Montag, 20. Jänner 1975
Beim Jour fixe teile ich Mussil mit, dass die Zuckerversorgung nach
den letzten Angaben der Zuckerindustrie normal gesichert sein müsste.
365.000 t Zucker Produktion und einen Lagerbestand per 1. Jänner
von immerhin noch 254.000 t existiert. Ich beabsichtige, um die
grössere Rübenanbaufläche zu sichern, den Rübenpreis zwischen dem
Zugeständnis der Arbeiterkammer von ca. 5 Groschen und der Forderung
der Rübenbauern von 10 Groschen festzusetzen. Mussil ist über die
Entwicklung dieser Sache sehr unglücklich. Er fragt ebenfalls,
ob ich den privatrechtlichen Vertrag zwischen der Zuckerindustrie
und den Rübenbauern ausser Kraft setzen möchte. Dafür würde ich nach
seiner Meinung ein eigenes Gesetz brauchen. Er ist sehr beruhigt
zu hören, dass ich dies gar nicht beabsichtige, sondern eben nur
von meinem Preisrecht einen Rübenpreis festzusetzen Gebrauch mache,
der allerdings nur einen Höchstpreis sein kann.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte von Schwarz prüfen lassen, ob tatsächlich
meine Preisanordnung den privatrechtlichen Vertrag ausser Kraft setzt
oder zumindestens vertragsrechtlich irgendwelche Folgen noch eine ge-
setzliche Grundlage bräuchten.
Von der Besetzung der Leopoldsdorfer Zuckerfabrik hat die Zucker-
industrie nichts gewusst, wie mir Mussil versichert. In diesem Fall
glaube ich es ihm auf alle Fälle, denn die Handelskammer hat grosse
Bedenken, dass es von irgendjemandem zu Fabrikbesetzungen kommt,
weil sie genau weiss, dass dies früher oder später auch von der Ar-
beiterschaft gemacht werden kann, was sie natürlich unter allen
Umständen als Beispielsfolgerung ablehnt.
Ich verweise neuerdings darauf, dass der Finanzminister keine
zusätzlichen Mittel mehr für zusätzliche Getreidestützung gibt
und deshalb der Mehl- und Brotpreis mit 1.2. festgesetzt werden muss.
Mussil ist darüber nicht sehr erfreut, ist sich aber im Klaren,
dass er keine andere Möglichkeit hat, weil da der Erlass vom Landwirt-
schaftsminister existiert, dass die Stützung weiter bezahlt werden,
aber wie er sich jetzt selbst überzeugt hat der Finanzminister
nicht zusätzliche Mittel für 1975 bereitstellt.
Würzl hat der Handelskammer auf Grund des Gewerbestrukturverbesse-
rungsgesetzes mitgeteilt, dass er die Zuschüsse wie in § 4 (1) vorge-
sehen unter der Bedingung überweist, dass sie widmungsmässig ver-
wendet werden. Darin hat natürlich die Handelskammer sich hart ange-
griffen gefühlt, ich habe mich daher sofort über die zwar rechtlich
einwandfreie, aber ungewöhnliche Vorgangsweise entschuldigt und Mussil
meinte, wir verbleiben so wie bisher. Mussil glaubt sogar, dass
ein solcher Hinweis deshalb gar nicht notwendig wäre, da selbstver-
ständlich die Handelskammer die Mittel immer nur widmungsgemäss ver-
wendet und eine Kontrolle der gesamten Handelskammergebarung durch das
Handelsministerium als aufsichtsführende Behörde derzeit vorgenommen
wird. Diese Behauptung habe ich sofort zurückgewiesen, weil ich in der
Überprüfung der Handelskammerabschlüsse, wenn sie überhaupt von meinen
Beamten erfolgt, eine informelle Bestätigung der Aufsichtsbehörde
sehe.ich kann mich nicht erinnern, dass jemals in den fünf Jahren
die dafür zuständige Abteilung auch nur in einem einzige Fall
mich auf irgendetwas aufmerksam gemacht hätte.
