Dienstag, 29. Oktober 1974
Die Besprechung mit den Mineralölgesellschaften hat nicht den
gewünschten Erfolg. Ich hatte angenommen, dass es möglich sein
müsste, die gesamte freiwillige Preissenkung noch um ein Monat
zu verlängern. Zu meiner grössten Verwunderung leisteten aber
die Internationalen ganz erheblichen Widerstand und hatten als
Kompromiss vorgeschlagen, zwar das von mir verlangte Heizöl,
extra leicht, mit 2.70 S weiter zu belassen, dafür aber den
Dieselpreis um 10 gr. und Heizöl schwer um 50 S, d.h. bei
Diesel um 50 % den Preis zu reduzieren und Heizöl schwer um 33 %
und dies nur um ein weiteres Monat. Die Ölgesellschaften befürchteten,
und das war schon berechtigt, wenn sie erst jetzt noch einmal
die gesamte Preisverbilligung weiter prolongieren, dann im heurigen
Jahr überhaupt zu keiner Erhöhung mehr kommen. Sie berufen sich
darauf, dass Kreisky ihnen zusagte, dass sie diese freiwillige
Preissenkung jederzeit nach dem 1. Oktober wieder zurücknehmen
können. Da ich zum Ministerrat weglaufen musste, habe ich Kurzel
und Singer beauftragt, die Verhandlungen weiterzuführen. Ich
selbst hatte noch keinerlei Zugeständnisse gemacht, sondern als
Kurzel nachher mir berichtete, er hätte sie auf dieses Kompromiß,
ich ihm sofort erklärte, da müsse er die Zustimmung der Interessens-
vertretungen, insbes. der Arbeiterkammer und der Landwirtschafts-
kammer, einholen. Mit der Landwirtschaftskammer hat er telefoniert
und dort niemanden als einen subalternen Beamten getroffen. Ich
verlangte deshalb vor meiner Abreise, daß er zumindestens mit
Brandstätter oder besser noch mit Präs. Lehner die Zustimmung
erreichen müßte. Die Arbeiterkammer, Dr. Zöllner, mit dem ich
persönlich selbst sprach, war nicht bereit, den Heizöl-Schwer-
Preis zu erhöhen. Durch Zufall traf ich am Flughafen Dr. Schmidt
vom Gewerkschaftsbund, er war, als ich ihm Stand der Verhandlungen
berichtete, sehr erschüttert. Sie hatten in einer Vorbesprechung
und nachher bei der Preiskommission, wo gestern schon dieses
Problem zur Sprache kam, geglaubt, mit ihrer Taktik den Ölge-
sellschaften hohe Profite nachweisen zu können, mir dann eine
entsprechende Entscheidungshilfe in die Hand zu geben. In Wirk-
lichkeit hat aber weder Arbeiterkammermann auf Kurzel einen Eindruck
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gemacht, noch hat Kurzel oder Singer mir davon Mitteilung gemacht.
Die Ölgesellschaften haben sofort richtig erkannt, daß ich
primär an Heizöl extra leicht festhalten werde, und sind
mir daher in diesem Punkt sehr entgegengekommen, für Diesel
ist primär die Handelskammer zuständig und die hat ausdrücklich
eine Zustimmungserklärung abgegeben. Für Heizöl schwer müssen
wir auf alle Fälle in den Wintermonaten zu einem höheren Preis
kommen als der Sommerrabattpreis gewesen ist, ansonsten wird sich
nämlich niemand entschließen, Ölbanks zu bauen, um diese Differenz
zwischen billigem Sommerpreis und teureren Winterpreis zu lukrieren.
Vor dem Ministerrat sprach ich mit Staatssekr. Lausecker und
nach dem Ministerrat auch noch mit Lausecker und Kreisky über
den IX-er Posten für Meisl. Es ist richtig, daß ich seinerzeit
um Reiterer nach Brüssel zu bringen, erklärt habe, daß der IX-er
Posten mitgeht und eben so lange als Reiterer noch aktiv ist,
allerdings auf gar keinen Fall mit einer Verlängerung, wir dieses
IX-er Postens verloren gehen. Da Reiterer erst nächstes Jahr
in Pension geht, versuchte ich jetzt Kreisky davon zu überzeugen,
daß es notwendig ist, für Meisl irgendwo einen IX-er Posten für
ein Jahr auszuleihen. Es gibt zwei Möglichkeiten, das Außenamt
gibt einen systemisierten her, da die Argumentation ja von mir
sein könnte, zwei Jahre IX-er Posten für das Außenamt vom Handels-
ministerium verliehen, sind genug, dagegen sträubt sich aller-
dings Bielka, und wie ich zugeben muß, zurecht oder aus der
Personalreserve, hier fällt im Unterrichtsministerium ein von
Kreisky ausgeborter IX-er Posten an, den Sinowatz für den erz-
schwarzen, aber an und für sich angeblich loyalen Schulreformmann
Leitner unbedingt haben möchte. Lausecker wird sich weiterhin
durch Aussprache mit Kreisky, Sinowatz und mir wegen einer Lösung
bemühen.
