Donnerstag, der 21. Februar 1974

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Donnerstag, 21. Feber 1974

Aus dem gestrigen Öltag wurde dann heute ein eine halbe Ölnacht.
Die AK und der ÖGB waren endlich bereit, eine Kompromisslösung
anzustreben und vor allem einmal wenn irgendwie möglich noch am Freitag
zu beschliessen. Bei der Durchrechnung und Nachkalkulation von Seiten
der einzelnen Firmen ergab sich dann interessanterweise dann
doch ein wesentlicher Abstrich, allerdings stellte sich heraus,
dass in der Hitze des Gefechtes einige Rechenfehler von Seiten
der Kommission passiert sind. Dies war natürlich sehr peinlich,
doch achtete niemand auf diesen formell äusserst grossen Positions-
fehler. Der ÖGB einigte sich mit der ÖMV, dass der Benzinpreis
nicht wie von mir mit maximal 1.- S vorgesehen erhöht wird, sondern
für Super um 90 Groschen, für Normalbenzin um 80 Groschen. Nur
bei Diesel sollte der Schilling draufgeschlagen werden. Heizöl, extra
leicht, d.h. Ofenheizöl, wurde wie vereinbart und in Aussicht genommen
mit 50 Groschen Erhöhung akkordiert. Die Hauptschwierigkeit ergab
sich aber dann, dass lange bevor die internationalen Gesellschaften
dieser Regelung zustimmten, bereits der Bauernbundvertreter Ing.
Altmann und sein Kollege erklärten, unter gar keinen Umständen
dies zu akzeptieren. Er hatte einige Mal Gen.Sekr. Brandstätter
angerufen und erklärt, er könne eine solche Dieselpreiserhöhung
unter gar keinen Umständen akzeptieren. Letzten Endes einigten wir
uns auf dieselbe perzentuelle Erhöhung, wie für Ofenheizöl und es
wurde daher der Dieselpreis um 90 Groschen ebenfalls erhöht. Die
Bauernvertreter sind sich vollkommen klar, je grösser die Differenz
zwischen Ofenheizöl und Dieselöl wird sie umso geringer die Chance
haben, jemals Ofenheizöl für die Traktoren verwenden zu können.
und zu dürfen. Deshalb ihr hartnäckiges Weigern. Am meisten über-
rascht war er dann als um 10 Uhr ungefähr die Internationalen von
diesem Kompromiss von mir ohne Anwesenheit der Kammervertreter und
der Kommission erfuhren. Sowohl Esso als auch Shell erklärten rund-
wegs, hier würden sie die Verhandlungen glattwegs abbrechen. Sie
könnten unter diesen Umständen Öl nicht importieren und verarbeiten
lassen, sie würden deshalb von ihren Mutterhäusern keine Öllieferun-
gen bekommen und die ÖMV müsste eben dann die Versorgung aufrechter-
halten. Zusätzlich kamen dann noch die Wünsche des Handels, der
eine 10 % Erhöhung seiner Spannen wollte und der Tankstellen, die
für Benzin 4 Groschen und für Diesel 3 Groschen Erhöhung wünschten.



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Da die Aufteilung aber auf alle Fälle wieder der Handelskammer
überlassen wird, mischte sich weder die Kommission noch ich in
diesen Streit ein. Die Hauptschwierigkeit wird glaube ich über-
haupt die Aufteilung und die Zustimmung der Handelskammer werden.
Da die Internationalen aber niemals in den letzten Wochen die Argu-
mentation in der Öffentlichkeit widerlegt haben, dass sie zu
wesentlich günstigeren Konditionen einkaufen, wesentlich besser
als die ÖMV dastehen, kann ich mit nicht gut vorstellen, dass jetzt
über das Kompromiss mit der ÖMV hinausgegangen wird. Das Einzige,
wo wir uns alle einige waren, ist, dass wir die Preisbestimmung
resp. -festsetzung so machen müssen, dass zum Mittagsjournal
noch nichts verlautbart werden kann, aber dann am Abend bereits mit
geteilt wird, dass ab 24 Uhr der neue Preis gilt.

