Mittwoch, 31. Juli 1974
Frau Mayer, eine tüchtige Delikatessenhändlerin, die übrigens auch
das grosse Wort führte, kam mit ihrem Mann um sich zu beschweren
sich aber auch gleichzeitig zu erkundigen, welche Möglichkeit ihr
die neue Gewerbeordnung gibt. Da sie gegenüber dem Regierungsgebäude
ihr Geschäft hat, will sie scheinbar Gulaschsuppen und sonstige
warme Speisen verabreichen. Sekt.Chef. Jagoda hat ihr die ent-
sprechende Vorgangsweise empfohlen und ich glaube sogar zu ihrer
grössten Überraschung besser beraten als ihre Interessensvertretung.
Natürlich kann man eine solche individuelle Beratung nur vereinzelt
durchführen. Es wäre aber zu versuchen, ob wir nicht eine Mög-
lichkeit finden, tatsächlich einen Beratungsdienst unter dem Motto
"Service für die Wirtschaft" einzurichten. Jetzt getrauen sich sehr
wenige Leute direkt an den Minister zu schreiben oder gar bei ihm
vorzusprechen. Wenn wir aber eine Propagandawelle für eine solche
Servicestelle starten, bin ich überzeugt, werden wir mit Anfragen,
Wünschen und vor allem einmal Besuchen überhäuft. Hätte ich eine
ganze Reihe von tüchtigen Beamten, die in der legislativen Arbeit
nicht eingesetzt werden müssen oder können, dann könnte ich mich
auf ein solches Experiment einlassen. Da aber zu befürchten ist, das
ich die wenigen guten, die wir besitzen, dann mit Auskunfts- und
Beratungstätigkeit überhäuft werden, glaube ich muss man von einer
solche Idee Abstand nehmen. Als innere Entschuldigung kann ich mir
ja immer wieder zur Beruhigung sagen, dass dafür die Unterbehörden
Bezirkshauptmannschaften, die eigentlich für die Gewerbeordnung
in erster Instanz zuständig sind, als auch die Interessensvertre-
tungen geschaffen wurden.
Friedl von der Presse kam gleichzeitig mit der neuen Mitarbeiterin
Frau Palme, um über die Tätigkeit des Ministeriums ein längeres
Interview zu machen. Obwohl ich ihnen fast eine Stunde zur Ver-
fügung stand, wurden wir mit der Diskussion nicht fertig, weil
durch einen reinen Zufall ich ununterbrochen wirklich bedeutende
Anrufe oder sonstige Arbeiten zwischendurch zu verrichten hatte.
Mir kam dies sehr gelegen, weil Friedl dadurch den Eindruck ge-
winnen musste, dass ich ungeheuer beschäftigt bin. Ich habe ihm des-
halb einen weiteren Termin für nächste Woche angeboten. Ausser
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über die Erfüllung des Regierungsprogrammes wollte er unbe-
dingt wissen, wie es mit der Preisregelung weitergeht. Die einzige
verfängliche Frage war, als er meine Stellungnahme zu einer
weiteren Periode als Handelsminister wissen wollte. Ich verwies
ihn darauf, dass dafür die politischen Kräfte hier nach der
Wahl zuständig sind und nicht die Meinung des einzelnen. Hier
kam mir wieder zugute, dass ich darauf hinweisen konnte, auch
bei einer ersten Berufung 1970 nicht gefragt worden zu sein.
Frau Palme wieder interessierte sich für das Antischleudergesetz.
Hier hatte ich die gute Ausrede parat, da ich letzten Endes,
wenn die Interessensvertretungen sich über dieses Gesetz nicht
einigen könnten, entscheiden müsste, würde ich jetzt meine Stellung-
nahme als Schiedsrichter gefährden, wenn ich bereits eine Meinung
äussern würde. Sie bemerkte zwar nicht, dass mein Hinweis, ich
würde mich ähnlich verhalten wie beim Ladenschlussgesetz, damit
eigentlich schon sagen wollte, dass auch dieses Gesetz wahrschein-
lich auf die lange Bank geschoben wird. Da ja eine Schädigung der
Konsumenten nicht eintreten soll. Christian, der Vorsitzende
des Rechtsausschusses, so erklärte ich ihr, hat mir gleich
bei der Übergabe an ihn – dieser Gesetzentwurf stammt ja von ihm
selbst in der Handelskammer erarbeitet – versichert, dass dies
eigentlich ein Pro-Konsumenten-Gesetz ist. Daran zweifle ich
sehr, doch wird sich bei den Verhandlungen im Konsumenten-
beirat ja herausstellen, wie dieser Gesetzentwurf von der Kon-
sumentenseite beurteilt wird. Ich werde mich hüten, vor den nächsten
Handelskammerwahlen eine negative Stellungnahme abzugeben, anderer-
seits aber sicherlich nicht vor den nächsten Nationalratswahlen
dieses Gesetz in der jetzigen Form positiv zu beurteilen.
