Donnerstag, den 5. September 1974
Gen.Dir. Bauer, ÖMV, zeigte sich gegen Frank und mir sehr empört,
daß man von seitens der Ölindustrie so wenig mich im Kampf gegen
die Mock-Absichten den Benzinpreis zu senken, unterstützt hat. Er
erklärte mir jetzt, er hätte Feichtinger und den anderen telefonisch
aus Salzburg mitgeteilt, daß es unzulänglich sei, einen so einen
Wischiwaschi-Brief zu schreiben. Er hätte von den Ölleuten verlangt,
sie müßten sich ganz dezidiert und konkret mit aller Schärfe gegen
diese laienhafte Forderung von Mock wenden und war mit dem Schreiben,
die letzten Endes dann aber doch nur zustande kamen, überhaupt nicht
einverstanden. Ich sagte ihm sofort über diese jetzige Erklärung
hätte ich gar nichts und daß mich die Ölwirtschaft wieder einmal
im Stich gelassen hat. Er bat, daß nächste Mal solle man ihm unbedingt
auch vom Urlaub zurückrufen. Auf meine Frage, warum er dann eigentlich
nicht selbst gekommen ist, hat er allerdings keine Antwort gegeben.
Bauer war sehr erstaunt von mir zu hören, daß ich ja unbedingt erwarte,
daß sie freiwillig den Heizöl-Leichtpreis auf öS 2.70 belassen, da
ich ansonsten verpflichtet wäre, eine Preisbestimmung zu diesem Preis
festzulegen. Er meine der Heizöl-Schwer-Preis und die anderen Heizöl-
preise müßten im Winter erhöht werden. Er wird mir einen diesbezüglichen
Vorschlag unterbreiten. Als Compensando könnte er sich vorstellen
daß wir den Gaspreis, der jetzt durch die Lieferung der Russen erhöht
werden müßte, nicht so stark erhöhen oder vielleicht überhaupt zeit-
weise aussetzen. Da ich ja gar nicht bereit bin eine solche Kompromiß-
lösung höherer Gaspreis, Heizölpreis echt oder leicht unverändert
zu lassen zu akzeptieren, habe ich natürlich sofort erklärt, über den
Gaspreis werden wir erst sehr viel später reden. Hat jetzt mit den
internationalen Gesellschaften eine Aussprache und wird mir anschließend
daran wie er hofft eine übereinstimmenden Vorschlag aller Ölgesell-
schaften machen, den ich akzeptieren könnte.
Er war mit sechs Vertretern seiner Firma in Düsseldorf um mit den
Ruhrgas-Vertretern Gas de France und SNAM sowie anderen, wie er immer
sagt Freunden, über das weitere Vorgehen zu verhandeln. Das wichtigste
Problem ist, daß die Deutschen mit der Sowjetunion die Erhöhung von
ihren schon 7 Milliarden Kubikmeter um weitere 1.5 Milliarden ab 1978
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steigend bis zum Jahre 2000 auf 2.5 Milliarden vereinbart haben.
Für den Preis wurde eine Gleitung auf Heizöl schwer mit $ 140.-
festgelegt, daß bedeutet einen Gaspreis von $ 50.-. Der Gaspreis
den wir jetzt aufgrund des alten Geschäftes für die 1.5 Milliarden
bezahlten, was ursprünglich $ 14.-. Für die 500 Millionen Mehr-
lieferung die, wie er hofft durch Verhandlungen bis auf eine Milliarde
erhöht werden, zahlen wir jetzt schon $ 28.- und werden wahrschein-
lich 1978, wenn die Mehrlieferung für Deutschland einsetzt und auch für
uns der neue Vertrag gilt, sicherlich auch auf die $ 50.- angehoben
sein. Wenn der Heizölschwerpreis nicht wesentlich fällt, werden wir
deshalb auch hohe Gaspreise in Österreich bekommen. Er hat diese
Ziffern aus der Erinnerung gesagt und meinte deshalb, er wird ein ge-
naues Elaborat mir noch zur Verfügung stellen.
