Dienstag, der 6. August 1974

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Dienstag, 6. August 1974

Haschek und Castellez von der Österr. Kontrollbank setzten mir
die Situation der Kontrollbank auseinander. Dabei konnte ich fest-
stellen, dass Haschek der wichtigere und wahrscheinlich auch der
tüchtigere Mann ist. Castellez hat die Wechselkredite, Haschek macht
die grosse Bankpolitik. Der Wechselkreditrahmen von 3 Mia ist nicht
erhöhbar. Zumindestens glaubt Haschek daran, dass die OeNB hier
um eine Erhöhung des Kreditrahmens vornehmen wird. Die zweite
wichtige Finanzierungsquelle für den Export – Exportfonds – hat
derzeit eine Milliarde Umschlagvermögen und ist auch nicht er-
höhbar, soferne nicht die Handelskammer zusätzliche Mittel zur
Verfügung stellt. Mussil, den ich vor längerer Zeit angesprochen
habe, was er eigentlich mit den grossen Mitteln aus den Aussenhan-
delsförderungsbeiträgen macht, meinte damals, sie werden jetzt wahr-
scheinlich die Darlehen an den Exportfonds in irgendeiner Weise end-
gültig in irgendeiner Weise dem Exportfonds zur Verfügung stellen,
damit die Handelskammer nicht so grosse Beträge als Aktivum auf-
weist, schön langsam wird es der Handelskammer wahrscheinlich
unheimlich, die gigantischen Dutzende Millionenbeträge in ihren
Bilanzen weiterzuführen.

ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte eine Besprechung mit Zöllner, AK,
der Mitglied des Exportfonds ist, über
dieses Problem nach der Sommerpause vereinba-
ren.

Die Öst. Kontrollbank hat 1973 200 Mill. und wird auch 1974
200 Mill. Wechsel des Exportfonds übernehmen, um für diese Klein-
unternehmer, die beim Exportfonds Kredite mit durchschnittlich
4 Monaten Laufzeit bekommen, befriedigen zu können. Das wirklich
Problem ist für die Öst. Kontrollbank mit ihren grossen Finanz-
zusagen. Man hat auf Grund der Exportziffern der vergangenen Jahre
angenommen, dass man für 1974 eine 15 %-ige Erhöhung der Nettozuwachs-
rate maximal erwarten kann. 1973 betrug sie 2 Mia S, deshalb glaubte
man, 1974 mit ca. 2,2 Mia Nettozuwachsrate, das wäre ein: 5,8 Mia-
S-Zusage-Rahmen gewesen, Für die nächsten drei Jahre auszukommen.
bis jetzt braucht man aber schon 8 Mia, wird aber wahrscheinlich
sogar mit den jetzt prognostizierten 10 Mia unter gar keinen Um-
ständen auskommen. Diesen 8 Mia-Zusagen bis Ende August stehen