Vertreter der Papierindustrie, insbesondere der Präsident Stepski,
Steurer von der ÖPA sowie die beiden Generaldirektoren von
Leykam und Borregaard, kamen mit NR Teschl, um über den weiteren
Ausbau und die Reorganisation der Papierindustrie mit mir zu ver-
handeln. Leykam und Borregaard wollen grösser Zellstoffabriken
errichten, brauchen dazu Kapital und vor allem einmal grössere
Zinsstützungen aus dem Umweltschutz und Rationalisierungsbetrag,
der vorgesehen ist. Ich erklärte einleitend, bevor sie noch ihre
Stellungnahme abgegeben hatten, sofort, dass ich mit ausserstande
sehe, ausserdem 1,8 Mia S für den Umweltschutz und 310 Mill S
für die Rationalisierung an Zinsstützung zur Verfügung zu stellen.
Die Firmen erwarteten, dass ich tatsächlich ihnen konkrete
Zusagen mache, da die Banken die notwendige Liquidität nicht
besitzen, der Wasserwirtschaftsfonds, der herabgezogen werden soll,
ebenfalls bereits für Jahre ausgebucht ist, ergeben sich jetzt
Finanzierungsschwierigkeiten. Borregaard mit Hausbank Länderbank,
Leykam – ein Konzernbetrieb der CA, wird sich auf dem normalen
Weg die notwendigen Mitteln beschaffen müssen. Ich erklärte mich
nur bereit, an die OeNB Gen.Dir Kienzl ein Unterstützungsschreiben
zu richten und zu fragen, wie weit er Möglichkeiten sieht, diese
Grossprojekte zu finanzieren. Darüber hinaus werde ich an Minister
Moser als für den Wasserwirtschaftsfonds Hauptverantwortlichen
schreiben, ob er eine gewisse Priorität den beiden Projekten
zusichern könne. Steurer wollte weiters eine Zusicherung, dass
die notwendigen und vorhandenen Budgetmittel weiterhin kapi-
talisiert den Betrieben zur Verfügung gestellt werden. Eine solche
Absicht besteht, da nicht genügend Projekte für das heurige Jahr
vorhanden sind. Trotzdem war ich sehr vorsichtig mit der Zusage,
weil ich weiss, dass der Kapitalisierungszinssatz von der Papier-
industrie zuerst mit 8 % vorgeschlagen wurde, Marhold aber
einen wesentlich höheren Betrag nämlich 9 % mindestens verlangen
will. Ich gab deshalb nur meine grundsätzliche Bereitschaft bekannt
weitere Kapitalisierungen vorzunehmen, wenn über den Zinssatz
zwischen meinem Haus und den Banken und der Papierindustrie ein
Einvernehmen erzielt werden kann. Interessant war, dass Römer, Grö-
ger, Haffner, Gehart, Fabrizii vom Haus anwesend waren, nicht aber
der genauso wichtige Marhold. Dem Wochenplan konnte Marhold
allerdings nicht entnehmen, dass es sich hier im die finanziellen
Fragen mit der Papierindustrie handelt. Ich ersuchte deshalb sofort
Gehart, anschliessend an die Sitzung Marhold zu informieren.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Wie weit kooperieren die einzelnen Sektionen
jetzt mit dem Präsidium insbesondere mit der Budgetabteilung und
wäre es nicht zweckmässig dieses Problem einmal in der Grundsatz-
gruppe ernstlich zu diskutieren.
