Montag, den 18. März 1974
Beim Jour fixe fragte ich Sallinger und Mussil was sie sich für eine
Erzeugermilchpreiserhöhung vorstellen konnten. Sie wollten zuerst
überhaupt mit keiner Ziffer herausrücken, um wahrscheinlich nicht
die Bauern irgendwie zu verärgern und als sie erfuhren daß der Ge-
werkschaftsbund und die Arbeiterkammer 25 Groschen in Aussicht
nimmt meinten sie, daß dies zu wenig sei und schlugen 40 Groschen
vor. In diesem Fall verwies ich, daß wir dadurch eine sehr große
neue Belastung der Verbraucherpreis und damit des Verbraucherpreis-
indexes erwarten würden.
Sallinger urgierte den Wunsch für Bauknecht § 58 Staatswappen-
verleihung.
Anmerkung für Bukowski: bitte die Auszeichnung bei uns mit Ottahal
besprechen.
Zur Bestellung der neuen Geschäftsführer der Österreichischen Fremden-
verkehrswerbung machte Sallinger den Vermittlungsvorschlag jetzt des
Geschäftsführenden Obmanns ihren Syndikus der Fremdenverkehrssektion
Zedek und als Geschäftsführer Zolles und Kübler gleichberechtigt
zu bestellen. Dies sei sein letztes Kompromiß. Ich erwiderte, daß
ich mir dies überlegen würde und mit unseren Leuten besprechen. Aller-
dings erklärte ich sofort daß Zedek als Beamter der Handelskammer
kaum als Funktionär in einer Österreichischen Fremdenverkehrswerbung
auftreten könnte. Ich hatte mir vorgestellt, daß die Handelskammer
den Wunsch hat, für den Obmann der Sektion Wien Gast- und Schank-
gewerbe Fröhlich diesen Posten vorzusehen. Fröhlich wurde ja die
ganze Zeit von der Handelskammer favorisiert. Nun mußte Sallinger
Farbe bekennen und meinte daß ihr Wunsch dahingeht, daß Zedek diese
Stelle übernimmt und daß dies das letzte Kompromiß der Handels-
kammer wäre. Erstmalig hat die Handelskammer insbesondere Sallinger
Zolles als Geschäftsführer akzeptiert, wenn er auch jetzt verlangt
daß Kübler mit der Aufteilung der Agenden gleichberechtigt bestellt
werden sollte. In diesem Fall möchte ich natürlich versuchen den
ursprünglichen Vorschlag der Handelskammer Fröhlich entsprechend
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in die Österreichische Fremdenverkehrswerbung als Geschäftsführender
Obmann einzubauen. Außerdem werde ich natürlich eine entsprechende
Abgrenzung vornehmen, so daß der Geschäftsführende Obmann nicht tat-
sächlich nur immer vertritt aber ich jederzeit wieder in die Ge-
barung respektive Geschäftsführung gegebenenfalls eingreifen kann.
Anmerkung für Wanke: bitte von einem ganz erfahrenen Juristen, wahr-
scheinlich Schwarz ohne den Namen zu nennen womöglich gemeinsam
mit Würzl einen entsprechenden Vorschlag ausarbeiten lassen.
Die Handelskammer nimmt zur China-Ausstellung respektive China-Reise
die Vertreter der Presse, Kurier, Kronenzeitung, Oberösterr. Nach-
richten, Vorarlberger-Nachrichten und Wiener Zeitung mit. In dem Fall
bezahlt die Handelskammer für alle 6 Redaktionen die Kosten, eine
gigantische Leistung, die fraglich ist ob sie im Außenhandelsgesetz
tatsächlich ihre Deckung findet. Ich habe nur meiner Verwunderung
Ausdruck verliehen, mich aber nicht dagegen ausgesprochen. Ich möchte
diese Mitteilung auch deshalb als vertraulich behandelt haben, weil
wir wenn es einmal zu einer Auseinandersetzung mit der Handelskammer
kommt, über die Leistung die sie erbringt um wirkliche handelspolitische
Agenden vom Handelsministerium wahrgenommen bezahlt, dann wir jeder-
zeit daraufhin weisen können, daß sie aus propagandistischen Gründen
sogar Zeitungen mitgenommen hat. Sallinger aber auch Mussil versuchten
sofort mir klar zu machen, daß sie sich keinesfalls um eine Hof-
berichterstattung handeln würde, da sie ja in den Vorarlberger Nach-
richten und in der Kronenzeitung ständig teilweise sogar angegriffen
wurden und werden.
Mussil, der ein Schreiben von Burgenland wo sich die Handelskammer
bitter beschwerte, daß sie aus den Informationen die das Handels-
ministerium jetzt auch in diesem Bundesland vornimmt, ausgeschalten
ist. Ich erklärte rundweg, daß ich mir dies nicht vorstellen kann
weil ich der Abteilung schon seinerzeit den Wunsch gegenüber zum
Ausdruck gebracht habe, daß alles im Einvernehmen mit der Handels-
kammer geschieht. Auch bei der Regierungsvorbesprechung am Abend
hat Kreisky einen Brief der Länder vorgelesen, wo sich diese ganz
bitter beschweren, daß die ÖROK eine ineffektive Organisation ist
und insbesondere aber Länderinteressen gröblichst verletzt. Unter
anderem wurde auch dort kritisiert, daß die Investitionen in den
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Ländern wahrscheinlich ist die Investitionsberatung respektive die
Unternehmensberater in den Grenzgebieten gemeint, die Länder nicht ver-
ständigt wurden respektive über die Aktivitäten nichts wissen und
nicht eingeschaltet sind.
Anmerkung für Gehart: bitte mir sofort berichten, wie weit die
Länder informiert und eingeschaltet wurden und unbedingt auch
die Handelskammer nicht nur verständigen sondern auch heranziehen,
die wir seinerzeit ja besprochen haben.
Über die Ostliberalisierung und das neue Vidierungsverfahren ergab
sich eine differente Auffassung. Mussil behauptet nach wie vor, daß
nicht mein Amtsvorgänger die Multilateralisierung und Liberalisierung
bereits den Oststaaten versprochen hat. Gleissner wurde geholt und
der erklärte, daß nur gegenüber Rußland von meinem Amtsvorgänger
die Multilateralisierung versprochen wurde und daß erst in weiterer
Folge in meiner Amtszeit dann mit der Handelskammer gemeinsam das
Problem einer eventuellen Liberalisierung mit escape-Klausel oder
hard-core Fälle diskutiert wurde. Die Handelskammer hätte damals
primär für hard-core Fälle plädiert, wir hätten aber zu geringe
Zugeständnisse in der Anzahl der hard-core Fälle gemacht weshalb
sie sich dann auf die escape-Klausel als Sicherheit für die Industrie
gestützt hat. Ich habe sofort dies bestritten weil ich in Erinnerung
habe, daß die Amtsvorgänger vor mir also Mitterer bereits sehr dezi-
dierte Zusagen den Oststaaten gegenüber gemacht hat.
Anmerkung für Wanke: bitte laß mit Meisl die Details im Einzelnen
feststellen und womöglich aktmäßig belegen.
Am 7. Feber hat im Europa-Institut eine Vorstandssitzung
stattgefunden, wo der Vertreter der Handelskammer Melis überrascht
wurde, daß eine Arbeitsgruppe für Konsumenten und eine für Umwelt-
schutz errichtet wurde. Ohne daß er davon vorher was wußte, ge-
schweige dem seine Zustimmung gegeben hat. Ich habe versucht zu
beruhigen weil Mussil glattweg erklärte, sie würden bei einer solchen
Vorgangsweise das Institut verlassen. Ich muß zugeben, daß dies wirk-
lich nicht dem Stil von uns und schon gar nicht der Zweckmäßigkeit
mit der Handelskammer so zu verhandeln entspricht. Man kann, wenn
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man alle Interessenvertretungen einer Organisation hat, nicht ver-
suchen hier durch entsprechende Kniffe mit der Geschäftsordnung wo-
möglich Wanke erzählte mir, daß der Konsumenten-Ausschuß schon be-
schlossen war bevor die Handelskammer beigetreten ist, die Handels-
kammer überführen. Wenn ihr Vertreter Melis nicht die Zustimmung
gibt dann muß dieses Projekt zurückgestellt werden und kann erst nach
entsprechender Zustimmung der Handelskammer tatsächlich in Angriff
genommen werden.
Anmerkung für Koppe: bitte versuche die Handelskammer zu überzeugen
und die Angelegenheit in Ordnung zu bringen.
Mussil urgierte neuerdings über die Antimarktstörung wegen Strumpf-
hosen. Die Firma ERGEE Direktor Walther aber auch Amazone hat neuer-
dings bei ihm interveniert. Ich habe Mussil erklärt, daß die Unter-
lagen, die ich jetzt in den Verordnungsentwurf aufgenommen habe und die
ich vor meiner Abreise schon unterschrieben und in die Begutachtung
geschickt habe, von der anderen Seite Israelischer Handelsdelegierter
aber auch die Importfirmen heftigst bestritten werden. Ich machte
Mussil darauf aufmerksam, daß beim Verfahren mit einer ziemlichen
Auseinandersetzung zu rechnen ist.
Journalistenfrühstück wurde über die Änderung der Richtlinien zum
Gewerbestrukturverbesserungsgesetz von Thun-Hohenstein referiert. Zu
meiner größten Verwunderung ist auch Min.Rat Schuster und Sekt.Rat
Prodinger erschienen. Ich erklärte den drei, daß sie noch hier bleiben
können, aber daß in Hinkunft nur ein Mann erscheinen könne. Puffler
setzte ich nachher auseinander, daß es ganz unmöglich ist, daß von
jeder Abteilung womöglich drei oder vier erscheinen, denn dann würden
mit der Zeit mehr Beamte an den Journalistengesprächen teilnehmen
als Journalisten. Interessant war, daß sich die Fragen auch bezüglich
Ägypten wo Meisl referierte und die Sowjetunion wo Fälbl referierte
nur sehr spärlich einstellten. Am meisten war ich aber überrascht,
daß mich niemand wegen der Milchpreisverhandlungen frug. Ich glaube
und nachher konnte man das auch feststellen, die meisten glaubten
daß die ganze Angelegenheit beim Landwirtschaftsminister ruht und
nicht im Handelsministerium.
Die Besprechung mit dem Kamerun Wirtschaftsminister Daouda brachte
keinerlei neue Erkenntnisse außer daß auch Kamerun am liebsten hätte,
wenn die österreichischen Kaffeeimporteure und auch die Kakaobohnen-
bezieher direkt über Kamerun kaufen und nicht erst über Händler, sei
es in England oder in der Westdeutschen Republik. Kamerun in Hin-
kunft sich um den österreichischen Markt mehr kümmern möchte, es
möchte doch mehr als die rund 6 Millionen Schillinge Waren nach
Österreich exportieren beabsichtigten sie sich auch an Ausstellungen
zu beteiligen. Ich habe deshalb sofort mit der Wiener Messe,
Direktor Draxler die Verbindung hergestellt und die Möglichkeit er-
öffnet, nach der Messebesprechung am Mittwoch noch mit den Impor-
teuren von Kakao und Kaffeebohnen Verhandlungen zu führen. Fälbl
hat übernommen die Besprechungen zu arrangieren.
Anmerkung für Wais: bitte überzeug Dich, daß die Messe auch davon
weiß, daß Kaffee- und Kakaoimporteure anschließend nach dem Messe-
gespräch Mittwoch, um 14,00 Uhr ihre Räume für eine Besprechung zur
Verfügung stellen müssen.
Präsident Schoeller und Gen.Dir. Mailath-Pokorny von den Vereinigten
Nahrungsmittelindustrie-Betrieben und Betriebsobmann Deutsch sprachen
auch bei mir vor und das neue Projekt Neubau einer Bäckerei zu be-
sprechen. Die Grundtransaktion Verkauf von der Ankerbrotfabrik und
Neuansiedlung in den Altaigründen ist gescheitert. Die Gemeinde Wien
ist nicht bereit die Differenz von 140 Millionen Schillingen Grund-
stücksablöse zu bezahlen, sie ist maximal bereit 50 Millionen Schilling
dafür auszulegen. Die ganze Grundstücktransaktion ist sehr undurch-
sichtig und ich kann daher verstehen, daß die neue Rathausgarnitur
nicht bereit ist in die alten Verhandlungen einzusteigen. Deshalb
hat sich der Betrieb d.h. die Familie Schoeller welche die Aktien
jetzt Mehrheit besitzt dazu entschlossen auf dem Areal der Anker-
brotfabrik neue Betriebsgebäude zu errichten und alte dafür zur
Verfügung zu stellen und um 1.300 Schilling den m2 ca. 64.000 m2
zu verkaufen. Die restlichen 64.000, die ihnen verbleiben genügen
um eine neue Fabrik dort zu errichten, damit bleibt auch die Mühle
bestehen, die derzeit als einzig aktives Unternehmen gepaart, ur-
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sprünglich hätte sie stillgelegt werden sollen und 35 Millionen
Schilling für Stillegungsprämie vom Mühlenfonds erhalten. Schoeller
wollte von mir die Zusicherung, daß die Gewerkschaft keinerlei zu-
sätzliche Forderungen mehr an die Ankerbrotfabrik stellt, derweil
ansonsten die Rentabilitätsberechnung nicht stimmt und er Schwierig-
keiten hat die notwendigen Millionenbeträge Kredite zu bekommen.
Ich erklärte rundweg, daß ich dazu nicht in der Lage bin und für
die Gewerkschaft keine wie immer geartete Verpflichtungen übernehmen
könnte. Er hat ein solches Anliegen wie mir Häuser dann am Abend
bei der Ministerratsvorbesprechung sagte auch an die Gewerkschaft
der Privatangestellten gerichtet und Häuser hat genau so rundweg
abgelehnt. Damals war der Angestelltenbetriebsrat mit ihm und Deutsch
hat sich entschuldigt, heute war Deutsch bei mir und der Angestellten-
betriebsrat war dafür nicht anwesend. Die Auseinandersetzung kann
nur zwischen dem Betriebsratobmann Deutsch und den Unternehmungs-
leitung erfolgen und hier hat Deutsch nur erklärt, er wäre bereit
einige Jahre auf die Gleichstellung der Arbeiter mit den Angestellten
zu verzichten. Weitere Zusagen könne er derzeit nicht machen, da er
vorerst wissen müßte, was die Betriebsleitung überhaupt von ihm
wünscht.
Der Ministerratsvorbesprechung berichtete Kreisky über seine Aus-
sprache mit den drei Klubs wegen eventueller Vertretung des er-
krankten Hr. Bundespräsidenten. Durch eine Indiskretion der Volks-
partei ist die ganze Problematik in die Süd-Ost-Tagespost gekommen.
Die FPÖ hat absolutes Stillschweigen und damit Pietät bewiesen.
Kreisky beabsichtigt im Falle der Stellvertretung des Herrn Bundes-
präsidenten nicht sich selbst wie das bis jetzt alle Bundeskanzler
beim Ableben der Bundespräsidenten gemacht haben, mit Stellver-
tretung zu belasten sondern eben die Präsidenten des Nationalrates
dafür heranzuziehen. Österreich war 1923, bevor die Verfassung be-
schlossen wurde immer durch die Präsidenten des Nationalrates als
Staatsoberhaupt vertreten. Als Österreich dann ein Bundesstaat wurde
wurde daher auch ein Bundespräsident als Staatsoberhaupt geschaffen.
1929 hat dann Seipel die Präsidialdemokratie stärker ausgebaut. Der-
zeit hat der Bundespräsident große Möglichkeiten, die er allerdings
nicht nützt oder besser gesagt nicht nützen mußte, weil die Demo-
kratie bei uns doch einigermaßen funktionierte. In Hinkunft möchte
nun Kreisky und er glaube daß jetzt der richtige Zeitpunkt ist, durch
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Gesetz festlegen lassen, daß eben die Präsidenten des Nationalrates
den Herrn Bundespräsidenten vertreten. In diesem Fall wird dies dann
auch nicht auf eine Person abgestimmt sondern ist eben der erste
Präsident, wenn der verhindert sein sollte, der zweite und wenn dieser
verhindert sein sollte, der dritte Präsident des Nationalrates, der
diese Funktion ausüben kann und müßte.
Über die Taktik der ÖVP, jetzt unbedingt Neuwahlen zu machen wird
der ÖVP auch nichts zusätzlich bringen. Die Gegenargumentation
sollte sein Keßler rechnet auf die Hilfe der Ölscheichs, da natürlich
in der nächsten Zeit mit größeren Preissteigerungen zu rechnen ist.
Aus einer anschließenden Aussprache über die Agrarpreise konnte ich
entnehmen, daß Androsch Kreisky erzählte daß wir im März über die
10 % kommen werden und wahrscheinlich auch dann einige Monate über
dieser Marke liegen werden; unter dieser Preissteigerungsrate
Wahlen zu führen wird in Hinkunft sehr schwer sein. Der Märzindex
wird allerdings erst nach den Tiroler und Salzburger Wahlen kommen,
für Salzburg fürchtet Kreisky insbesondere in Salzburg-Stadt, daß
schlecht abgeschnitten wird weil es sich dort um eine liberale und
in Wirklichkeit um ein größeres Dorf handelt, welches nur im Sommer
dann durch die Festspiele Weltstadtcharakter bekommt. Dies prägt die
Einwohner und gibt Salfenauer kaum eine Chance. In Tirol ist vor
allem Kufstein gefährdet, weil der dortige sozialistische Bürger-
meister sehr selbstherrlich regiert.
Durch Zufall erfuhr ich daß Landwirtschaftsminister Weihs vom 12. bis
17. Mai in Tunesien sein wird um einige landwirtschaftliche Projekte
zu besprechen. Ich erklärte ihm rundwegs daß ich sehr froh bin daß
er endlich dorthin fährt, denn damit kann ich ja diese Reise, die ich
schon so lange machen sollte hinausschieben. Weihs wird dort auch
einige Wünsche die wir haben jederzeit vertreten.
Anmerkung für Wanke: bitte die notwendigen Unterlagen für Weihs zu-
sammenstellen lassen und gleichzeitig bei Pleschiutschnig versuchen
zu erfahren, was Weihs für konkrete Projekte dort vertreten wird, da-
mit ich bei der Besprechung mit dem Tunesischen Minister der jetzt
nach Wien kommt die notwendigen Unterlagen besitze.
Die für Ende Mai vorgesehene Aussprache der Minister die davon be-
troffen sind auf der Burg Wartenstein muß wegen der Moskau-Reise
Kreisky verschoben werden, sie findet jetzt am 17. Juni statt; einge-
laden wird Professor Broda Energiefragen ein Strahlenchemiker
und zwei Ökologen Stöhr und Lorenz.
Anmerkung für Bukowski: bitte Termin vormerken, ebenso Bauerngipfel
25. März, 15,00 Uhr und Wirtschaftspolitische Aussprache 27. März,
16,00 Uhr.
Die Katholische Sozialakademie hat eine Studie über die Stellung der
Bergbauern in Arbeit oder schon fertig. Ich glaube daß wir diese
dringendst anschauen sollten.
Anmerkung für Wanke: bitte die Unterlagen verschaffen und analysieren.
Über die Dienstposten für 1975 ergab sich eine lebhafte Diskussion.
Kreisky selbst der laut dieser Aufstellung 85 Dienstposten dringend
bräuchte erklärte daß er nicht bereit ist, einen Teil dieser Dienst-
posten auch tatsächlich anzufordern. Zum Beispiel will die Sektion IV
und V Gatscha und Preglau für die Entwicklungshilfe und die allum-
fassende Landesverteidigung 25 Dienstposten. Genau so soll das
Statistische Zentralamt wieder für eine Erhebung 60 neue Dienst-
posten bekommen. Kreisky ist nur bereit für die allumfassende Landes-
verteidigung, weil er dafür keine Beamten einsetzen kann einige Leute
aufzunehmen. Alle anderen Dienstposten wird er nicht vertreten. Die
70 Landwirtschaftsdienstposten ergeben sich aus der Übernahme des
Forstgutes Blühnbach weil hier die Angestellten mitübernommen werden
mußten. Wirkliche Dienstposten sollen nur bei Inneren, für die Polizei
und Gendarmerie geschaffen werden weil sich jetzt endlich Leute
melden. Hier sollte darauf hingewiesen werden, daß dies zur Sicher-
heit notwendig ist. Außerdem soll für Unterricht und für Wissenschaft
eine entsprechende Aufnahme erfolgen. Der Wunsch der Lehrer aber,
die Lehrverpflichtung zu verkürzen wird ganz kategorisch abgelehnt.
Es ist lächerlich, wenn man bei einer 18 – 21 stündigen Lehrver-
pflichtung auf den Mittelschulen jetzt im Zuge der Arbeitszeitver-
kürzung ebenfalls eine weitere Herabsetzung dieser Verpflichtung
wünscht. Kreisky meint, daß können wir in der Öffentlichkeit ruhig
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vertreten und die Lehrer werden genau so wenig Erfolg haben wie
bei ihren Kampfmaßnahmen die sie das letzte Mal angedroht haben und
dann letzten Endes doch nachgegeben haben. Allerdings hat er hier
verschwiegen daß er wohl auch von seiten des Bundes ein gewisser
Zuschuß den Lehrern insbesondere bei den Anfangsbezügen gegeben wurde.
Vollkommen recht hat er aber daß die Lehrverpflichtung die in der
Bevölkerung nicht bekannt ist und wahrscheinlich sich der ganze
Unmut gegen sie wenden würde, wenn sie jetzt neuerdings eine ent-
sprechende Verkürzung verlangen würden. Androsch wies darauf hin,
daß auch die finanzielle Situation nicht vergessen werden darf. Nach
seinen Berechnungen braucht jeder Dienstposten mindestens 100.000
Schilling Kosten am Anfang während Lausecker sogar 250.000 Schilling
pro Dienstposten veranschlagt. Nach Androsch seinen Ergebnissen hat
das Jahr 1973 mit einer Defiziterhöhung von 1,6 Milliarden geendet;
für 1974 erwartet er um 1,2 bis 1,5 Milliarden Schilling mehr Aus-
gaben für das Personal und 500 bis 800 Millionen Schilling Mehraus-
gaben auf dem Sachbereich ohne Aufmachung der Stabilitätsquote, die
ja wahrscheinlich aber doch dann teilweise zumindestens aufmachen
muß. Für 1975 muß mit einem Ausfall von 4 Milliarden Schilling durch
die Steuersenkung Bundesanteil rechnen sodaß sich das Defizit auf
15 – 17 Milliarden Schilling erhöhen wird. Da die Personalkosten
jetzt bereits 57 Milliarden Schillinge ausmachen kann man sich er-
rechnen wie viel weitere zusätzliche Beamte dann noch zusätzlich
kosten werden, es muß deshalb versucht werden mit der minimalsten
Beamtenerhöhung d.h. Dienstpostenplanvermehrung zu rechnen. Diese
würden nicht ca. 17.500 plus der Landeslehrer 2.400 die man refun-
dieren müßte also ca. 20.000 betragen sondern maximal 6.917, auch
hier müßten noch womöglich Abstriche gemacht werden. Kreisky hat mit
Recht ausgeführt daß wir auf zwei Gebieten versagt haben. Das eine
ist die Rationalisierung der Verwaltung hier ist uns nichts einge-
fallen, nebenbei bemerkt das wäre seine Aufgabe im Bundeskanzleramt
primär gewesen und im Wohnbausektor. Kreisky meinte, daß wenn wir
75 neu antreten, wird dieses Problem Rationalisierung der Verwaltung
sofort in Angriff nehmen müssen. Seine Überlegungen gingen dahin, daß
mit Einführung der EDV doch mehr Beamte erspart werden können. Rösch
versuchte ihm auseinanderzusetzen, daß man mit der EDV nur schneller
Ziffern erhält aber keinesfalls weniger Beamte dazu braucht, dies
sei in der Privatwirtschaft genauso gewesen, was Kreisky ganz ent-
schieden bestritt. Tatsächlich ist glaub ich die Situation so, daß
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am Anfang zuerst zu den laufenden Agenden und Beamten noch zusätzliche
Fachleute für die EDV und insbesondere auch Locherinnen usw. einge-
stellt werden müssen. Dann finden die anderen Beamten eine entsprechen-
de andere Tätigkeit für das dann ein Teil ihrer Tätigkeit durch die
Maschinen gemacht werden, die selbst aber natürlich nicht aus der
Tätigkeit ausscheiden sondern dann entweder weniger zu tun haben
und gegebenenfalls wenn es da nicht anders geht sich halt zusätzliche
Beschäftigung suchen. Dies geschieht am besten dadurch, daß eine Ab-
teilung die andere Abteilung mit neuen Agenden immer wieder mitbe-
schäftigt und damit der Beschäftigungsstand rein formell erhalten
werden kann. Kreisky hat in seinem Haus genau dasselbe wahrscheinlich
festgestellt was auch für uns im Handelsministerium gilt. Der einzige
Vorteil ist, daß wir keine zusätzlichen Dienstposten ausgemacht
haben, allerdings trifft dies nicht für das Preisbestimmungsgesetz zu,
wo wir bekanntlicherweise doch einen ganzen Schwarm von neuen Beamten
übernommen haben. Da aber dieses Problem erst nach 1975 zur Debatte
stehen wird, so wollen wir uns nur intern den Kopf zerbrechen und
womöglich gar nichts im Haus verlautbaren lassen weil dadurch die
Unruhe nur noch stärker wird. Eines muß allerdings gelten, Abteilungen
die auslaufen durch Pensionierung sind womöglich nicht mehr zu be-
setzen und die Reorganisation müßte von der Geschäftsordnung jetzt
schon schön langsam vorbereitet werden.
