Dienstag, 27. März 1973
Gen.Direktor Velani von der AGIP, und Dr. Mauritio de Vito Discicelli
ein herrlich klingernder Name beschwerten sich bei mir, dass die ÖMV
die Verarbeitungsprodukte-Auslieferung sperrte. Agip müsste 14.000 t
Heizöl pro Jahr übernehmen, kann diese Menge aber nicht absetzen.
Deshalb wurde einvernehmlich festgelegt, sie auf 10.000 t zu reduzieren
Im April soll nun Agip 1.000 t zum Raffinerieabgabepreis von 713 S
übernehmen. Agip hat nun gefordert, dass dieser Preis auf 690.-S
reduziert wird. Die ÖMV erklärte, dass dies nicht möglich sei und
sperrte deshalb ihre anderen Zusatzmengen von Benzin, da in Italien
die Zöllner streikten und vor allem aber auch durch ständige Unruhen
in den Betrieben der Agip in Italien können keine Ersatzlieferungen
nach Österreich kommen. Ich habe mit Gen.Dir. Bauer am Nachmittag
über dieses Problem gesprochen und Bauer erklärt mir, dass die Ange-
legenheit erledigt ist. Auch die anderen internationalen Gesellschaften
stimmen mit der ÖMV überein, dass eine Bevorzugung von Agip-Austria
durch die ÖMV nicht möglich sei. Damit habe ich die versprochene Inter-
vention durchgeführt und werde telefonisch den Gen.Direktor Velani
verständigen. Dieser hat sich nämlich schon gewundert, dass es in
Österreich möglich ist, in so kurzer Frist einen Termin beim Minister
zu bekommen udn wird sich natürlich noch viel mehr wundern, dass
ich so schnell auf seinen Wunsch reagiert habe.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Besser als ein Telefongespräch ist es, ihn
ins Parlament zum Unterausschuss zu bestellen,
damit ich ihm pesönlich die Information über
meine Intervention geben kann.
Gen.Sekr. Mussil hat KAD-Direktor für NÖ Pachutzky vorgestellt. Bei
dieser Gelegenehit erklärte ich Mussil, dass sehr wohl Ebner bei den
Vorspachen im oö-bayrischen Grenzraum mit der Handelskammer und zwar
mit der Bezirksstelle Kontakt genommen hat. Richtig ist, dass die Han-
delskammer Oberösterreich nicht kontaktiert wurde, dass aber jetzt alles
erledigt sei, wie mir Ebner telefonisch mitteilte. Mussil ersuchte,
dass wenn wir in NÖ diese Betriebsbesuche machen, wir vorher mit der
Kammer Einvernehmen herstellen sollten. Pachutzky teilte mir mit,
dass er bereits Material eines VOrtrags über die Möglichkeit der
Unterstützung der Unternehmer an der "toten " Grenze unserer Abtei-
lung G bereits auf deren Anforderung zur VErfügung gestellt hat. ICh
behauptete also, dass bereits jetzt sehr gute Kontakte zwischen
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der Handelskammer NÖ und Präs. G bestehen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Man soll aktive Handelskammermenschen wie den
Pachutzky nicht nur zur Lieferung von UNterlagen
sondern auch zur VErbindung für Firmen nützen.
Im Ministerrat wurde bie unserem VOrtrag über EFTA-Abkommen, Edel-
metallpunzierung vom Verfassungsdienst beeinsprucht, dass die ERläu-
ternden Bemerkungen nicht im Einvernehmen mit ihm erfolgten und eine
gefährliche Formulierung enthielten. Obwohl natürlich ERläuternden
Bemerkungen vollkommen gesetzlich bedeutungslos sind, habe ich vor-
geschlagen, auf 8 Tage den Antrag zurückzustellen. Bei der Sektions-
leiterbesprechung hat dann Schipper auf meinen BEricht hin, dass der
Verfassungsdienst Einspruch erhebt und Reiterer erklärte, man hätte
mit ihm Kontakt gehabt, treffend behauptet, dass eben im Verfassungs-
dienst, wenn Loebenstein weggeht, Adamovich, der sehr konservativ ist
und Pahr, der liberaler sein soll, miteinander ganz schön streiten
werden. Dies ist für uns die Gelegenheit, wie ich ergänzte, uns von
den FEsseln des Verfassungsdienstes weitestgehend zu befreien.