Das zweite Problem war, daß jetzt die Frage des iranischen 13 Milliarden
Kubikmeter Gas an die Sowjetunion und Weiterleitung an die Ruhr, sowie
die zweite iranische Lieferung von in großen Erdgasfelder in Kangan
gelöst werden müßten. Die Franzosen und die Italiener konnten sich
wegen einer zusätzlichen Leitung, wie die SNAM will, nach Iskandern
legt, Lieferung Türkei dort Verflüssigung und dann über Monfalcone
auf der neu zu bauenden Leitung nach Deutschland, oder über Golf
und Suezkanal, oder über Kap ins Mittelmeer Monfalcone und dort
über die Leitung, nicht einigen. Die Franzosen sind der Meinung dass
Giscard d'Estaing und der Schah soweit schon Besprechungen geführt
haben, daß sie für das Golf-Projekt zuständig sind. Die Italiener wieder
wollen daß nur ausschließlich über ihr Iskandern -Projekt geredet wird.
Angeblich hat Bauer dann den Stein der Weisen gefunden, indem er eben
vorgeschlagen hat, man sollte beim Golf-Projekt nur von einer Studie
reden, dort könnten dann die Franzosen eben ihre Vorschläge ausschließlich
allein in der Studie vertreten. Bauer wollte mir unbedingt einreden,
daß alle diese Projekte mit dem Gaspreis wesentlich günstiger sind
und deshalb die Austro-Ferngas-Projekte mit Algerien schon allein aus
preislichen Gründen als schlecht zu bezeichnen sind. Darüber hinaus
meint er, daß überhaupt keine Chance besteht, daß das Projekt realisiert
werden kann. Seiner Mitteilung nach von seinen Freunden hängt alles
in der Luft und es wird zu keinen Abschluß kommen. Dies ist ohne weiteres
möglich, doch werde ich niemals, auch nur im entferntesten eine Andeutung
machen, daß ich mich von den Austro-Ferngas-Projekt distanziere, oder
gar vielleicht sabotiere. Für Bauer sind dies Konkurrenzmanöver, wie
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ich ihm auch dezidiert erklärt habe. Seine Freunde werden ihm hier
wahrscheinlich auch nur einseitig informieren, denn auch beim Algerien-
Projekt ist die Gas de France wesentlich beteiligt. Nur Ruhrgas ist
eben ausgeschaltet, weil sich hier die Bayern und die Schwaben selb-
ständig gemacht haben.
Ich habe Bauer darauf aufmerksam gemacht, daß die Jugoslawen jetzt
ein Schreiben erwarten, wo sie die mündlichen Besprechungen zwischen
ÖMV und der jugoslawischen Ölgesellschaften bestätigt haben möchten.
Bauer bestreitet ganz entschieden, daß sie eine konkrete Verhandlung
geführt haben. Die Behauptung, dass die Russen ihnen mehr Gas liefern
und diese über die nach Jugoslawien geliefert werden sollen,
bezeichnet er als nebulos. Die Italiener behaupten, daß sie wieder
gar keine Sorge vor den Russen haben, daß sie nicht mehr Gas bekommen
werden, aber auf alle Fälle wissen daß die Russen den Jugoslawen gar
kein Gas liefern wollen. Da die Italiener 92% Leitungskapazität
der TAG haben und Österreich nur 8%, könnte Österreich überhaupt
keine Zusage machen, solange nicht die Italiener ihnen grünes Licht
gegeben haben. Kapazität in der Leitung ist sicher noch frei, weil
die Italiener derzeit 6 Milliarden, Österreich 1.5 und die Franzosen
2.5 Milliarden, insgesamt also 10 Milliarden derzeit erst ausgenützt
sind und die Kapazität auf 15 Milliarden ausgelegt ist. Ich habe
von Bauer ein offizielles Schreiben über diesen Tatbestand, wenn
auch nicht so dezidiert verlangt, damit ich den Jugoslawen bei der
Gemischten Kommission diese sehr unerfreuliche Mitteilung machen
kann. Frank hat sich bitter beschwert und Bauer hat dies widerstands-
los zur Kenntnis genommen, daß wir ununterbrochen von der ÖMV entweder
gar keine Ziffern, oder sogar falsche bekommen. Bauer meinte, dies
sei auch ein Erziehungsprozeß und er verlangt immer wieder, daß seine
Leute sich endlich damit abfinden die gewünschten Unterlagen dem
Ministerium zu geben.
Vertreter der Gewerkschaft Druck und Papier, Steiner und Vertreter
des Hauptverbandes Meiwald, um Unterstützung für ein Umschulungsprojekt.