ANMERKUNG FÜR WANKE : Ohne dass dies auch nur eine Spur von Staub auf-
wirbeln soll, lass bitte prüfen, wieweit Würzl hier übers Ziel geschos-
sen hat und wie es um die Verantwortung als Aufsichtsbehörde steht.
Mussil möchte mir unbedingt einreden, das Aussenhandelsgesetz nicht
zu novellieren, da der Absatz 3 unseres Vorschlages vorsieht, dass
auch bei Nichtexporten eine Prüfung bei Firmen vorgesehen ist und
das verfassungswidrig sei. Wenn ich dafür nicht eine Zweidrittel-
mehrheit, d.h. eine Verfassungsbestimmung im Parlament damit bei der
Beschlussfassung feststelle. Ich erkläre rundweg, dass ich auf die
Novelle keinesfalls verzichten kann, auch dann wenn ich dies-
mal kein Einvernehmen mit der Handelskammer erzielen könnte und ver-
weise darauf, dass z.B. ein Lagerhaus eine Auskunft verweigert hat,
da ich keinerlei gesetzliche Möglichkeiten derzeit besitze.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Schwarz soll bitte auch hier die Verfassungs-
frage neuerdings genau prüfen.
Mussil möchte neuerdings das Problem der Zollpräferenzen für Spanien,
zur Sprache bringen, wogegen er sich ausspricht und auch ich aus politi-
schen Gründen gar nicht daran interessiert bin. Der spanische Bot-
24-0054
schafter wird zwar um eine Erklärung beim Handelsministerium nach-
kommen, doch sollten wir versuchen mit der Handelskammer gemeinsam
auch für Griechenland, Türkei und Portugal eine entsprechende
Sprachregelung und Vorgangsweise zu vereinbaren. Ich berichte
ihm, dass wir bei der Ägyptenreise in Athen unterbrochen haben und
dort mit Draszczyk am Flughafen die Gefahr besprochen haben, dass
jetzt die griechische Regierung die Zollpräferenzaussetzung um 50 %,
die anderen Staaten wurden nämlich von 30 auf 50 % erhöht, sicherlich
früher oder später ebenfalls fordern wird. Wir einigen uns darüber,
dass wir eine Besprechung abhalten sollen.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Meisl soll bitte eine diesbezügliche
Besprechung einleiten und vorbereiten.
Mussil fragt an, ob es richtig ist, dass ich dem Verein für Konsumen-
teninformation 6 Mill. S plus 1,5 Mill. S, also 7,5 Mill. S Mit-
gliedsbeitrag resp. Subvention geben will. Ich bejahe sofort
und verweise darauf, dass ich in diesem Betrag von längerer Zeit
schon gesagt habe und er es mehr oder minder zur Kenntnis genommen
hat. Mussil wehrt sich auch weniger gegen die 7,5 Mill. als
dass wir gleichzeitig vom VKI eine Preiserhebung und Preisberichte
verlangen. Ich setze Mussil klar und deutlich auseinander, dass
ansonsten die Preiserhebung vom Ministerium, d.h. durch die
Polizeiorgane erfolgen müsse, was er ja bisher ganz entschieden
abgelehnt hat oder gar vielleicht durch eine Interessenvertretung,
wobei sofort eine andere Interessensvertretung dann dagegen pro-
testiert. Mussil meint, dann müsse man eben die Handelskammer damit
beauftragen, was er allerdings selbst gar nicht ernst nimmt.
Letzten Endes sieht er aber ein, dass es für die Handelskammer noch
besser ist, über den Verein für Konsumenteninformation die Preis-
erhebung durchführen zu lassen, weil ich ihm eben einreden kann,
dass er dort doch einen Einfluss hat und die Arbeit kontrollieren
kann.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Ich habe Koppe schon verständigt, bitte die
notwendigen Schritte veranlassen.
