Montag, 22. Juli 1974
Der österr. Botschafter in Algerien Scheich, den ich gebeten
habe, wenn er nach Wien kommt, sofort mit mir Kontakt aufzunehmen,
erzählt mir, dass Min.Rat Zuk, dem im BKA auch die Entwicklungs-
hilfe untersteht ihm weitestgehende Unterstützung zugesagt hat.
Zuk ist der Meinung, dass die Musterfarm, die die Algerier wün-
schen um 5 – 10.000 Stück Zucht- und Nutzvieh nach Algerien lie-
fern zu können, ohne weiteres möglich ist, zu errichten. Darüber
hinaus meint er, Scheich sollte bei den Algeriern sich erkundigen,
welche Ausbildungsmöglichkeiten sie sich vorstellen. Ich halte
diese Vorgangsweise für absolut falsch, da die Algerier sofort
ganz grosse Ziffern für Ausbildungswünsche mitteilen werden. Wir
werden ihnen dann grosszügig vielleicht 10 Plätze für das TGM
und vielleicht auch wo anders irgendwelche Lehrwerkstättenaus-
bildungen anbieten. Die Algerier machen sich also Riesenhoff-
nungen und dann kriegen sie nicht einmal einen Tropfen auf einen
heissen Stein. Viel richtiger und reller wäre es, gleich von vorn-
herein zu sagen, wir haben 10 Plätze im TGM soundso viele Plätze
in Lehrwerkstätten usw. Ich machte Scheich darauf aufmerksam,
dass ich das Gefühl habe, hier wollen Beamte etwas vor sich her-
schieben. Um die Gasverflüssigungsprobleme und den Gasbezug von
Algerien zu vergrössern, habe ich Scheich mit dem Geschäftsführer
der Austria-Ferngas, Schmidt, in Kontakt gebracht.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Die Grundsatzgruppe sollte sich mit den Ent-
wicklungshilfe-Problemen vom Standpunkt des Handelsministeriums
und der konkreten Verträge und Geschäfte einmal beschäftigen.
Beim Jour fixe beginnt Mussil sofort mit der Zuckersituation. Auf
meinen Vorhalt, die Industrie hätte die Versorgung als sie die
20.000 t Export beantragte und genehmigt bekommen hat, für das
Inland als sichergestellt bezeichnet, meint Mussil, dies war
nur bezüglich der normalen Versorgung und nicht, wenn Hamster-
käufe einsetzen. Dr. Hiller vom Zuckerverband und gleichzeitig
auch der Exponent und Sprecher der Zuckerindustrie, da derzeit
alle Funktionäre auf Urlaub sind, will eine Rationierung zuerst
sogar eine Bewirtschaftung mit Abgabe von Marken, dann eine
Kontingentierung, d.h. 85 % der beantragten Auslieferungsmengen
für die Grosshändler, resp. Weiterverarbeiter, und erklärt,
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dass er eine Pressekonferenz machen wird. Mussil selbst ist über
diese Entwicklung sehr unglücklich, da Hiller scheinbar in der
Handelskammer nicht den besten Ruf hat. Da auch die Presse sich
immer mehr auf die Zuckerversorgung stürzt, fürchte ich, dass
früher oder später doch eine Hamsterwelle einsetzt. Ich habe des-
halb nachmittags zuerst mit Mauthner, Marsch und Wais die Situation
besprochen. Mauthner selbst glaubt, dass er imstande ist, 15.000 t
von den Ungarn Anfangs September von der neuen Kampagne Zucker zu
bekommen. Österreich müsste dann von seiner Ernte 30.000 t zurück-
verkaufen. Da Vorkampagne-Zucker aber teurer ist als Nachkampagne-
Zucker, müsste man grössere Beträge für dies Abwicklung bereit-
stellen. Mauthner möchte nun, dass die ca. 100.000 t Zucker, die noch
lagern, wenn jetzt sofort der Zuckerpreis erhöht wird, abgeschöpft
werden und dies ergäbe 50 – 60 Mill. S, die für diese Transaktion
zur Verfügung stünden. Ich habe auch dann anschliessend mit Hrdlitsch-
ka und Blaha die Situation besprochen. Hrdlitschka steht nach wie
vor auf dem Standpunkt, dass die nur ein Bluff ist, die Versor-
gung nicht so schlecht sein kann und die Zuckerindustrie nur die
Preiserhöhung will. Das letztere stimmt sicher, das erstere aber
ist ein Fehlurteil von ihm. Da der Weltmarktzuckerpreis wesent-
lich höher ist wird die weiterverarbeitende Industrie nach wie
vor um 6.18 S Fabrikabgabepreis von Österreich für Zucker von
dort den ganzen Zucker, den sie verarbeitet, kaufen und exportieren.