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7,6 Mia Gesamtkosten, nämlich ca. 3 Mia Tilgungserfordernis und
3,7 Mia Nettokrediterfordernis gegenüber. Die Zusagen sind immer
höher, da es sich ja um langfristige Kredite handelt und daher
die Abrufe nicht sofort erfolgen. Von diesen 7,6 Mia Gesamtkosten
würde die OeNB, so hofft die Kontrollbank, ihr eine Milliarde der
Nettokrediterfordernismittel aus dem Ausland genehmigen und 800 Mill.
für Tilgung ebenfalls aus dem Ausland in Form von Anleihen. Früher
einmal hat die Kontrollbank auf dem Schweizer Markt sich leicht
eindecken können. Jetzt sei auch andere Anleihewerber wie die
Elektrizitätswirtschaft, Newag, Verbund, die Autobahnen, Tauern,
Arlberg, das Kongresszentrum, die Olympiade usw. ebenfalls auf
den Schweizer Kapitalmarkt gegangen und hätten die Österr. Kontroll-
bank dort verdrängt. Haschek hat sich deshalb bemüht, arabisches
Geld zu mobilisieren. Jetzt hat er eine 275 Mill. S Anleihe mit
Kuwait und Libyen, allerdings zu 8,75 %, die sich auf ca. 10 %
für den Exporteur stellt. Die Zinspolitik ist überhaupt die proble-
matischste Seite der Österr. Kontrollbank. Da die Wechselkredite
noch immer mit 8 % gegeben werden, obwohl sie kurzfristig sind,
möchte Haschek, dass man diese im Zinssatz wesentlich erhöht.
Um die notwendigen Mittel aufzutreiben, möchte er überhaupt, dass
man eine einheitliche Zinspolitik bei der Kontrollbank mit sagen
wir 12 % einführt und für die längerfristigen Investitionsgeschäf-
te dann entsprechende Abschläge macht. Er meint allerdings, dass
die Argumentation dass andere Länder wesentlich tiefere Zinsen
und längerfristige Laufzeiten haben, nur teilweise richtig ist.
die Franzosen und die Engländer verrechnen nicht 7 %, wie behauptet,
sondern wenn man alles zusammenrechnet 8 %. Die Japaner haben 7–8 %
die Amerikaner schon 10, die Italiener zwar 6,5 aber man bekommt
keinen Groschen. Bei den Deutschen kostet der Exportkredit 12 %,
sodass Österreich mit seinen derzeitigen 11 % nicht so schlecht
liegt, allerdings auf die Dauer einen solchen hohen Prozentsatz
für die langfristigen Projekte insbesondere damit auch der Ver-
staatlichten Industrie nicht verrechnen wird können. Den inlän-
dischen Anleihemarkt hat die Kontrollbank derzeit nicht in An-
spruch genommen, weil es schwer ist, derzeit im Inland Anleihen
unterzubringen. Wenn sich die Situation im Herbst bessert, will
die Kontrollbank mit der beabsichtigten 900 Mill. Exportanleihe
auf den Markt gehen. Für die bisherigen Anleihen aber wird sie
sich überlegen müssen, ob sie Konversion macht oder Arrondierung.



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Die Situation der Kontrollbank ist derzeit nicht sehr günstig.
Bei einem Grundkapital von 25 Mill. S hat sie durch ihre für den
Export so entscheidenden akkulierten Zinsen in ihrer Ertrags-
und Kostensituation derzeit ein Loch von 250 Mill. Dies ersteht
allerdings nur theoretisch, zumindestens hoffe ich es so. Ich bin
auch überzeugt, dass es Haschek gelingt, diese Schwierigkeit zu
umschiffen. Castellez, hier wesentlich vorsichtiger, wie er sich
ausdrückt, als Bankbeamter, würde sofort und ich glaube sogar mit
Recht, von Haschek korrigiert, der meinte, du bist eben kein Beamter
mehr sondern Vorstandsmitglied, ein Beamter kann sich eben auf Wei-
sungen berufen oder nur seine begrenzte Tätigkeit ausführen, ein
Vorstandsmitglied muss eben entscheiden und damit natürlich auch
Verantwortung tragen. Diese an und für sich ungünstige Situation
der Kontrollbank wird noch verschärft, indem die grossen Projekte
in den Finanzierungsüberlegungen noch gar nicht untergebracht sind.
Die Sonatrach Austria-Ferngas braucht 3 Mia, Polen will für den
Ausbau seiner Industrie insbesondere für das Elektrizitätslieferge-
schäft ebenfalls 3 Mia, die SU braucht für das Röhrengas-Geschäft
2,5 Mia. Die VÖEST braucht für das südafrikanische Geschäft 3 Mia.
Insgesamt also 11,5 Mia, die in der nächsten Zeit ebenfalls finan-
ziert werden müssten. Castellez möchte nun, um die Anforderungen
weitestgehend befriedigen zu können, generell die Kreditzusagen
von 80 % auf 50 % reduzieren. Er möchte also nicht selektiv das
eine oder andere Projekt, den einen oder anderen Refinanzierungs-
wechsel ablehnen, sondern eben ganz einfach sagen, man bekommt statt
80 nur 50 %. Sicherlich ein einfacherer Weg, typisch vom Stand-
punkt eines Bankbeamten. Haschek selbst weiss aber, dass dieser Weg
kaum akzeptabel ist und daher natürlich die Entscheidung eben in je-
dem einzelnen konkreten Projekt fallen muss und jedes einzelne
konkrete Projekt verhandelt werden muss. Sein Ausweg ist, den Zins-
satz entsprechend erhöhen. Bei 9 % Geldmarktzinsen kann man den
Kapitalmarkt nicht so billig wie er jetzt ist, abwickeln und gleich-
zeitig hoffen, dass man 17 Mia – so gross wäre der Bedarf – auf
dem Kapitalmarkt auftreiben kann. Trotz dieser Situation glaubt
Castellez aber auch vor allem Haschek, dass sie in nächster Zeit
wieder die Sperre aufheben können, dann allerdings entweder wirklich
eine Kürzung vornehmen müssen bei jedem einzelnen Geschäft oder eben
die Projekt genauer prüfen, d.h. mit anderen Worten ins nächste Jahr
hinüberschieben. Ich habe leider mit meiner Befürchtung recht,


