Montag, 17. Dezember 1973
Beim jour fixe mit Sallinger und Mussil kam ich auh auf Dr. Busek
den Generalsekretär im Wirtschaftsbund zu sprechen und schlug vor,
wenn sie entsprechende Vertretung im Handelsministerium wünschen,
dass ihc diesen Mann sofort übernehmen würde. Sallinger ist sehr
stolz auf ihn, Mussil versicherte, er hat eine grosse Karriere vor
sich und sie denken nicht daran, ihn abzustellen. Ich habe dies
auch gar nicht erwartet, aber man soll mir nicht vorwerfen, dass
ich mich nicht um gute Leute auch von ihnen bemüht hätte.
Mussil möchte neuerdings die Bürges nicht nur von 200.000 auf
300.000 S Zinszuschussrahmen erhöhen sondern auch neben der Vor-
aussetzung einer Bewilligung nicht nur die ausreichende Besicherung
sondern uach wenn eine ungenügende Rentabilität vorliegt, die Richt-
linien erweitern. Er meinte, dass die Banken heute, wo Haftungs-
übernahmen der Kreditinstitute von 20 % vorgesehen sind, für diesen
Betrag die Banken Sparbücher als Deckung verlangen. Dies war der
Grund, um Mussil neuerdings auseinanderzusetzen, dass wir die
Bürges wirklich nur zu einem Bürgschaftsinstitut ausbauen sollten,
dafür aber den Unternehmungen Barzuschüsse geben, wie dies bei
der Komfortzimmeraktion der Fall ist. Mussil erklärte, er wird sich
dies durch den Kopf gehen lassen.
Beim Journalistenfrühstück hatte sich Metzner einen ganz guten Gag
ausgedacht, er hat mir die Gesetzessammlung aller Kraftfahrge-
setznovellen und Durchführungsverordnungen und Strassenverkehrsord-
nungen und -durchführungsverordnungen in einem zeh Zentimenter
hohen Stapel überreicht. Damit konnte er schon optisch beweisen,
was in dieser Zeit alles auf dem Strassensektor und Kraftfahr-
sektor geleistet uwrde. Ich selbst habe ihm dies dann wieder mit
der Bemerkung zurückgegangen, dass ich die Verrechtlichung auf
dem rein technischen und wirtschaftlichen Gebiet für einen Wahnsinn
halte. DAbei unterstrich ich allerdings, dass ich den Rechtsstaat
nachdem ich in einem Un-Rechtsstaat selbst gelebt und gelitten habe
sehr zu schätzen weiss. Ich fürchte aber ernstlich, dass damit
der Rechtsstaat sich ad absurdum führt. Degischer berichtete
über die Produktendeklaration, wo wir heute das PD auch in Form
der Werbung zulassen wollen, ohne dass die einzelnen Kennzeichnungs-
elemente aufgezeigt werden müssen. In der Lebensmittelkennzeich-
nungsverordnung, die jetzt endlich unterschrieben ist, aber erst
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mit 30. 6. 1975 in Wirksamkeit tritt für den Erzeuger und Importeur
und beim Kleinhändler erst ein Jahr später überhaupt wirksam wird,
ist eine lange Phase von Verhandlungen endlich abgeschlossen.
Da von den Journalisten die Frage auftauchte, ob auch Milch darunter
fällt, konnte ich zur Erklärung, warum es so lange gedauert hat,
gerade an diesem Biespiel demonstrieren, dass es eben nach jahrelangen
Verhandlungen möglich war, ein Kompromiss zu erzielen. Wenn ich denke
wie lange wir hier wirklich gearbeitet haben, erscheint mir dieses
Ergebnis zwar mühevoll errungen, aber dafür umso wertvoller. Hätten
wir nicht in diesem Jahr das Kompromiss auch bei der Handelskammer
durchgebracht. hätte ich im nächsten Jahr, wo ich die alleinige
Kompetenz bis zum Inkrafttreten des Lebensmittelgesetzes habe,
wahrscheinlich einen wesentlich stärkeren Druck von der Handels-
kammer auf einer weniger einschneidenden Lebensmittelkennzeichungs-
verordung gehabt.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Du hast Dich so am Zustandekommen der Verord-
nung strapaziert, mach jetzt wenigstens einen
guten Propagandafeldzug für diese Deine Arbeit.
Die Verhandlungen mit den internationalen Mineralölgesellschaften
und mit der ÖMV soll sich nur in einem kleinen Kreis abspielen.