Ich habe auch in der Ministerratsvorbesprechung mit Weihs gespro-
chen und dann sogar über die Situation referiert und mich ermächtigen
lassen, gegebenenfalls über Nacht einen Zuckerpreis festzusetzen.
Nachdem der Rundfunk bereits eine solche Reportage über Zuckerpreise
und Versorgungslage geführt hat und jetzt die Zeitungen anfangen,
dieses Problem aufzugreifen, fürchte ich, dass tatsächlich eine
Hamsterwelle einsetzen könnte. Landwirtschaftsminister Weihs wird
untersuchen lassen, ob tatsächlich eine Abschöpfung möglich ist.
Ich selbst habe grosse Bedenken, weil auch seinerzeit bei der Ab-
schöpfung für Getreidepreiserhöhung bei den Mühlen der Verwaltungs-
gerichtshof dann die Verordnung aufgehoben habe.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Lass bitte von Jagoda die Rechtsauffassung
prüfen.
Mussil fürchtet, dass mit den MOG im Winter wieder die Preisrege-
lung gekoppelt wird und wir dadurch eine stärkere Verhandlungs-
position haben. Ich erkläre ihm rundwegs, dass ich persönlich
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gar keinen Wert darauf lege, dass eine Koppelung erfolgt, weil
die MOG wesentlich anders gestartet werden müssten, dh. in
sich selbst ausgeglichen sein müssten. Nicht die Koppelung,
Sozialisten wünschen Preisregelung, ÖVP Marktordnung ist der
richtige Weg sondern die Marktordnung muss auch für die Konsu-
menten erträglich und daher akzeptabel sein.
Sallinger ersuchte um ein Sonderkontingent für die Salzburger
und Vorarlberger 125 Jahre Handelskammer bei Verleihung von Kom-
merzialratstiteln. Wien hat dafür 15 Stück bekommen, Burgenland
seinerzeit für 50 Jahre 6 Stück. ich verspreche, mich mit Bundes-
präsident Kirchschläger sofort ins Einvernehmen zu setzen und
dieses Sonderkontingent zu erbitten.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte Termin mit Büro vom Bundespräsi-
dent Kirchschläger vereinbaren.
Sallinger hat einen Waschzettel, wo er über die Freihandelszonen-
regelung bzw. Zollsenkung für Griechenland und Türkei erinnert
wird, gibt allerdings selbst zu, dass derzeit der denkbar
ungünstigste Zeitpunkt ist, mit mir darüber zu reden.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte lass untersuchen, ob dies überhaupt
noch zeitgemäss ist, resp. einmal sein wird.
Der Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelindustrie beschwert
sich bei Sallinger über das hohe Salami-Kontingent. In Ungarn be-
trägt es 330 t in Rumänien 130 t und in Italien von 90 t in
Accordino sind fast 70 t Salami. Eine Einschränkung kommt ja
keinesfalls in Frage und ich erkläre, dass im Gegenteil die Messe-
kontingente und sonstige Beschränkungen aufgehoben resp. zu-
mindestens kontingentmässig aufgestockt werden müssten.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Lasse im Haus einen entsprechende Plan auf-
stellen, wie wir weiterhin vorgehen sollten.
Am meisten empört ist Sallinger, dass wir der Fa. Tagger doch
nun den § 58 – Staatswappen verliehen haben. Er meinte, die Han-
delskammer hätte dies abgelehnt, was ich bestätigte und sogar
im Präsidium hätte man darüber gesprochen und Mühlbacher sei
über den Verleihungsakt auch nicht sehr glücklich. Ich versichere
Sallinger, dass nach einer Rücksprache mit der Handelskammer
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man von dort zwar keine Zustimmung bekommen hat, doch man zur
Kenntnis genommen hat, dass die Aktlage eine solche Verleihung
verlange. Ich habe weder eine positive noch negative Weisung ge-
geben, sondern nur ersuchte, man sollte jetzt endlich, nachdem
selbst der Fachverband Nahrungs- und Genussmittelindustrie be-
stätigt hat, dass eine Verleihung möglich ist, eben diese Ver-
leihung wegen der Grösse als Mischfutterwerk erfolgte. Ich habe
bei der Auszeichnung sogar auf diese Entwicklung besonders hin-
gewiesen
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte kläre aktmässig, mit wem in der
Bundeskammer vom Haus gesprochen wurde, resp. wie sich das Ge-
spräch abwickelte.