Die Hochdrucker, d.s. unter landläufiger Bezeichnung die Buchdrucker,
stellen aus Konkurrenzgründen oft über Nacht auf Filmsatz, d.h. auf
Flachdruck um. Dadurch werden die Handsetzer und Stereotypiere arbeits-
los. Da man andererseits beim Flachdruck entsprechende Montagearbeiter
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und Kopierer dringend braucht, dies aber im Berufsbild der Hochdrucker
nicht ist, deshalb auch keine Ausbildung erfolgt, wollen sie nun für
die 1.900 Facharbeiter, die davon betroffen sind, eine Lehrwerkstätte
mit ca 1 Millionen Schilling Bau- und Einrichtungen errichten. Die
Innung gibt 250.000 öS und auch Häuser gibt von den Arbeitsmarkt-
förderungsmitteln. Sie wollten nun, daß ich für die Lehrwerkstätte
über die Wifis ebenfalls einen grösseren Betrag zur Verfügung stelle.
Ich erklärte sofort rundwegs, daß wir den Wifis sowieso entsprechende
Mittel geben und man nur von dort irgendwelche zusätzliche Mittel für
die Lehrwerkstätte erhalten kann. Da pro Jahr ca 50 Hochdrucker und
70 Setzerlehrlinge anfallen, die man in diese Ausbildung gleich ein-
bauen wird obwohl sie im Berufsbild gar nicht vorhanden ist, so haben
wir wie Jagoda mir nachher sagte, schon ein großes Interesse daran,
dieses Problem in jeder Beziehung zu bereinigen. Jagoda selbst hat
aber vorgeschlagen, er wird mit den Wifis reden, damit sie von sich aus
eine gewisse Bevorzugung der Lehrwerkstätte geben, doch wir können
keine diesbezügliche Auflage bei unserer Subvention an die Wifis
machen. Ich will das unter gar keinen Umständen und habe dies
auch bei anderen Wifi-Projekte immer wieder abgelehnt. Befriedigt
hat mich bei diesem an und für sich unerfreulichen Problem, daß
ich als Offsetdrucker schon vor Jahrzehnten gesagt habe, daß der
Hochdruck früher oder später unter die Räder kommen wird. Ich habe
damals als Aufsichtsratsvorsitzender von Waldheim-Eberle, d.h. eigent-
lich von der Pachtfirma der Kreis auf diese Entwicklung hingewiesen
und darauf gedrängt, daß wir uns immer offsetmäßig besser ausge-
rüstet haben, als auf dem Hochdrucksektor. Die Gewerkschaft und auch
andere haben dies damals als meine subjektive Einstellung, weil
ich eben Offsetdrucker bin, bezeichnet. Jetzt nach 20 Jahren wird
es endgültig bestätigt. Selbst kleine Betriebe schalten über Nacht
oft auf Offsetdruck um. Andererseits kann die Ausbildung auf
Montagekopierer usw. für den Offsetdruck bei Hochdruckern jetzt noch
nicht im Berufsbild verlangt werden, weil es leider noch immer viel
zu viele kleine Buchdrucker gibt, die die Lehrlinge darauf nicht aus-
bilden könnten, weil sie keine diesbezüglichen Maschinen vor der Um-
stellung haben. An der Lehrlingsausbildung und Weiterbildung hat die
Gewerkschaft ein großes Interesse. Aber auch die dort Organisierten
zeigen sich an Ausbildungsfragen sehr interessiert. Steiner hat mir
mitgeteilt, daß sie ihre Fortbildungskurse innerhalb einer Stunde
fast alle belegt hatten und sich die Leute bereits um 6 Uhr früh
angestellt haben, damit sie noch zeitgerecht zur Anmeldung für diese
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Kurse einen Platz bekommen können. Ich glaube und bin überzeugt,
daß es in vielen Branchen großes Interesse gibt für entsprechend
zweckmässige Fachkurse. Ich glaube auch, daß dies eine Bestätigung
für mich ist, daß die Lehrlingsausbildung wesentlich verbessert
gehört. Leider sind die Arbeiten auf einer modernen Lehrlingsaus-
bildung bei uns im Ministerium nur sehr schleppend weiterzutreiben.
Die Arbeiterkammer und der Gewerkschaftsbund, aber die einzelnen
Fachgewerkschaften können sich kaum zu grösserer Aktivität durch-
ringen. Die Handelskammer andererseits hemmt das glaube ich schon,
noch immer alle diese modernen Bestrebungen. Ich habe Jagoda an-
schliessend dezidiert erklärt, wir müssen im nächsten Jahr und wenn
es nicht anders geht dann für das Wahlprogramm eine sehr konkretes
Projekt über die Lehrlingspolitik ausarbeiten.
Anmerkung für WANKE: Hier müsste die Grundsatzgruppe auf die wirt-
schaftliche Bedeutung der Lehrlingsausbildung und der fachmännischen
Weiterbildung entsprechende unterstützende Arbeit leisten.
Die Besprechungen über die Budgetansätze des Handelsministeriums
verliefen erwartungsgemäß. Als ich ins Finanzministerium kam und
so wie immer sehr pünktlich war, traf ich unsere Beamten mit den
Finanzministerbeamten, wie sie gerade von ihrer Besprechung sich
zum Ministerbüro bewegten. Ich habe zwar in launigerweise aber
sehr ernst gemeint, gefragt ob sie sich schon geeinigt haben, weil
wir dann ja sowieso nichts mehr zu entscheiden haben. Tatsächlich
ist es so, daß Androsch seine Funktion der Besprechung mit den
Ministern im Detail darin sieht, dann aus den Wünschen, die offen
sind, überhaupt nichts mehr zu erfüllen können und zu wollen.
Zusagen des Ministeriums, die ja sicherlich auch im Laufe des Jahres
mit seiner Zustimmung erfolgen kann er dann unter dem Druck seiner
Budgetsituation nicht einhalten. Ich habe ihm deshalb unter vier
Augen erklärt, ich hätte ja niemals von ihm auch nur für eine Aktion
eine besondere Wunsch- oder Zusage verlangt. Ich machte ihm nur
daran aufmerksam, daß der Freie Wirtschaftsverband bei den Handels-
kammerwahlen im nächsten Jahr hofft, eine Betriebsgründungsaktion
im Form einer Prämie die ca. 20 Millionen Schilling ausmachen würde
als Wahlschlager zu propagieren. Wenn ich dies durchführen soll,
dann kann ich mich nicht damit einverstanden erklären, daß ja die
20 Millionen Schilling von der Finanzbürokratie in ein Stabilisierungs-
budget aufgenommen werden. Im heurigen Jahr können wir auch aus der
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Stabilisierungsquote nichts bekommen. Androsch erwiderte, daß
er mir sogar im ersten Jahr 20 Millionen Schilling für eine
Industriepolitik zur Verfügung gestellt hat und jetzt aber zu
einer weiteren neuen Aktion nicht mehr zustimmen könne, da er
das Geld dafür nicht aufbringen kann, er sei aber bereit, die
Stabilisierungsquote überhaupt für mein Ministerium fallen zu
lassen und die notwendigen Ansätze 65 Millionen für den Fremden-
verkehr, 21 Millionen für die Kohlenbergförderung, 30 Millionen
für die Papierindustrie, Umweltschutz, Zinsenzuschüsse in das
Budget zu übernehmen. Sollten wir mit diesen Beträgen nicht das
Auslangen finden dann würden wir in einem BÜG weitere Mittel
bekommen. Dies gilt garantiert für den Kohlenbergbau. Ich machte
Androsch neuerdings darauf aufmerksam, daß wenn es zu der Lösung
Konzentration der Kohle in einer eigenen Gesellschaft der ÖIAG
unterstellt kommt, wir nicht mehr damit rechnen können, daß tat-
sächlich Fohnsdorf und Pölfing-Bergla bald geschlossen werden.
Nur wenn die Voest-Alpine weiterhin die Belastung mitzutragen
hat wird sie bereit sein dann auch tatsächlich für entsprechende
Stillegung einzutreten. Androsch sagte mir unter vier Augen, daß
er mit Kreisky einige Male über diese Probleme gesprochen hat, sich
aber nicht durchsetzen konnte, daß wir diese Schliessung womöglich
vielleicht nach den steirischen Landtagswahlen endlich durchführen. Da
ich ihm keinerlei Schwierigkeiten bei der letzten Budgeterstellung
in dieser Legislaturperiode machen will und genauso wie in der Ver-
gangenheit auch vielleicht viel zu viel Verständnis für die Budget-
situation gehabt habe, war ich mit seinen Vorschlägen einverstanden,
verlangte nur dann noch drüben bei der Besprechung mit den Beamten
wo ja nur die Posten im einzelnen abgestimmt wurden, daß wir wenigstens
3 Millionen Schilling für die Bürges Umstellung nicht Fremdenverkehr
sondern allgemeine Wirtschaftsförderung auf Prämiensystem bekommen.
