Freitag, 21. Dezember 1973
Vor der Überreichung der Dekrete und Auszeichnungen an Beamte
des Hauses, fragt mich Böhm allen Ernstes, werden Sie auch
eine Ansprache halten ? Er hat scheinbar angenommen, obwohl
ich dies jetzt jahrelang schon mache, dass die anerkennenden Worte,
die ich bei dieser Gelegenheit immer wieder gegenüber den Beamten
zum Ausdruck bringe, Ausnahmen sind. Richtig ist, dass es mir
mit der Zeit schon sehr schwer fällt, neue GEdanken oder Überle-
gungen bei dieser Gelegenheit zusagen. Erstmalis ist, oder ich
kann mich zumindestens nicht daran erinnern, dass mir jemand bei
dieser Gelgenheit dankt und ebenfalls fröhliche Weihnachten und
ein glückliches Neujahr wünscht. Überrascht war ich, asl Sekt.Chef
Frank scheinbar spontan diese Funktion übernimmt.
ANMERKUNG AN ALLE: Wem fallen neue Gesichtspunkte und Ideen für
die Auszeichnungsfeiern von Beamten aber auch
Wirtschaftern usw. ein.
In der AK-Fraktion. wo ich kurz über die Energiesituation referiere
berichtet Zöllner, dass man im Fraktionspräsidium vorsieht die
Strompreiserhöhung in zwei Etappen – 10 – 12 % am 1.2.1974 und
6 % am 1.1.1975 – zu genehmigen. Bei einer Aussprache, die ich
abends mit Benya, Kienzl und während einer zeitweisen Anwesen-
heit von Lachs über dieses Problem führe, wendete sich Benya
aber auch Lachs ganz entschieden gegen eine Etappenregelung.
Der ÖGB ist abr einverstanden, dass ich mit l. Feber eine Strom-
preiserhöhung durchführe. Mein Vorschlag, auf einen Groschenbe-
trag zu gehen, schon allein wegen der Optik günstiger, wird akzep-
tiert. Für mich bleibt aber die Voraussetzung, bevor ich in
konkrete Verhandlungen eingehe, dass alle Landesregierungen die
Anträge ihrer Landesgesellschaften mit Brief anerkennen müssen.
Derzeit ist nur eine Bestätigung von Wien , Burgenland und
Kärnten eingetroffen.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte veranlasse, dass über die Landesgesell-
schaften die Landesregierungen so schnell
wie möglich dieses Bestätigungsschreiben
schicken.
Gen.Dir. Bauer von der ÖMV teilt mir die Ergebnisse der Gemisch-
ten Kommission mit der SU über Öl- ud Gaslieferungen mit. 1 Mill. t
Rohöl sei gesichert und auch 500 Mill. m3 Gas würde allerdings
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in Verkäufers Wahl, d.h. in Entscheidung der SU liegen, 1974 er-
wartet werden können. DArübe rhinaus wird sogar noch von weiteren
200 Mill. m3 gesprochen. Die SU behält sich aber vor, nur dann zu
liefern, wenn es ihre Produktions- und Leitungsmöglichkeit erlaubt.
Der Preis ist etwa doppelt so hoch wie der bisherige für die l,, 440,
m3. Die Ergebnisse sind strengst vertraulich und Bauer ist erschüttert,
dass Mitteilungen in die Presse erfolgten. Zuerst dachte er daran zu
dementieren, hat aber dann nach Rücksprache mit sowj. Seite davon
Abstand genommen. Ich wanrte ihn sowieso gleich, als diese Idee vor
Tagen auftauchte, weil sich dadruch nur die Situation verschlimmern
kann. Ich selbst werde nur erklären, wenn ich gefragt werden sollte,
dass es gelungen ist, eine Mehrlieferung zu erhaltne, die sich aus
Nachlieferungen und Lieferzusagen vor längerer Zeit zusammensetzt.
Da Bauer für Jänner die Landesgesellschaften zusammenruft, aber gleich-
zeitig auch für Linz-Chemie einen Teil dieser Gasmengen abtreten
will. fürchte ich, wird esnoch harte Auseinandersetzungen geben und
wahrscheinlich dann eine Polemik in der Öffentlichkeit. Wichtig ist
nur, dass wir nicht daran schuld sind, weder an den bisherigen Presse-
verlautbarungen noch an den weiteren, die wahrscheinlich kommen.
