Freitag, 9. März 1973
r
Schefzig, ein sehr aktiver Sektionsleiter von der Landstrasse, drängt
dass wir endlich im Bezirk entscheiden, wer bei der Wiener Gemeinde-
ratswahl kanditieren sollte. Wir haben nicht nur den Bezirksvorsteher
sondern auch die Gemeinderäte jetzt bereits zu nominieren. Er bestärkt
mich in der Auffassung, die ich seit längerer ZEit schon vertreten
habe, dass wir keinesfalls zuwarten sollten bis ins Frühjahr 1974.
Mit der Kandidatenaufstellung und der Funktinosvergabe gibt es
nicht nur im Bezirk- sondern sicherlich auch auf Landes- und Bundes-
ebene immer wieder dieselben Probleme. Stellt man die Kandidaten zu
früh auf, besteht die GEfahr, dass sie bereits in der Vorwahlzeit in
das Parteigeschehen oder das allgemeine politische Geschehen so stark
in ANspruch genommen werden, dass sie sich abnütezn. Stellt man die
Kanditaten zu spät auf, gibt es ununterbrochen DIskussionen, wer was wird
und der Kandidat kann sich andererseits überhaupt nicht profilieren.
Ein weiteres Problem ist, dass man aus Traditionsgründen keinesfalls
immer die Kandidaten, die bereits einmal auf der Liste waren oder die
gar schon gewählt wurden, ununterbrochen wieder nominieren soll und
kann. Ich war in dem letzten Jahrzehnt immer bestrebt und Heindl hat
mich in dieser Beziehung hundertprozentig unterstützt, dass wir womög-
lich einen nahtlosen, d.h. ohne Streit, Übergang haben. Von den älteren
Genossinnen und Genossen zu jüngeren. Das Problem ist natürlich auf
allen Ebenen den richtigen Kandidaten zu finden, der womöglich von der
Mherzahl der Wählenden unbestritten ist. Die ARgumentation,man muss
den besten unter allen Umständen präsentieren, selbst dann wenn er gegen
den Willen der Funktionäre, die mit ihm dann zusammenarbeiten müssen,
halte ich für falsch. Wenn dieser Mann nicht zurst in den Organisationen
mitgearbeitet hat und sich zumindestens die Achtung und Anerkennung er-
worben hat, ist es vllkommen unmöglich,ihn von oben aufzupropfen.
Das typischeste BEispiel ist glaube ich dafür jetzt der Versuch von
Bauer Dr. Wiesinger, der wahrscheinlich als Gesundheitsmann einen ge-
wissen Ruf hat, der Partei als Wiener Gemeinderatsfraktionsführer
aufzuzwingen. Ähnlich war ein Versuch Pittermann, Waldbrunner, Benya
bei der Ablöse Pittermanns Czettel mit GEwalt dem Parteitag zu empfehlen
Ich selbst bin zum Glück auf die Landstrasse als Funktionär gekommen
ohne dass ich schon Mandatar gewesen bin. In einem solchen Fall hätte
ich es nämlich auch wesentlich schwieriger gehabt, das Vertrauen unserer
Funktionäre zu erwerben. Ich glaube, dass die VOraussetzung für die Füh-
rung einer Funktion ist, dass man zuerst bevor man diese Funktion er-
15-0305
reicht bereits mit den wichtigsten Funktionären, mit denen
man zusammenarbeitet und zusammenarbeiten muss, besseren Kontakt
und Vertrauen bekommt. Ich halte deshalb eine Idee, die ab und
zu auftaucht aber keinerlei reale Basis hat mich in die Gemeinde
zu transferieren, für vollkommen falsch. Natürlich könnte man
sagen, das Marek auch ein aufgepfropfter Bürgermeister war, dies
war aber nur möglich, weil er als Kompromisskandidat immerhin
die Unterstützung von Slavik als Vizebürgermeister und Finanz-
stadtrat gehabt hat. Slavik selbst wollte ja schon immer dieses
Amt, obwohl er damals genau erkannte, dass dies für ihn zumindestens
zu diesem Zeitpunkt gar nicht möglich war und er auch glaube ich
richtig erkannte, dass er viel besser als Finanzstadtrat wirken.
Der lateinische Spruch, nicht anstreben, alles annehmen, hat meiner
Meinung nach nur für den ersten Satzteil Gültigkeit, zumindestens
für mich.