LR Schober von Kärnten hat mit Kohlbacher, Raumplanung, Würzl,
Fremdenverkehr, und Gehart, Grenzgebiethilfe, Einvernehmen über die
Kärntner Wünsche erzielt. Würzl wird versuchen, die individuellen
Fälle von Kärnten bevorzugt zu behandeln.
Mit Jagoda, Weiß und Bukowski besprach ich die weitere Vorgangs-
weise über die Einbringung von Preisregelung, Rohstofflenkung,
Lastverteiler, d.h. die uns betreffenden Wirtschaftsgesetze.
Da der Klub unbedingt Wert darauf legt, daß wir am 6. oder 7. Nov.
spätestens im Parlament eingebracht werden, weil ansonsten eine
Behandlung nicht möglich ist, andererseits aber meine Idee, einen
Initiativantrag erst dann einzubringen, bis man mit den Markt-
ordnungsgesetzen mit Landwirtschaft einig ist, nicht akzeptiert
wurde, müssen wir also jetzt die Gesetze im nächsten Ministerrat
vorliegen haben. Heinz Fischer vom Parlament möchte unbedingt,
daß im Parlament bereits konkrete Unterlagen liegen, bevor die
Parteienverhandlungen darüber beginnen. Scheinbar verspricht er
sich davon, daß die ÖVP, wenn sie jetzt bereits die Extremforderungen
kennt, zu größeren Konzessionen bereit ist, ich habe deshalb
zugestimmt, daß man ohne Begutachtung, eine solche ist in dieser
kurzen Zeit ja nicht mehr möglich und wäre eine reine Farce, die
Gesetze für den nächsten Ministerrat vorbereitet. Zur Entschuldigung
kann ich sagen, daß alle diese extrem gesetzlichen Forderungen an
das Preisregelungsrecht allen Beteiligten bekannt sind und sie
schon einige Male diskutiert wurden. Der einzige neue Gesichts-
punkt ist der Wunsch der Handelskammer gewesen, ein Antischleuderei-
gesetz zu erlassen. Ich stehe auf dem Standpunkt, auch diese
Forderung muß ins Preisrecht eingebaut werden, obwohl sie sinn-
gemäß ins Unlautere Wettbewerbsgesetz gehört. Hier könnte sich
nur die Arbeiterkammer aufregen, evtl. die Landwirtschaftskammer,
daß sie diesen Gesetzentwurf noch niemals zur Begutachtung be-
kommen hat.
Beim Flug nach Helsinki habe ich, nachdem ich mich neben Sallinger
gesetzt habe, im auch über diese Vorgangsweise informiert. Sallinger
meinte, es wird doch nicht auf dem Preisrecht zu einer wesent-
lichen Änderung kommen, obwohl er scheinbar bereit ist, um der ÖVP
die Möglichkeit zu geben, beim Marktordnungsgesetz zuzustimmen,
eine Preisregelungsnovelle, die unseren Wünschen entgegenkommt,
zu akzeptieren. Da er aber wirklich die Details nicht kennt,
habe ich auch nicht ihm über Details verhandelt. Er meinte nur
ganz allgemein, die Handelskammer müßte auf dem § 3a bestehen.
Ich verstehe dies so, daß er auf die Einstimmigkeit bestehen müßte,
ging aber wie gesagt auf Details nicht ein, um erstens nicht unsere
Taktik ihm sagen zu müssen und zweitens, um ihn nicht mit Detail-
diskussion zu überfordern.
Wesentlich interessanter war, daß er unbedingt glaubte, bei uns
steht schon der Wahltermin endgültig fest. Vielleicht hat er auch
Bedenken wegen einer Vorverlegung, weil er erklärte, die Ent-
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scheidung liege ausschließlich auf der sozialistischen Seite
wegen seiner Handelskammerwahlen. Er meint, er hätte 85 %
der Stimmen im Wirtschaftsbund und könne schon einige Prozente
evtl. verlieren. Ohne daß ich ihm davon Mitteilung machte, hofft
ja der Freie Wirtschaftsverband, weil er 10.000 Mitglieder mehr
hat, auf einen entsprechenden größeren Erfolg für seine Listen,
nicht zuletzt durch den amtlichen Stimmzettel. Auf alle Fälle
werden die Kammern in Hinkunft durch neue Leute ersetzt. In
Wien wird Mitterer mit größter Wahrscheinlichkeit nicht mehr ge-
wählt, sondern Dittrich vom Gewerbe wird sein Nachfolger. In
Niederösterreich wird Cerny ausgetauscht gegen Schauer, einem
Spenglermeister. Auch in Oberösterreich wird Schütz, der einzige
Kammerpräsident, der mich auch in seiner Zeitung immer attackiert
hat, ebenfalls nicht mehr aufgestellt. Wer Nachfolger sein wird,
steht allerdings noch nicht fest.
Tagesprogramm, 29.10.1974
Tagesordnung 138. Ministerratssitzung, 29.10.1974
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