Gen.Dir. Feichtinger und der Kalkulationsmann Kreutler brachten
mir das Ergebnis der Mineralölfirmen zum Preissenkungsvorschlag
von Mock. Während ursprünglich die Internationalen erklärt
haben, sie würden einen geharnischten Brief an Mock schreiben,
haben sie sich scheinbar nach interner Beratung dann nur dazu ent-
schlossen, Mock eine Abschrift des Briefes zu schicken, den sie mir
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überreichten. In dem Brief wurde nur ausgedrückt, dass sie
keine Möglichkeit sehe, eine Preissenkung vorzunehmen und
was mich noch viel mehr trifft, auch nicht bereit sind, eine
Verlängerung der freiwilligen 10 %-igen Preissenkung von Heizöl
über den September hinaus zuzustimmen. Da in der Zwischenzeit der
Wirtschaftsbund beschlossen hat, es wäre zweckmässig, die Preis-
regelung aufzuheben, um im Konkurrenzkampf dann zu Preissenkungen
zu kommen, habe ich Feichtinger erklärt, dass ich über dieses Pro-
blem mit der Mineralölwirtschaft eingehende Verhandlungen führen
möchte. Meine Überlegung ist, dass ich hier politischen die beiden
Bünde entsprechend ausspielen muss und die ÖVP als solche als un-
schlüssige uneinheitliche und Hütt-Hott betreibende Wirtschafts-
politik darstellen möchte. Feichtinger war innerlich erschüttert
als er wirklich befürchtete, dass ich die Preisregelung auf-
hebe. Er fürchtet um den einheitlichen Benzinpreis in Österreich,
in Wirklichkeit aber natürlich um seine verhältnismässig guten
Einnahmen bei den Benzinprodukten. Ich werde dies nicht zuletzt
als Druckmittel benützen, um meine Heizölpreissenkung weiter
zu treiben.
Mit dem Vertreter der Zuckerindustrie und vor allem der Land-
wirtschaftskammern, der Arbeiterkammer, konnte ich dann doch
zu einer einvernehmlichen Regelung über die Erhöhung des
Zuckerpreises kommen. Alle akzeptierten die 80 Groschen, bei
der Durchrechnung ergab sich, dass auch alle anderen Sorten
nicht mehr erhöht werden, auch dann wenn sie kiloverpackt
sind und nur bei der Halbkilopackung von Staubzucker eine Er-
höhung um 1.- S pro kg – die Abpackung erfolgt aber in 500 gr.-
Säcken – sich ergibt. Weiters einigten wir uns, dass ein neues
Kalkulationsschema ausgearbeitet werden soll, weil das jetzige
schon veraltet und vor allem auf ganz falscher Basis aufgebaut
ist. Im neuen Kalkulationsschema müssten natürlich die Ertrags-
situationen der Betriebe, die sich letzten Endes in den Bilanzen
niederschlägt, berücksichtigt werden, Benya und Hrdlitschka,
die ich von diesem Ergebnis informierte, waren mit der Lösung
auch einverstanden. Interessant war, dass Benya mir gleichzei-
tig mitteilte, dass eine Delegation scheinbar vom ÖAAB-Arbeitern
bei Altenburger vorgesprochen hat und erklärt, sie würden nicht
mehr länger auf ihre Löhne in der Zuckerindustrie warten,
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Eine Überwälzung auf die Preise käme aber nach Auffassung von
Altenburger nicht in Frage. Hier wird auch ganz schön ein dema-
gogisches Spiel zwischen dem ÖAAB und dem Wirtschaftsbund, resp.
Handelskammer betrieben. Wenn ich jetzt nicht sehr bald zu einer
Lösung gekommen wäre, bin ich überzeugt, hätte dies auch weitere
Zerreissproben innerhalb unserer Gewerkschaft, vor allem in den
Fraktionen der christlichen mit den sozialistisch mehrheitlichen
Betriebsräten in den Zuckerfabriken geführt. Die schwarz geführte
Tullner Fabrik, wo auch eine Mehrheit der ÖAAB-Mitglieder in der
Arbeiterschaft vorhanden ist, wäre hier wahrscheinlich als Ramm-
bock aufgetreten. Hiller von der Zuckerindustrie erklärte, dass
man mit dieser Preisregelung und wahrscheinlich 10.000 t Import von
Zucker vor der Kampagne den Anschluss finden wird.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte eine genaue Aufstellung über die Aus-
lieferung in den nächsten Tagen im Verhält-
nis zu den Vorwochen verlangen.
Betreffend eine Regelung des Zuckerexportes über die Verarbeitungs-
industrie, d.h. Jungbunzlauer mit Zitronensäure, Süsswarenindustrie
usw. wollte ich unmittelbar, dass Verhandlungen zwischen der Zucker-
industrie, den Fachverbänden und meinem Ministerium geführt werden.
