Dienstag, der 24. September 1974

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Dienstag, 24. September 1974

Vizepräsident Seidl von Lenzing ruft an und ersucht, dass ich unter
gar keinen Umständen beim Jaroszewicz-Besuch zustimme, dass wir
Schwefelkohlenstoff von Polen in grösserer Menge kaufen werden.
Bis jetzt hat Lenzing auf dem Kapfenberger Betrieb, der der CA
gehört, Schwefelkohlenstoff bezogen. Dort wurde aber derart teuer
produziert, dass dieser Verlustbetrieb nicht aufrechterhalten
werden kann. Lenzing hat deshalb mit der französischen Firma
Rhone-Progil einen Vertrag angestrebt. Diese grosse Chemiefirma
hat auch in Belgien und in Deutschland, Köln, eine Produktionsfabrik.
Dadurch ist Lenzing nicht abhängig, wenn ein Betrieb ausfällt,
bestreikt wird oder sonstwie mit der Lieferung in Verzug kommt, seine
Produktion einzustellen, weil eben noch von Progil dann aus einer
anderen Fabrik bezogen werden kann. Seidl befürchtet, wenn in Polen
jetzt eine solche Fabrik errichtet wird, Österreich sich verpflichtet,
sich daran zu beteiligen oder auch nur dort zu beziehen, dass er
zu sehr von einer einzigen Firma abhängig ist. Da die SU auch eine
solche Fabrik hat, fürchtet Seidl, wenn dort etwas passiert, werden
die Polen verpflichtet, ihren Schwefelkohlenstoff nach der SU zu
liefern und er bekommt dann nichts. Seidl wird mir noch ein Elaborat
über dieses Problem schicken.

ANMERKUNG FÜR GRÜNWALD: Polenreferat – Fälbl – aufmerksam machen
und von Branchenreferat Fellner Information verlangen.

Vor dem Ministerrat informiere ich Häuser über die Kurzarbeit bei
Swarovski. Er erklärt sich sofort bereit, alle Massnahmen zu treffen,
damit die dort Beschäftigten weitestgehend die Kurzarbeiterunterstützung
bekommen. Er selbst ist noch immer nicht informiert worden und empfiehlt,
dass ich mich sofort mit Swarovski in Verbindung setze, damit womöglich
zum Pressegespräch mit den Tiroler Zeitungen auch gleich die Landes-
arbeitsamtsleiterin zugezogen wird. Ich informiere den Herrn Swarovski
telefonisch über die Zusage Lütgendorfs, dass auch das österr. Laser-
system auf dem Kürassier ausprobiert wird und erst dann entschieden
wird, Lanc ein prüfungsfähiges Projekt für die Rückstrahler braucht
und Häuser die Kurzarbeit weitestgehend finanziell abstützen wird.
Swarovski ist sehr verwundert, wie schnell ich reagiert habe.



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ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Gröger soll nach seiner Rückkehr aus Tirol
sich mit den einzelnen Ministerien in Verbindung setzen und dann
doch schriftlich noch mit einem Brief alles festhalten.

Androsch erklärt sich mir gegenüber ausserstande, das zweite Auf-
sichtsratsmandat für Austria-Ferngas dem Handelsministerium zur
Verfügung zu stellen, da er schon ominiert hat. Interessanterweise
aber scheinbar keinen vom BKA, wie er mir angedeutet hat, sondern
zwei von seinem Ministerium. Androsch meint allerdings, dass man
gar nicht weiss, wie das mit Austria-Ferngas Algeriengeschäft
überhaupt weitergehen wird.

Reisinger hat mir nämlich spät abends mitgeteilt, dass er erfahren
hat, dass die Banken erklären, sie wären bei einer Besprechung
mit der OeNB übereingekommen, dieses Projekt nicht zu finanzieren.
Die Banken hätten aber keinesfalls, wie der Auftrag gelautet hat,
sich mit ihren befreundeten Bankinstituten des Konsortiums in Deutsch-
land, Frankreich, Italien, Schweiz usw. in Verbindung gesetzt,
sondern gleich nach kurzen Überlegungen abgelehnt. Reisinger, d.h.
die Austria-Ferngas wird jetzt ein entsprechendes Elaborat bezüglich
der Finanzierung und dem Verhalten der Banken in anderen Konsor-
tiumsländer vorlegen. Über die mengenmässige Notwendigkeit wurde
zwischen den Experten der ÖMV, Austria-Ferngas und dem Handels-
ministerium vollkommene Einigung erzielt.

