Samstag, 24. November 1973
Bei der Besichtigung der Gas- und E-Werkseinrichtungen der Stadt Wien
merkte ich so beiläufig, dass in HInkufnt alle Wirtschaftsbetriebe und Ge-
sellschaften der Stadt in eine einzige grosse Holding ähnlich der ÖIAG
zusammengefasst werden sollten. Diesen Plan hat Gratz, in weiss nicht
von wem, initiiert ausgesprochen Nekula erwiderte darauf mit REcht, dasss
das er und ich nicht mehr erleben werden. Er kann sich nicht vorstelen,
wie die E-Werke mit der ASDAG gemeinsam geführt werden könnten. Ich
kann mir zwar sehr gut vorstellen, dass eine Konzentration in einer
Holding möglich wäre, wenn ein enstpechend starker Mann gefunden wird.
Dieser müsste ein ungeheuer politisches Gewicht und gleichzeitig ein
ausgezeichneter Fachmann sein Ob Gratz einen solchen Mann hat, weiss ich
nicht. Ohne diese Persönlichkeit aber ist sein Plan sicherlich zum
Schweitern verurteilt. Kreisky hatte seinerzeit als er die ÖIAG zu besetzen
hatte, auch sich zuerst sehr starkgemacht und musste dann erleben, dass
die starken Leute, die er im Auge gehabt hat, ihm absagten. Als er dann
Geist präsentierte, meinte er, das sei ein guter Mann der in Deutschland
asl Österreicher sich einen grossen Ruf erworben hat. Aus nebensächlichen
Bermerkungen bemrkte ich abe damals, dass er doch indirekt zugab, zur
ersten Garnitur gehört er nicht.Im Kompetenzdschungel im politischen Klein-
krieg hat sich Geist bis jetzt nicht durchsetzen können. Nicht zuletzt
hat er auch wahrscheinlich von Kreisky nicht die Rückendeckung und die
Bewegungsfreiheit gehabt, die ein Generaldirektor eines solchen grossen
Konzernes notwendig hätte.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Wie können wir erfahren, von wem die Konzeption
stammt und wer dafür in Aussicht genommen ist.
Die Aussprache mit der ÖMV und den internationalen Gesellschaften, da es
sich um Bewirtschaftungsfragen und Verteilungsfragen handelt, hatte ich
auch Elsinger und Mayer sowie Gehart als ERgänzung dazu gebeten, verlief
schlechter als ich sie erwartet hatte. Frank, der das letzte Mal schon
dabie war, versuchte immer in der Gesamtkonzeption eine Lösung zu finden.
In Wirklichkeit handelt es sich aber nur um eine kurzfristige Über-
brückung eines eventuell auftretenden Notstandes bei Heizöl, schwer.
Elsinger möchte gerne verlässliches Material bekommen und hofft mit den
Marketingleuten der internationalen Gesellschaften und von Martha und Elan
das notwendige statistische Vergleichsmaterial der ersten drie Quartale
1973 und 1972 als Grundlage für seine Dispositionen zu bekommen.
Da es sich, wenn wir zu Kürzungen kommen, um sehr entscheidende Ein-
schnitte für einen Betrieb handelt, müssen wir die Auslieferungsziffern
für jede einzelne Firma haben. Ich verpfändete deshalb mein Wort, dass
wenn die sehr konkreten Unterlagen, die aus Konkurrenzgründen für eine an-
dere Firma von grösstem Interesse wären, ei uns im Handelsministerium
ELsinger gegeben werden, dass nur er dieses Material bearbeitet und damit
in seiner Verantwortung bleibt. WEnn nämlich ein zweiter doer dritter
zugezogen wird, abgesehen davon, dass ich gar niemanden hätte, Min.Rat
Mayer erinnert sich meiner Meinung nach dafür überhaupt nicht, dann be-
steht die GEfahr, dass wenn zwei davon wissen, die absolute Garantie
der Vertraulichkeit nicht mehr gegeben ist. Kreutler hat dann den ver-
nünftigsten Vorschlag gemacht. Er eminte, dass jede Firma bereits für
Dezember die Auslieferungslisten besitzt. Auf diese soll er vermekren,
ob der einzelne Abnehmer gut versorgt ist, schlecht versorgt ist und die
Mengen, die er seinerzeit geschlossen hat, auch tatsächlich braucht. Da
mit bekommen wir entsprechende Hinweise, wie wir die Kürzung vornehmen
sollen und können. Die Ölgesellschaften erklärten sich ausserstande, von
sich aus diese Kürzungen vorzunehmen, weil sie dann mit ihren Abnehmern
selbstverständlich in einen Konflikt geraten. Die politische Verantwortung
werde also auf alle Fälle cih tragen müssen. Da ich überzeugt bin und weil
wir hier in privatrechtliche Verträge eingreifen, müssen wir das Roh-
stofflenkungsgesetz als unsere Grundlage heranziehen. Es wird deshalb
notwendig sein unverzüglich eine Verordnung zu erlassen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: UND GEHART: Bitte die diesbezügliche Verordnung sofort
vorberieten.