Klubobmann Koren hat Mussil vorgeschlagen, man soll das Preis-
gesetz reparieren, damit nicht wirklich die gesamten Zoll- und nicht
nur die Ermässigungen abgezogen werden müssen. Da sich bis jetzt
durch unseren Erlass noch nichts ereignet hat, sehe ich derzeit
keine Notwendigkeit.
Bezüglich der Preisfestsetzung für Gas durch die Behörde bei NIOGAS
meint Mussil, dass es sich hier um eine einseitige Massnahme nur
gegen Niederösterreich handelt. Ich erkläre sofort, dass auch die
BEGAS und die steirische Ferngas preisgeregelt wird, wenn es zu
Beschwerden kommt. Insbesondere in der Steiermark hat sich jetzt
auch die Zementindustrie benachteiligt gefühlt und es wird daher
im Preisverfahren nicht nur die Niogas, sondern von der ÖMV angefangen,
jede Gasgesellschaft geprüft werden. Wenn es zu einer einvernehmlichen
Regelung au-f freiwilliger Basis zwischen den Interessenvertretungen
kommt, werde ich selbstverständlich von einer Preisregelung so wie
bisher Abstand nehmen. Mussil wird mich deshalb in der Paritätischen
Kommission fragen, wie ich vorzugehen gedenke.
Die OB hat mir vorgeschlagen, ich möge die Handelskammer davon über-
zeugen, dass Denk ein Regierungsrat werden soll. Mussil verweist da-
rauf, dass auch Kammler der Handelskammer vorgeschlagen hat, dass
Dolinay den Hofratstitel bekommen sollte. Die Kammer hat aber seiner-
zeit nur bei Wessely und Poller eine Ausnahme gemacht und wird jetzt
nie mehr wieder für den Hofratstitel für ihre Beamte eintreten.
Der Regierungsratstitel ist nach Meinung Mussils überhaupt ein viel
zu geringer für einen Akademiker und er kann daher gar nicht ver-
stehen, dass sich jemand um diese Titel reisst. Er ersucht mich,
ich möge für Dolinay und natürlich auch für Denk entsprechende Ehren-
zeichen parat halten. Ich habe ihm dies sofort zugesagt.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte die Vorarbeiten für Dolinay und Denk
einleiten.
Beim Journalistenfrühstück berichtet Meisl über den Ägyptenbesuch und
da dies ja jetzt schon für die Journalisten ein kalter Kaffee
ist, interessiert sich kaum jemand dafür. Mehr Interesse besteht schon
für das im letzten Moment von Min.Rat Dinzl vorgebrachte Koordi-
nierungskomitee für öffentliche Aufträge auf dem Bekleidungssektor.
Dinzl hofft, dass ihm in kürzester Zeit die Bekleidungs- und
Textilindustrie doch so umfangreiche Unterlagen gibt, dass er eine
Koordinierung vornehmen kann. Was ich nicht wusste, war, dass es
sich dabei um 1.700 Betriebe handelt. Würzl hat mir vorher mit-
geteilt, dass angeblich das Bundesheer 30.000 Bundesheerkappen in
die Schweiz vergeben möchte. Das Verteidigungsministerium hat davon
24-0056
gar nichts gewusst. Dinzl berichtete auch über die internationale
Textil-, insbesondere das Multifaserabkommen. Ich wäre sehr froh, wenn
wir lauter solche Branchenreferenten hätten und habe seine Leistung
natürlich auch vor der Presse entsprechend herausgestrichen.