Ich war deshalb sehr erstaunt, als ich bemerkte, dass neben Elsinger
und Frank die bisher nur den Sitzungen beigezogen wurden, Römer
mit Neuhold und auch Min.Rat Mayer kommen wollten. Ich habe Römer na-
türlich erklärt, dass sein Vertreter der Sektion III teilnehmen sollte
Frank für die Energiekoordinierung und Elsinger eigentlich aug
Grund seiner jahrzehntelangen Erfahrung aber auch wenn man so will
als Angehöriger der Sektion II. Ich glaube wir sollten bei dieser
Einschränkung bleiben, Gehart hätte als Sekretär für die
Energiekoordinierung daran teilnehmen können. Fabrizii, wurde mir
gesagt, ist nur ausnahmsweise gekommen, weil wir den Ministerrats-
vortrag fertig machen müsstne. Die Ergebnisse der Diskussion waren
sehr interessant für mich. Die Ölgesellschaften waren mit dem einen
autofreien Tag zufrieden, der Vorschlag, dass die Ölgesellschaften
als Service für ihre Kunden die Pickerln zur Verfügung stellen,
wird sicherlich aufgegriffen werden. Die Frage Kreutlers, ob man
nicht dann gleich festlegen sollte, welche Propaganda damit gemacht
werden kann, ähnlich der Parkscheibe, wurde von den Internationalen
aber auch vor allem von mir insoferne negativ entschiedne, als ich
erklärte, mich hier nicht einzumischen, da es sich um eine private
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Absprache der Ölfirmen handeln könnte. Hofstetter sagte mir nachher,
dass Benya wegen des Pickerl-Beschaffens der einzelnen Autofahrer
sehr ungehalten ist, ich bin allerdings überzeugt, dass sich keiner
ein Pickerl malen muss, sondern zumindestens in den Zeitungen als
Service-Leistung eine solche Serie beigegeben wird. Wichtig ist nur,
dass so schnell wie möglich das Verordnungsblatt mit der genauen Be-
schreibung des Pickerls erscheint. Ich habe Schanovski ersucht, er
soll mir einige Entwürfe machen, damit nicht irgendein jämmerliches
graphisches Bild entsteht.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Dränge bitte, dass die Verordnung so schnell
wie möglich fertig wird, wobei man aber gleich-
zeitig die endgültige graphische Gestaltung
schwarz auf weissem Papier ohne Einfassung
einem Graphiker überlassen sollte.In der
Verordnung wird nur ein Beispiel gedruckt.
Der Graphiker müsste aber dann alle sieben
Tage und das S für Sondergenehmigung in einem
Streifen zeichnen, nur dann entsprechend ver-
vielfältigen,und Ölgesellschaften, Unterneh-
mungen, Haftpflichtversicherungen, den Kraft-
fahrverbänden zur Verfügung stellen, damit sie
bereits jetzt mit dem Druck der Pickerln
beginnen können.
Die Jänner-Versorgung ist einigermassen gesichert, bei Heizöl schwer
könnte sich dann im Feber eine Verknappung einstellen, weshalb
Kreutler unbedingt eine gewisse Reserve anlegen will. Wir einigten
uns, dass die Ölgesellschaften 3 % ihrer Zuteilung als Reserve zurück
halten müssen, wir uns am 14. Jänner wieder treffen, bis dorthin unge
fähr die Hälfte ausgeliefert ist und dass das jetzt vorhandene Lager
der Internationalen bei der ÖMV von 20.000 t nicht angegriffen wird.
Kreutler möchte ein grösseres Lager und deshalb die Grossbezieher
nur mit 90 % ihrer Wünsche beliefern. Ich bin eigentlich deshalb gegen
eine solche Idee, weil man damit den Grossen die ganze Restriktion
auflegt. Die Kleinen bekommen dnn 100 % nach ihrem Bedarf ausgeliefert
Messinger von der Zentralstelle der Mineralölwirtschaft meinte, es
sei genug Heizöl derzeit noch vorhanden und die Firmen lehnen ins-
besondere teurere Heizöllieferungen aus dem Ausland ab. Hier
schlug ich Kreutler vor, die ÖMV soll ein z.B. 2.000 t umfassendes
Lager von teurem Heizöl aus dem Ausland sich anlegen, damit wenn
jemand kommt udn erklrt, er müsste jetzt Heizöl unbedingt haben,
uf dieses Lager verwiesen werden kann. Meistens wünschen die Unter-
nehmer ja mit dieser Forderung nichts anderes als eben billiges
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inländisches Heizöl.