Hofrat Strauss von der Messe AG der Präsident, ich glaube kein
Sozialist, ist deshalb so zuvorkommend zu mir, weil ich mich doch
verhältnismässig oft um die Messe kümmere. Ich glaube, dass die
Wandlung zu den Fachmessen in der Wiener Messe AG wesentlich grössere
innere Widerstände zu überwinden gehabt hat als dies nach aussen
in Erscheinung getreten ist. Draxler, der präsumtive Nachfolger
von Porges, wird – nehme ich an – als jüngerer Mann entsprechend
modernere Ideen vertreten. Die Erfindermesse, die zum 40. Mal
im Messepalast ausstellte und wo wir als Ministerium drei Förderungs-
preise verliehen hatten, die Bundeshandelskammer hat ebenfalls einige
Geldpreise gestiftet und vor allem das Wissenschaftsministerium
hat Anerkennungsschreiben mit riesigen Pokalen vergeben. Bei dieser
Gelegenheit hat INg. Schuster in aller Öffentlichkeit erklärt,
dass die Mitteilung im Kurier, wonach er gesagt hat, dass die öffent-
liche Hand nichts für die ERfinder tut, nicht zutritfft. Bei meiner
Ansprache habe ich dies ausserdem neuerdings festgestellt und
die Versicherung dem Verband der ERfinder gegeben, dass wenn wir ge-
setzliche Änderungen des Patentwesens vornehmen, sie unsere Vor-
schläge zur Kenntnis und Stellungnahme bekommen. Gehart versicherte
mir, dass dies bereits in der Vergangenheit, seitdem er sich auch mit
diesem Problem beschäftigt, geschieht. In Vertretung von Minister
Firnberg war Min.Rat Frank und ich nützte die Gelegenheit, um
ihm die Taktik bezüglich der Mitarbeit von Min.Rat Bayerl ausein-
anderzusetzen. Er selbst hat bereits mit Bayerl eine Aussprache
15-0306
gehabt und behauptet, ja er wird sich da er ihn kennt, gut
zusammenzuarbeiten. Bayerl wird das nächste Mal bei unseer fraktio-
nellen Energiekommissionssitzung teilnehmen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte die entsprechende Veranlassung treffen
und Bayerl wissen lassen, dass Frank es war,
der ihm dies ermöglichte. Mit Fremuth habe ich
die TAktik und das Ergebnis bereits bei einem
Institutsessen abgesprochen.
Dem Präsidenten Eidher des Kartographischen Instituts hatte ich
versprochen, sein Institut zu besuchen.Ich war sehr überrascht
das Institut ist drucktechnisch und vor allem einmal photomechanisch
phantatstisch ausgerüstet. Die baulichen Anlagen sind riesengross,
eben auf das militärkartographische Institut für die Monarchie
zurückgehend, infolge GEldmangels aber iN einem teilweise schlechten
Zustand. Das Institut würde oder könnte sicherlich unter manageriel-
len Führung Aufgaben übernehmen, die heute von privaten Firmen lukra-
tiv gemacht werden. ANdererseits gebe ich sofort dem Präsidenten
Eidher und dem Leiter des kartographischen Instituts recht, die mir
sagten, wenn sie in der vergangenen Zeit versucht haben, irgendwelche
Aktivitäten zu entwicklen, sofort entsprechend zurückgepfiffen wur-
den. Die Firmen, sei es Freytag und Berndt oder sontige Private haben
sobald as kart. Institut nicht ausschliesslich ihnen die Unterlagen
geliefert haben sondern selbst Aktivitäten entwickelnt haben, bei
den Ministern interveniert und sie haben sofort die Aktivtät ver-
boten. Jetzt meinte Eidher sei Freytag und Berndt mit Cosmos
gemeinsam und wahrscheinlich scon im BEsitz von deutschen Firmen,
sodass gar kein Grund mehr besteht, nur das teure Material diesen
Firmen spottbillig zur VErfügung zu stellen. Eine Erstellung eines
solchen KArtenblattes 50.000 kostet ca. 3 Mill. S, Ich versprach,
dass ich mit Moser darüber reden werde, wie gegebenenfalls wirklich
kommerziell diese Arbeit auch für das Institut ausgewertet werdenü
könnte.
Tagesprogramm, 9.3.1973