Bei der Vorbesprechung der Teilnehmer der Delegation nach Iran
war ein einziger strittiger Punkt, warum wir eigentlich zweiter
Klasse fliegen müssen. Da ich ja sofort erklärt habe, als dieses
Problem das erste Mal auftauchte, mir ist es ganz egal, wie die
anderen fliegen, ich selbst halte nur an meinem Grundsatz fest,
Öconomic-Class auf alle Fälle zu fliegen, hat Geist sogar
versucht, er würde die Kosten für die höhere Klasse übernehmen.
Ähnlich hat auch Mussil sich angestrengt und dann kam ich drauf,
dass dies alles darauf zurückzuführen ist, weil Igler bereits
1. Klasse gebucht hatte. Sorgen haben die Leute !
Die materielle Diskussion erstreckte sich darauf, dass in den inter-
ministeriellen Vorbesprechungen Fälbl eine Liste aller Projekte
zusammengestellt hatte, und auch aller Liefermöglichkeiten. Bei
dieser Liste hatte er aber nicht wirklich alle interessierten
Firmen aufgenommen. Seine Argumentation ist, das man sich nur auf
seriöse Anbote beschränken sollte. Genau das Gegenteil vertrete
allerdings ich bei allen anderen Delegationen, die ich bis jetzt
geführt habe. Wenn eine Firma und so seriös erscheint, dass ein
Anbot möglich ist, dann nehme ich diese Firma in eine Liste auf,
weil ich auf dem Standpunkt stehe, diese Chance soll man der
Firma geben. Ob es dann zum Abschluss einer Kooperation oder
einer Lieferung kommt, obliegt ja auf alle Fälle den anderen
Partnern, Fälbl masst sich hier ein Urteil an, das er eigentlich
so aus dem Handgelenk gar nicht fällen dürfte. Seine Funktion


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müsste in Wirklichkeit sein, bei der Industriesektion und bei
anderen Institutionen zu ergründen, ob und inwieweit die Seriosität
dieses Projektes gegeben ist. Statt dessen macht er so wie so aus dem
Handgelenk wie ich schon feststellte, eine Entscheidung und deckt
sich durch eine interministeriellen Beschluss ab. Igler und Mussil
waren sofort meiner Meinung und deshalb wurde Fälbl ersucht, mit
Kapral von der Industriellenvereinigung und einem Vertreter der
Handelskammer eine endgültige Liste zu erstellen. Die Projekte
würde dann der Generaldirektor Geist, Igler und Mussil im einzelnen
vertreten, soferne von persischer Seite überhaupt ein Interesse dafür
vorhanden wäre. Da ich die Liste gleich am Flugplatz den Persern über-
geben werde, aber sie eine Chance bis zur ersten Aussprache eine
entsprechende Auswahl der Projekte und Liefermöglichkeiten zu treffen.

Botschafter Patish und sein Handelsrat Remisch intervenierten wegen
des Marktstörungsverfahrens von Strumpfhosen. Eine Firma Maringer hätte
Importe dritter Qualität mit 2.30 importiert. Die normalen Import-
preise wären 3.60 gewesen. Jetzt sei der Preis bereits auf 4.74
und im März käme wieder eine 10 %-ige Preiserhöhung drauf. Demgegen-
über hätten die Italiener 3.60 S nur verlangt und im Jänner ein
4.24 S-Anbot vorgestellt. Die Briten hätten sogar im Feber 5.-S-Anbot
fob gehabt. Dies sei auch auf die ungleichmässige Zollbelastung
zurückzuführen. Israel müsste 19,5 % Zoll bezahlen, Italien 14 %
und GB auf Grund der EFTA-Situation Null. Ich setzte den Herren aus-
einander, dass Österreich gerade in unterentwickelten Gebieten diese
Strumpfhosenproduktion z.B. Waldviertel hat und dort trotz eines
äusserst rationalisierten Betriebes bei solchen Dumpingpreisen kaum
eine Chance hat, durchzukommen. Hier meinte Remisch, dass auch in
Israel eine Fabrik in Avule mit 800 Beschäftigten besteht, die
jetzt wahrscheinlich zusperrt, weil sie eben veraltet ist. Der wirk-
lich grosse Produzent ist in Gibor und hat 2.500 Angestellte.
Angeblich bedient dort ein Mann 150 bis 180 Maschinen. Min.Rat
Hillebrandt hätte dem Handelsrat Remisch die Empfehlung gegeben,
sie sollen sich auf einen Minimumpreis einigen. Ich selbst erklärte
beiden nur, dass ein faires Verfahren durchgeführt wird und dass
wir weitere Unterlagen von ihnen erwarten.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte Hillebrandt von der Aussprache informieren
und weiteres Unterlagenmaterial von Remisch an-
fordern.