Dolinay vom Fachverband der Elektroindustrie kam mit einer Be-
rechnung, dass der frühere Schluss vom Fernsehen nur eine ganz
geringe Menge von 0,0.. und dann erst etlichen Prozent Strom vom
Gesamtverbrauch erspart. Ich habe Frank gleich aufmerksam gemacht,
dass es viel zielführender ist, selbst eine Berechnung anzustellen,
als wie anzunehmen, dass auf die von Gruber in der Fernsehdiskussion
erwiesenen 0,3 % Ersparnis der Fachverband, auf den er sich verlassen
hatte, dann eine andere Ziffer bringen wird.
Die Präsidialsitzung des Europa-Institutes verlief harmonischer
als ich erwartete. Sowohl Benya und Hrdlitschka als auch Sallinger/
Mussil waren voll damit einverstanden, dass der Vorstand so wie bisher
weiter arbeiten soll. Bezüglich des Budgets von 660.000 S schlug zu
meiner grössten Verwunderung die Handelskammer vor, dass sie nur einen
Teil davon tragen könnten. Ich selbst habe überhaupt nicht erwartet,
dass sie etwas übernehmen. Wir einigten uns daher gleich grosszügig
auf einen Schlüssel 2:1, Ein Teil die Interessensvertretung und zwei
Teile das Handelsministerium. Der Delegierte der Handelskammer Dr.
Melis wird weiterhin alle Details mit Wanke, der als Vertreter der
Arbeiterkammer und des ÖGB gilbt, besprechen.
Im Ministerrat verwies Kreisky auf sein Interview des Volks-
blattes mit dem ägyptischen Staatssekretär in Kairo, wo de Reporter
durch ununterbrochenes Fragen, ob durch die nur scheinbare Schliessung
von Schönau und Verlegung nach Wöllersdorf nicht eine Gefahr für
einen weiteren Anschlag besteht. Der Staatssekretär konnte sich dann
nicht mehr anders helfen, als dass er eben erklärte, das sei möglich
bis wahrscheinlich. Kreiyky aber auch Broda sehen darin eine
ungeheure Gefahr, weil dadurch die Palästinenser fast ermutigt
und aufgefordert werden, aus der Polemik heraus jetzt irgendwie
gegen Wöllersdorf oder Österreich zu agieren. Das Einmalige dabei
ist noch, dass der ORF im Fernsehen angekündigt hat, dass morgen ein
Interview im Volksblatt erscheint. Es erspann sich dann eine lange
Diskussion, ob man wegen der Art der Darstellung und ganz besonders
weger der Gefahr in der ein solche Interview österreichischer wikr-
lich bringen kann, nicht eine dringliche Anfrage machen sollte. Kreisky
meinte mit Recht, dass die ÖVP zuerst die sofortige Rücknahme des
Beschlusses verlangt hat und jetzt die Reporter der ÖVP ausziehen
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um scheinbar mit aller Gewalt gegen den neuen Beschluss der Regierung
nämlich als unvermeidliche Durchgangstation das Rote Kreuz-Lager in
Wöllersdorf heranzuziehen mit allen erdenkltichen Mitteln Stimmung
zu machen.
Für die Sternaktion über Äthiopienhilfe, die 200.000 S erbracht hat, wir
die Bundesregierung ebenfalls einen solchen BEtrag zur Verfügung
stellen. Für den getöteten Kranführer, der 4 Kinder hinterlässt,
wird die AZ eine Aktion starten und sich die Bundesregierung auch
dran beteiligen.
Für die grosse Werbeaktion der Bundesregierung: Energie sparen,
solle 4 Büros und zwar Lintas, Wirts, intrn. Werbegesellschaft
und Progress zur Offertstellung geladen werden. Die Propaganda und
Koordinierung liegt beim Bundeskanzleramt und deshalb wird Kreisky
das selbst in die Hand nehmen und finanzieren. Bin ich froh, dass
ich damit nichts zu tun habe, denn diese Propaganda. die jetzt von
ihm aufgezogen werden sollte, könnte ihm wahrsheinlich niemand zu
seiner Zufriedenheit machen.
