Donnerstag, 25. Oktober 1973
Gen.Dir. Marsh von einem Managementinstitut in London wurde sogar
vom britischen Botschafter begleitet und legte scheinbar grössten
Wert darauf mit dem Handelsministerium in Kontakt zu kommen. In
Grossbritannien dürfte er mehrere Institute und vor allem viel
Budgetmittel und sonstige Fonds geben für die Managementausbildung.
Gröger wird mit Gen.Dir. Marsh Kontakt halten.
Der pakistanische Botschafter Khan war in seinem Heimatland und schein-
bar hat ihm der Premierminister aufgetragen, er möge sich um die
österr. Zusagen wegen Unterstützung der Skiprojekte in Pakistan
kümmern. Ich setzte ihm freimütig auseinander, dass die Konzeption
dass Europäer nach Pakistan Skifahren nach Auskunft unserer Reise-
büros und Fremdenverkehrsfachleute kaum den gewünschten Erfolg haben
wird. Der Botschafter hat dann auch sofort umgeschaltet und meinte,
sie hätten dieses Projekt für ihre eigenen Leute und vor allem einmal
für die Europäer und Amerikaner, die in Pakistan ständig arbeiten,
beabsichtigt. Ich habe ihm versprochen, wir werden nochmals das Projekt
bei uns zur Diskussion stellen und ihm in absehbarer Zeit Bescheid
sagen.
Würzl hat es übernommen, mit den anderen Ministerien und insbesondere
mit der Entwicklungshilfe Bundeskanzleramt Besprechungen zu führen,
um eventuell eine gewisse finanzielle Unterstützung dem Projekt
zuzuwenden. Die beste Lösung wäre, wenn man einen Lift oder sonstige
Fremdenverkehrswintereinrichtungen mitfinanzieren könnte. Austroplan
hat seinerzeit ein riesiges Projekt ausgearbeitet.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Wer kontrolliert eigentlich, was aus solchen
Versprechungen wird. Manchmal müssen sich die
ausländischen Staaten wirklich gefoppt vor-
kommen.
Bei der Überreichung der österr. Verpackungspreise hatte ich neuerdings
darauf hingewiesen, dass ich erwarte, in absehbarer Zeit stärkere
Angriffe von den Umweltschützern zu bekommen. Wir arbeiten derzeit
alle auf zweckmässige, d.h. verkaufsgerechte Verpackung. Unser ganzes
Streben und Trachten geht auf der einen Seite Kosten zu ersparen, auch
dann wenn das neue Produkt umweltfeindlich ist, wie z.B. PVC oder
die Einwegflasche. Vor etlichen Jahren habe ich bereits urgiert,
dass man dem Umweltschutz ein grösseres Augenmerk zuwendet und tatsäch-
lich hat das Institut für Verpackungswesen hier einige Vorarbeiten ge-
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leitet. Die Verpackungsindustrie hält sich aber natrülich kaum
an Empfehlungen, die man z.B. in Amerika schon gemacht hat. Wahr-
scheinlich wird früher oder später auch bei uns nichts anderes übrig-
bleiben, als mit einen Sondersteuer oder Abgabe dieser Entwicklung
Einhalt zu gebieten. Die Verpackungsindustrie sollte aberwissen,
woran sie ist und deshalb habe ich diese Ausführungen dort besonders
gemacht.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Vielleicht wäre es zweckmässig wenn die Ab-
teilung oder das Pressereferat oder wer hatl
sonst dort anwesend ist, dann auch die Ausführun-
gen dazu benützen würde, um sie einem grösseren
Kreis zugänglich zu machen. Ich möchte diese
besonderen Hinweise nicht nur als Alibihandlung
der Verpackungsindustrie verstanden wissen.
Das Institut für Verpackungswesen, welches früher von diversen
Ministerien subventioniert wurde, hat sich jetzt auf eine kommer-
zielle Basis umgestellt. Es macht entsprechende Untersuchungen, Prüfungen
usw. und ist kostendeckend. Ein typisches BEispiel dafür, wie man sehr
wohl im Einvernehmen mit einem Industriezweig sich sanieren kann.
