt zu nehmen.
Bei der Sektionsleiterbesprechung stellte ich auch ausdrücklich
nochmals fest, daß ich nicht bereit bin, Informationen über
etl8che Seiten zu lesen. Da ich aber nicht will, daß man mir
in der Information wurde mir dieses oder jenes Problem darge-
stellt, und da ich diese Information angenommen habe, habe
ich auch die Darstellung akzeptiert und verlangte eine kurze
und prägnante Information von max. 1 – 2 Seiten. Typisch war,
daß auch z. B. der Präsident des Patentamtes Thaler, mir für
den Kongreß eine Information überreichte die etliche Seiten
betrug und dann gleichzeitig vorgeschlagen wurde, ich sollte
nicht nur akzeptieren, daß IBM die elektronische Datenverar-
beitung für die Protokolle und Resolutionen des Kongresses
übernimmt, sondern auch ein Briefentwurf angeschlossen war,
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den ich an Mussil richten sollte. Die Handelskammer hätte
nämlich von den S 600.000,-- Kosten den Restposten von 100.000,-
übernehmen sollen. Ich habe aber nicht die Absicht so vorzu-
gehen. Akzeptiere ich aber die Information, bedeutet dies, daß
ich auch die darin vorgeschlagene Vorgangsweise zur Kenntnis
nehme.
Die Patentgesetznovelle gab es eine Aussprache mit Jagoda,
Gehart, Heindl, Koppe und Wanke. Bei dieser Gelegenheit mußten
auch einige personalpolitische Fragen ernstlich diskutiert
werden. Ich hatte mir eigentlich nie einen Begriff gemacht
wie schwierig personalpolitische Entscheidungen in einem
Ministerium sind durchzusetzen. Neben der sachlichen gibt
es noch politische Gesichtspunkte die man mehr oder minder
berücksichtigen muß oder zumindestens soll. In den vergangenen
Jahren und Monaten da dies viellicht noch leichter, weil wir
keine politischen internen Schwierigkeiten.hatten. Das Haus
war eindeutig von der ÖVP beherrscht und es gab fast keine
Schwierigkeiten für unsere personalpolitischen Maßnahmen
wo wir auf ev. Genossen Rücksicht nehmen mußten. Dies ändert
sich jetzt natürlich mit der Zeit.
Mit den Autofirmen hatte ich mit Hönel und Koppe gemeinsam
entsprechende kurze Verhandlungen. Da ich beabsichtigte von
Firmen doch Einzelinformationen zu bekommen, habe ich nicht
eine gemeinsame Sitzung einberufen, so dern wirklich mit
jeder Firma selbst gesprochen. Sicher ist, daß jede zuwartet,
damit sie nicht die erste für Preiserhöhungen ist. Mercedes
hat die höchste Erhöhung, nämlich 7 % für den 600er sogar
10,5 % Werkspreiserhöhung und dies bereits mit 1. März vom
Stuttgarter Werk endgültig vorgeschrieben bekommen. In der
BRD wurden die Preise wesentlich geringer erhöht. Ich setzte
Prok. Leissing auseinander, daß sie damit die Preis.........
übernehmen und unmittelbar mit mir in Konflikt kommen werden.
Ich glaube überhaupt, daß ich gegen die Autopreiserhöhung
schärfer vorgehen soll.und werde. Hönel, der sich ja in dieser
Materie schön langsam einzuarbeiten beginnt, wird entsprechende
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Briefe an die Mutter-Werke für mich entwerfen. Soweit dies
die einzelnen Vertreter zustimmend zur Kenntnis genommen
haben. Manche waren über diese Taktik erfreut, manche, wie
z. B. der Vertreter von GM erklärte, so eine Vorgangsweise
sei vollkommen sinnlos, da ihre Generaldirektion alle Aus-
landsmärkte gleich behandelt und keine Marktberücksichtigung
von einzelnen Ländern zuläßt. Hinweise, daß wir in Österreich
ein anderes System der Lohn- und Preisbeobachtung oder gar
den Einfluß des Ministers oder der Paritätischen Kommission
haben, bleiben für GM in Deutschland, England oder gar in
Amerika vollkommen uninteressant.
Bei der Sektionsleitersitzung im 3. Bezirk waren einigge Ge-
nossen der Meinung, daß es vollkommen uninteressant ist wie
sich die Presie für Autos entwickeln. Eine ähnliche Stellung-
nahme hat, oder nimmt vielleicht auch noch immer Benya ein.
Ich teile diese Meinung schon deshalb nicht, weil dieselben
Genossen ganz heftige Kritik an die beabsichtigte Parkplatz-
regelung in Wien übten. Dort soll durch entsprechende Ge-
bühren erstens Geld für den Garagenbau verschaftt werden und
gleichzeitig der Parkraum eben nicht für Dauerparker ver-
stellt bleiben. Wenn das Auto also nicht einen entsprechenden
Einfluß hat, dann kann auch das Problem des Parkraumes keine
entsprechende Kritik der Bevölkerung a8slösen. Ganz daa Gegen-
teil ist aber der Fall. Da wir jetzt bereits 1,1 Mio PKW-
Fahrer haben, so heißt dies, daß mindestens 3 Mio. davon be-
troffen sind, mit den Angehörigen und diese natürlich auf alles
was das Auto betrifft, allergisch reagieren. Aus optischen
Gründen muß man deshalb, auch dann wenn er im Lebenshaltungs-
kostenindex nicht die überragende Bedeutung hat, dieser Preis-
entwicklung größtes Augenmerk schenken.
Anmerkung für KOPPE
Bitte eine Propagandakampagne für diesen Sektor genau über-
legen und vorbereiten.
Tagesordnung 60. Ministerratssitzung, 20.2.1973
14_0214_02hs. Notizen (TO MR-Sitzung Rückseite)