Freitag, 20. September 1974
Sekr. Macho hat auf Wunsch der Vorarlberger Genossen bei der
Pepsi-Cola-Firma angerufen und gefragt, ob sie der Verwendung
ihres Markenzeichens durch den ÖAAB-Funktionär Bertram Jäger
im Vorarlberger Arbeiterkammerwahlkampf kennen und was sie dazu
sagen. Jäger verwendete seinen Namenszug in einem Signet, welches
Pepsi-Cola sehr ähnlich sieht. Macho berief sich dabei auf die
Gefahr, dass dadurch die Arbeitsplätze gefährdet werden, wenn
Firmenzeichen im Wahlkampf verwendet werden. Die Firma hat
dies sofort Jäger mitgeteilt und er hat nun in der Presse er-
klärt, er wird von dem Lebensmittelarbeitersektetär unter
Druck gesetzt. Nachdem ich die Zeitungsberichte studiert habe,
muss ich feststellen, dass der Sachverhalt ein ausgesprochen unge-
schicktes Verhalten Machos vor allem aber unserer Vorarlberger
Genossen zeigt. So hat er Präsident Benya einen aufklärenden
Brief geschrieben, weil er befürchtet, dass sich Jäger wie ange-
kündigt an ihn wenden wird, um die Innerparteilichkeit des Gewerk-
schaftsbundes zu wahren.
An der Eröffnungsfeier des NEWAG-Kraftwerkes Theiss habe ich
nicht teilgenommen, weil mir fast alle mit Ausnahme von Direktor
Bandhauer abrieten. Zu meiner grössten Verwunderung musste ich
dann hören, dass Gen.Dir. Gruber bei der Eröffnung ankündigte,
es würde einen neuerlichen Strompreisantrag noch heuer geben
und auch die Gaspreise müssten die Russengaspreisverhandlungen
noch wesentlich erhöht werden.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Vielleicht können wir eine genaue Information
erhalten, ohne dass aufscheint, dass ich besonders dafür interes-
siere.
Gen.Direktor Bauer ist mit Feichtinger erschienen, um mir über
die sowjetischen Gasverhandlungen zu berichten. Der ursprüngliche
Gaspreis mit 14,10 $ für unsere 1,5 Mia m3 wird mit 1.10.74
auf 17.01 $ – dies entspricht der Dollarabwertung am 1.1.75
auf 35, am 1. April 75 auf 40, 1. Jänner 1976 auf 45, 1.1.1977
auf 50 und 1.1.78 auf 55 $ erhöht. Da bereits mit 500–600 m3
vereinbarte Preis für die Mehrlieferung heuer vom 28 $ wurde
nicht neuerdings behandelt. Die nächsten Jahre ist bis 1978
Mehrlieferung von 250 Mill. jetzt vertraglich zugesichert.
Ab 1.1.1978 soll der neue Vertrag gelten mit der Zusatzmenge
von 500 Mill. Dies entspricht noch nicht annähernd dem Wunsch
der Verdoppelung der 1,5 Mia, doch ist immerhin wenigstens ein-
mal ein Teilerfolg. 55 $ ist auch der neue Ruhrgasvertrag, angeb-
lich sogar 55.16 $, die Ruhrgas erhält ausser ihren 7 Mia, die
sie schon hat, ab 1.1.1978 noch 1,5 Mia dazu und verhandelt um
eine weitere Milliarde, so wie auch wir über die 500 Mill.
noch einen Teil bekommen wollen. Italien hat 6 Mia ab 1.1.1978,
mit neuem Vertrag auch eine Milliarde mehr, und möchte eine
weitere Milliarde. Der Preis für Italien beträgt angeblich
sogar 57 $ plus 7 $ Fracht durch Österreich, ergibt also einen
Preis von 64 als Maximum. Trotzdem behauptet Bauer, dass sowohl
die Ruhrgas als auch SNAM kein Interesse daran haben, Algerien-
gas zu beziehen, ja glauben, dass das Algerien-Gas noch teurer
kommt und sich vor allem nicht als garantierte Menge und schon
gar nicht einen garantierten Preis einhalten. Bauer drängt darauf,
dass wir das Algerien-Gasgeschäft womöglich fallen lassen.