Hiller hat aber vorgeschlagen, er möchte dieses Problem unbe-
dingt mit der Arbeiterkammer allein vorbesprechen. Damit ist für
mich klargestellt, dass die von ihm angedrohte Gefahr, dass auf
alle Fälle durch diese grösseren Absatzmengen die Versorgung
zusammenbrechen muss, nicht stimmen kann, da er ansonsten die un-
mittelbare Beschränkung von diesen Firmen hätte von mir verlangen
müssen. Mit dieser Aussage hat er sich endgültig festgelegt, in
meinen Augen, dass er für die Versorgung jetzt tatsächlich die
Verantwortung allein trägt.
Da in der burgenländischen Landesregierung nur mehr LH-Stv. Soronics
anwesend war, habe ich ihm, der aber gleichzeitig auch für die
Preise verantwortlich ist, den Dank ausgesprochen für die Beschliessund sich der Preissenkungsaktion des Handelsministeriums anzu-
schliessen. Soronics teilte mir mit, dass sie den Hofrat Wukowits,
der für die Preise bei ihnen verantwortlich ist, ersucht haben, er
möge mit den Bezirkshauptleuten die einzelnen Preissenkungsmöglich-
keiten in den einzelnen Bezirkshauptmannschaften besprechen.
Soronics erwartet unmittelbar nach den Sommerferien, dass hier
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konkretere Vorschläge gemacht werden, und er wird diese un-
verzüglich mir diese mitteilen. Da ich ihm von den Zuckerpreis-
verhandlungen und insbesondere von der starken Erhöhung des
BEWAG-Gases für die Siegendorfer Zuckerfabrik informierte,
meinte er, die Landesregierung hätte vor längerer Zeit schon
verlangt, dass die Gaspreisregelung an sie delegiert wird.
Bevor ich dies endgültig machen, möchte ich unbedingt mit einem
Mitglied der soz. Landesregierung reden, ob sie dies auch tat-
sächlich jetzt schon wollen. Die exorbitante Erhöhung des Gas-
preises ergibt sich bei der Siegendorfer Zuckerfabrik dadurch
dass diese Firma eine Vertragsklausel auf Ölbasis verlangte und
auch bekommen hat. Jetzt muss sie den wesentlich teureren Öl-
preis über den Gaspreis bezahlen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte kläre fraktionell, ob die soz. Seite
im Burgenland diese Delegierung wünscht.
Der Besuch bei der BEWAG war für mich sehr interessant. Diese Ge-
sellschaft ist 1959 gegründet worden, hat sofort mit der Verbund
einen Vertrag abgeschlossen, dass sie 20 Jahre kein eigenes Kraft-
werk errichten wird und nur den Strom über die Verbund bezieht.
Da die Verbraucherpreise aber wesentlich höher sind als die ange-
lieferten Verbundpreise, kann sie auf der einen Seite das Netz
richtig ausbauen, sie hat ganz moderne Verteilungseinrichtungen
von Norden bis Süden, den langgezogenen Darm des Burgenlandes
im Norden mit 210 KV-Leitungen und im Süden mit einer 110 KV-
Leitung gut versorgt. Früher hatte sie überhaupt keine tragfähige
Leitung. Die erste kam aus Neudörfl und 110 KV 1959, die zweite
ist jetzt in Neusiedl an die 220 KV-Leitung nach Ungarn der Ver-
bund angeschlossen und die dritte wird jetzt im Süden unten
projektiert. Mit diesen Anspeisungen ist das Burgenland elektrisch
eigentlich sehr aufgeschlossen. Natürlich werden jetzt die an-
deren Transformatorenstellen und Verteilerstellen nach den neuesten
Gesichtspunkten erstellt. Von 1959 bis 1971 wurde 1 Mia S für
den Netzausbau ausgegeben. Da die BEWAG aber natürlich im Geld
schwimmt, hat sie sich auch jetzt ein neues Verwaltungsgebäude
mit 50 Mill. S errichtet. Ich hatte Gen.Dir. Horwath und vor
allem auch die vollkommen angetretene Mannschaft der Abteilungs-
leiter mit einer sarkastischen Bemerkung vielleicht ein bisschen
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schockiert, sie aber ganz bewusst gemacht. Ich sagte gleich, als
wir die Besprechung begannen, ich hoffe, dass die Leitungen so gut
sind wie das riesige Bürohaus gross und teuer war. Die Arbeitsräume
sind für die Angestellten phantastisch. Nicht nur klimatisiert mit
