Donnerstag, 10. Mai 1973
Im Unterausschuss des Handelsausschusses wegen der Gewerbeordnung ent-
spann sich gleich bei Beginn eines grosse und lange Diskussion, wie die
nächsten Tage, wo bereits Sitzungen reserviert werden, Verschiebungen
oder gar Absagen erfolgen könnten. Immer wieder haben einzelne Abge-
ordnete der ÖVP aber auch der FPÖ erklärt, dass sie zu diesen und jenen
Termine, obwohl seinerzeit diese Termine einvernehmlich reserviert wurden,
keine Zeit hätten. Natprlich musste letzten Endes auch die soz. SEite
Vorsitzender ist Müller, da Staudinger scheinbar krank war oder zumindestens
abwesend, der ÖVP nachgehen. Zur grössten VErwunderung hat sich dann im
Laufe der Diskussion herausgestellt, dass wir abends wider erwarten bereits
mit dem erstenDurchgang durch die ganze Gewerbeordnung fertig waren.
Die hauptsächlichste Arbeit beginnt allerdings erst jetzt beim zweiten
Durchgang. Alle offene und strittigen Punkte sind jetzt zu verhnadeln.
Die ÖVP, die bereits mit den landw. Genossenschaften sehr weit in ihrer
eigenen Melingungsbildung vorwärtsgekommen ist, braucht noch, wie sie
sagt, ein ganz kleines Stückerl, und dann hat sie auch dieses Problem
intern gelöst. Dann erst wird man der SPÖ-Seite die VOrschläge des ÖVP-
Klubs präsentieren. DArüber hinaus haben wir auch veile offene Punkte
in die zweite Runde gegeben, damit man gegen die ÖVP abe auch gegen die
FPÖ etwas zum Abtauschen hat. Zum Glück habe ich seinerzeit durchge-
setzt, dass die Experten laufend die offenen Probleme behandeln und
vor allem einmal FOrmulierungen finden, die bereits jetzt für die gante
Gewerbeordnung vorliegen. Zum Schluss habe ich auch noch verlangt, das
in der zweiten Lesung, wenn man so sagen darf, keine allgemeinen Diskus-
sionen mehr stattfinden sollten, sondernwirklich nur auf Grund von kon-
kretenVorschlägen und konkreten Formulierungen, die schriftlich vorgelegt
werden müssen, diskutiert werden sollten. Mussil meinte,ironisch, a-ler
dings hat er dies sehr ernst gemeint, dass mir ein solcher Vorschlag als
Minister eigentlich nicht zusteht, sondern dass dies Afugabe der soz. Spre-
cher wäre. IN diesem Fall erklärte ich, dass ich an Stelle von Skritek
jetzt als Abgeordneter und nicht als Minister gesprochen habe. Interessant
war, dass bis jetzt bei den Sitzungen weder Experten ausser ZS Swoboda
vom Freien Wirtschaftsverband und Senatsrat Leitner vn Wien, weder Auracher
noch Lachs, noch Mrkwitschka jemals an einer Sitzung teilgenommen haben.
Auch die soz. Abgeordneten Skritek, Hobl, Egg und Teschl waren wenn über-
haupt nur ganz sporadisch anwesend. Aber auch die ÖVP-Abgeordneten haben
weitestgehend geschwänzt. Ich behaupte allerdings, dass dies zum schnellen
Abschluss der Gewerbeordnung nur förderlich ist. Am meisten hat bis
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jetzt der Rechtsanwalt Dr. Rabor, der für die FPÖ als Experte
nominiert wurde, insbesondere die Wünsche der Freien Berufe und ganz
besonders der RA-Kammer vertreten und bei jedem Paragraphen fast BEdenken
oder Änderungswünsche geäussert. Wenn es mir nicht gelungen wäre, am
Anfang die Expertenrunde durchzusetzen, bin ich überzeugt, würden wir heute
noch nicht annähernd so weit sein. Ich wollte natürlich sofort anschliessen
für die reservierten Termine der nächsten Woche die zweite Runde einläuten
hier aber haben mir alle einen Strich durch die REchnung gemacht und er-
klrt, man bräuchte Zeit, um sich zu überlegen, wie in welche Punkte für
jede einzelne GRuppe von Entscheidung sind und welche man abtauschen
könnte. Das Ganze nennt man dann schöpferische Pause. In Wirklichkeit
wird jetzt nichts als ein Kuhhandel beginnen. Allerdings, so hoffe ich,
wird es sich dabei nicht um wirklich grundsätzliche Probleme handeln,
über diese bin ich überzeugt, müsste es gelingen eine einvernehmliche
Lösung zu erzielen. Trotzdem war es für mich interessant und typisch,
wie die einzelnen Lobbies agieren und wie nicht nur die ÖVP-Seite
sondern sogar auch usnere von der FPÖ ganz zu schweigen, immer wieder
dne Lobbies teilweise nachgegeben haben. Letztn Endes wird gar nicemand
dann mehr feststellen können, wlche Üerlegung in dem einen oder anderen
Fall z.B. warum die Tapezierer sich dann doch durchgesetzt haben und
Maler nicht spelieren,dürfen, zu einer solchen Entscheidung geführt haben.