Das Geld liegt eben auf der STrasse, wahrscheinlich auch für viele In-
stitute, die wir betreiben und die heute noch subventioniert werden.
In der Parteivorstandssitzung berichtete Kreisky über die Analyse
der Wahlen in Oberösterreich und Wien, die sich durch nichts von
seinen seinerzeitigen Ausführungen in der Ministerratsbesprechung
unterschied. GEschickt wie immer griff er niemanden an sondern
stellte eben nur fest, dass eigentlich unbedeutende Fehler den
Oberösterreichern passiert sind, wie z.B. dass man sich zu spät auf
den Kandidaten geeinigt hat und dann eben nicht entsprehhend tat-
kräftigste in jeder Phase unterstützte usw. Wer die Interna genau
kennt, kann einiges aus solchen Bemerkungen heraushören, die grosse
Masse allerdings kann damit gar nichts anfangen und glaubt, es ist
alles in bester Ordnung. Blecha erörterte die Analyse, dass in den
Landtagswahlen die SPÖ schlecht abschneiden musste, während bei
NR-Wahlen die SPÖ die absolute Mehrheit leicht erreicht hätte. In
Wien ist es gerade umgekehrt. Für Öberösterreich eigentlich ein
ganz trauriges Zeichen. Ich glaube aber noch immer, dass das
Hauptproblem war der Streit oder zumindestens die Diskussion der
Spitzenfunktionäre. Alles verträgt eine soz. Partei nur nicht
interne Kämpfe. WEnn es solche gibt,müssen sie in kleinstem Kreis
ausgetragen werden und dürften niemals in die Öffentlichkeit dringen.
Früher war dies wahrscheinlich auch wesentlich leichter als heute. Derzeit
nützen die Massenmedien und natürlich der Gegner jede Chance
um eine solche Diskussion, die ja nicht geheim bleiben kann, ins
Licht der Öffentlichkeit zu rücken und entsprechend auszunützen. Dann
werden unsere Funktionräre kopfscheu, desorientiert und die Folge sieht
man am besten in Oberösterreich. Ähnlich war es ja in der ganzen Bundes-
partei beim Olah-Streit, der natürlich unvergleichlich härter und
tiefgreifender gewesen ist als jedwedes Gerangel um eventuelle
Führungspositionen, wie wir sie jetzt ab und zu in unserer Partei er-
leben. Typisch war, dass Pittermann den Antrag stellte, ihn aber dann
vor der Abstimmung selbstverständlich wieder zurückzog, man sollte
einen eigenen Bundesparteivorstand einberufen, um sich mit der Wahl
genau zu beschäftigen. Kreisky, der dies sonst nie macht, hat sich
zwischendurch gemeldet und sofort nach Pittermann erklärt, er halte dies
für vollkommen falsch, weil dann nur der Gegner und die öffentliche
Meinung schliessen würden, dass wir uns innerhalb der Partei wegen
des Wahlergebnisses zerstreiten und dies wäre das allerschlechteste.
Wie weit Kreisky hier einer tatsächlichen Diskussion ausweichen wollte,
kann ich nicht beurteilen. Sicher ist nur eines, dass eine solche
Diskussion auch nichts gebracht hätte. Ich amüsiere mich innerlich
immer, wenn nach jeder Wahl erklärt wird, jetzt müssen wir das genau
analysieren und aus diesen Analysen werden dann entsprechenden Konse-
quenzen gezogen und Überlegungen und Verbesserungen angestellt.
In Wirklichkeit arbeiten nachher die Meinungsforscher und Statistiker
irgendwelche Analysen aus, die kein Mensch mehr liest, meistens
gar nicht auch einem grösseren Kreis zugänglich gemacht werden
und nach kürzester Zeit ist alles vergessen. Typischstes Beispiel
war Graz, dort hat Marsch gross angekündigt, dass die Analyse veröffent-
licht wird, weil sie ja die grosse Masse der Massenmedien und auch
der Bevölkerung interssieren würde, Kreisky hat das sofort in Partei-
vorstand damals gestoppt, Endergebnis ist, dass kein Mensch mehr heute
über Graz und die Analyse spricht. Kreisky hat, wenn er dies aus Über-
legungen macht, ja selbst wenn er dies nur gefühlsmässig macht, in
meinen Augen vollkommen recht. Wenn erst einmal in der Partei verlorene
Wahlen riesig analysiert werden, grosse Debatten entstehen, dann wird
es bald heissen, die SPÖ und insbesondere Kreisky ist doch auf der Verlie-
rerstrasse und wer einmal dieses Image hat, kommt davon kaum weg. So ist
es auch der ÖVP in der Alleinregierungszeit gegangen.