Bauer beschwert sich neuerdings, dass über die Errichtung der persisch-
österreichischen Raffinerie von Seiten Herrn Gen.Dir GEist ganz
konkrete Angaben dem neuen persischen Botschafter gemacht wurden.
Obwohl zwischen Geist und Bauer vereinbart wurde, dass nirgends
davon gesprochen wird. Bauer möchte von mir haben, dass ich mich
in diesen Koordinationsstreit einschalte, obwohl ich ihm dezidiert
erkläre, dass beide verstaatlichten Stellen sich selbst einigen müssen
oder dies Aufgabe des Bundeskanzlers ist, den ich neuerdings auf
dieses Problem hin angesprochen habe. Nach der Energiesitzung dränge
ich deshalb sowohl Geist als auch Bauer und Sekt.Chef Frank, der
dabei ist, meint, er wird sich bemühen mit einer Aussprache eine
einheitliche Linie zu suchen und dann einen gemeinsamen Vorschlag mir
gegenüber vertreten. Da ich überzeugt bin, dass diese Aussprache zu
spät kommt, der Schah kommt in einer Woche und wird sicherlich
irgendwelche Bemerkungen über dieses Problem machen und dann wahr-
scheinlich vom Bundeskanzler Zusagen bekommen,verlange ich bei der
Verabschiedung Kreiskys, dass jetzt und womöglich eine Vorentschei-
dung getroffen wird. Nach längerer Diskussion, bei der ich fest-
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stelle, dass Kreisky sehr wohl für diese zweite Raffinerie
für die chemische Industrie mit Rohstoff versorgen soll und
die 4 Mill. t Kapazität in Oberösterreich errichtet werden sollen,
in Wirklichkeit schon innerlich dazu entschlossen ist. Geist
hat also keinesfalls eigenmächtig ohne entsprechende Rückendeckung
des Kanzlers verhandelt, wie die ÖMV immer vermutet. Wenn der
Schah den Bundeskanzler in dieser Frage anspricht, oder Kreisky
selbst das Problem zur Sprache bringt, wird er vorschlagen, es
soll eine iranisch-österreichische Gruppe die Zweckmässigkeit einer
solchen Raffinerie und vor allem die entsprechenden ziffernmässigen
Unterlagen erarbeiten. Feichtinger flüstert mir, dass er niemals
annimmt, dass der Schah zustimmt, dass eine Raffinerie auf persischen
Öl aufbauend in Österreich errichtet wird. Bauer dürfte anderer
Meinung sein. Denn er selbst kommt aj ununterbrochen zu mir raunzen,
dass hier zu grosse Aktivitäten entwickelt werden. Jetzt verstehe
ich auch, warum Bauer vor etlichen Jahren schon immer wollte, dass
ich dafür kämpfe, dass sie aus der ÖIAG ausscheiden und so wie die
E-Wirtschaft schenbar direkt dem Handelsministerium unsterstellt
werden. Ich habe dieser Idee nieamsle eine reale Chance gegeben,
bin übrigens auch der Meinung,dass sie falsch ist, weil die verstaat-
lichten Betriebe natürlcih in einer Hand zusammenbleiben müssen und
habe diesen Wunsch daher imme abgelehnt. Hier wäre ich ganz schön
in des Teufels Küche gekommen.
Personalvertreter Engelmeier bespricht mit Bukowski und mir
ihre Wünsche. Durch die Eingliederung der ZAE in das Ministerium
müsste die Personalvertretung jetzt in der doritgen Dienststelle
in dem Zentralausschuss aufgeben. Sie haben eine Funktionsteilungsver-
ordnung vorgesehen und Engelmeier möchte dafür meine Zustimmung.
Ich erkläre, dass ich dies prüfen werde und Bukowski wird sich überle
gen, ob wir dem zustimmen können. Für unsere burgenländischen Steno-
typistinnen 40 an der Zahl soll ein Werksverkehr errichtet werden.