Anschließend an die Ministerratsvorbesprechung hat Kreisky mit Androsch
Weihs und mir die Agrarprobleme besprochen. Lanner hat ihm ein Ulti-
matum in aller Öffentlichkeit gestellt obwohl die Formulierung von
der Rede die sich Kreisky verschafft hat, nicht so ist, daß sie in
den Zeitungen abgedruckt wurde. Trotzdem wird er Minkowitsch fragen,
ob er bei diesem Ultimatum bleibt, dann nämlich würde er erklären
sind alle Verhandlungen nutzlos. Da ich aber annehme, daß Minkowitsch
natürlich dann einlenken wird möchte Kreisky einen Bauerngipfel für
nächste Woche einberufen damit über die Agrarwünsche abschließend
verhandelt werden kann. Dort soll auch der Milchpreis vorgeschlagen
werden und Kreisky selbst wäre sehr froh wenn es mir gelänge, die
Arbeiterkammer und den Gewerkschaftsbund davon zu überzeugen, daß
man 30 Groschen machen sollte. Beim Getreidepreis hat Weihs berechnet
daß die Dieselverteuerung sieben bis neun Groschen kosten und die
Handelsdüngerverteuerung 6 – 8 Groschen. Diese Beträge sollten
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wahrscheinlich 15 – 20 Groschen im Weizen- und Roggenpreis abge-
golten werden.
Anmerkung für Wais: Hier hat der Landwirtschaftsminister scheinbar
bessere Berechnungen vor allem auch schnellere Berechnungen als
wir, wenn diese Ziffern auf Unterlagen beruhen.
Die Dieselrückerstattung wird von 380 Millionen Schilling auf
600 Millionen Schillinge erhöht werden. Eine Abgabe von gefärbten
Ofenheizöl für Dieselfahrzeuge kommt nicht in Frage weil Androsch
mit Recht daraufhin weist, daß dadurch die Nicht-Bauern ihr Ofen-
heizöl um 25 Groschen verteuert würde, diese Berechnungen hat die
ÖMV auch dem Finanzminister geliefert. Ich erklärte Kreisky daß
ich derzeit über die Milchpreiskalkulationen wie das Landwirtschafts-
gesetz es befiehlt verhandle um einen womöglichen Akkord zwischen
den Interessenvertretungen herzustellen. Da die Gipfelbesprechungen
Anfangs nächster Woche endgültig die Fixierung des Erzeugerpreises
bringen werden und Kreisky mit Recht meint, dies müßte als eine
Leistung der Regierung dargestellt werden, habe ich noch Gelegenheit
die einzelnen Details der Kalkulation mit den Interessensvertretungen
zu besprechen. Zweckmäßig wird es sein, die Verbraucherpreise
Steigerung für eine Erhöhung der Milchpreise um 20, 25 und 30 Groschen
anstellen zu lassen.
Anmerkung für Wais: bitte den Milchwirtschaftsfonds über unsere
Preisabteilung damit streng vertraulich zu beauftragen.
Tagesprogramm, 18.3.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 114. Ministerratssitzung, 18.3.1974
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