Samstag, 14. September 1974
Der Handelsminister Barcak war, obwohl er ursprünglich abgesagt
hatte, dann doch zur Wiener Messe auf meine Einladung gekommen.
Ausgelöst wurde dies dadurch, daß er wie die Tschechen selbst
zugaben, die guten Beziehungen, die sich jetzt zwischen der CSSR
und Österreich anbahnten, durch seinen Besuch verstärken solle.
Da mir unser Außenhandelsstellenleiter Bittner mitteilte, daß
Barcak nach Finnland fährt, Begleiter von Gen.Sekr. Husak und
dem Aussenminister Chnoupek, schnitt ich sofort das Problem der
Zellulose-Fabrik Ratinov an. Die Voest möchte diesen Riesenauf-
trag bekommen. Bittner möchte, daß aus politischen Gründen den
Finnen der Zuschlag gegeben wird oder zumindest weitestgehende
Zusagen bei dem jetzigen, so hoch offiziellen Finnland-Besuch.
Barcak bestätigte mir, daß seinerzeit die Finnen, als die Voest
Zilena eine kleinere Fabrik bekommen hatten, da falsche Behauptungen
aufgestellt hatten, nur damit sie das nächste Mal den Zuschlag
erhalten könnten. Angeblich waren sie damals um 10.000 Dollar
billiger, was aber nicht stimmte. Barcak meinte, die Technologie
sei das Entscheidende und es werde eine harte Konkurrenz geben.
Er selbst aber würde schauen, auf alle Fälle daß Österreich daran
teilnehmen kann. Barcak ist nicht ausschließlich der Preis das
alleinige Kriterium, sondern er meint, bei anderen Staaten hätte
er feststellen müssen, daß sie entweder später liefern oder die ver-
sprochene Leistung nicht eingehalten wird.
Anmerkung für WIESINGER: Bitte mich mit Koller verbinden.
Die weitere Besprechung umfaßte gemischte Kooperationssitzung
am 23. Sept. in Prag und die gemischte Kommission am 28. Oktober in
Wien. Für diese überreichte ich ihm einen ersten Entwurf, wo wir
beim Artikel über die Liberalisierung mit 1.1.75 eine Fußnote
machten, wo wir darauf verwiesen, daß noch eine Spezialregelung
erfolgen muß. Da ich Barcak nicht überraschen wollte, habe ich
sofort erklärt, es sei nicht notwendig jetzt zu unseren Vorschlägen
Stellung zu nehmen, dies könne man noch immer dann bei den Verhandlungen
im Oktober.
Zum Schluß, aber umso deutlicher schnitt ich dann die Frage der
Vermögensverhandlungen mit der CSSR an. Ich erklärte, daß unser
Außenminister ausserstande ist, unter die 1 Milliarde Schilling
zu gehen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, daß wir zuerst
22-1078
2.6 Milliarden verlangt haben, jetzt bei einer Milliarde sind,
die Tschechen 500 Millionen geboten, jetzt bei 700 Millionen sind
und daß man jetzt noch irgendwo ein Kompromiß finden könnte. Die
Zeitungen, er wird davon über die Botschaft informiert sein, reden
jetzt von 4 Milliarden Schilling und die österreichische Regierung
müsste so schnell als möglich zu einem Abschluss kommen, um nicht
das Klima weiter zu verschlechtern. Die aktive Handelsbilanz der
Tschechen gibt finanziell die Möglichkeit zu einer baldigen Berei-
nigung dieses grossen Konfliktes. Ihr Stein, wie ich sagte, muss aus dem
Weg geschaffen werden, bevor es zu normalen Beziehungen kommen kann.
Barcak erwiderte, er hätte keine Möglichkeit gehabt, mit seinem Außen-
minister Chnoupek nach den Verhandlungen Chnoupek–Bielka zu reden, da
er in Moskau war und Barcak auf der Brünner Messe. Jetzt fährt er
aber mit ihm nach Finnland und wird die Gelegenheit nützen, um dieses
Problem zu besprechen. Die österreichische Regierung sollte gegen
die Zeitungen, welche jetzt von 4 Milliarden sprechen, entsprechende
Antipropaganda machen. Ich machte Barcak darauf aufmerksam, daß in
Österreich dies nicht so leicht möglich ist, sondern daß die
einzige Lösung darin besteht, so schnell als möglich zu einem Ab-
schluß zu kommen, was er übrigens mir auch bestätigte, daß dies auch
sein Wunsch ist.
Messebesuch, den ich mit ihm abwickelte und nach dem er dann sich beim
tschechischen Pavillon verabschiedete, musste ich feststellen, daß es
nicht sehr gut ist, wenn man einen ausländischen Minister mit hat.
Immer steht natürlich scheinbar der österreichische Handelsminister
im Mittelpunkt. Dies gilt sowohl für die ausländischen Aussteller
als auch für die österreichischen Firmen. Ich musste mich ver-
zweifelt bemühen, allen zu erklären, daß er letzten Endes die wichtigere
Person ist, da er mein Gast ist.
Bei meinen alleinigen Besuch AEG Pavillon hat mir Direktor Hasel-
brunner mitgeteilt, daß jetzt auf dem Elektrosektor ganz schwere
Konkurrenz unfairster Art geführt wird. Angeblich gibt Grundig für
jeden bestellten Fernseher sofort 1.000 Schilling dem Händler. Ich
kann mir nicht vorstellen, daß Thieß diese primitive Art abwickelt,
da er ja selbstverständlich zumindestens die steuerliche einwandfreie
d.h. buchhalterische Abwicklung bedarf.
ANMERKUNG für WAIS: Bitte die Beweise von Haselbrunner verlangen.
Tagesprogramm, 14.9.1974