Die Überreichung von Höchstauszeichnungen an Jagoda und Römer sowie
einige Hofratstiteln und sonstige Ernennungen im Patentamt habe ich
auf VOrschlag von Schipper getrennt durchgeführt und nicht gewartet,
bis wir wieder Unternehmer auszeichnen. Schipper verweist nämlich mit
Recht darauf, dass selbst noch so bedeutende Wirtschaftler niemals
so hohe Auszeichnungen erreichen können wie Beamte und deshalb
wahrscheinlich sehr neidisch und vielleicht sogar auch noch mit
Recht sarkastisch über diese Vorgangsweise denken. Die Beamten haben
sich eben bei de ERststellung der Rangordnungen für Orden am höchsten
eingestuft. Bei dieser GElegenheit wiederholte ich die alte Story,
dass ich durch das Haus auf Jagoda aufmerksam wurde, obwohl dies
Schipper vielleicht ein bisschen peinlich ist, muss man dies glaube
ich immer wieder bie jeder Gelegenheit erzählen, um dem Vorwurf
man setzt nur Sozialisten in leitenden Postionen, formell entgegen-
zutreten.
Im Institut nahm Zöllner wegen der GATT-Kündigung von landwirtschaft-
lichen Verarbeitsungsprodukten nicht mehr die starre Haltung ein,
dass nur Teigwaren gekündigt werden dürften. Er dürfte, so wie Tommy
Lachs, fürchten, dass ich vielleicht zu viel der Landwirtschaft
nachgebe, die alle landw. Verarbeitungsprodukte, die GATT-mässige
Zollsätze begunden haben, aufkündigen möchte. Da wir jetzt ein
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neues Abschöpfungssystem eingefhrt haben. Hier müsste man ver-
suchen, einen vernünftigen Mittelweg zu gehen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte einen Detailvorschlag ausarbeiten
lassen, dernur die wirklich notwendigsten Kündi-
gungen vorsieht und vorher mit Zöllner und Lachs
absprechen und dann bei eienr Besprechung unter
meinem VOrsitz als Kompromiss einstimmig ver-
suchen durchzusetzen.
Bei der Fraktionsbesprechung für den Unterausschuss Gewerbeordnung
hat der FWV neuerdings einige Forderungen wegen der Einstufung
von Gewerbebetrieben in handwerkliche resp. in gebundene Gewerbe.
So möchten sie unbedingt, dass das Gremium Marktfieranten bestehen
bleibt. Dort haben sie eine starke Position und stellen sogar den
Vorsteher. Da es mir ganz egal ist, wieviele Fachgruppen existieren,
stehe ich auf dem STandpunkt, man sollte den Wünschen des Freien
Wirtschaftsverbandes weitestgehend entgegenkommen. Wenn mir dann
einmal der Vorwurf gemacht wird, dass viel zu viele handwerkliche
oder gebundene Gewerbe es noch gibt, kann man immer entgegnen,
dass damit die Sicherheit für den Konsumenten gegeben ist, dass
durch die Meisterprüfung oder durch den Befähigungsnachweis bei
gebundenen Gewerben die fachliche Ausbildung garantiert ist.
Da die Gewerkschaften selbst auch nicht im einzelnen und im konkrten
Fall eine wirkliche Liberalisierung wünschen, sondern höchstens der
ÖGB eine liberalere Haltung einnimmt, Lachs aber gar nie zu den
Unterausschuss-Sitzungen kommt, glaube ich, dass wir hier Kompromisse
schliessen sollten. Bei den VErhandlungen im Unterausschuss stellte
sich dann auch heraus, dass die ÖVP gewisse Forderungen hatte. Sie
möchte z.B. dass nicht die Musikinstrumentenerzeuger zusammengefasst
werden. Es solte so wie jetzt bei Holzinstrumenten und bei Blechin-
strumenten-Erzeugern getrennt bleiben. Die Verhanldungen schleppen
sich sehr dahin und da Mussil nicht anwesend sein konnte, hatte
Staudinger, der VOrsitzende, sogar vorgeschlagen, wir sollten die
Sitzung abberufen. Damit war ich nicht einverstandne, sondern er-
klärte, man sollte halt nicht strittige Paragraphe durchdnehmen.