Derzeit zahlen wir 18.000 S Fahrzuschüsse, die maximal um 6.000 S
erhöht werden müssten und es wäre dann erstmalig, dass auch ein
Bundesdienst ein solches Service entwickelt und die Arbeitskräfte
an Handelsministerium zu binden, wäre eine solche Einführung
sehr zweckmässig. Imletzten, Gott sei Dank blinden Bombenalarm hat
sich herausgestellt, dass niemadn weiss, was geschehen müsste, die
Portiere z.B. haben die Tore geschlossen und neiamnd hinausge-
lassen, was nur zu einer Panik bei gewissen Angestellten führte.
Ich verspreche, dass dieses Problem mit Rösch erörtert wird,
ob und welcher Alarmplan zu erstellen sei. Ebenso wird mit
Leodolter über einen betriebsärztlichen Dienst und vor
allem über die Errichtung einer Ersten-Hilfe-Station nicht perso-
nell aber zumindestens mit einer TRagbahre und Verbndszeug ausgerü
stet zu reden sien. Wichtig erscheint mir die Beschwerde, dass
as Präsidium überfordert ist, denn die Präs. C ist nicht imstande,
die Überstunden- und die Zulagen durchzurechnen . Gerade die
kleinsten Leute, die Kanzlisten müssten noch immer auf ihre
berechtigten, sowieso kleinen Schillingbeträge warten.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI UND WANKE: Dies sit die beste Begründung,
warum wri die Präs. C nicht weiter belasten
und desahlb die Auskunftssuchenden als erste Pha-
se bei uns im Büro und dann bei Puffler empfan-
gen werden. Bitte diese Begründung um Hause
verbreiten.
Engelmeier gibt zu, dass er vorerst grosse Bedenken gegen das
Ausbildungs- und Fortbildungsprogramm, welches wir insbesondere
mit der Managementschulung unserer Beamten eröffnet haben, ge-
habt hat, jetzt muss er feststellen, dass sich ein Grossteil
der Angestellten wie eine September-Umfrage von ihm ergab,
die Aus- und Fortbildung sehr interssieren. und er fürchtet,
dass diese einschläft.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Ist glaube, man sollte wirklich ein neues
Programm auf breiterer BAsis als bisher
entwickeln.
Engelmeier möchte auch meine mittelfristige personalpolitische
Zielsetzung kennenlernen und ich erkläre nur, dass ich weitest-
gehend mit den vorhandenen Beamten auskommen müsste und auch
die neue Energiesektion nur schwerpunktmässig vereinzelte Auf-
nahmen erwarten kann. Die Bundesregierung ht einen de-facto-Auf-
nahmestop für die allgemeine Verwaltung vorgesehen, Die Reorga-
nisation des Hauses muss deshalb immer mit dem derzeitigen
Beamtenstock rechnen. Sein Einzelwunsch, GRöbl jetzt anstelle
des Abteilungsleiter Sterk, der sich wie er behauptet um die
Abteilung nicht kümmern kann, was ich ganz entschieden zurück-
weise, die Abteilung zu übertragen, lehne ich vor allem wegen
der BEgründung ab. Seinerzeit hat GRöbl eine Disziplineruntersuchung
gehabt und dies war nicht der ausschlaggebende Grund, aber mit
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ein Grund, dass die Abteilung er nicht bekommen hat. Engel-
meier leitet daraus ab, dass nchdem jetzt das Disziplinarver-
fahren eingestellt wurde, er automatisch eine Abteilung bekom-
men müsste. Ebenso glaubt er, dass Winterleitner jetzt eine
Umweltschutzabteilung bekommen müsste. Engelmeier, der aber
die Umweltfragen genau kennt, muss dann im Laufe der Dis-
kussion zugeben, dass sachlich dafür keine Begründung vorhan-
den ist, weil Umweltfragen eben von den verschiedenen Sektionen
II – Jagoda betreffend Betriebsgenehmigung und III – Römer
in den Branchenreferenten usw. Umweltsfragen ebenfalls
wahrzunehmen haben. Als Kompromiss stelle ich Engelmeier
anheim, er soll Winterleitner mitteilne, er könne sich aus-
suchen, wo er in Hinkunft arbeitne will. Sektion II oder
Sektion III.