Als einziger, aber dann umso heisserer Punkt entwickelte sich die
Frage des Zuckerpreises von seiten der Journalisten. Als Gag war
mir knapp vorher eine Werbeveranstaltungsankündigung in die Hand
gefallen, wo von seiten der Veranstalter jedem Ehepaar 6 Kilo Zucker
gratis versprochen wurden. Reim, der sich jetzt mit der Zuckerproble-
matik näher beschäftigt, ist so empört über diese Entwicklung, dass
er mir allen Ernstes vorschlägt, man sollte von Seiten des Mini-
steriums der Zuckerindustrie drohen, dass sie gegebenenfalls ver-
staatlicht wird, wenn sie die Versorgung nicht aufrechterhalten kann.
Dieses Engagement gefällt mir sehr gut, nicht aber sein Vorschlag.
Selbst Toni Wais ist es gelungen, die JG von einem solchen Be-
schluss abzuhalten. Damit würde dem Gegner nur ungeheure Munition
für die nächsten Wahlen in die Hand gegeben werden.
Jagoda hat überprüfen lassen, wie weit die öffentliche Hand bei den
Handelskammerwahlen sich bis jetzt beteiligt hat und wie dies in
Zukunft sein soll. Nach meiner Information teilt er mir mit, dass
in der Vergangenheit niemand sich an diesen Wahlen beteiligt hat
und auch die ÖBB, die wahrscheinlich die meisten Möglichkeiten
hätte, sich auch diesmal daran nicht beteiligen wird. Eine diesbezüg-
liche Information gebe ich dann in der Ministerratsvorbesprechung
Dr. Zeleny, der nimmt sie zur Kenntnis.
Jagoda teilt mir mit, dass es Schwierigkeiten mit dem Vertreter des
Verkehrsministeriums Frank wegen des Erlasses "Sichere Skiabfahrten"
gibt. Ich hoffe, dass es Jagoda gelingt, Frank davon zu überzeugen,
dass wir auf alle Fälle irgendetwas gegen die Lawinenkatastrophen
der letzten Zeit unternehmen müssen. Jagoda wird diesbezüglich auch
Besprechungen mit Sekt.Chef Pahr vom Verfassungsdienst haben.
In der Ministerratsvorbesprechung berichtet Kreisky, dass er jetzt
auch auf kurzen Besuch nach Polen fährt. Sie, der polnische Minister-
präsident und er, haben beschlossen nicht grosse Staatsbesuche mehr
zu machen, sondern sich gelegentlich zu treffen. Cierankiewicz wird
24-0057
dann nach Österreich kommen, allerdings um einen Rehbock zu schiessen,
d.h. zu einem späteren Zeitpunkt. Zwischendurch wird Kirchschläger von
20.–24. Mai einen offiziellen Staatsbesuch in Polen machen. Kirchschlä-
ger hat einen diesbezüglichen Brief an die Regierungschefs gerichtet
und meint, man solle bestimmen, welche Minister ihn begleiten sollen.
Kreisky fragt an, ob ich fahren will, da ich feststelle, dass Bielka
durch eine Bemerkung, die nur ich höre, nicht goutiert, erkläre ich
sofort, dass ich nicht notwendig sei. Anschliessend setzte ich
Bielka auseinander, dass ich erwarte, dass er dies mit Kirchschläger
genauso freimütig bespricht, wie Kirchschläger dies seinerzeit mit
Jonas gemacht hat als dieser die Absicht hatte, mich nach Italien
und Frankreich mitzunehmen. Ich möchte unter gar keinen Umständen
an einem Staatsbesuch teilnehmen, wo nicht der Aussenminister davon
überzeugt ist, dass es zweckmässig ist, dass ich mehr oder minder
auch mitfahre. Bielka verspricht mir, dies mit seinem alten Freund
Kirchschläger zu besprechen und mir dann Bescheid zu geben.