einem herrlichen Blick nach aussen, hat auch jeder einen derartig
geräumigen Arbeitsplatz, zwei sitzen in einem Zimmer, dass sich
dies wahrscheinlich nur alle anderen Dienststellen in Eisenstadt wün-
schen würden. Das einzige war und darüber hat es einen grossen
Streit gegeben, dass die Direktion Grossraumbüros wollte, der Be-
triebsrat dies ablehnte und man sich dann im Kompromiss dann
mit Glaswänden geteilte Arbeitsräume einigte. Die Direktion wollte
sicherlich eine entsprechende Überprüfung der Arbeiten durch den
Abteilungsleiter im Grossraumbüro erreichen, der Betriebsrat wollte
die abgesonderten Arbeitsräume, um doch weitestgehend den einzelnen
Arbeitnehmer zu schützen. Interessant für mich war noch, als der
Betriebsrat auch weitere zusätzliche Lohnforderungen durchbringen
konnte. Für mich eigentlich leicht verständlich, da ja die
Elektrizitätsgesellschaften insbesonder, die die keine eigene
Erzeugung jetzt finanzieren müssen, also nur zukaufen oder abge-
schriebene Altanlagen haben, natürlich im Geld schwimmen. Obwohl ich
bei meiner Ankunft ja bereits bei der Ankündigung durch Ehrbacher
erklärt habe, ich mache nur einen Kurzbesuch, um eine Reverenz den
Landesgesellschaften zu erweisen, hatten die tatsächlich geglaubt,
ich habe so viel Zeit um auch Südburgenland zu besuchen. Da sie
sehr enttäuscht waren, dass ich nicht zuletzt wegen der Verordnung
über den Zuckerpreis, die ich erst nach Ende der Preiskommission
und deren Beschluss unterschreiben konnte, unbedingt nach Wien fahren
musste, erklärte ich leichtfertigerweise, da hatten sie müssen einen
Sonntag als Besichtigungstag festlegen. Da hätte ich mehr Zeit.
Prompt sind die Burgenländer darauf eingestiegen und ich werde des-
halb die Besichtigung am Sonntag nachholen.
Die Preiskommission ist dann mit Ach und Krach zeitgerecht
um 1/2 5 Uhr fertiggeworden. Doch hat Jagoda wieder Ängste ausge-
standen, dass die Verordnung entsprechend auch rechtlich einwand-
frei erstellt wird. Jagoda selbst beklagt sich mit Recht, dass
in der ganzen Preisgruppe kein guter Jurist ist, auf den er sich
verlassen könnte. Ich bin überzeugt, dass es uns gelingen wird, im
Laufe von Jahrzehnten, wie er sich selbst ausdrückt, hier einen
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Wandel zu schaffen. Ich werde allerdings schon sehr froh,
wenn die Preisgruppe nicht nur rechtlich sondern auch preis-
politisch mehr und besser initiativ wird. Mir schaudert auch,
wenn ich daran denke, dass ich mit dieser Preisgruppe eine wirk-
lich allumfassende Preisregelung oder auch nur Preispolitik ma-
chen müsste. Vom Grunde her und von meiner Auffassungsseite
– heute sagt man von der Philosophie – bin ich immer für
die Sozialpartnerschaft eingetreten. Wenn ich mir das so richtig
überlege, war es aber auch ein wirklich sehr praktischer Grund
ohne die Mitwirkung der Interessensvertretungen glaube ich
würde ich kaum imstande sein, die anfallenden Preisagenden
sei es im Preisbestimmungsgesetz, sei es bei der Preisregelung
ohne die Mitarbeiter der Interessensvertretungen insbesondere
für mich der Arbeiterkammer einigermassen befriedigend zu lösen.
Andererseits aber darf ich auch wieder nicht ungerecht sein,
und muss anerkennen, dass die Preisagenden wo immer sie
bis jetzt in jedem Ministerium ressortiert haben, immer nur als
etwas lästiges empfunden wurden, das so schnell als möglich
abgebaut oder für die Beamten gesehen, ständig reduziert wurde
sowohl was die dort Beschäftigten betrifft als auch den Umfang
der Preisregelung. Die Folge davon war, dass tüchtige Beamte
gar nicht in diese Abteilungen gingen und wenn welche dort waren,
sie versuchten in andere Arbeitsgebiete hinüberzuwechseln.
Das Ergebnis war eine negative Auslese von Nieten oder Drücke-
bergern, im ungünstigsten Fall eine Kombination von beidem.
Tagesprogramm, 31.7.1974