Ein anderes Beispiel, es haben die Beamten der Landesregierung seit je her
gerne die Genehmigung für Lagerung von Öl in zweiter Instanz, d.h. bei
sich behalten und sich deshalb auch schwer dagegen, dass in Hinkunft die
Tankstellengenehmigungen, wo gleicheztig Öllagerung vorgenommen wird,
in die ernste Instanz kommen sollte. Abgesehen aber von so Kleinigikeiten
die naütrlich für dne einezlnen Fall oder für die einzelne Gruppe schon
grössere BEduetung haben, wird es aber gelingen, eine einvernehmlich und
wie ich glaube doch modernere Gewerbeordnung zustandezubringen. Allerdings
wäre es ideal, wenn wir sehr bald endgültig fertig wären, Mussil ist
bestrebt, unter allen Umständen die Beschlussfassung erst im Herbst 1973
vorzunehmen. MIr wäre es recht, wenn es noch gelänge, im Juli eine
endgültige Genehmigung d.h. Beschlussfassung zu erreichen. Nicht zuletzt
werden wir anschliessend eine lange Zeit brauchen, um die Duchrführungs-
verordnungen erlassen zu können. Die Legisvakanz wird daher mindetens
6 Monate betragen müssen. Zweckmässig wäre es aber keinesfalls, wenn
wri die neue Gewerbeordnung erst im Jahre 1975 wirksam hätten, denn
durch die Umstellung werden sich doch in dem einen oder anderen Fall
Unzulänglichkeiten herausstellen. Dies in einem Wahlkhar ist nicht
gerade sehr günstig.
Kreisky hat LH Maurer eingeladen, er ist mit Czettel und Ludwig, seinen
Stellevertretern, gekommen, um die Probleme NÖ zu besprchen. Kreisky
hat einleitend darauf hingewiesen, dass im ERP-Sonderprogramm jetzt
200 Mill. vorgesehen sind. 100 Mill so wie bisher für die Kohlenge-
biete, 100 Mill. für die tote Grenze. Darüber hinaus hatte er sich
bereiterklärt, in der Kommunalkredit AG Vorrang dieser toten Grenze
einzuräumen. Derzeit ist der Vorsitzende Withalm, wechselt aber
mit Kreisky ab. Aus dieser Kommunalkredit AG kennt er Withalm sehr genau
und meint,, wenn er dort Schwierigkeiten machen würde, würde er hatl in
anderen Wünschen sich sturstellen. Er nimmt an, dass Withalm als Nieder-
österreicher und er auch dem toten Grenzgebiet Vorrang geben wird.
Niederösterreich hat eine Entwicklungsgesellschaft gegründet, ähnlich
wie der Bund dies mit den Gemeinden bei Aichfeld-Murboden getan hat und
Kreisky hat angeboten, dass man auf Wunsch von Bundesseite dieser Ent-
wicklungsgesellschaft beitreten würde Fehlinvestitionen wie dies z.B.
auf bayrischer SEite im GEbiet von der Gemeinde Hof geschehen ist,
wie ihm Staatssekretär Schönhorn mitgeteilt hat, sollten aber vermieden
werden. Das Büro für Raumplanung hat in seinem HAus für die Grenzgebiete
CSSR, Ungarn und Jugoslawien eine Diskussionsgrundlage ausgearbeitet,
die er auch der ÖROK zur VErfügung stellen möchten. Die Nebenbahnen,
die sich als umweltfreudig herausgestellt haben, dürften nicht aufge-
lassen werdne und auch der Donauraumausbau würde fortschreiten und dann
die Nebenbahnen dringendst notwendig machen. Kreisky hat dann Lenert,
er war für Sozialminister Häuser erschienen, mich und Moser und Frühbauer
aufgefordert zu sagen, was die einzelnen Ministerien beigetragen haben.
Zum GLück hatte ich sehr brauchbare UNterlagen von Gehart bekommen und
habe daher auf usnere Aktivitäten hingewiesen, ohne allerdings konkrete
Projekte zu nennen. Alle anderen Minister haben sich genauso verhalten.