Marhold hat zuerst nicht sofort begriffen und meinte, es sei wirklich
alles bis auf den letzten Schilling mit dem Finanzministerium abge-
sprochen und alles was wir tatsächlich dringendst brauchen gedeckt.
Erst in der letzten Phase gelang es mir, nach längerer Diskussion
mit Kaber, der sich ja vom Finanzministerium sehr gut in unserem
Budget auskennt, daß wir uns dann doch über diese 3 Millionen in der
Umstellung für allgemeine Bürges einigen konnten. Der Finanzminister
hat dann auf ein zustimmendes Nicken von Sektionschef Autengruber,
wie ich bemerkte, letzten Endes auch zugestimmt.
Aus taktischen Gründen habe ich in dieser Besprechung auch den
Wunsch der Handelskammer und vor allem den Brief von Mussil an
den Finanzminister, wo mitgeteilt wird, er hätte eine Erhöhung
der Stärkeförderung auf 76 Millionen zugestimmt, in der großen
Sitzung zur Sprache gebracht. Aus einem Aktenvermerk, den mir
der Finanzminister in der Ablichtung dann zur Verfügung stellen
lies, kann ich entnehmen, daß die Aussprache zwischen Mussil und
Androsch, wo scheinbar nur vom Büro jemand dabei war, aber kein
Vertreter der Abteilung, es dann mit einem Antwortschreiben nicht
dezidiert ablehnt, sondern nur meint, er müsse vorher mit mir über
dieses Problem sprechen. Diese Aussprache habe ich jetzt abgeführt
und Mussil sofort davon Mitteilung gemacht. Mussil meinte, da ich
ja den Betrag von 28 Millionen die normale Stärkeförderung nicht
auf 76 Millionen nicht erhalten habe, er hat dies auch gar nicht
erwartet, sondern befürchtet, daß dies erst in Parteienbesprechungen
erst zur Sprache kommen wird. Mit einer solchen Lösung bin ich
sehr einverstanden, denn seinerzeit wurde ja auch im Rahmen der
EG-Verhandlungen ganz sinnlos von Seiten der Regierungspartei der
ÖVP Zugeständnisse gemacht. Sinnlos nämlich insofern, als sich ja
dem EG-Vertrag in der Tasche hatte und die ÖVP gar keine andere
Wahl gehabt hätte als zuzustimmen. Auch dann, wenn sie keine wie
immer gearteten Zusagen auf keinem einzigen Gebiet bekommen hätte.
Wenn alle ihre Interessensvertretungen jederzeit zugestimmt haben
jede Formulierung bis zu den Beistrichen mit ihnen vereinvernehmlich
festgelegt war, hätte die ÖVP niemals diesen Vertrag im Parlament
ablehnen können. Damals hat Kreisky mir aus unerklärlichen Gründen
ihnen viel zu große Konzessionen gemacht. Ob Androsch jetzt wenn
dieses Problem bei den Marktordnungsbesprechungen sicher von der
anderen Seite aufgezeigt wird dann auch wieder bereit ist eine
Konzession zu machen, bleibt ganz ihm überlassen. Ich bin daran
überhaupt nicht interessiert genau sowenig seinerzeit als die
EG-Verträge mit der ÖVP dann verhandelt wurden.
Ich habe Androsch auch auf die Aufsichtsratsbesetzung bei der Austro-
Ferngas und in Schwierigkeiten die ich in meinem Haus habe hingewiesen
und ersucht ob er mir nicht einen zweiten Aufsichtsratsposten der
möglich ist vom Bund als dritten noch zu besetzen geben könnte.
