Donnerstag 7. Feber 1974
Firnberg beschwerte sich aufgeregt, dass die Wiener Universität
einen Energiesenat gegründet hat und Frank dort der Vorsitzende
ist. Sie hat dies über einen Pressedienst erfahren und steht natür-
lich mit Recht auf dem Standpunkt, dass das Wissenschaftsministerium
dafür zuständig ist. Ich erklärte ihr sofort, sie sollte sich nicht
aufregen, cih werde sofort mit Frank sprechen und Frank wird
die anrufen. Frank nahm dies auf die leichte Schulter, obwohl ich
ihn sofort gewarnt habe, und meinte, er müsse dies mit Firnberg
bereinigen.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Lass Dir berichten, ob dies aus der Welt
geschaffen ist und kläre, ob Grimburg dahinter
steckt, was ich vermute.
Frank ht sich bei LH Wallnöfer vorgestellt und dort ein stunden-
langes Gespräch über die Energiesituation gehabt. Der internssanteste
TEil war, dass Wallnöfer einen Brief besitzt, wo die Pipeline-
Gesellschaft TAL erklrt, dass jedermann Leitungsmöglichkeit bekommen
könne. Natürlich ist dies kein Vertrag und sagt noch nicht, ob
man tatsächlich irgendwelche Leitungsrechte in ZUkunft noch haben
kann. Tortzdem ist es interessant, dass die ÖMV immer wieder er-
klärte, es besteht überhaupt keine Möglichkeit, in der TAL die notwen-
digen Rohölmengen für eine zweite Raffinerie im Westen befördern zu
können. Bei einer Aussprache über die Errichtung der zweiten Raffi-
nerie hat Gehart auch nach langen Recherchen erst herausbekommen,
dass eine solche Möglichkeit besteht. Ich glaube wirklich, dass
ich mit Recht Feichtinger vorgeworfen habe, sie sagen nur die
halbe Wahrheit.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Der Geschäftsführer der TAL war vor einigen
Jahren bei mir, er ist sicher bereit,
Dir eine verbindlich Auskunft zu geben.
Bei der Überreichung der Förderungsbeihilfen der österr. Möbeler-
zeuger auf der Kölner Messe wollte der Innungsmeister der Tisch-
ler von mir unbedingt die Zusicherung haben, dass auch in Hinkunft
an dem System nichtsgeändert wird und sogar die Förderungs-
preise erhöht werden. Ich selbst habe keinerlei Zusagen gemacht,
sondern bin über diese Bemerkung hinweggegangen. Da ich die
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einzelnen Preise soweit ich dies irgendwie konnte mit persönlichen
Bemerkungen einbegleitet habe, hatten wir eine sehr gelockerte und
freundschaftliche Atmosphäre. ANschliessend lud ich die Ausgezeich-
neten, es waren glaube ich mindestens zwei Dutzend, die im Zimmer
anwesend waren, zu einem Schalerl Kaffee und plauderte über die
wirtschaftliche Sitaution mit ihnen. Die Möbelbranche erwartet,
dass die ungünstige Situation auf dem Benzin- und Autosektor
eine Belebung ihres Geschäftes bringen könnte. Di Menschen werden
sich mehr ihrer Wohnung widmen. Das interssanteste Experiment hat di
Fa. Wittmann gemacht, indem sie als Designer Hoffmann, den seiner-
zeitigen Begründer der Wiener Werkstätten genommen hat. Sie
schwelgt in Nostalgie. Ich hatte den anwesenden Direktor gefragt,
er soll mir unter vier Augen sagen, wie sich diese neue WElle
geschäftlich niederschlägt. Ich bin dann nicht dazugekommen,
ihn zu fragn-.
ANMERKUNG FÜR GRÜNWALD: Erkundige Dich bitte bei der Firma oder
lass das Haus dort anfragen, wie die neue
WElle Nostalgie geht. Es darf nicht der
Eindruck entstehen, ich kündige etwas an
und führe es nicht durch.