Die Handelskammer-Experten aber auch die ÖVP ist überzeugt, dass
wir sehr bald mit der Gewerbeordnung durch sind wenn erst die
strittigen Paragraphen hinter uns liegen. Ich glaube dies nicht
ganz, da inWirklichkeit dann erst die schweren Auseinandersetzung
über zurüclgestellt Paragraphe kommen werden. Dies allerdings werde
ich veranlassen, dass nicht mehr im Unterausschuss, sondern bereits
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als zweite Runde im Handelsausschuss verhandelt wird. Dort sitzen
nämlich noch mehr Abgeordnete, die eigentlich sicherlich dann mit der
Materie bald fertig sein wollen und dort kann man gegebenenfalls dann
eine Terminisierung vorsehen. Mitterer, den ich abends beim Empfang für
Rippon getroffen habe, hat gegenüber Igler bemerkt, dass wenn die Bauern-
schaft ihm nur einen BRuchteil so entgegengekommen wäre wie mir, dann
wäre die Gewerbeordnung auch unter seiner Ägyde bereits Gesetz geworden.
Mitterer selst nimmt an, dass mit 1.1.1975 die Gewerbeordnung in Kraft
tritt- Die lange VErhanlunge hat einenVorteil, dass wenn es wirklich
dann zu einem einstimmigen BEschluss kommt, ja selbst, wenn es zu einer
MEhrheitsabstimmung kommen sollte, ich darauf hinweisen kann, dass ich
durch jahrelange intensivste VErhandlungen zuerst im Ministerium mit
der Handelskammer, dann im Parlament mit den Klubs doch versucht habe,
die alte Taktik nämlich alles daran zu setzen, um einstimmige BEschlsse
in wichtigen Materien herbeizuführen, von mir demonstriert wurde. Dies
entspricht meinem Stil bezügich der österr. Politik, ich gebe zu, ist
aber sehr zeitraubend und nervenaufreibend.
Bauer berichtet mir auf meinen Wunsch über den letzten STand der Ver-
handlungen betreffend der Gasleitung Monfalcone/Süddeutschland und
vor allem der von der ÖMV beabsichtigten Gaspolitik. Die ÖMV hat sich
nun endgültig dazu durchgerungen, dass die Austro-Ferngas die Mengen
aus Algerien kauft und damit eigentlich als zweiter Importeur von Gas
nach Österreich in ERscheinung tritt. Bauer selbst entschuldigte dieses
versagen der ÖMV vom Standpunkt des GEsehäftsbetriebes, dass eben auch
ZNAM und Ruhrgas zuerst kein INteresse an dem Algerien-Gas gezeigt haben.
Er glaubt noch immer, dass die Gleitklausel von 2 % zu teuer ist, seiner
Berechnung nach wird das algerische Gas auf 65 Groschen zu stehen
kommen gegenüber 35 Groschen des russischen Gases Hier ist aber eine fal-
sche BErdchnung resp. Preisüberlegung. Die SU wird wahrscheinlich 1975
wenn die ersten korrigierten Preisverhandlungen mit ihr geführt werden
müssen, sicherlich nicht mehr um 35 Groschen oder einem ähnlichen Preis
das sowj. Gas zur VErfügung stellen. Ich habe Gen.Dir. Bauer, der sich
erkundigte, wann und wo ich mit Minister Jaumann von Bayern zusammen-
komme, aufgefordet, er soll klären, ob Jaumann etwas dagegen hat, wenn
er als Kontrahent der Ruhrgas und SNAM die die Leitung nach Süd-
deutschland bauen, bei der Besprechung anwesend ist.
In der ÖGB-Fraktion hat Hofstetter mich aufgefordert vorher
ich sollte überdie wirtschaftliche Lage referieren. ICh habe
dies glaube ich so provokant gemaht, dass sich daran eine
umfangrecieh DIskussion mit einem Dutzend Diskussionsrednern
anschloss. Dies war seit Jahren nicht mehr der Fall. Die Wahl-
niederlagen lösen jetzt in Gremien, wo man früher über Probleme
kaum diskutiert hat, auf elle Fälle eine grössere Akvität aus.