Ich berichtete über die Massnahmen, die bereits ergriffen wurden dun doe
morgen noch im Ministerrat von mir in einem mündlichen Vortrag beantragt
werden. Leiderist die Übersendung der Unterlagen unterblieben,
Heindl hat ein Paket mitbekommen und hat es, da er nicht wusste,
was drinnen war, auf meine Bank gelegt, statt in das Ministerratssitzungs-
zimmer zu bringen, sodass ich nur mündlich berichten konnte. Sinowatz
erklärte, er hätte sich beretits jetzt entschlossen, eine Woche Ferien
zu geben. Damit habe ich auch auf diesem Umweg einen langen Forderungs-
punkt der Fremdenverkehrswirtschaft erfüllen können. Bis jetzt hat
es Sinowatz und insbesondere die Lehrer ganz entschieden abgelehnt,
im Feber eine zusammenhängende Woche den Schülern freizugeben. Wenn
es nach mir gegangen wäre, hätteman ja dafür den einen oder anderen
schulfreien Tag opfern können. Ich sehe nicht ein, waurm ein Direktorsta
und ich weiss nicht was sonst noch alles, vom Landesheiligen angefangen
bis zu irgendwelchen anderen freien Tagen umbedingt weiter existieren
müssen. Ähnlich aber wie bei der Einführung der Tempobeschränkung 100
habe ich auch hier jetzt einen Teilerfolg erzielt, der sobald auch nicht
mehr wieder abgeschafft wird. Ich habe uahc bereits angekündigt,
dass der Bundeslastverteiler am 8. Jänner zusammentreten wird, um
die entsprechenden Stromsparmassnahmen zu beschliessen. Bezüglich
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der TV-Programme-Verkürzung wird Kreisky einen Brief an den Intendanten
schreiben.
Kreisky liess auch einen Film über die Affäre Schönau, d.h. die
Geiselnahme und Befreiung vorführen. Ich weiss nicht, was mit diesem
Dokumentationsstreifen geschehen soll. Dass ihn noch jemand aufführt,
kann ich mir nicht vorstlelen.
Über die Fondskoordinierungssitzung ärgerte sich Kreisky angeblich
masslos. Das Ausgearbeitete Elaborat haben die Teilnehmer dieser
Sitzung, fast alle Genossen der Fonds- und Kontrollbank und
OeNB uns sonstigen Kreditinstituten waren anwesend, erst vor
der Sitzung erhalten. NIemand wusste, um was es sich handelt, niemand
konnte das Papier so schnell lesen. Kreiyky sagte auch, das liegt
am Fehler seiner Mitarbeiter und vertagte die Sitzung kurzerhand.
Während er damals bei der Vorbesprechung vermalngt hattte, es
müsste das Papier bis spätestens heute vorliegen, meinte er nun
dies sei ja nicht so eilig, man könnte, nachdem die Fonds ja nicht ni
in ihrer Substanz geändert werden sollen und nach wie vor in der Ver-
antwortung der einzelnen Minister bleiben, über dieses Problem auch
später diskutieren. ZUerst das VErlangen so schnell wie möglich
fertig werden und vorlegen, nachdem ja monatelang wirklich nichts
geschehen ist. Dann aber die Kritik man kann von den Sitzungs-
teilnehmern nicht velrangen, dass sie wie bei der Krolloper nur zum
Jasagen zusammenkommen, sondern man müsste ihnen sehr wohl Möglich-
keitne geben, die Idee un das Papier genau zu studieren.
Da Meister Leherb bei der Galerie Scheer seine neuen Drucke über
die Fremdenverkehrswerbungsplakate vorstellte, versprach
ich ihm auf alle Fälle noch zu kommen, auch dann, wenn es schon
später als 7 Uhr sein wird. Ich traf dort auch den Vertreter von
Bertelsmann, der die Poster jetzt vertreibt und wünschteihm
viel Glück zu dieser Aktion. Derjunge Mann meinte, es sei bereits
jetzt ein voller Erfolg, wobei er sich aber nicht genau aus-
drückte, was er untervollem Erfolg versteht. Ich habe Heindl darauf
aufmerksam gemacht, dass Leherb und auch Profohs grösste Bedenken
gegen Zolles. haben. Hier spielt sicherlich eine grosse Portion Ver-
ärgerung mit, weil Leherb erwartete, dass die Fremdenverkehrswerbung
insbesondere Zolles noch viel mehr für diese Aktion tut als er
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sowieos macht, wobei grösstenteils gar nicht dem Rechnungshof
entsprechende Abrechnungen vorliegen. Zolles hat zu diesem Zweck
von mir eine Pauschalabrechnung gewünscht, die ich mehr oder
minder dann auch tatsächlich akzeptieren musste. Auf der einen
Seitemuss ich zugeben, dass Leherb sich teilweise wirklich selbst-
los in den Diensten der ÖFVW gestellt hat. Auf der anderen Seite
gibt es aber den Rechnungshof und Kontrollen und zweifelhafte
Abrechnungen, die man jetzt pauschaliert und irgendwie aus der
Affäre herauszukommen versuht, befriedigen weder Zolles noch Leherb.
Die Künstler sind schon ein komisches Völkchen.
Tagesprogramm, 17.12.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)