Maurer selbst hat dann darauf hingewiesen, dass sie ein Gesetz beschlos-
sen haben, Gehart hatte es mir beigelegt gehabt, dass sie 20.000 S
pro Arbeitsplatz bezahlen. Er hat den Bund eingeladen, ebenfalls dort
wo das Land 20.000 S gibt denselben BEtrag zu geben, dann würde ein
noch grösserer Anreiz für Investitionen in diesem Gebiet entstehen.
Czettel hat allerdings dann in seinem Beitrag erwidert, dass die Firma
Weidinger in Dietmanns Investitionen für 300 Beschäftigten durchgeführt
hat und derzeit nur 80 Beschäftigte bekommt. Ich glaube nämlich, dass
wirklich eine objektive Untersuchung ergeben würde, dass eine solche
Investitionstätigkeit in grossem Umfang in gewissen Gebieten gar nicht
mehr zielführend ist, weil keine Arbeitskräfte zur VErfügung stehen.
Maurer hat dann noch viel Blabla aber wenig konkrete Forderungen gestellt
Er meinte, dass die Landesregierung die Industrieflächen sich sichert,
dass der E+E-Fonds siene GRenze von mindestens 2,5 Mill, wo er erst
kreditiert, herabsetzen sollte, ich habe sofort darauf verwiesen, dann
soll sich diese Firma bei der Gewerbestruktur melden, der Fremdenverkehr
soll die Bäder und Freizeiteinrichtungen ausbauen und der Bund hier
grössere Unterstützung gewähren usw. Czettel dagegen hat wirklich drei
konkrete Vorschläge gemacht. Der Bund soll der Industrieansiedlungs-
gesellschaft den das Land gegründet hat beitreten. Dies will sicherlich
die ÖVP nicht. Mit Hilfe der Arbeitsmarktförderung sollten Umschulungs-
tätigkeiten und Aktivitäten in Nö Grenzraum entwickelt werden, Konkret
wünscht er, dass in 24 Betrieben, die über 100 Beschäfigte haben, ins-
gesamte sind es 12000 Beschäftigte in diesem GEbiet, konkrete UNter-
suchungen über Investitionswünsche, Arbeitsmarktlage usw. da Handels-
ministerium mit der Landesregierung uNd der Handelskammer durchführen
sollte. Ich habe Czettel bereits vor der Sitzung zugesagt, dass Ebner
von uns, den er genau kennt und von dem er sehr beeindruckt war, Diese
Arbeit sofort in Angriff nehmen wird, sobald er mit den oö. Arbeiten
fertig ist.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Czettel wird die Liste schicken, bitte sich mit
ihm ins Einvernehmen setzen und Ebner so schnell
wie möglich, vielleicht mit Jonas zu dieser umfang-
reichen Arbeit ansetzen. Vorsichtig aber bei konkre-
ten Zusagen von Krediten oder sonstige Unterstützun-
gen.
Interessant waren die Ausführung des Stellvertreters Ludwig, der auch
für die Raumplanung usw. zuständig ist. Er meinte, dass in den Grenz-
gebieten in den letzten zehn Jahren 7 % abgewandert. TRotzdem sind
nach Aussage von Ludwig in Zwettl 800 in Horn 350 und in anderen Ge-
bieten Arbeitskräfte frei. Ingsgesamt wurden zwar in dem Grenzbe-
zirk in der letzten ZEit 1.200 Dauerarbeitsplätze geschaffen. Derzeit
sind in Poysdorf Verhandlungen mit der Firma Gebauer imGange,
die eine Fabrik mit 300 Beschäftigten, allerdings mit einer zusätzlichen
Sonderunterstützung von 6 Mill. in Zwettl die Firma ERGE und in
anderen GEbieten Ansiedlungen erfolgen sollen. Insgesamt wurden und
werden 200 Mill. 3 dafür vom Lande aufgebracht. Im Finanzausgleichsge-
setz wurde NÖ dadurch benachteiligt, dass bis jetzt 27,8 % und in
Hinkunft nur mehr 19 % bekommen wird. Dies bedeutet von 6 – 7 Mill. 8
weniger. Die Schulen müssten in dieser Gegend schnell errichtet werden
dies trifft ganz besonders für die Kindergärtnerschule in Mistelbach
und in der HTL in Hollabrunn sowie im Horner Bezirk zu.