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gehabt, dass die Exportexplosion – wir haben im ersten Halbjahr
fast 40 % Zuwachs erreicht – eben an der Finanzierung scheitern
wird. Haschek will nun natürlich nicht haben, dass wenn es früher
oder später zum Abschwächen dieses Exportbooms kommt, dann womög-
lich behauptet wird, dass die Kontrollbank schuld daran ist, dass
die Exporte zurückgegangen sind, weil sie die notwendigen Finan-
zierungsmittel dafür nicht bereitstellen konnte. Zum Glück bin ich
nicht Finanzminister und damit Aufsichtsbehörde über alle Banken,
die Situation würde mir sicherlich auch eine schlaflose Macht be-
reiten.

Im Ministerrat hat Häuser nur berichtet, dass man vom Verfassungs-
gerichtshof eine Stellungnahme ihm unverzüglich an seinem Urlaubs-
ort zur Kenntnis bringen wollte, wonach nämlich die Verfassungs-
richter zur Überzeugung gekommen sind, dass als Höchstgerichte sie
nicht durch ein einfaches Gesetz nämlich ORF, Delegation in die
Kommission, der Verfassungsgerichtshof ohne den Verfassungsgeber,
d.h. mit 2/3 Mehrheit im Nationalrat dazu im Gesetz verpflichtet
zu werden, eben mit einfacher Mehrheit verhalten werden kann, zu
delegieren. Kaum hatte, so Häuser, er diesen Brief in Empfang
genommen, stand am nächsten Tag bereits im Kurier der grosse Auf-
macher: ORF-Gesetz verfassungswidrig. Ansonsten verlief die Sitzung
aber auch die Vorbesprechung vollkommen undramatisch, ja es wurde nicht
einmal über andere Probleme referiert oder auch nur gesprochen.
Ausserhalb der Tagesordnung fragte ich Sinowatz, warum nicht das
Fernsehen viel mehr von diesen kleineren Festwochen, sei es Mörbisch
sei es Stockerau oder Melk überträgt. Ich erinnerte mich nämlich an
meine Zusage bei der launigen Ansprache in Stockerau, ich werde
mich bemühen bei dem neuen oder alten Generalintendanten mich dafür
einzusetzen. Sinowatz meinte, er hätte sich auch schon seinerzeit
dafür interessiert und eingesetzt aber feststellen müssen, dass die
Schauspieler dann sofort eine entsprechend hohe Gage verlangen, sodass
es für das Fernsehen angeblich billiger kommt, eine eigene Produktion
solcher Stücke zu machen. Hier kann ich mir nicht vorstellen, dass
es nicht möglich wäre, mit den Schauspielern ein Arrangement zu
treffen. Vor die Frage gestellt, entweder eben nicht aufgezeichnet
zu werden und damit gar nichts zu bekommen oder vielleicht doch
ein erträgliches Kompromiss in der Gagenfrage zu erzielen, kann
ich mir nicht vorstellen, dass die Schauspieler ja selbst die
Gewerkschaft, die sie vertritt hier nicht zu einem Kompromiss bereit
wäre.



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ANMERKUNG FÜR HEINDL: Erkundige Dich einmal, wie die Situation
wirklich ist.