Mussil teilt mir mit, dass er sich wegen der Erlassung einer
Verordnung gegen Rhodesien-Exporte verschweigen werde. Unbedingt
wünscht aber die Handelskammer, dass jetzt endlich Südafrika
aus der Diskussion herausgehalten wird. Dies bezieht sich na-
türlich auf der VÖEST-Alpine-Geschäft. Ich hatte mit Kirchweger
eine längere Aussprache, der mir alle Unterlagen jetzt endlich über
dieses Geschäft zur Verfügung stellte Bis jetzt habe ich es immer
bedauert, dass die VÖEST zwar eine entsprechende Unterstützung durch
mich erwartet, aber eine Information im Detail unterlassen hat.
Kirchweger, der früher bei der ÖIAG war und jetzt in der VÖEST
schön langsam eine Position einnimmt, ein guter Mann, hat engstens
Kontakt-Interesse mit mir. Bei der Ministerratsvorbesprechung hat
Kreisky dieses Problem angeschnitten und meinte richtig, dass
es nicht im Ministerrat selbst offiziell zur Sprache kommen
soll. Er hat gegen das Geschäft grösste Bedenken, weil er dadurch
befürchtet, dass die Schwarz-Afrikaner noch mehr gegen die
Österreicher nicht zuletzt in der UNO im Sicherheitsrat auf-
treten werden. Jankowitsch, unser Vertreter, hat den schwierig-
sten Stand. Andererseits gibt Kreisky zu, dass ein Verbot dieses
Geschäftes kaum mehr möglich ist. Er meint, am besten wäre es,
der ÖIAG mitzuteilen, es soll noch einmal geprüft werden, ob
die VÖEST gar keine andere Möglichkeit hat, insbesondere wäre
zu prüfen, ob nicht ein anderes, schwarzafrikanisches Land
dieselben Möglichkeiten bietet. Er verweist auch, dass die
VÖEST seinerzeit in Formosa unbedingt ein Stahlwerk liefern
wollte und dann sehr froh war, dass letzten Endes aus aussen-
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politischen und Risikogründen dieses Geschäft nicht zustande-
kam. Er fragt mich sofort um meine Meinung und ich erkläre
ihm, dass nach meinem Wissen ein anderes schwarz-afrikanisches
Land nicht in Frage kommt. Die VÖEST hat ausserdem soweit es
irgend möglich war, schon ganz gute Geschäfte Geschäfte auch
mit Schwarz-Afrika getätigt. Die Kombination Kohle und Erz
ist in Südafrika nur vorhanden. Androsch erklärt, dass die VÖEST
für Formosa 150 Mill. S Abstandsgeld für die Nichtausführung des
Stahlwerkes bekommen hat. Für die Regierung wird sich erst das
Problem ergeben, wenn die Bundeshaftungen angesprochen werden.
Ich erkläre auf die ideologische Seite will ich gar nicht ein-
gehen, hrier habe ich mit meinem Söhnen schon wegen Griechenland
Steyr-Daimler-Puch-Investition und vielen anderen autoritären
Staaten immer dieselbe Diskussion. Im Grunde genommen erklä-
re ich Kreisky, haben sie vollkommen recht, weil auch er meint,
sein Sohn und auch die Kritiker links von uns haben vollkommen
recht in dieser Frage. Meine Entschuldigung dafür ist eben der
Sachzwang in dem wir uns befinden. Kreisky wird, da ja nur
er gefragt wurde, ich selbst habe keine offizielle Forderung
zur Stellungnahme von niemandem bekommen, der ÖIAG die neuer-
dings positive Überprüfung empfehlen wird. Kreisky legt in die-
ser Frage und auch in allen anderen bei der Ministerratsvorbe-
sprechung grössten Wert, meine Meinung zu hören und ist äusserst
wohlwollend. dies erklärt sich daraus dass er von Sallinger immer
hört, wir sollen mit dem Schmäh aufhören, dass Kreisky erklärt,
Staribacher sei de beste Vertreter der Handelskammer in der
Regierung und ich erkläre ihm immer, ich hätte nicht das Ohr
von Kreisky. Auch Heindl erklärt mir immer wieder, dass
Muliar und andere, die mit Kreisky Kontakt haben, immer wieder
feststellen können, wie er meine Tätigkeit besonders heraus-
streicht. Nicht, dass mir dies unangenehm wäre, stelle ich
doch aber immer wieder richtig, damit man nicht meinen Ein-
fluss in der Regierung überschätzt, welche Möglichkeiten ich habe.