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Botschafter Petri, Schweden, intervenierte wegen des neu zu bauenden
zweiten Kernkraftwerkes. Die ASEATOM zu 50 % Staatsbeteiligung
bewirbt sich um dieses zweite Kernkraftwerk. Beim ersten hat sie
auch sich bemüht, doch da sie keine Referenzen vorweisen konnte
wurde sie angeblich wegen dieses Grund nicht berücksichtigt. Jetzt
sei ein Atomkraftwerk fertig, drei im Bau und sieben werden geplant.
Von diesen 10 sind nur 3 von Westinghouse, die anderen sind jetzt
bereits Aseatom-Projekte. Allerdings haben die Techniker errechnet,
dass für ein Atomkraftwerk maximal 1.000 Megawatt ideal sind.
1.3060 wie bei uns beabsichtigt, sei zu gross. Ich habe dem
Botschafter erklärt, dass ich keinerlei Einfluss auf die Ausschrei-
bung und den Zuschlag nehmen werde, sondern dass ich als einzige
Bedingung verlangt habe, dass der Reaktor von dem konventionellen
Teil extra ausgeschrieben wird. Dies hat auch bereits Westinghouse
und der amerikanische Botschafter sowie der französische wegen einer
französischen Firma und vor allem auch jetzt der schwedische Bot-
schafter von mir erwartet und ich habe daher diese Entscheidung vor
längerer Zeit schon getroffen. Eine weitere Einflussnahme steht mir nicht
zu und will ich auch nicht ausüben.

ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte lass Dir den letzten Stand der Ausschrei-
bungsbesprechung erklären und teile ihn mir mit.

Mit Meisl, Sektionsleiter, Gruppenleiter Steiger und Michitsch
haben wir den Brüsseler Kommissär Lardinois, der zum Opernball
von Weihs eingeladen wurde, fast würde ich sagen aufgelauert, um
ihm dann im Hotel in der Halle die Intervention wegen der hohen
Abschöpfung auf Importreis von Italien zu überreichen. Steiger glaubt,
dass eine GATT-konforme Lösung möglich wäre und Österreich anstelle
der 12- S-Abschöpfung, die von der EWG vorgenommen wird, präferenziell
für uns reduziert werden kann. Lardinois wieder wollte eine Zu-
sicherung, ob wir eine langfristigen Liefervertrag mit Italien
schliessen würden. Da dazu die österreichischen Firmen erste ge-
wonnen werden müssten, und vor allem durch den hohen Reispreis
ein ungeheures Risiko eingehen, einen langfristigen Vertrag zu
schließen, sehe ich darin keine sehr grosse Chance zu einer Lösung
dieser Problems. Ich habe deshalb vorgeschlagen, es soll zuerst von
Brüssel unser Memoire geprüft werden und und von Seiten der
Kommission ein Vorschlag, wie ein solches langfristiges Abkommen
aussehen sollte, unterbreitet werden. Meisl hatte bereits vor der


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Besprechung mit Recht darauf hingewiesen, dass wir hier
hauptsächlich Punkte sammeln. Wenn einmal die Behauptung auf-
gestellt wird, dass wir nicht jede Gelegenheit genützt haben,
so können wir jetzt darauf hinweisen, dass wir selbst bei
Anwesenheit eines Kommissärs beim Opernball nützten, um eben
die Frage des Reisimportes zu klären. Meisl hatte dann auch
den guten Gedanken, wir sollten über diese Aussprache der
Bundeskammer einen entsprechende Bericht geben.