Da scheinbar niemand interessanter für das Fernsehen zur Verfügung
stand, Kreisky und Androsch z.B. waren nicht anwesend, kam ich sogar
zu der Ehre, nach der Ministerratssitzung einmal interviewt zu
werden. Natürlich handelte es sich um die Preise, Preisgesetze,
resp. Preispolitik. Da Lachs erklärt hatte, der ÖGB wird sich,
falls es zu keiner befriedigenden Regelung auf dem Marktordnungs-
und Preissektor kommt, für eine Auslaufen der Gesetze einsetzen,
wollte man natürlich von mir wissen was ich dazu sagen, vielleicht
sogar in der Hoffnung, einen Gegensatz zwischen der Gewerkschaft und
mir herauszuarbeiten. Diese Freude habe ich ihnen natürlich nicht ge-
macht. Wenn man bei diesen Interviews nicht äusserst vorsichtig
ist, kann man allzu leicht dann in eine Situation hineinkommen,
die man wirklich gar nicht beabsichtigte. der ORF oder die Reporter
haben es hier leichter. Wenn es sich nicht um eine Live-Über-
tragung handelt und das ist ja in den seltensten Fällen der Fall,
so kann er jederzeit, wenn eine Frage ihm nicht passt oder er in
seiner Fragestellung sich nicht ganz geschickt ausgedrückt hat, die-
se Stelle weglassen. Ein typisches Beispiel war, dass es Swietly
passiert ist, dass er über die Greissler und das Lockvogelange-
bot, für mich äusserst günstige Antwortmöglichkeiten gegeben hat.
Ich habe Weis und der über Puffler Swietly fragen lassen, wann
die Sendung kommt und dass ich darauf grössten Wert lege. Ich
war nicht überrascht, als ich die Sendung dann sah, dass natürlich
diese für den ORF ungünstige Aussage weggeschnitten wurde. Da
Swietly ein guter Kollege ist und ich ihm natürlich jetzt nicht
eins ans Zeug flicken möchte, werde ich diese Frage nicht weiter
verfolgen. Noch nie ist mir aber so typisch aufgefallen wie dies-
mal. Diese Passage hätte ich für den Wahlkampf insbesondere bei
der Handelskammerwahl sehr dringend gebraucht. Ich wollte damit
Propaganda machen, der ORF hat – wie man heute so schön sagt – mani-
puliert und damit mir diese Möglichkeit genommen.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Stelle fest, was Puffler wirklich unternommen
hat, ohne dass es aber Swietly schaden kann.

Herr Mauthner kam, um erstens das Programm in Seefeld zu besprechen
und zweitens mir mitzuteilen, dass er in der Handelskammer wegen


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Zahlungsbedingungen und Konditionen, die die Schweizer Metro
jetzt den österreichischen Lieferfirmen diktieren will, seine
Empörung auszudrücken. Mauthner hat in der Handelskammer gegenüber
dem Obmann der Sektion Handel, Schönbichler, erklärt, es müsste,
da die Handelskammer keine Entscheidung bis jetzt getroffen hat,
das Handelsministerium in dem Fall selbst der Handelsminister
eingeschaltet werden. Wir sind nicht eine Kolonie von den inter-
nationalen Konzernen, etwas was sich nicht einmal grosse Ölfirmen
wie Shell oder Mobil erlauben, macht jetzt Metro. Schönbichler
meinte, dies könnte ein Politikum werden und er ist nicht sicher, ob
man das Handelsministerium wirklich einschalten sollte. Ich habe
Mauthner erklärt, dass wenn man mich fragt, ich natürlich dann diese
Probleme untersuchen werden und dazu Stellung beziehen werde. Ich
Wirklichkeit aber kaum Mauthner, um zu ergründen, wie es
mit seinem Import-Export-Zuckergeschäft steht. Er teilt meine
Meinung, dass selbst wenn Österreich mehr bräuchte, die Ungarn
maximal 10.000 t liefern könnten, Ich erklärte ihm rundweg, dass
wenn es nach mir geht, überhaupt kein Kilo Zucker auf diesem
Weg hereinkommen soll, weil wir dann mehr oder minder durch die
doppelte Exportmenge Versorgungsschwierigkeiten im Jahre 1975/75
bekommen könnten. Mauthner ist angeblich auch nur an einer kleinen
Lieferung interessiert, da nach seinen Angaben der Zucker vor dem
1. Oktober geliefert und 2 S teurer ist als den Preis, den er nach
der Kampagne erlösen kann. Angeblich verlangen die Ungarn jetzt
13.50 S, während dem für den Exportzucker sie nur 11.50 S bezahlen
werden. Mauthner wollte von mir die Zusicherung, dass auch alle
Fälle er die Import- und Exportgenehmigung bekommt, Ich habe ihm
sofort erklärt, hier müsste er die Details noch mit den Interessens-
vertretungen insbesondere der Arbeiterkammer besprechen.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte sich eine ganz detaillierte, insbesondere
die Preis- und Zahlungskonditionen betreffende Aufstellung geben las-
sen und diese durch die Interessensvertretungen prüfen lassen.