Mussil berichtet mir auch z.B. dass er mit Androsch vereinbart hat,
dass die 76 Mill. S, die für die Stärkeförderung fast eine
gesetzliche Notwendigkeit ist, unbedingt im Budget bleiben
müssten und dass Androsch damit einverstanden ist. Von den
Beamtenverhandlungen weiss ich aber, dass Androsch einen wesent-
lichen Abstrich von 48 Mill. vornehmen will. Ich erkläre
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Mussil, dass es mir ganz egal ist, denn so wie er bei der
Zuckeranordnung auf 1.000 S Erinnerungspost resp. Ansatz im
Budget zurückgehen will, kann er dies bei allen gesetzlichen
Verpflichtungen ohne weiters machen um solche Positionen braucht
man nicht streiten, da ähnliche wie bei der Bergbauförderung dann
eben die notwendigen Mittel automatisch bekommen muss.
Die Handelskammer wird einer Erhöhung der Zollfreieinfuhren von
1.00 auf 3.000 S für EFTA- und EG-Staaten zustimmen. Ich höre
zum ersten Mal, dass der Finanzminister scheinbar eine solche
beabsichtigt. Dies auf EWG- und EFTA-Staaten zu beschränken, be-
deutet nur verhältnismässig komplizierte Administration.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte diese Reiseverkehrerleichterungen als
Ganzes einmal in der Grundsatzgruppe besprechen.
Die Handelskammer wird, wie mir Mussil ankündigt, im Handelsmini-
sterium beantragen, dass jetzt die Strumpfhoseneinfuhr weltweit durch
Verordnung festgelegt werden soll. Ich erkläre Mussil sofort,
ich halte diese Vorgangsweise für falsch, da auch seinerzeit bei
den Streichhölzern wegen Schweden innerhalb 8 Tagen diese Verord-
nung wieder aufgehoben wenden musste.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Die Grundsatzabteilung muss sich sofort mit
diesem Problem beschäftigen und versuchen, die Handelskammer über
die Unzweckmässigkeit zu überzeugen.
Beim Journalistengespräch hat Würzl beabsichtigt, einen Waschzettel
über die Fremdenverkehrspolitik insbesondere die Einstellung von
Krediten und sonstigen Unterstützung für Neubauten erwähnt. Gehart
macht mich noch zeitgerecht aufmerksam, dass es unzweckmässig ist,
eine solche Erklärung bereit jetzt abzugeben und vor allem, die
beabsichtigte Aussprache zu einer Zeit zu machen, wo ich mich be-
reits im Urlaub befinde, abzuhalten. Wenn bei dieser Fremdenver-
kehrsenquete und Gehart hat vollkommen recht, das bleibt nicht im
kleinen Kreis und vertraulich sondern geht sofort in die Öffent-
lichkeit, ich nicht anwesend bin, wird man erklären, ich hätte da-
für kein Interesse. Ich teile deshalb Würzl mit, dass der Wasch-
zettel nicht verteilt werden soll und dass ich Samstag/Sonntag
von meinem Urlaub opfere und dafür die Besprechung in Innsbruck
selbst leite. In der Fraktionsbesprechung mit den FV-Verantwortlichen
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der Länder erkläre ich das steuerliche Programm Androsch und
die Forderung des Freien Wirtschaftsverbandes über Aussetzung
der Vorauszahlung im 3. Quartal. Androsch, mit dem ich dann
über diesen Punkt noch Kontakt aufnehme, spricht sich ganz
entschieden dagegen aus, weil er meint, hier irrt Mühlbacher,
wenn er dieselbe Situation wie bei der Maul- und Klauenseuche
annimmt. Dort war ein Dorf vollkommen abgeschnitten, hier kann
es vereinzelte Rückgänge im Fremdenverkehr geben, die wenn sie
nachgewiesen werden sollten, sowieso vom Finanzamt berück-
sichtigt werden müssen. Eine generelle Erklärung aber würde
nicht in Frage kommen, da Androsch hier vollkommen richtig meint,
dies hiesse, dass man die tatsächliche Situation mit einer Situation
der Maul- und Klauenseuche vergleichen könne, was sicher nicht
zutrifft. Würzl hat beim Pressegespräch nur allgemeine An-
deutungen gemacht und ich habe dann bei der Fraktion die Konzep-
tion grösserer Werbeeinsatz, Moratorium für die Kreditnehmer,
wenn sie tatsächlich nicht imstande sind, die Raten zurückzuzahlen,
hier muss man nur vorsichtig sein, damit nicht dann, wenn dies
publik wird, alle sofort erklären, sie können nicht mehr Kredite
zurückzahlen, und vor allem auch das Bestreben, eine neue Fremden-
verkehrsgesinnung bezüglich der Preise und Leistungen zu erreichen.
Ortmann, der Sekretär unserer fraktionellen Arbeitsgruppe, wird
eine Zusammenfassung aller Punkte machen. Heindl, als Vorsitzender
schlägt vor, dass insbesondere Zolles, den wir jetzt auch in diese
Fraktionsgruppe aufgenommen haben, auch bei der Aussprache in
Innsbruck ein Co-Referat halten soll. Ich möchte überhaupt, damit
nicht das Ganze in das Fahrwasser der Oppositionspartei-Anhänger
gerät, dass wir einige Kurz-Referenten bestellen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte besprich mit Würzl, wer dafür in Frage
kommt und welches Thema der Referent behandeln soll.
In der Ministerratsvorbesprechung hat Kreisky dann noch berichtet,
dass der britische Botschafter ihn ersuchte, ob in Wien nicht
die Verhandlungen zwischen Griechenland und der Türkei und Gross-
britannien stattfinden könnten, um den Waffenstillstand in einen
dauernden Friedenszustand zu verwandeln. Kreisky hat sofort zu-
gestimmt, die Griechen haben sich aber scheinbar dagegen ausge-
sprochen, da Genf jetzt gewählt werden woll. Bielka meint, dies
sei auch deshalb zu erwarten, weil Genf bedeutet, dass das Ganze
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im Rahmen der UNO abgewickelt wird. Kreisky stellt fest, dass
Griechenland auch deshalb wahrscheinlich gegen Wien ist, weil
wir Österreicher das Vorgehen der Putschisten verurteilt haben.
Bielka meint, dass – wenn Wien bereits eine UNO-Stadt durch das
UNO-Zentrum wäre, wir bessere Chance gehabt hätten. Dem stimmt
Kreisky zu.
Kreisky teilt mit, dass der Hamburger Presseball voriges Jahr
mit den Franzosen gemeinsam und heuer mit den Österreichern
gemeinsam abgehalten werden soll. Zu diesem Zweck müssten mehrere
Bundesminister nach Hamburg fahren. Als er mich vorschlug, erklär-
te ich sofort, ich gehe in Österreich auf keinen Ball, daher auch
nicht in Hamburg. Den Hamburgern wird trotzdem mitgeteilt, dass
mehrere Minister kommen werden.
Kreisky ersucht, er möchte mit mir dann sprechen will aber bereits
jetzt, dass wir nach Ägypten eine grössere Wirtschaftsdelegation
unter meiner Führung schicken. Ich erkläre mich dazu bereit,
weil ich sowieso einen Vertrag abschliessen und unterschreiben
muss.
Weihs berichtet, dass der Krisengroschen jetzt um 3 Groschen mit
l. Juli für die Bauern erhöht wird, weil gleichzeitig auch eine
Erhöhung 3 Groschen des Bundeszuschusses auf Grund unserer letzten
Vereinbarung bedeutet. Weihs meint noch, einer der nichts zu reden,
hatte, hat sich dort der Stimme enthalten. Richtig ist, dass
Gen.Sekr. Brandstätter die Vereinbarung zwar nicht unterschrieben
hat, aber natürlich als Bauernvertreter fungierte. Die Bauernfunktio-
näre nämlich, die unterschrieben haben, waren bei der Sitzung gar
nicht anwesend. Weihs berichtet auch, dass nun das Depot für Milch
und Molkereiprodukte aufgehoben ist und für die Nutz- und Zucht-
rinder von 50 auf 25 % herabgesetzt wird. Durch die Inlandsaktion
glaubt er 5.000 Stück Rinder wegzubringen und dadurch sogar noch
dem Staat, da keine Exportunterstützungen dafür bezahlt werden müs-
sen, Millionen zu ersparen. Weihs kündigt aber vor allem an, das
die Zuckerernte sich diesmal um 3 Wochen verspäten wird. Nach
seiner Information wird statt am 20. Oktober frühestens im
Anfang November die Zuckerkampagne beginnen. Ein weiteres grosses
Minus für die zu erwartende Entwicklung auf dem Zuckerpreissektor.
Tagesprogramm, 22.7.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)