Redakteur Waldstein von ECCO begann mit seinem Interview ziemlich
belanglos. Er interessierte sich für die aktuellen Fragen und auch
was ich so als wichtigste Leistung meiner bisherigen Tätigkeit
bezeichnen würde. Im Laufe des Gespräches kam er aber immer wieder
auf Gegensätze zwischen Kreisky und mir zu sprechen. Er war sehr
genau informiert, insbesondere über die Auseinandersetzung in der
Vergangenheit wegen Einführung der Bewirtschaftung, härtere Mass-
nahmen und stellte sehr geschickte Fangfragen. Ganz harmlos meinte
er, es sei doch ein ganz grosses Unrecht gewesen, dass ich auf
eine Linie vergattert wurde, wo ich nichts machen konnte. Kreisky
aber dann der öffentlichen Meinung nachgebend plötzlich meinte,
es müsste jetzt etwas geschehen und von den Zeitungen als grosser
Staatsmann gefeiert wurde, der eben als einziger erkannt hatte,
was wirklich notwendig sei. Das Ganze diene aber nur dazu, um
mich zu desavouieren in den Augen der Bevölkerung lächerlich zu
machen und meine unzulängliche Handlungsfähigkeit fest-
ustellen, damit gleichzeitig bei einer eben für Kreisky günstigen
Gelegenheit ich als Vertreter der grossen Koalition diskriminiert
werde. Ich hatte bereits bei den ersten Ansätzen dieser Fangfrage
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darauf hingewiesen, dass ich erwarte, mit ihm ein Interview zu haben,
welches sich mit tatsächlichen Problemen beschäftigt und nicht mit
Gerüchten und dass ich erwarte, dass auch so sinnlose ARgumente und
BEhauptungen in seinem Interview nicht eingeht. Red. Waldstein
versprach mir, dass er diesen meinen Wunsch und insbesondere meine
dezidierte Ablehnung über diese BEhauptung und Kombination be-
rücksichtigen wird. GegenEnde des Interviews kam Meister Leherb
und der Fotograf, der mit war,begann natürlich sofort Bilder zu
schiessen. Ich erkärte ihm dezidiert, dass er dafür die Zustimmung
Leherbs braucht und der Fotograph gestand, dass er seinerzeit,
asl beide noch bem Profil waren, Leherb in der damaligen Reportage
sehr unrecht getan htäten. Jetzt seien sie aber seriöser, was
ich sofort erklärt, sich bei dem Artikel, dne sie jetzt schreiben,
herausstellen wird.
Leherb beschwerte sich bitter, dsss noch immer nicht von der ÖFVW
das Werbeprogramm auf GRund seiner 4 Plakate erstellt ist und
eigentlich die ganze Repräsentationsarbeit aber auch die Lasten
von ihm resp. seiner Frau Profohs getragen werden müssen. Seine
Spesen seien aber noch immer nicht abgerechnet. Er bekommt jetzt
einen 11. Preis die Reisekutsche in der BRD, österreichischerseits
negiere man aber diesen grossen Erfolg.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Ich habe ihn zwar an Würzl verwiesen,
bitte kläre aber, wie weit die vorgesehene
Auszeichnung von Österreich für Leherb
weitergegangen ist. Ich betrachte die Be-
handlungsweise wirklich auch schon schön lang-
sam für Leherb unerträglich.
Ich verständigte telefonisch Kreisky von dem Redakteur Waldstein
und seinem Interview und vor allem von seinen Methoden. Kreisky
selbst war über diesen Anruf sehr erfreut, er bemüht sich in der
letzten Zeit ganz besonders neutt zu sein und meinte, ich müsste
eben jetzt was das Materielle betrifft ganz selbständig und allein
entscheiden, welche Massnhamen in Hinkunft auf dem Energiesektor
getroffen werden sollen. Damit würde den Gerüchten jede Grundlage
genommen werden. Was nun die Argmetnation betreffend der grossen
Koalition betrifft, so meint er, ist für ihn auch unerklärlich,
denn scheinbar gibt es im Kurier – er fragte ob ECCO zum Kurier
gehört, was ich – soweit ich es wusste – sofort bejahte, scheinbar
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die Tendenz besteht, nicht erst nach der nächsten Wahl sondern
jetzt bereits die grosse Koalition zu verlangen. Er wird sich
mit dieser Frage beim Parteitag Erklärungen abgeben.