Das Gespräch mit den mineralölindustriellen Internationalen Gesell-
schaften, ÖMV, Zentralstelle für die Mineralölwirtschaft, die gleich-
zeitig auch Handelskammerorganisation ist, brachte keine neuen Gesichts-
punkte. Alle versicherten, die Versorgung sei gesichert, die ÖMV wird
im November um 25 % mehr Heizöl ausliefern und wir werden heuer eine
36 %-ige höhere Auslieferung zu verzeichnen haben. Trotzdem kommt es
nach wie vor zu Versorgungsschwierigkeiten in einzelnen Gebieten und
Tankstellen. Die Firmen versichern mir, dass eben nach wie vor ungeheure
gehamstert wird. Sie selbst geben nur in Raten an die Letztverbraucher
ab, damit eben die Kleinstverdiener oder ältere Leute, die sich grös-
sere Vorräte nicht anlegen können, doch zu ihrem Heizöl kommen. Eine
Vorgangsweise, die ich ausdrücklich als begrüssenswert unterstrich.
Interessant war, dass sich dabei herausstellte, dass unser Haus Ölstati-
stiken seit Jahrzehnten bekommt, die in Wirklichkeit aber kaum irgendwel-
che Schlüsse zulassen. Bis zur Krise wurden die rollenden Transporte nicht
als Auslieferung betrachtet und erst jetzt werden sie den Tankstellen
zugeschlagen. Dass man während einer kritischen Phase die Statistik
wechselt, ist einmalig. Dies hätte müssen auf alle Fälle der Abteilung
Schleifer auffallen, denn letzten Endes verlangt sie ja immer ihre
Kompetenz gewahrt und ist ausserstande, auch nur die primitivsten
Schlüsse resp. Analysen vorzulegen. Falls es wider Erwarten einmal
zu einer Diskussion kommen sollte, warum wir diese Kompetenzverschiebung
gemacht haben, dies ist glaube ich wirklich ein schlagender Beweis
und ein gutes Argument, warum wir eine Reorganisation vornehmen mussten.
Ich habe die Mineralölwirtschaft nicht im Unklaren gelassen, dass
wenn ich jetzt auf Grund des Rohstofflenkungsgesetzes die Möglichkeit
hätte, Anordnungen und entsprechende Verteilungsbestimmungen zu erlassen
ich dies machen werde, wenn nicht auf freiwilliger Basis alle Unterlagen
die wir dringend brauchen geliefert werden. Ich glaube mit der Drohung
der Anordnung im Hintergrund werden jetzt die entsprechenden Information
und Verteilungsvorschläge tatsächlich mit uns entsprechend abgesprochen
und abgestimmt werden.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Wer merkt diese Einzelgegebenheiten vor, wenn
wir sie einmal zum Verteidigung unserer Personal-
politik brauchen.
Das Österreich-Gespräch in Neunkirchen war eine der üblichen Partei-
veranstaltungen. 100 Besucher, ich glaube zu 99 % Genossen, stellten
teilweise schon scheinbar von ihnen vorher schriftlich festgelegte Fra-
gen. Ich glaube nicht, dass dies heute noch werbewirksame Informations-
möglichkeit für die Parteigenossen und schon gar nicht für die Indiffe-
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renten, darstellt. Einen besseren Vorschlag kann ich leider auch
nicht machen.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Als die Österreich-Gespräche geschaffen wurden,
waren sie sicherlich der letzte Hit. Heute
sind sie überholt, wann fällt den Propagan-
disten etwas neues ein ?
Tagesprogramm, 25.10.1973