Die Energiesitzung von Kreisky stellt sich als ein Arbeits-
essen heraus. Durch den Totel verstopften Weihnachts-
verkehr und eine Fehlinterpretation kommen unverschuldet
Frank und GEhart zu spät, Gehart findet vorerst nicht einmal
an den riesigen Tisch Platz, was mich sehr ärgert. Niemand hat
bei der Einladung gewusst, worum es sich eigntlich handelt.
Selbst Reiter konnte nichts sagen, es waren Funktionäre der
verstaatlichten Industrie, aber auch des Wirtschaftsforschungs-
instituts und viele Beamte geladen, die ich nicht enmal
kenne. Aufgefallen ist mir, dass die Interessensvertretungen
nicht geladen waren. Kreisky eröffnete, indem er meinte, es
müsste ein Energiekonzept, das umweltfreundlich und den Ge-
sundheitsgesichtspunkten mehr REchnung trägt, entwickelt werden.
Im Laufe der Diskussion stellte sich dann heraus, dass er gegen
Errichtung von Kernkraftwerken grösste Bedenken hat. Er möchte
die Energieprobleme dreiteilen, kurzfristig die Frage der Be-
schaffung mittelfristig die Frage der Lagerung von Vorräte und
die Umschichtung und langfristig den echten Bedarf festzustellen.
Die Annahme, dass eine 7 %-ige jährliche Zuwachsrate man kalku-
lieren müsse ist falsch, da sie auf der TAtsache beruht, dass
der Verbrauch stimuliert werden soll. Die richtige Annahme der
Zuwachsrate ist aber ein restriktiver Verbrauch, den man infolge
der Energieknappheit anstreben müsse. Die Forschung müsste in
Europa koordiniert werden und die Kompetenz des Bundeskanzlers
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ergeibt sich, dass eben meherere Ministerien mit der Energie-
frage jetzt berührt sind. Kreisky sucht also scheinbar eine
formellen Grund, um seinen Wunsch, diese Agenden vorübergehend z
zumindestens an sich zu ziehen nach aussenhin zu begründen.
Gibt mit überraschdn das Wort zur Erklärung der Massnahmen,
die ich jetzt und in Zukunft setzen werde. Ich erörtere den
Etappenplan und stelle zur Bewirtschaftung fest, dass es fast
unüberwindbare Schwierigkeiten gibt. Dies lässt er natürlich
nicht gelten, machte einige Vorschläge wie die Autoklubs müsste
man heranziehen oder ein jeder wird sich schon um den Bezugsschein
kümmern, da er daran grosses Interesse hat und gibt da er
von mir nicht sofort die gewohnte Zustimmung erhält, sofort
das Thema auf. ICh rufe abends noch Effenberger vom ARBÖ
an und teile ihm den Wunsch des Bundeskanzlers mit, dass die
Autoverbände mitwirken sollen. Dieser lehnt natürlich gleich
mit gewichtigen Bedenken ab und später ruft mich noch der
Rechtsvertreter des ARBÖ Dr. Slunga an und meint, in diesem
Fall müsste ein eigenes Gesetz geschaffen werden, damit selbst
wenn der ARBÖ sich dazu entschliessen sollte, diese Funktion
zuübernehmen, die Privatpersonen entsprechend beauftragt
und geschützt werden.