Da Lardinois wesentlich später ankam, als vorgesehen war, haben
wir die Zeit genützt um über den Integrationsbericht im Parlament
zu reden. Steiger vertritt wahrscheinlich sogar mit Recht
die Auffassung, dass der Bericht, den wir dem Hohen Haus vor-
legen, ein seriöser gewöhnlicher Ministerratsvortrag sein
würde. Dann müsste man aus diesem Bericht durch Fachleute
eine entsprechende Broschüre, wie dies der Finanzminister immer
macht, herauskristallisieren lassen. Wir waren uns darüber im
klaren, dass dies niemand vom Haus bewerkstelligen könnte. Ich
habe deshalb dem Steiger und Michitsch versprochen, es würde
sich Koppe mit der propagandistischen Seite eines solchen Be-
richtes eingehend beschäftigten und es müsste dann ein Mann ge-
funden werden, der die Voraussetzungen und Fähigkeiten mit-
bringt, aus dem an und für sich trockenen Bericht eine gute
Broschüre, die dann entsprechend graphisch aufgemacht werden
wird, zu gestalten. Ich dachte ursprünglich daran, dass dies
eigentlich die Aufgabe des Europa-Institutes sein sollte.
Allerdings könnte sich dann herausstellen, dass das Europa-
Institut dafür nicht die finanziellen Mitteln hat, sodass
wir eine Kombination vielleicht dadurch erreichen können,
dass das Europa-Institut die Herausgabe vornimmt und wir einen
besonderen Beitrag dazu leisten.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte jetzt bereits alle Vorbereitungen
treffen, wie dann technisch sehr schnell
nach Einbringung des Berichtes im Parlament
die Broschüre vorbereitet und letzten Endes
auch gedruckt wird.

Die in Wien akkreditierten Handelsräte und einige Zeitungs-
vertreter waren vom Donaueuropäischen Institut ins Interconti-
nental gebeten worden, Ich hielt dort einen Vortrag über die
österreichische Wirtschaftssituation und über die neuen Aufgaben
des Handelssinisteriums. Die Diskussion darüber kam nur sehr


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zögernd in Fluss und war auch nicht besonders intensiv,
Granser, der Sekretär des Donaueuropäischen Instituts, meinte,
dies sei darauf zurückzuführen, dass doch so verschiedene Staaten-
vertreter wie z.B. China und Südafrika, die SU und Spanien anwesend
waren. Der Generalsekretär ist ein sehr kleverer Organisator und
war z.B. imstande, dass das Hotel anschliessend einen Empfang mit
warmem Essen und Getränken gab, für die er angeblich nicht einen
Groschen bezahlen müsste. Auf alle Fälle war der Vorsitzende dieser
Handelsräte der jug. Handelsrat Rasberger von der Veranstaltung
sehr beeindruckt und mir gegenüber sehr dankbar, dass ich ge-
kommen bin. Ich erklärte ihm rundwegs, ich bin jederzeit bereit,
diesem Forum mich zu stellen und eine Diskussion oder sonstige
Veranstaltung mit ihnen gemeinsam durchzuführen.

Während des Empfanges erhielt ich einen schnell geschriebenen
Brief, wo mich eine Firma einlud, die im Einvernehmen mit der
Firma Eybl eine Teppichausstellung im 5. Stock hat, ich sollte
unbedingt einen Besuch dort abstatten. Da ich eine solche fixe
Idee und Durchführung zu schätzen weiss, habe ich dann tatsächlich
oben diese Firma besucht. In einem Appartement, ca. 3 Zimmer, hat sie
Bodenbeläge ausgestellt und zu meiner grössten Verwunderung
tatsächlich bis zu 150 Besucher im Tag zu verzeichnen, davon sind
ca. 20 Tapezierer und Händler, die anderen sind tatsächlich Straßen-
passanten, die sich den Teppichtag ansehen. Ich hätte nicht für
möglich gehalten, dass eine Annonce im Kurier allerdings gross
aufgezogen, einen solchen Erfolg zu verzeichnen hat. Wenn die
Verkäufer aber so tüchtig sind wie sie schnell darauf reagierten,
als sie erfuhren, dass ich im Intercontinental einen Vortrag
halte, dann kann ich mir vorstellen, dass sie auch auf diese Art
und Weise ihr Geschäft machen können.

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Tagesprogramm, 21.2.1974


GND ID: 1017902909


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Leiter Referat Marktpolitik LWK


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: nl. LW-Min. bis 1973, dann EG-LW-Kommissar bis 1977


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Beamter HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Beamter HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: schwed. Botschafter


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: MR HM


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: MR HM


                  Einträge mit Erwähnung:


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
                      GND ID: 130620351


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: SChef HM
                          GND ID: 12195126X


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


                            Einträge mit Erwähnung:


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: GS Präs.konf. LWK AR Verbund
                                GND ID: 12906288X


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: IV


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                                    Tätigkeit: IV, GD Wr. Schwachstromwerke (WSW)


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