Kreisky kommt auf die Zuckersituation zu sprechen und meint, dass die
Fabrikbesetzung eine ungeheure und einmalige Tat des Rübenbauernbundes
ist. Er ersucht mich, ob ich morgen im Ministerrat einen kurzen Bericht
über die Zuckersituation geben kann, was ich ihm sofort zu-
sichere. Am Abend mit Gewerkschaftern werde ich auch von Benya aufgefordert,
eine Darstellung der Zuckersituation zu geben. Momentan dreht sich
verständlicherweise alles um Zucker und da sich immer mehr heraus-
stellt, dass die Leute kaum richtig informiert sind, wird beschlossen,
dass ich eine dringliche Anfrage bei der nächsten NR-Sitzung am
Mittwoch bekommen werde, um eine umfangreiche UEarbeitung und Be-
handlung dieses Problems im Parlament zu sichern. Ich erkläre sofort,
dass der einzig richtige Mann, der die Details kennt, Heindl ist,
der die dringliche Anfrage auch dann begründen müsste. Robert Weisz,
Kreisky und Benya sind damit einverstanden.
Die Pottendorfer Textilwerke sind nach Mitteilung des Bürgermeisters
sehr gefährdet. Kreisky ist sehr erfreut zu hören, dass die Koordina-
tion der Aufträge der öffentlichen Hand jetzt endlich in Angriff ge-
nommen wurde, immerhin ist er scheinbar nicht gewöhnt, wenn er Wünsche
äussert, dass dann irgendetwas im Laufe von Wochen geschieht und meint
nur, wir sollten dieser Entwicklung unser besonderes Augenmerk zuwenden.
ANMERKUNG für Reim: Häuser hat von Pottendorf nichts gewusst, wahr-
scheinlich besteht auch gar kein Antrag, bitte mit Dinzl vereinbaren,
dass jede einzelne Firma, die gefährdet ist, mir sofort gemeldet wer-
den muss. Eine kurze Studie über die Pottendorfer, Vösendorfer, Tees-
dorfer und wie die ganzen anderen Textilfabriken heissen, anfertigen
lassen.
Kreisky bestätigt, dass das Verhalten des Handelsministers bezüglich
einer Prospektierungsgesellschaft in Kärnten richtig war. Er be-
fürchtet, dass jetzt immer mehr die Landeshauptleute und deren Stell-
vertreter, aus welchem Lager immer sie kommen, Bundeskompetenzen an
sich ziehen wollen. Falls solche Wünsche auftreten, soll man Kreisky
sofort informieren. Die Bundeskompetenzen müssen unter allen Um-
ständen gewahrt bleiben.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Soweit sie das Handelsministerium betreffen,
bitte in der Grundsatzgruppe einmal Überlegungen anstellen, wie
dies tatsächlich gesichert werden könnte und wo eventuelle Gefah-
ren bestehen.
Bielka ist davon überzeugt, dass es jetzt endlich gelingt, die
Restitutionsgüter in der Steiermark den Jugoslawen zurückzustellen.
Niederl ist bereit, sie jetzt endlich nach Wien zu senden, da er
sie nicht direkt den Jugoslawen überreichen möchte. Bielka hat ein
Kriegsarchivsammeldepot anlegen lassen, wo aus der Steiermark
und Kärnten diese Restitutionsgüter endlich registriert und dann
den Jugoslawen zurückgegeben werden. Ich kann mir wirklich nicht
vorstellen, dass es nicht vorher schon möglich war, bei der Koali-
tions- oder ÖVP-Regierung dieses Problem befriedigend zu lösen. Die
Tatsache, dass wir noch immer eindeutig von den Nazi verschleppte Güter
der Jugoslawen zurückhalten ist ein Skandal der international
furchtbares auslösen würde, wenn es bekannter wird, resp. wenn die
Jugoslawen damit wirklich internationale Organisationen beschäftigen.
Kreisky ist nicht davon sehr überzeugt, dass tatsächlich jetzt die
Steiermark und Kärnten diese Restitutionsgüter der Bundesregierung
zur Rückerstattung zurückerstatten werden. Er glaubt noch immer, dass
die Drohung, das wird ein zweiter Ortstafelstreit von einigen Steirern
ohne weiteres zu erwarten sei.