In der Diskussion hat Kreisky dann ganz besonders auf das Energie-
sparprogramm hingewiesen. Er meinte, man müsse an die Verwaltung
Befehle geben, die Raumheizung einzuhalten, ein diesbezüglicher
Appell aber auch Beschluss der Regierung wird ja überhaupt nicht
respektiert, die Betriebsräte könnte man auch enschalten, damit
sie zur Sicherung der Arbeitsplätze jetzt bereits die Betriebe
und Unternehmen kontrollieren, ob nicht die Büros, doe Warenhäuser
aber auch die Fabriken überheizt werden. Den Kindern und Haus-
frauen müsste man das Sparen zeigen und beibringen, weil sie
dadurch auch verbilligt leben können. Wenn einer nur duscht,
braucht er 30 Liter, wenn er ein Vollbad nimmt, 200 l warmes
Wasser. Ein weiteres Beispiel ist, dass in den Theatern während
des Tages oft das ganze Haus erleuchtet ist, obwohl nur in
gewissen Sälen geprobt wird. WEnn sich Kreisky über die tatsäch-
lcihe Wirksamkeit solcher Anordnungen im klaren ist und das
nehme ich doch an, kann ich nur erklären, dsss er damit in
der Öffentlichkeit demonstrieren will, dass überlal gespart
werden soll und damit auch die grosse Propagandaaktion begründet
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werden soll.Botschafter Thalberg hat übrigens von mir die
Millionen verlangt, um diese Propaganda-Aktion zu finanzieren
Ich habe sofort erklärt, dass ich dafür in meinen Budget keine
Mi-tel habe. GEist und Gatscha wurden von Kreisky aufgefordert,
über die Kooperation und bilateralen Besprechungen und Ab-
sichten mit den Öllieferländern zu berichten. Gatscha teilte
mit, dass jetzt 3 Mill. S von der Entwicklungshilfe für
das ÖMV-Programm in Libyen, im Irak und Saudi-Arabien zur Ver-
fügung stellen. Geist erwähnte die Möglichkeit der Koopera-
tion mit Iran und dass man nicht nur Anlagen errichten muss,
sondern diese Anlagen auch mindestens 6 Monate betreiben
sollte und gleichzeitig eine symbolische Beteiligung also
enjoy venture zumindestens anstreben sollte. Das Betrieben
der Anlage sei neu, kein anderer Staat mache dies. FEichtinger
berichtete über die Aktivitäten, dass mit Irak im Jänner über
die Preise, mit Libyen über die Preise auch im Jänner und
im Feber eine Delegation hinfährt, die ja bekanntlich
Gatscha führen soll und wo ganz grosse Kooperationsgeschäfte
eingeleitet werden sollten. Nach Saudi-Arabien seien nach
Intervention Kreiskys bei den Botschaftern die ÖMV eingeladen
worden. Im Irak hätte durhc die zusätzlichen Käufe von der
ÖMV sich eine neue Möglichekeit für österr. Firmen dort
entsprechende Geschäfte zu tätigen, ergeben. Schon allein die
400.000 t, die 1973 gekauft wurden, hätten 3-400.000 Mill. S
Abschlussmöglichkeiten anderer Firmen gebracht. Die Hauptschwie-
rigkeit bei dieser Diskussion war, dass sobald es sich um
konkrete Fragen hadnelt, die zur Debatte standen, sofort wirk-
lich dann auch wieder konkrete Schwierigkeiten auftauchten.
Frank z.B. erwähne, dass Heizöl schwer von der VÖEST-Apline
substituiert werden könnte und Fabricius konterte sofort,
dass dies nur in beschränktem Umfang möglich ist, weil
es natürlich – er sagte dies nicht, aber das weiss jeder –
eine reine Frage des REchenstiftes ist, ob Öl in den Hochöfen
oder Koks allein verheizt wird. WEnn die Ölpreise steigen,
wird die VÖEST auf alle Fälle versuchen, sich billigere Energie-
träger eben wie Kohle und Koks suchen und damit erübrigt sich
eine lange Diskussion. Jetzt aber der VÖEST den Auftrag zu gebe
sie muss, scheitert garantiert daran, dass sie technische
Schwierigkeiten vorgibt. Ä hnlich war es auch, als
hn
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Erbacher über die konkreten Verhandlungen mit Polen über Energie-
lieferungen sprach. Erbacher ist erschüttert, dass die Polen schon
in den jetzt bestehenden Energieliefervertrag eine Gleitklausel
einbauen wollen, die er im Detail nicht kennt und das sie vor allem
verlagen, dass die Peagierungskosten Österreichs für polnische
Lieferungen in die Schweiz von derzeit 15 % auf 6 % herabgesetzt
werdeb. Ehrbacher behauptet, die 15 % seien im westeuropäischen
Raum üblich.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte versuche herauszubekommen, ob dies tat-
sächlich stimmt.
Kreisky war natürlich mit dieser negativen Mtiteilung wenig einver-
standen,da er ja mit Mitrega noch weitergehende Pläne entwickelt
hat. Er ersuchte deshalb Erbacher, er sollte bis zur letzten Phase
alle Details von den Polen versuchen zu erfahren und dann sollte
der Handelsminister versuchen, auf politischer Ebene ein Kompro-
miss zu erzieleln. Lanc wird den Massenverkehr durch Waggonbei-
stellungen verbessern und er hat mitgetelt, dass die Direktionen
hier eine grosse BEwusstseinlücke haben. IChweiss nicht, ob sich dies
nur auf die ÖBB bezogen hat oder auch auf die Industriebetriebe,
die davon profitieren, wie z.B. SGP. Firnberg wird jetzt mit
Geologen, Montanisten, Atomphysikern im Jänner Gespräche beginnen.