Ich hatte bereits bei der Besichtigung des Gaswerkes und E-Werkes der Stadt
Wien Reisinger darauf aufmerksam gemacht, dass mit einer Kürzung der Zu-
lieferung für die so gut versorgten E-Werke gerechnet werden muss. Bei
der Gemeinde Wien, bei der STEWEAG und ein kleiner Teil bei NÖ, da die
NEWAG mit 95 % Gas ihre E-Werke betreibt, liegen fast 430.000 t. Kreutler
rechnet, dass er für Dezember und Jänner 50.000, dieer sonst liefern müsste
storniert und damit andere Firmen beteiligen könnte. Kreutler hat
auch vernünftigerweise gesagt, dass eine eiserne Reserve für Dezember
und eventuell Jänner von 10.000 t Elsinger zur Verfügung gestellt werden
müssten, damit er eventeull auftretende dringende Fälle sofort beliefern
könnte. Die internationalen Gesellschaften rechnen noch immer mit ent-
sprechenden Importen aus Italien und der BRD und teilweise aus der Schweiz.
Gleichzeitig aber haben sie das Gerücht gehört und verbreiten es auch,
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dass die Schweiz jetzt ebenfalls die Ausfuhr drosselt, resp. sogar
sperrt. Ich habe von Brugger, als ich über dieses Problem mit ihm
in Genf verhandelte, nichts dergleichen gehört. Im Gegenteil, er meinte
mit Heizöl seien sie gut versorgt und ich habe ihm sogar noch gesagt,
ob er eventuell eine grössere Menge liefern könnte. Wir hatten vereinbart
am Montag telefonisch in Verbindung zu treten.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte Telefongespräch herstellen.
Bei der Benzinauslieferung stellte sich heraus, dass die Internationale
immer noch hoffen, grössere Mengen aus Deutschland aber auch aus Italien
zu bekommen. Sie haben sich deshalb ganz entschieden auch gegen die Herab-
setzung des Oktangehaltes gewehrt. Ihre Begründung war, dass damit der
Westen aus den Importbenzinen bessere Qualität bekommt als die von der
ÖMV ausgelieferten Superbenzinmengen. In Wirklichkeit aber fürchten sie
um ihren Markenruf, die ÖMV profitiert bie einer Herabsetzung von
Super 98 Oktan auf 96 Oktan am meisten und sie schlugen deshalb
als Kompromiss vor, 97 Oktan, die sie noch akzeptieren könnten, ohne
eine Bleizusatzerhöhung. Grünwald der Techniker, stritt sich mit ihnen
über die einzelnen Details, letzten Endes aber musste auch er zugeben,
dass maximal die zu erwartende Rechnungsmässige Menge von 1.000 t Mehr-
ausbeute durch Oktanherabsetzung maximal 1.000 T die Ausbeute durch
eventeull schlechtere Vergasereinstellung und ich weiss was nicht noch
alles, wieder zum grössten Teil verloren geht. Kreutler wollte dann
gleich die Flinte ins Korn werfen und meinte, wir sollten dann überhaupt
nichts ändern. Da wir aber allein aus optischen Gründen der Welt bewei-
sen müssen, dass wir sehr wohl auch Massnahmen setzen, schlug ich dann
als Kompromiss die Herabsetzung um 1 Oktan vor, niemand kann prüfen,
selbst wenn sie 2 Oktan in der ÖMV in der Produktion herabsetzen, wie
mir Bauer versicherte. Die Internationalen waren über dieses Kompromiss
sehr befriedigt, sprachen mir dort auch spontan einen Dank aus
es dürfte ihnen also wirklich sehr an dieser Frage gelegen sein. Bezüg-
lich der Sonntagssperre der Tankstellen wollten sie nur eine Empfehlung
machen, haben aber dann auch auf Vorschlag von Bauer, der erklärte,
Martha und Elan werden auf alle Fälle schliessen, sich bereiterklärte
ihre Stationäre anzuweisen, dass sie ebenfalls am Sonntag sperren sollen.
Da diese Massnahme frühestens Mitte nächster Woche verlautbart, weil er
für nächsten Sonntag in Kraft gesetzt werden kann, wird, habe ich noch
Gelgenheit, mir zu überlegen, ob und inwieweit diese Empfehlung gegebenen
fallssdurch eine Anordnung erzwungen werden könnte. Gehart selbst und
auch Frank meinten, dass vielleicht die Länder auf irgendwelcher gesetz-
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licher BAsis so etwas erzwingen könnten, ich kenne solche Vorschrif-
ten.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte lass sofort recherchieren, ob es Ermächtigun-
gen der Landeshauptleute auf Grund von Landesgesetzen
gibt.