Mit Iran dürfte es jetzt doch gelungen sein, die 500 Waggons und die
50 Personenwagen erster Klasse für die SGP und die Jenbacher zu sichern .
Da dies die Beschäftigungslage auf längere Zeit garantiert.
Für die Verwaltungsakademie des Bundes muss noch immer ein Gebäude
gesucht werden. Die Gemeinde Wien erklärt sie hat keine Möglichkeit
ein solches zur Verfügung zu stellen. Andererseits wird von Kreisky
urgiert, dass endlich die Kasernen des Bundes, die in der Stadt
liegen, gegen andere Möglichkeiten abgetauscht werden sollten. Die
VÖEST hat jetzt vorgeschlagen, sie könnte Ersatzbauten verhältnis-
mässig billig und auf neue Bauweise zur Verfügung stellen. Während
Moser behauptet, die Bundesgebäudeverwaltung macht alles, um endlich
diese Kasernen los zu werden, teilt Lanc mit Recht mit, dass in Wien
genau das Gegenteil behauptet wird. Dort sagt man, die Bundesgebäude-
verwaltung ist nicht bereit, auch nur über vernünftige Lösungen zu
reden. Es ist unwahrscheinlich, wenn man einer Bürokratie etwas
überlässt und sich die Minister oder der Bürgermeister nicht persön-
lich einschaltet, dass dann nichts herauskommt, obwohl Kreisky dies
bereits vor Jahren vorgeschlagen hat.
Der Vorschlag von Brantl, die Besuchstage der Bundesregierung zu
organisieren, bedeutet, dass am Samstag Überstunden gemacht werden
müssen, die auch zu bezahlen sind. Dies soll angeblich eine schöne
Stange Geld kosten.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Wie weit sind die Vorbereitungen bei uns ge-
diehen und welche finanzielle Belastung würde dadurch anfallen.
Die Besprechung mit den Intellektuellen des 3. Bezirkes in der
Arbeiterkammer hat einen reichlichen Stoff durch die Wirtschaftliche
und politische Situation Österreichs. Ich kann dort wirklich mit
ruhigem Gewissen sagen, dass wir in jeder Beziehung gut abgeschnitten
haben. In der daran anschliessenden Diskussion wird dies auch im Grund
genommen festgestellt. Man erwartet nur, dass auch diese Regierung
viel mehr die marktwirtschaftliche Preiskomponente spielen lässt.
Wenn es Schwierigkeiten bei Zucker oder sonst irgendwie gibt, kann
man nur durch Preiserhöhungen diesem Problem Einhalt gebieten. Leider
bin ich nicht davon so überzeugt, dass wir hier mit entsprechenden
Preiserhöhungen bei knappen Mitteln das Problem wirklich so lösen
24-0060
können, dass die Bevölkerung dies akzeptieren würde. Ein Zuckerpreis
um 80 gr. oder vielleicht maximal um 1 S erhöht wird keinesfalls
die notwendige Entspannung bringen. Ich muss deshalb wahrscheinlich
auch dann noch die Beschränkungen bei einer Preiserhöhung eine Zeitlang
aufrechterhalten. Das selbe Problem wird auch eingehend diskutiert
am Abend und mein Hinweis, dass ich zuerst mit dem ÖGB und der AK mich
über den Rübenpreis einigen muss, bevor ich dann über die Ver-
braucherpreise konkrete Verhandlungen führe, wird mehr oder minder
zur Kenntnis genommen. Ebenso verweise ich darauf, dass ich jetzt
den Mehl- und Brotpreis regeln muss, da der Finanzminister keine
weiteren Mittel mehr zur Verfügung stellen kann. Benya ist über
diese Mitteilung nicht sehr glücklich und meint, darüber müsse man noch
reden.
Tagesprogramm, 20.1.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)