Präs. Habig von der Zuckerindustrie kam verfrüht, hat sich deshalb mit
Mauthner überschnitten und ich habe vor Mauthner Habig erklärt, dass
ich ein Gegner von generellen Zusagen bin, Hiller wollte ja sogar
30.000 t, da ich um die Versorgungslage für das Jahr 1975/76 be-
sorgt bin. Wenn hier auch nur um 1 kg mehr hinausgeht als unbe-
dingt notwendig ist. Auch Habig meinte, von seinem Standpunkt aus


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wäre es am liebsten, wenn gar kein Export erfolgen würde.
Mauthner hat sich dann sehr schnell verabschiedet. Ich kann
noch immer nicht glauben, dass es keine andere Möglichkeit
gäbe, einen eventuellen Zucker für den Anschluss zur neuen
Ernte in Europa oder Übersee aufzutreiben. Ich fürchte, dass
die Zuckerindustrie viel zu sehr mit Mauthner verbandelt ist,
um andere Wege zu beschreiten. Leider kann ich eine Ausschrei-
bung nicht vornehmen, weil ansonsten innerhalb der Bevölkerung
nur eine Unruhe entstehen könnte und das Endergebnis eine womöglich
noch grössere Verknappung der Zuckerversorgung sein müsste.
Habig hat mir mitgeteilt, das sie – die Zuckerindustrie also –
der Arbeiterkammer angeboten haben, die grossen Würfel nur um
60 Groschen zu erhöhen und die anderen Würfelzuckerpreise nur
um 80 Groschen. Er ersuchte mich, ich sollte mit der AK reden,
ob sie dieses Kompromiss annehmen. Ich habe dann mit Hrdlitschka
anschliessend an die Aussprache gesprochen, und festgestellt,
dass er überhaupt nicht bereit ist, auch nur einen kleinen
Schritt der Zuckerindustrie entgegenzukommen. Er sagt 60 Gr.
und um keinen Groschen mehr. Ich habe ihn dann verständigt, dass
die Gefahr besteht, Habig hat sie mir ja sehr konkret gesagt,
dass die Zuckerindustrie dann als zweiten Weg die 80 gr für
alle Zuckersorten verlangen wird, ohne dass die Paritätische
Kommission dies eben genehmigt hat. Angeblich sagt Habig,
hat er darüber Mussil gesprochen, da die Zuckerindustrie
nicht als die die Paritätischen Kommission sabotieren oder gar
die Sozialpartnerschaft zerstören wollen, dastehen möchten
und Mussil hat dies zustimmend zur Kenntnis genommen. Habig
weiss, dass nämlich die Position der Zuckerindustrie durch die
Nichtauslieferung von Würfelzucker nicht sehr günstig ist, weil
er dadurch eindeutig gegen das Kartellgesetz und gegen den
eigenen Kartellvertrag verstösst und wird deshalb diese schwache
Politik aufgeben. Hrdlitschka zeigte sich von dieser Mitteilung
auch nicht sehr beeindruckt, sondern meinte nur, dann wird eben
der Kampf mit der Zuckerindustrie aufgenommen. Ich war aber sehr
überrascht, als ich am Abend, nachdem die Zuckerindustrie ihren
Plan verlautbart hat, nämlich am nächsten Tag auszuliefern
aber um 80 gr für den Würfelzucker mehr zu verlangen, im
Radio und Fernsehen hören musste, dass eine Stellungnahme der
Arbeiterkammer nicht zu bekommen war. Wenn man Krieg führt, dann
muss man unmittelbar bevor der Gegner den ersten Schritt gemacht


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hat, schon angreifen und wenn man diesen Zeitpunkt versäumt, dann
aber unmittelbar nach dem Angriff sofort zurückschlagen. Dass Hrdlitsch-
ka
, obwohl er die Vorgangsweise der Zuckerindustrie von mir erfahren
hatte, nicht gleich reagiert, kann ich nicht verstehen. Habig wollte
sich bei mir noch insoferne absichern, als er mir die Verlautbarung,
die die herausgeben, vorliest. Ich habe ihm sofort erklärt, dass ich
gegen die Formulierung bin, er hat sie dann ein wenig umgeändert,
was auch nicht meine Zustimmung fand, sondern ihm dezidiert erklärte,
dass er mit dieser Formulierung – Vorgangsweise den Krieg eröffnet.
Ich empfahl ihm, nachdem er meinte, die Arbeiterkammer käme ihm nicht
entgegen, zumindestens den ÖGB davon zu verständigen.