Da mir bei der Besichtigung Reisinger mitteilte, dass es un zwischen
der ÖMV und der Austria-Ferngas wegen der Errichtung von Speichern
für Gas un leeren Ölkammern grosse Differenzen gibt, habe ich ihm vor-
geschlagen, dass wir uns anschliessend an die Sitzung treffen werden.
Bei einem Arbeitsessen im Hotel de France, an der Frank, Bauer, Feich-
tinger, Kreutler und Reisinger teilnahmen, einigten wir uns vorerst, da
dass die E-Werke tatsächlich die 50.000 t Heizöl schwer zur Verfügung
stellen können. Sollte es allerdings zu einer Forderung des Magistrates
wie schon einmal an die Stadtwerke kommen, dass sie aus ihren Ölvor-
räten auch die Spitäler beliefern müssen, dann könnte Reisinger diesen
Wunsch nur erfüllen, wenn gleichzeitig vorgesorgt ist, dass die Spitä-
ler resp. die E-Werke in weiterer Folge Priorität 1 habe. Auf Wien würde
von den 50.000 t 35.000 nach Reisingers Berechnungen entfallen. Den
Rest müsste insbesondere die Steweag und einen Teil NÖ bringen.
Frank hat übernommen, diese Frage zu klären.
Bauer hat dann schon vorher mir und anchher Reisinger vorgeschlagen,
er hielte es für zielführend, wenn über die offenen Probleme zwischen
der AFG und der ÖMV einmal ein Vier-Augen-Gespräch zwischen ihm und
Reisinger stattfinden. Bei diesem möchte er die offenen Fragen frei-
mütigst diskutierten und wie er überzeugt ist auch zu einer gemein-
samen Auffassung bringen. Der ÖMV schwebt vor, dass jetzt eine Be-
reinigung der Gasfrage erfolgen sollte. Bauer sowie die gnze ÖMV hofft
dass die Produktion, die Verteilung, die Speicherung ausschliesslich
Angelgenheit der ÖMV , die Abgabe aber an die Letztverbraucher ausschl
schliessliche Angelegenheit der Gas-Gesellschaften ist. Allerding
haben die ÖMV vor längerer Zeit mit der AFG gemeinsam einen Erdgas-
speicher geschaffen. Jetzt glaubt Bauer ist der Zeitpunkt gekommen,
wo sie in Hinkunft nur mehr allein diese Erdgasspeicher anlegen
und sozusagen die AFG und die einzelnen Länder bereit sind, diese
Einschränkung ihrer bisherigen Tätigkeit zu akzeptieren. Ich bin
gespannt, ob ihm ein solches Kompromiss tatsächlich gelingt. Da
ich mit dieser Frage jetzt momentan nicht konfrontiert werde, sehe
ich keinen Grund, mich einzumischen. Ich darf weder als ein Sprecher
geschweige denn als ein Vertreter der ÖMV angesehen werden und möchte
daher mich auch nicht in dieser Richtung exponieren. Ich kann nur,
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wenn ich die Funktion weiter so wie bisher erfolgreich durchführen
möchte, mich als unparteiischer Richter, wenn beide Teile es wünschen,
einschalten.
Bauer erzählte mir, dass ihn Käptn Eder angerufen hat und von ihm neuer-
dings einen Konsulentenvertrag verlangt. Er könnte auf Brung seiner Ver-
bindung zu Gwischiani der ÖMV die entsprechenden Ölmengen verschaffen.
Er hat sich neuerdins darauf berufen, dass ich ihn kenne, resp. dass
ich fast daran interssiert bin, dass er diese Funktion erfüllt. wenn
mihc mein Gedächtnis nicht trügt, hatte ich den Mann noch nie gesehen,
vor allem aber habe ich ihm garantiert niemals auch nur im entferntesten
die Hoffnung gemacht, dass er meinen Namen oder mit meinem Wissen oder
auf meinen Wunsch eine solche Funktion zu erfüllen hätte. Es ist nicht
zu glauben, wie immer wieder Menschen, die nichts anderes haben als
eine gewisse Beziehung zu gewissen Leuten, die andererseits vorgeben, dass
sie gewisse Leute kennen, versuchen, daraus Kapital zu schlagen und
sich dann womöglich noch als grosse Patrioten so wie unlängst der
Mann, der die Erdgasmengen liefert möchte, ausgeben und in Wirklich-
keit nichts anderes als Geschäftemacher sind. Schön langsam beginnt mich
ideser Herr Eder zu interessieren. Ich werde mich aber hüten, von mir
aus gesehen mit ihm in Kontakt zu treten. Bauer ist aber überzeugt, dass
er früher oder später sich sowieso sich bei mir melden wird.