Da er in Wirklichkeit natürlich sein Gas, aber ganz besonders
sein Heizöl schwer in Hinkunft in Österreich absatzmässig ge-
fährdet sieht. Er hat auch bei der Sowjetunion einen günstigeren
Ölpreis 11,02 $ gegenüber 11,77 $, den die Italiener bezahlen
müssen. Ausserdem behauptet Feichtinger, sie auch der irakische
Ölpreis mit 11, und etlichen Dollarcents günstiger als andere
Gesellschaften. Ich glaube dies nicht ganz, denn die ÖMV dürfte
voriges Jahr in der Knappheit und in der sogenannten Ölkrise
höhere Schlüsse getätigt haben. Da mit der Austria-Ferngas in
der nächsten Zeit Besprechungen über die Erdgassituation ab
1980 beginnen werden, kann ich mich auf heftige Auseinander-
setzungen gefasst machen. Die sowjetische Seite hat sich mit
der VÖEST-Alpine über die Rohrlieferungen geeinigt. 1975 und
1976 werden jeweils 45.000 t Bleche, 1977 50.000 und 1978 60.000 t
angeblich geliefert, Bauer weiss dies nicht genau, aber die
Gesamtmenge von 200.000 t wurde vereinbart. Der Preis wurde mit
640 $ Wunsch von VÖEST auf 625 $/t letzten Endes als vereinbarter
Preis festgelegt. Das Finanzierungserfordernis wäre deshalb
ungefähr 1,5 Mia S. Die Gaspreise wollte Bauer unbedingt als
streng vertraulich verstanden wissen, obwohl auch Gruber hier bereits
bei der Kraftwerkseröffnung Bemerkungen gemacht hat. Hier spielt
22-1113
sich ein grosser Konkurrenzkampf zwischen dem schwarzen Bauer
und dem schwarzen Gruber ab, letzten Endes schadet dieser nicht der
ÖVP, sondern wahrscheinlich doch mehr oder minder mir im Handels-
ministerium.
Die öffentliche Diskussion in Oberndorf war nicht sehr ergiebig.
Erstens waren es meistens nur Sozialisten, die erschienen sind,
und zweitens war dann die Diskussion hauptsächlich um die Frage
der Senkung des Benzinpreises oder Ölpreises durch Ermässigung der
Mineralölsteuern usw. In diesen Gremien wird, wenn selbst
ein Gegner kommt, dann meistens nur ein Argument von irgendeinem
Spitzenfunktionär der ÖVP oder der FPÖ gebracht, ohne dass der
Betreffende die Details besser kennt als der Spitzenfunktionär.
Dadurch ergibt sich eine überhaupt nicht fruchtbringende Diskussion.
Anschliessend an die öffentliche Diskussion wurde im selben
Haus, nur in einem grösseren Saal, eine Arbeiterkammerwahlversamm-
lung der soz. Fraktion abgehalten. Die Genossen ersuchten mich,
dass ich solange bleibe, um auch dort noch einige Worte zu
sprechen. Der Arbeiterkammerwahlkampf wird – so habe ich den
Eindruck – nur mit grösstem Krampf aufrechterhalten. Meinem Dafür-
halten nach hätte man sollen – da zu erwarten war, dass dies der
erste Wahlkampf unter einer soz. Alleinregierung sein wird –
eine richtiggehende Wahlkampagne vorbereiten. Durch Monate hätte
man müssen in den Betrieben bereits Versammlung abhalten, soweit
es sich um Mittel- und Kleinbetriebe handelt, versuchen, über
die politische Organisation entsprechend Wahlpropaganda zu be-
treiben. In Wirklichkeit hat man einige Grossveranstaltungen
gemacht, diese sehr gut, wie z.B. die in der WIG wahrscheinlich
auch in den grösseren Landesstädten, eine breitere Wahlkampagne
wurde aber nicht entfaltet. Das letzte Mal war durch die geringe
Wahlbeteiligung angeblich für uns eine günstigere Situation als
bei einer stärkeren Wahlbeteiligung. Ich bin sehr gespannt, wie
es diesmal sein wird. Ich bin keinesfalls so optimistisch wie
Hrdlitschka.
Tagesprogramm, 20.9.1974