Die Spitäler müssten kurfristig jetzt endgültig vom Bund mitsaniert
werden. Bis 1977 wird da Land 1 Mia und die Gemeinden 500 Mill. aufzu-
bringen haben. Davon bedarf St. Pölten 400, Zwettl 250 und auch Waidhofen
und Mistelbach entsprechende Zuschüsse. Wenn für die Bergbaugebiete 300
Mill. S Bergbauernförderung Sonderprogramm zur Verfügung gestellt werde
dann müsstne auch dieses Programm die Bauern an der GRenze einbezogen
werden. Ludwig hat also einen allumfassenden VOrschlag, wenn man sie
sagen will, ein grosses Sanierungskonzept für NÖ der Bundesregierung
mitgeteilt. Letzten Endes aber wurden keinerlei konkrete Beschlüsse
gefasst, sondern so wie immer Kolpacher von Büro Kreisky und Fiedelbauer
von der NÖ Landesregierung beauftragt, übe die Einzelwünsche weiter
Kontakt zu halten und nach vier Wochen einen konkreten Vorschlag dann
zu unterbreiten.
Kreisky hat dann die soz. Minister und LH-Stellv. Czettel zu sich gebe-
ten undum zu erklären, warum er jetzt ganz besonders für die Nieder-
österreicher eintritt. Er fürchtet nun, dass er als nö. Abgeordneter
1974, wo Landtagswahlen sind, hart attackiert werden wird. Man wird ihm
vorwerfen, dass er Milliarden Schilling für das Arlbergtunnelprojekt
Milliarden Schilling für die anderen Bundesländer, letzten Endes aber
immer nur für die westlichen aufgebracht hat, und sich überhaupt nicht
um sein eigenes Land, nämlich NÖ, gekümmert hat. Dem will er nun
entgehen, indem er eben auch dokumentiert, dass er für NÖ etwas macht.
Er ersuchte die Minister inständig, dass sie ihn in dieser Situation
unterstützen.
ICh bin sehr gespannt, wie lange es dauern wird , bis endlich dann einmal
die Wiener aufstehen und sich gegen die Bevorzugung der Bundesländer aus
sprechen. Die von Kreisky geübte Methode, schwerpunktmässig einzelne
GEbiete zu bevorzugen, begonnen hat dies mit Vorarlberg, weil wir
dort in Bregenz den Bürgermeister gegen die Mehrheitspartei der ÖVP
durchsetzen konnten, und hat sich letzten Endes so ziemlich alle
westlichen Bundesländer erstreckt. Jetzt soll auch in NÖ Aktivität
entfaltet werden. Dies hat er auch letzten Endes Maurer zugesagt, weil
er im Rahmen der ÖROK nur grosse Schwierigkeiten hat und weitere er-
wartet. Andererseits hat die Steiermark mit Aichfeld-Murboden eine ge-
wisse Bevirzugung erhalten, die allerdings sich auch nicht als Vorteil
für die Bundespolitik durchsetzt. Die Steirer spielen dies ganz bewusst
herunter und erklären, dass es sich her um selbstverständliche Leistunge
handelt, die sowieso erfolgen hätten müssen. Ich persönlich glabue ja, d
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jedwede einseitige Bevorzugung letzten Endes nicht positiv sondern
nergaitv sich niederschlägt : Alle, die nicht daran teilhaben können,
sind verärgert, die die es erreicht haben, sagen dann es war ja selbst-
verständlich und stellen nur weitere Forderungen. Im FAlle der Landes-
regierungen und Landeshauptleute hätte man sie gegenseitig ausspielen
müssen, indem man ihnen vorschlägt: bitte sehr, so und so viele BEträge
stehen zur VErfügung, wenn ihr euch im konkreten selbst einigt. Damit
der Bund stärker in ERscheinung tritt, hätte er dann können die geeinigte
Ziffern nicht mit dem Land gemeinsam sondern selbständig und für eigene
Projekte vergeben können.
Beim 3. Bezirk im Blumenschmuck von den Gemeindemietern orgnaisiert,
und bei de Fa. Persil abgewickelt, hat mir Gen.Dir. Lobner, der sehr
verörgert war, dass er gestern nicht anwesend war, dann später seine
GEschäfsfüphrung vorgestellt. Lobner hat jetzt einen Mann aus der BRD,
ich habe es an der Aussprache erkannt, vielleicht ein vom Henkel-Konzern
geschickter. Auf alle Fälle habe ich sie aufmerksam gemacht, dass von
Seiten der Umweltschützer und auch der Konsumenten, weitere WÜnsche an
die Waschmittelindustrie herangetragen werden. Ich habe ihnen verspro-
chen, dass wir uns vorzeitig über die Probleme sehr genau unterhalten
sollen, damit wir Lösungen finden, die für den Umweltschutz erträglich
und daher als Mindestforderung erfüllt werden müssen, andererseits
aber natürlich auch die Waschmittelindustrie nicht vor finanzielle
unlösbare Aufgabenn stellen. Klar warne wir uns alle, dass der Umwelt-
schutz Geld ksoten wird und dass dieser letzten Endes auch vonden
Konsumenten wird getragen werden müssen.
Tagesprogramm, 10.5.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)