ZS Braun, Eksl vom ÖGB und die beiden Geschäftsführer des Berufs-
ausbildungsinstitutes berichten mir, dass sie sich endlich dazu
entschlossen haben, mit der Handelskammer gemeinsam ein Berufsbildungs-
institut zu gründen. Dieser Wunsch war von Mussil mir bereits vor Mo-
naten gesagt worden und ich habe ihm versprochen, ich werde mein Mög-
lichstes tun. Leider hat es jetzt so lange gedauert, bis endlich
auch die Arbeitnehmerseite erkennt, dass es zweckmässiger ist,
eine gemeinsame Einrichtung zu schaffen. Ich werde beim nächsten
Jour fixe eine Besprechung zwischen den Vertretern der Handelskammer
Häusler-Angeli, Dr. Meches sowie dem ZS Braun verlangen.

ANMERKUNG FÜR JAGODA: Bitte eine kurze Information für Montag
Jour fixe vorlegen.



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ZS Braun, mit dem ich mich nachher über seine Nachfolge als Ge-
schäftsführender Vorsitzender in der Privatangestelltengewerkschaft
unterhalte, er ist ein guter Kollege, den ich seit Jahrzehnten
kenne und der sich mit seinem neuen Obmann Dallinger sehr gut ver-
steht, macht ohne dass ich dies erwartet habe oder gar auf dieses
Thema ihn angesprochen habe, die Bemerkung, dass wohl die Privatan-
gestellten in kürzester Zeit die stärkste Gewerkschaft sein wird,
sie niemals nach Benya den Gewerkschaftsbundobmann anstreben würden.
Er meint, sie hätten sich über dieses Problem unterhalten und nach
ihrer Auffassung käme nur ich dafür in Frage. Zum Glück ist dieses
Problem derzeit überhaupt nicht aktuell, weil Benya mindestens noch
für eine Legislaturperiode kandidiert, wahrscheinlich sogar noch
länger, hat es mich doch überrascht und ich muss gestehen gefreut,
dass mir Braun unter vier Augen dies erklärte. Das schlechteste wäre, wenn
jetzt irgendwo, irgendwer dies redet oder gar vielleicht diskutiert,
weil dies sonst den Anschein erwecken würde, ich strebe dies mit aller Ge-
walt an. Bis jetzt war es immer so, dass ich alle meine Funktionen
ohne mein Dazutun ausgepackt bekommen habe und daran soll, und was
an mir liegt, wird sich nichts ändern.

Bei der Verabschiedung der Botschafter Fischer nach Schweden, Walser
nach Beirut und Pleinert nach Tripolis kann ich immer wieder darauf
verweisen, dass das Aussenamt durch Dr. Bukowski in meinem Büro die
besten Verbindung hat und deshalb, wenn die Botschafterkollegen, die
er ja alle gut kennt, irgendwelche Wünsche haben, sollen sie
sich ruhig an ihn wenden, und dann an die Abteilungen bei uns im Haus.
Interessant ist nur, dass Fischer, die die Wipo-Abteilung in Aussenamt
bis jetzt geführt hat, auch noch für den Besuch Jaroszewicz verant-
wortlich ist und, obwohl er dann nicht mehr anwesend sein wird, klären
muss, wer eigentlich jetzt die entsprechenden Verträge, die mit Polen
ausgemacht wurden, unterzeichnet. Ich erkläre ihm sofort rundwegs, dass
es mir ganz egal ist, ob der Bundeskanzler dies unterzeichnet oder
ob ich dies unterzeichnen soll.

Der neue chinesische Botschafter verweist bei der ersten Aussprache
darauf, dass sie in den Weltmarktpreiskenntnissen sehr wenig Erfah-
rung haben, Er ersucht deshalb, dass die österreichischen Firmen,
wenn sie Anbote machen, Preise auch dem chinesischen Handelsvertreter
in Wien mitteilen sollen, darüber hinaus wäre er sehr dankbar, wenn


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er überhaupt Preismitteilungen von den Firmen auch dann, wenn
sie ihr Angebot vor längerer Zeit gestellt haben und bis jetzt
nichts gehört haben, bekommen könnte, damit er diese nach Peking
weitergeben kann. Aus den Äusserungen entnehme ich, dass die chine-
sische Seite grössten Wert darauf legt, über ihre Aussenhandelsstellen
resp. Botschaften Preisinformationen zu bekommen. Wahrscheinlich
spielt dann der bürokratische Apparat in Peking ein Land oder eine
Firma gegen die andere oder das andere Land aus. Trotzdem aber glaube
ich, müsste man ein System finden, wie man den Firmen diesen Wunsch
der Chinesen so zur Kenntnis bringt, dass sie auch dann nicht zu ihrem
Nachteil die entsprechenden Informationen den Chinesen geben. Meisl
hat erklärt, er wird diesen Wunsch Rechnung tragen.