Heindl wird versuchen herauszufinden, wie und wleche Politik hinter
all diesen Manövern steckt. FÜr mich ist es gar keine Frage, dass
oft vielleicht auch Gedankenlos hingeworfenen Bemerkungen dazu dienen
sofort Gegensätze, die aus Sachdifferenzen bestehen können, in
grosse politische Konzepte umzudeuten und entsprehcend der MEthode,
Regierungsdifferenzen geben gute Schlagzeilen, zu versuchen, aufzu-
bauschen. Otto Rösch, ein langjährig erfahrenes Regierungsmitglied
auch zur Zeit der Koalition bereits Staatssekretär hat mir mit REcht
vor einigen Tagen die Bemerkung gemacht, dass man hier nicht gneug
vorsichtig sein kann. Da Rösch ein guter Freund von mir ist,
der wirklich auch nur so wie ich das Interesse hat, die Einheitlichkeit
der Regierung zu unterstreichen und ein gemeinsames Vor-
gehen immerwieder als die wichtigste Frage unserer Regierungspolitik
betrachtet, bin ich ihm über diese Bemerkungen, wie er vermutete,
nicht böse gewesen sondern ganzn im GEgenteil habe ihm erklärt,
dass ich eine solche Aussprache als äusserst zielführend und dank
bar betrachte. Zur Zeit des Schah-Besuches waren Rösch und ich
als bei Kreisky in Ungnade gefallen bezeichnet worden.Hier versuchen
sogenannte unabhängige Zeitungen auf der einen Seite ihre womöglich
durch Interviews und BEmerkungen entsprechende Headlines zu bekommen
aber auf der anderen Seite natürlich für die ÖVP Politik zu machen.
Rösch und ich sind vollkommen einer Meinung und wahrscheinlich teilt
dies auch der grösste Teil der Regierung um nicht zu sagen alle,
dass es in diesem FAll wirklich notwendig ist, gegebenenflals sogar
Unrecht zu leiden als den Zeitungen und damit dem Gegner die Chance
zu geben, die Regierung aufzuspalten.
Im Jour fixe – Büro – haben wir die Ressortaufteilung im Büro endgül-
tig jetzt beschlossen. Das Wichtigste aber ist und da hat Heindl
vollkommen recht, dass die drei Kollegen untereinander ständig sich
gegenseitig informieren und dass ganz besonders der ganze Büro incl.
unserer Kolleginnen weitestgehend integriert werden. Nur so ist die
Schlagkraft zu erhalten. Die Schlagkraft nicht nur gegen aussen hin
sondern was noch viel wichtiger ist, auch innerhalb des Hauses.
Auch hier gilt, dass nur das Zusammenhalten gegneüber der Bürokratie
die Möglichkeit gibt jedes einzelnen sich durchzusetzen. Natürlich
hat sich die Position wesentlich gebessert, da eine ganze Reihe von
Sektionschefs und auch sonst in guten Positionen befindlichen
Mitarbeitern der Bürokratie d.hg. im Hause verankert sind. Trotz-
demm muss von Büro und da bin ich überzeugt, dass dies Bukowski
sehr gut treffen wird, so wie in den erstne Monaten unserer Tätig-
keit im Handelsministerium die Impulsgabe, die Koordination und
vor allem das Tempo der Arbeit der einzelnen Abteilungen durch-
geführt wird.Ich weiss, dass ich es sehr leicht habe, Ideen und
Wünsche zu äussern und dann die armen Kollegen dies letzten Endes
durchziehen müssen. Moralisch fühle ich mich deshalb dazu be-
rechtigt, weil ich nicht nur allein anschaffe, sondern auch wirklich
versuche, bei der Durchführung mitzuwirken. und sicherlich auch
meinen Teil dazu beitrage.n Ungerecht ist allerdings, dass
letzten Endes dann doch nur ich irgendwo in der Öffentlichkeit
in Erscheinung trete, obwohl die Hauptarbeit von anderen gemacht
wird. Ich glabue, dass für Mitarbeiter dieser Zustand überhaupt
nur deshalb erträglich ist, weil sie genau wissen, dass ich dieses
System hasse, aber leider auch nicht ändern kann.
Kienzl hat mir jetzt von einer Meinungsumfrage berichtet, wonach
ich in der letzten Zeit ungeheuer an Bekanntheit gewonnen habe.
während ich vor längerer Zeit unter ferner liefen mit 2 oder
3 % rangierte, bin ich jetz angeblich auf 7 oder 8 % oder 9 %.
Ich habe nicht genau hingehört, angestiegen. Nach seinen Erhebun-
gen liege ich nach Kreisky, Androsch, Benya und ich weiss nicht ein
oder zwei vor mir. Kienzl führt dies auf mein starkes Auftreten im
Fernsehen und insbesondere auf die erfolgreiche Tätigkeitmim Zuge
der sogenannten Ölkrise in Österreich zurück. Ich selbst betrach
te dies als ein Negativ-Image-Ergebnis, da ich eben in der letzten
Zeit in zu heftigen Angriffen gestanden bin und dadurch auch
die Bevölkerung auf alle Fälle auf mich aufmerksam wurde. Dies
deutet auch auf die Bezeichnung "Pickerl-Josef", "Happy-Pepi"
usw. hin. An und für sich stören mich solche Ausdrücke überhaupt
nicht und wo ich rangiere ist mir im Grundde genommen, vollkommen
egal. Hier würde Wanke wieder sagen, er findet doch bestätigt,
dass ich kein Politiker bin, wie ich immer behauptete und wie
er mir immer in jahrelanger Zusammenarbeit zwar immer wieder
versicherte, dass ich sehr wohl ein Politiker sei, obowhl das
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Wichtigste für einen Politik der brennende Ehrgeiz ist, den ich
in diesem Fall aber gar nicht habe. Vielleicht resultiert meine
Einstellung aus meinem frühen Jugenderlebnis, der Inhaftierung,
wo ich eben die Politiker, es waren damals auch Minister, mit
mir im Konzentrationslager . Diese in einer anderen Sitaution kennen
gelernt habe. Damals schon wirkte die "Politik" für mich sehr
desillusionierend. Trotzdem glaube ich ud stehe auf dem STandpunkt,
dass jeder eben auch auf diesem GEbiet seine Pflicht erfüllt,
wenn ihm eine solche Pflicht aufgetragen wird. Persönlich könnte
ich mir allerding auch etwas Besseres wünschen.
In der Vorstandssitzung der Lebensmittelarbeiter berichtete ich
über die wirtschaftliche Situation und ganz besonders natürlich
über die zuerwartenden Preissteigerungen. Nicht zulezt auf dem
Lebensmittelsektor. ZS Wille von den Metallarbeitern hat mir vor
längerer Zeit erzählt, wie stolz er ist, dass es ihm gelungen ist,
in der grossen Metallarbeitergewerkschaft 280.000 Mitglieder mit
im Grunde genommen, 4 Lohnverträgen das Auslangen zu finden. Ich
erwiderte ihm damals schon, wir haben nicht einmal 50.000 Mitglie-
der und dafür 4 Dutzend Lohnverträge und Kollektivverträge. Das
Ergebnis dieser wie ich aber glaube richtigeren Politik ist, dass
kaum haben wir scheinbar eine Lohnrunde hinter uns wie bereits
wieder mit der nächsten beginnen müssen. Z.B. haben wir in der
Fettindustrie vereinbart, dass mit 1.3. d.h. nach 13 Monaten Laufzeit
ein neuer Lohnvertrag zu erstlelen ist. Die Kollegen insbesondere
bei Unilever sind nun sehr unruhig und möchten bereits jetzt schon
eine entsprechende Freigabe der Paritätischen Kommission um mit den
Verhandlungen sofort zu beginnen. Gen-Dir. Seiffert von der Unilever
hat nun erklärt, dass die Rohstoffkosten in den letzten Wochen so stark
gestiegen sind, dass sie eine Preiserhöhung unter allen Umständen
verlangen müssen. Ich bin übezeugt, dass die nun zu erwartenden
Lohnbewegung als Aushängeschild dienen wird, um neuerdings darauf
hinzuweisen, es ist durch die Löhne der Lebensmittelarbeiter
die ganzen Lebenshaltungskosten verteuert worden. Dazu komen noch
jetzt die Forderungen der Milchbauern, die ebenfalls durch eine
Lohnbewegung bei der Molkereiarbeitern eingeleitet werden. Hier
ergeben sich ganz harte Auseinandersetzungen, da Staudinger, wie
ich anschliessend an die Vorstandssitzung lange mit ihm diskutierte,
als zustänidger Sekretär bei dieser Gelegenheit eine Angleichung der
Löhne aber auch der Kollektivvertragsbestimmungen an die Angestellten
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weiter ausbauen, d.h. durchsetzen möchte. Immer stärker wird
in den einzelnen Gruppen bei uns die Staffelung der Löhne nach
der Aufenthaltsdauer im Betrieb verlangt und schrittweise auch
durchgesetzt. Die sogenannten Dienstalterszulagen bei der Tabak-
regie und schon vor längerer Zeit eingeführt, machen in den anderen
Gruppen Schule. Ich selbst habe immer wieder davor gewarnt, da
bei der Tabak-Regie der einmalige Zustand herrscht, genauso wie
bei den Salinen, dass sie in ein unkündbares Dienstverhältnis
nach einger ZEIT AUCH DIE Arbeiter übernehmen und damit unkündbar
sind. Dies gilt nicht für die anderen GRuppen derzeit spielt
sies natürlich kein Problem, weil Arbeitskräftemangel herrscht und
man natürlich auch gerne bereit ist, wenn auch nicht freiwillig und
freudig, einen Arbeiter, wenn er längere Zeit im Betrieb ist,
kollektivvertraglich zugesicherte Biennien zu geben. Staudinger
schwebt jetzt z.B. vor, dass er alle drei Jahre 100.- S pro Monat
zu bekommen hat. Bei der höchsten Lohnkategorie von 6.000 S
sind dies nicht einmal 2 %. Meine Bedenken gegen eine solche Lohn-
politik beruhen wahrscheinlich auf den schlechten Erfahrugen,
die ich in der Jugend selbst feststellen,konnte. Meine Mutter war
damals Wäscherin in der Excelsior. Diese Firma kündigte die
Arbeiterinnen und Arbeiter, wenn sie durch ihre lange Dienstzeit
in irgendeinen Genuss kommen sollten mit 31. Dezember und nahmen
sie mit 1. Jänner neu auf. Niemand konnte sich damals in der
Krise gegen eine solche Praktik wehren,, alle waren in Wirklichkeit
froh, dsss sie überhaupt beschäftigt waren. UNsere jungen Sekretäre
aebr auch unsere Mitglieder haben eine solche schlechte Erfahrung
eben in der Praxis noch nicht mitgemacht und lassen isch daher von so
solchen Gedanken Gott sei Dank nicht leiten. Sie stehen wahrschein-
lich mit Rech auf dem Stadnpunkt, jetzt können wir es durchsetzen,
warum sollen wir es nicht fordern, die Angleichung der Arbeiter
an die Angestellten muss ja fürher oder später ganz allgemein
kommen. In diesem Punkt haben sie vollkommen recht. ich habe
deshalb auch immer nachgegeben, wohl wissen,d, dass wir damit aber
den Arbeitergewerkschaften früher oder später automatisch ein Ende
bereiten werden. Der Unternehmer tendiert in einem solchen Fall
wo er gegnüber den Angestellten keine grossen Lohneinsparungen und
vor allem einmal keine Kollektivvertragseinsparungen hat, dnan auto-
matisch dazu, die Arbeiterin das Angestelltenverhältnis überhaupt
zu übernehmen. Die Erklärung für ein solches Verhalten ist einfach
zu finden, er erspart sich in der Sozialversicherung geringere Ab-
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gaben. Die Versicherungssätze sind kleiner und vor allem die Unfall-
versicherung ist statt 2 % nur 1/2 %. Hier müsste unsere Sozialbastler
endlich etwas einfallen. Nicht dass mir ganz besonders am BEstand der
Arbeitergewerkschaften lieg,t ich bin überzeugt davon, früher
oder später wird es eine andere Form der BEtrauung und der Ver-
tretung von Arbeitern und Angestellten sowieso geben, sondern an
die gesamtwirtschaftliche und sozialpolitische Folge einer solchen
Tendenz. Die Lösung des Industriegruppenprinzips, d.h. dass Arbeiter
und Angestellte in einem Betrieb einer Gewerkschaft nur angehören sollen
halte ich auf Grund der Erfahrungen in der BRD nicht für sehr ziel-
führend. Leider fühlen sich die Angestellten als etwas besseres und
sind daher leichter zu organisieren in einer eigenen Angestellten-
gewerkschaft. Trotzdem ist deises System, wie wir es in Österreich
haben, nämlich eben Arbeiter ind Arbeitergewerkschaften, die Angestellten
in einer grossen Angestelltengewerkschaft, welches dem Industrie-
gruppenprinzip widerspricht, aber wie die Vergangenheit bewiesen
hat in Österreich erfolgreicher als in der BRD, bringt aber sicherlich
acuh nicht die endgültige Lösung.
Tagesprogramm, 7.2.1974