Bei der Sitzung der Fachkommission über den Benzinpreis musste ich
neuerdings feststellen, dass kleine Missverständnisse grosse Wirkungen
haben können. Der Fachverband hat sich von seinem Schreiben an mich
nicht nur distanziert, er konnte sich ja auch nicht distanzieren, ich
habe ja Gott sei Dank die Aktennotiz, die er mir zuerst vorlegte,
zurückgewiesen und erklärte, ich bräuchte einen offiziell gezeichneten
Brief, doch musste ich zugestehen, dass ich bei meiner Pressekonferenz
zwei Schreiben besprochen habe, das eine von Sallinger und Mussil ge-
fertigt über die Lockvogelangebote und über die Wettbewerbssituation
und das zweite von der Bundeskammer, allerdings nur vom Fachverband ge-
zeichnete über die Aufhebung der Benzinpreisregelung. Der Grund, warum
ich an dieser Fachkommission teilnahm, war aber, dass ich doch er-
hoffte, eine leichte Stütze für meinen Kampf gegen den ÖAAB Benzin-
preissenkung und auch gegen den Wirtschaftsbund Benzinpreisregelungs-
aufhebung zu bekommen. Tatsächlich kam dann nach 1 1/4 Stunden
Besprechung endlich die Frage von der Landwirtschaftskammer, welche
Folgen eine Benzinpreisaufhebung hätte, resp. dass die LWK sich
ganz entschieden gegen eine Benzinpreissenkung ausspricht, weil sie
auch die Priorität auf Heizöl wegen der Erwerbsgärtner und auf Diesel
wegen der Traktoren legt. Ich fragte sofort, was die Handelskammer
für eine Stellungnahme einnimmt, und diese bestätigte ebenfalls
diese Politik. Von der Arbeiterkammer wusste ich ja bereits, dass sie
eine solche primär in Erwägung zieht. Damit kann ich jetzt in der
Öffentlichkeit argumentieren, dass ohne dass ich dieses Problem
zur Sprache gebracht habe, die Interessensvertretungen von sich aus
mit dezidiert erklärten, dass sie an einer Benzinpreissenkung nicht
interessiert seien, solange noch eine Möglichkeit besteht, die freiwil-
lige Preissenkungsaktion für Heizöl und Diesel fortzuführen. Ziffern-


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mässig konnte nämlich die Mineralölwirtschaft in der ersten
Runde nachweisen, dass eine Senkung überhaupt nicht möglich sei,
ja dass die Senkung, die sie freiwillig durchgeführt hat, mit
30.9. ablaufen muss. Über dieses Problem werden wir uns noch lange
und breit unterhalten. Ich habe die Mineralölindustrie darüber nicht
im unklaren gelassen.

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Tagesprogramm, 6.8.1974

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

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Tagesordnung 128. Ministerratssitzung, 6.8.1974

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Tätigkeit: ORF-Wirtschaftsjournalist


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    GND ID: 1017902909


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      Tätigkeit: Direktor Kontrollbank


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        Tätigkeit: GD Kontrollbank
        GND ID: 170084094


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          Tätigkeit: Lebensmittelhändler
          GND ID: 118579304


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            Tätigkeit: Unterrichtsminister


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              Tätigkeit: Reg.R HM


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                  Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                    Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                    GND ID: 102318379X


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: stv. Obmann Verband d. Zuckerindustrie Österreichs


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                        Tätigkeit: ORF


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: AK, ÖIAG
                          GND ID: 128336552


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                              Tätigkeit: Bundeskanzler
                              GND ID: 118566512


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                                Tätigkeit: Präs. Verb. d. öst. Zuckerindustrie


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                                  Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


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                                    Tätigkeit: AK


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                                      Tätigkeit: Finanzminister
                                      GND ID: 118503049


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                                        Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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                                          Tätigkeit: Obmann Sektion Handel BHK


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