Die Studiengesellschaft die Atomenergie hat jetzt einen Forschungsauf-
trag bekommen aber auch die internationalen Forschungskontakte sollen
verstärkt werden. Es gibt insbesondere mit der EWG-Kommission in
Brüssel. Der Forschungsrat wird im Jänner einberufen und dort
wird die Priorität für die Forschung Energie festgelegt. Dies soll
auch im Forschungsbericht im NR zum Ausdruck kommen. Wichtig neben
der Frage der Energiebeschaffung ist aber die Sicherheit insbesondere
im Hinblick auf die weitere Verwendung oder Errichtung vn Kern-
kraftwerken. Mit Schaudern denke ich daran, dass wir jetzt , wo wir
elektrische Energie schaffen sollen, die Diskussion über die
Sicherheit der Kernkraftwerke neuerdings in Österreich haben werdne.
Kreisky meinte,die opinion werde immer stärker werden und man könte
sich den nicht verschliessen. Wie man dann ene Energielücke denken
soll, hat er nicht gesagt. Scheinbar schwebt ihm aber mit Polen
eine ganz grosse Kooperation vor, dann ausser den Energiesektor –
Errichtung eines Kohlenkraftwerkes in Österreich, basierend auf
polnischer Steinkohle - möchte er noch eine Kooperation auf dem
Kohlen-Chemie-Sektor. Ich bin sehr gespannt, wie sich aus diesen
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divergierenden Auffassungen,, die sich bei dieser allgemeinen Dis-
kussion, die gar nicht ins Detail ging und wo sie ins Detail
ging, kaum eine Übereinstimmung erzielte, ein befriedigendes Energie-
konzept abgeleitet werden soll. Mehr denn je bin ich etnschlossen,
eben unsere Arbeit als Leitlinie für die Energiepolitik zu bezeich-
nen, wenn dieses Papier mehr sein soll als die seinerzeitige mengen.
mässige Addition des ÖVP-Energiekonzeptes 1969, wenn dieses Papier
wirklich konkrete Entscheidungen erleichtern soll, dann werden wir noch
viel Streit damit erleben. Was mich persönlich immer so wenig befrie-
digt ist, wenn man ohne Detailkenntnisse zu berücksichtigen und zu
wisen, ja selbst solche Detailkenntnisse gar nicht wünscht, be-
sonders dann, wenn sie nicht ins Konzept, das man sich gemacht hat,
passen, ganz einfach allgemein gehaltene Grundsäzte aufstellt. Dies
kann man sichelich in der Opposition mit entsprehcneden Plänen
leicht machen, wennman aber regiert und sehr konkrete Entscheidungen
treffen muss, hilft einem eine so allgemein Aussgae nicht. ZUm
Glück wird von den einzelnen Betrieben auf alle Fälle ihre Betriebs-
politik weitergeführt, die Donaukraftwerke z.B. baut ihre Werke,
die ÖDK und Tauern baut ihre Speicher und das zweite Kernkraftwerk
da ist die Planungsgesellschaft gegründet und wird sicherlich sehr
bald konkrete Beschlüsse fassen. Die allgemeine Diskussion wird eben
entweder an diesen Tasachen vorbeigehen und an den wirklichen Lauf
der Dinge gar nichts ändern. Ein zwar unbefriedigender ZUstand, aber
de facto-Zustand.
Die Aussprache mit BEnya ergab einen Gesichtspunkt nämlich um es wiene-
risch zu sagen, dass BEnya sehr angefressen ist, weil er mit ANdrosch
aber auch anderen Vereinbarungen trifft oder zumindestens Absprachen
in einer Richtung führt, die dann nicht eingehalten wird. Benya ist
deshalb mindestens genauso verärgert wie ich. Trotzdem war dann unsere
mehr oder minder betrübliche Erkenntniss, was bleibt anders übrig
als weiterzutun.
Tagesprogramm, 21.12.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)