Androsch hat angedeutet, daß er eigentlich gedacht hat, daß eventuell
das Bundeskanzleramt hier eine Nominierung vornehmen würde, hat aber
erklärt, er wird sich das ganze Problem noch einmal anschauen und
mir Bescheid sagen, ob wir den Sektionsleiter, SChef Frank oder nur
seinen Abteilungsleiter MR Sterk schicken, ist ihm vollkommen egal
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wenn wir nicht zwei Posten bekommen können. Er meint, bei ihm ist
es oft so daß ein untergeordneter Beamter in einer solchen Funktion
tätig wird obwohl auch natürlich die höheren Beamten gerne zusätzlich
dann hinkommen wollen. Ich habe ihm deshalb ja sofort einleitend
gesagt, daß es hier ja nicht um ein finanzielles Problem geht, weil
die 8.000 Schilling Aufsichtsratvergütung pro Jahr auch nicht das
Entscheidende für Aufsichtsratspostenhamsterer sein können. Ich
glaube er war auch sehr erstaunt, daß dieser Aufsichtsratsposten
so gering dotiert wird, wird sich das ganze überlegen und mir
Bescheid sagen.
Anmerkung für GEHART: Bitte vielleicht kannst du dann nach einiger
Zeit im Büro wieder des Finanzministers entsprechend klären, wieweit
die Frage entschieden ist.
In der Fraktions- und dann in der Vorstandssitzung der Lebensmittel-
arbeitergewerkschaft referierte ich und diskutierten wir über die
Marktordnungsgesetze und sonstige aktuelle Probleme die insbesondere
die Lebensmittelbranche betrifft. Immer wieder höre ich, daß unsere
Mitglieder über unsere Abschlüsse sehr einverstanden sind und sich
eigentlich mit unserer Tätigkeit scheinbar auch sehr zufrieden sind.
In der Vorstandssitzung haben wir niemals Schwierigkeiten gehabt, weder
in der Vergangenheit noch derzeit. Ich habe aber immer Angst, daß dies
eine Friedhofsstille ist. Wenn ich dann von Meinungsumfrageergebnissen
höre, wo tatsächlich diese Regierungspolitik sich so niederschlägt, daß
wir noch immer die absolute Mehrheit haben, dann dürfte scheinbar
doch die Zufriedenheit innerhalb der Bevölkerung mit unserer Politik
viel größer sein als wir dies scheinbar annehmen. Ich glaube aber,
daß der Kern dieser Entwicklung in der Tatsache zu suchen ist, daß
eben die Regierung sehr einheitlich auftritt, keinerlei Differenzen
bis jetzt zwischen den einzelnen Organisationen festgestellt wird
und wir deshalb ein Bild in der Öffentlichkeit geben, wir wissen was
wir wollen, wir setzen das durch was Notwendigkeit ist und wo wir
uns nicht durchsetzen können, wie bei der Preisentwicklung, ist
vielleicht doch die gesamte europäische, ja weltweite Entwicklung,
die dies verhindert. Sorgen macht mir momentan nur die Ansätze der
Arbeiterkammer, die hoffentlich nur im Hinblick auf die Arbeiterkammer-
wahlen im September, jetzt überall und bei jeder Gelegenheit einen
radikaleren Ton anschlagen. Innerhalb der Lebensmittelarbeitergewerk-
schafts-Funktionäre und insbesondere Sekretäre findet das Verhalten
von Zöllner und einiger anderer Kollegen nicht die Zustimmung.
Wenn dieselbe negative Einstellung und Stimmung und ich fürchte,
daß es auch bei den Gewerkschaften nicht viel anders ist und vor
allem auch im Gewerkschaftsbund immer stärker wird, dann kann und
muß zu harten Konfrontationen in Hinkunft kommen. Ist erst einmal
ein Klima entstanden, daß man zwischen den einzelnen Organisationen
nicht mehr die Sachprobleme versucht zu einer gemeinsamen Lösung
oder zumind. Auffassung zu kommen, dann können solche Spannungen
früher oder später für die Organisation verheerend sein. Dies
gilt nicht nur auf dem Wirtschaftssektor, sondern ich konnte in der
Vorstandssitzung auch bezüglich der Lohnfortzahlung auf dem sozial-
politischen Gebiet eine ähnliche Mißstimmung feststellen. Verrennte
Auffassungen über Probleme von mir aus, Diskussion darüber eigentlich
selbstverständlich. Nach aussen aber zum Ende gemeinsam aufzutreten
eine Notwendigkeit.
Tagesprogramm, 5.9.1974