Benya meinte, dass der Informationsmangel in der Partei ver-
heerend sein. Er glaubt, dass in den Gewerkschaften dies wesent-
lich besser ist. Er meinte sogar, dass man um die Kernschichten
nämlich die Arbeiter und Angestellte nicht als Wählerzu verlieren,
noch stärker die Gewerkschafter insbesondre die Sekretäre ein-
setzen müsste.Hier glaube ich überschätzt er den Apparat des ÖGB
resp. der einzelnen Gewerkschaften. NAtürlich kommen Sekretäre
doch öfters in die Betriebe als Politiker. TRotzdem ist die
Aktivität auch der Gewerkschaftssekretäre verhältnismässig sehr
gering. NIemand hat die unangenehme Arbeit genr und sucht deshalb
irgendwelceh Ausreden, um Betriebsbesuche oder gar VErsammlungen
auf ein Minimum zu reduzieren Im Verhältnis zu dem mittleren
Management der Partei, also Landtagsabgeordneten oder SEkretäre ist
dies natürlich noch bedeutend mehr. Trotzdem wäre es ein grosser
Fehler, die Aktivität der Gewerkschaften zu überschätzen und
die Schuld des Informationsmangels ausschlesslich den Partei-
stellen anzulasten. Ich bin aber überzeugt dass mir fortschreitende
Wahlniederlagen diese uralte Diskussion wer mehr aktiv ist,
die Gewerkschaftsfraktion ioder die Partei, die bis in die letzte
Sektion immer wieder durchschlägt wieder aufflammen wird. Selbst
in den Sektionen gibt es immer die Diskussion, dass die Partei-
funktionäre sagen, die Gewerkschaft kümmert sich nichtum die Partei-
arbeit und andererseits die Gewerkschaftsfraktion erklärt, dasss
die Partei sich nicht um die Betriebe kümmert. Tatsächlich ist,
dass es viele Tausende Funktionäre der Partei gibt, die gleich-
zeitig gewerkschaftlich aktiv tätig sind und umgekehrt. Richtig
ist aber, dass viele Zehntausende Funktionäre entweder in einer
Organisation arbeiten und von der anderen nichts wissen wollen,
dort maximal als Mitglieder eingeschriegben sind. Da die Gewerk-
schaftsarbeit aber grösstenteils während der Arbeitszeit erfolgt,
haben die Parteifunktionäre mit recht mir gegenüber zumindestens
war dies überzeugend auf den VOrteil der Gewerkschafter hingewiesen
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Darübe rhinaus stehen natürlich den Gewerkschaftern grössere
Geldmittel zur VErfügung.
Bei unserer Mandatar-Sitzung im dritten Bezirk berichtete ich selbst-
verständlich und analysierte den Wahlausgang in Kärnten. Dabei kam das
Problem des "Vom hohen Ross heruntersteigen" sehr deutlich zur Aus-
sprache. Bezgl. der Bürgerinitiativen befürchtet unsere Gewerkschafts-
fraktion, Kapaun, aber auch einige Sektionsleiter, dass wegen der
Schlachthausgasse in kürzester ZEit eine solche zu erwarten ist.
Ich ersuchtesofort den Bezirksvorsteher Seitler und die soz. Be-
zirksrätefraktion, sich dieses Problems so anzunehmen, dass wir
auf alle Fälle in diese Bürgerinitiative einsteigen sollten, damit
nicht alle Bürgerinitiativen gegen die Gemeinde losgehen, der
Sektionsleiter von Erdberg ht mit REcht erklrt, dass er dieses
Problem schon einige Male in der Gemeinde zur Sprache gebracht
hat, dort aber niemals auf positives Echo gestossen ist, müsste
man wirklich versuchen, die Bürokratie im Rathaus früher zur
Arbeit zu bringen, als wie dann, wenn Bürgerinitiativen sie dazu
bringen. Jacobi flüsterte mir, dass ihr Heller zugesichert hat,
dass dieses Problem in kürzester Zeit in Angriff genommen wird.
Sie meint, amn sollte vielleicht auf alle Fälle zumindestens
jetzt ein Tafel aufstellen. Andererseits hat ein anderer Sektions-
leiter, nämlich Sallaberger darauf hingewiesen, dass eine Unterschrif-
tenaktion von 80 UNterschriften im Rathaus seit Jahren liegt und
nicht einmal eine Antwort geschickt wurde und die Gemeinde eh
bisshen zu entlasten hat Zöllner mich aufmerksam gemacht, dass in
der ersten Republik der Schwarzenbergpark frie zugänglich war.
Jetzt muss man der Schwarzenbergschen Güterverwaltung für den
Schlüssel zum Tor glaube ich 120.- S bezahlen. Ich habe dies dem
Mandatarklub mitgeteilt, damit manüberlegt, ob wir nicht auch hier
eine Bürgerinitiative starten sollten.
Tagesprogramm, 27.3.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 65. Ministerratssitzung, 27.3.1973
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