Die ÖMV und die internationalen Ölgesellschaften sind mit der
Handelskammer im Dutzend, würde ich fast sagen, billiger, aufmarschiert.
In Wirklichkeit aber haben sie mir dann nichts anderes erklärt, als
dass sie bereit sind, den freiwilligen Rabatt auf Ölprodukte noch
im Oktober zuzugestehen. Ab November wollen sie aber wieder die vorher
von mir resp. der Paritätischen Kommission genehmigten Preise,
da sie weitere Verteuerungen erwarten. Die OPEC hat beschlossen,
für die Ölgesellschaften, die Rohöl dies zu zahlen haben, das Rück-
kaufsöl um 33 $-Cent zu verteuern und zwar von 9.41 $ auf 9.74. In
Wirklichkeit, sagt Mieling von der Shell, verteuert es sich aber
um 46 Cent, denn der Preis wird von 9.28 auf 9.74 erhöht. Das sind
5 % auf den Rohöl-fob-Preis S 60.-/t. Dadurch werden die österr.
Gesellschaften, die davon betroffen sind, mit 460 Mill. S pro Jahr
belastet. Der 15 %-ige Kollektivvertrag, den sie jetzt abschliessen
müssen, wird 350 Mill. S pro Jahr Belastung bringen. Insgesamt also
müssen sie trotz eines 10 % geringeren Verbrauches Kostenerhöhungen
tragen, kommen daher mit den seinerzeit genehmigten Preisen nicht
mehr aus und können keinesfalls zusätzliche Rabatte länger als bis
zum 31. Oktober geben. Ich lasse die Ölgesellschaften nicht im Unklaren,
dass ich mich erstens bedanke, dass sie immerhin bereit sind,
ein Monat jetzt den Rabatt zu verlängern, gleichzeitig aber zweitens
ihnen ankündige, dass wir über die weitere Vorgangsweise im Laufe
des Oktobers verhandeln müssen. Meine Idee ist, dass sie auf alle Fälle
Heizöl, extraleicht, weiterhin um 2.70 verkaufen müssen, ohne es
ihnen jetzt schon konkret zu sagen.



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Beim Landstrasser Klub der Mandatare wird ein Problem besonders
behandelt, nämlich die Begrenzung der Einkommenshöhe für die
Gemeindewohnungen. Richtig ist, dass 1969 das letzte Mal diese
Einkommensgrenze mit 8.00 S festgelegt wurde. Natürlich ist diese
Grenze heute zu tief und es müssen daher viele auf eine Gemeinde-
wohnung verzichten, denen eine solche garantiert zusteht. Das
wirkliche Problem ist aber, dass die Gemeinde eine solche Er-
höhung derzeit nicht vornehmen kann, weil sie 20.000 Vorgemerkte
hat und heuer glaube ich nur 400 Wohnungen nur neu gebaut
vergeben werden können. Jeder Erhöhung der Grenze oder auch wie
dies jetzt geschehen ist, zu, Beispiel Einbeziehung älterer Leute,
die schon in Gemeindewohnungen in höheren Stöcken wohnen, Anspruch
zu geben auf Wohnungen in unteren Stockwerksbereich, bedingt
sofort, dass zu den 20.000 noch x-10.000-e z.B. dazukommen
und es dadurch noch schlechter optisch, aber auch de facto wird
die Wohnungssituation für die Neuhinzukommenden tatsächlich zu
verbessern. Nach wie vor glaube ich, dass die Regierung an den
Preisen und die Gemeinde Wien am Wohnungsproblem die grössten
und wie es mir scheint unlösbaren Schwierigkeiten vorfindet.

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Tagesprogramm, 24.9.1974

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Tagesordnung 133. Ministerratssitzung, 24.9.1974

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Tätigkeit: MR HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Vors. Berufsausbildungsbeirat


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: GD Wr. Stadtwerke


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Beamter HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Handel


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: GD Lenzing AG, Vizepräs. HK, AR-Präs. OÖ. Ferngas


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Straßburg


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: ZS GPA, ab 1980 Sozialminister


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Wr. SPÖ-GR-Abg., GPA, NR-Abg.


                    Einträge mit Erwähnung:


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: GD Shell


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Büro Staribacher; ÖIAG
                            GND ID: 1053195672


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Gf. BfI


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Fa. Swarovski, Wattens (Tirol)


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
                                    GND ID: 119083906


                                    Einträge mit Erwähnung:


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: Branchenreferent HM


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Finanzminister
                                            GND ID: 118503049


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: poln. Min.präs.
                                              GND ID: 128630841


                                              Einträge mit Erwähnung: