Samstag, der 8. März 1975

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Samstag, 8. März 1975

Bei der Eröffnung der Möbelmesse hat Komm.Rat Weinberger vom Möbel-
handel bei seiner Rede gefordert, der Bundeskanzler sollte jetzt
endlich, so wie dies in Deutschland der Fall ist, in die Lohnent-
wicklung eingreifen. Weinberger meinte, er sei optimistisch bezüglich
der bisherigen Wirtschaftsentwicklung gewesen, hätte alle Messe immer
prognostiziert, es würden gute sein, doch diesmal sei der Feber-Umsatz
um 40 % geringer und vor allem die Kostenentwicklung verheerend. Dazu
käme jetzt noch die Forderung der Bau- und Holzarbeiter von 20 %.
In Deutschland begnüge mach sich mit 6–7 % und dies sei durch den
Eingriff von Schmidt erreicht worden. Er fordere mich deshalb als
Protektor der Wirtschaft auf, ich sollte ebenfalls dafür eintreten,
dass auch unser Bundeskanzler dieser unverantwortlichen Lohnpolitik
Einhalt gebieten müsse.

Ich erwiderte sofort, dass das System, wie wir es in Österreich haben
wesentlich besser ist als dies in der BRD. Hier hätte der Gewerkschafts-
bund gegenüber jede Regierung erklärt, seine eigenständige Politik
zu machen und die Bundeshandelskammer als Sozialpartner hätte mit
dem ÖGB jedes Problem in ihrem autonomen Bereich bestens gelöst.
Von einem Eingreifen der Regierung halte ich gar nichts, sondern
ich würde jeder Regierung, von welcher Partei sie immer gebildet wird,
dringend abraten sich hier einzumischen.

Da ich diesmal kaum eine wirkliche optimistische Prognose stellen
wollte, ohne mich genau zu erkundigen, habe ich vor der Eröffnung
schon einige Firmen gefragt, wie sie die Situation beurteilen. Auch
während des offiziellen Rundganges versuchte ich, mir ein Bild zu
verschaffen. Soweit die Firmeninhaber mir nicht nach dem Munde reden
wollten und ich hoffe, dass dies die wenigsten tun, so ist die Situation
tatsächlich gespalten. Die einen behaupten, sie haben sehr gute Ge-
schäftsabschlüsse, dadurch, dass sie neue Modelle oder neue Systeme
entwickelt haben, die anderen meinen, es sei alles vorbereitet um
den grossen Nachfrageboom zu befriedigen und es kommen halt keine
Kunden. Damit ich einigermassen ein verlässliches Bild über die Kon-
sumgüterentwicklung in der nächsten Zeit haben werde, ersuchte ich
sowohl Hönel als auch Wais, die mich begleiteten, sie sollten dann am
Dienstag Abend recherchieren, wie das Geschäft läuft, um bei der
grossen Messe-Eröffnung für diese Sparte zumindestens eine verlässliche


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Prognose zu haben. Ich fürchte aber, dass in Wirklichkeit, wie wir
dies ganz allgemein feststellen können, durch die Unsicherheit der
Wirtschaftslage, wie sie die Leute aus den Massenmeiden immer wieder
erfahren, der Grund ist, dass sie mehr sparen anstelle wie dies in
vergangenen Jahren der Fall war, wenn sie Lohnerhöhungen oder Steuer-
senkungen in ihrem Lohnsackerl spürten, mehr auszugeben.

Die erste Besprechung mit dem marokkanischen Handelsminister Ghissassi
bezog sich prinzipiell auf sein Programm. Auch beim Essen und bei
der Rundfahrt in Wien sowie dem Besuch in Klosterneuburg war eigentlich
mehr allgemeinen Fragen gewidmet. Ghissassi hat erst ein Jahr das
Ministerium, obwohl er scheinbar vorher schon wesentlich andere Posi-
tionen innehatte, u.a. auch zwei Ministerien für öffentliche Arbeiten
und einmal für öffentliche Bauten. Interessant war, dass er sich auch
dafür interessiert, an welchen internationalen Tagungen in teilgenommen
habe. Scheinbar wollte er irgendwelche Anknüpfungspunkte. Er selbst
begibt sich ja unmittelbar nach Lima zu einer internationalen Tagung
und konnte deshalb meinem noch anstelle von Dienstag abends anzu-
reisen, Mittwoch vormittags die Messe-Eröffnung beizuwohnen, nicht
entsprechen. Da er bereits zwei Tage zu spät jetzt schon nach Lima
kommt. Bei der Messe-Eröffnng anwesend sein hätte bedeutet, dass die
Messe seinen Aufenthalt übernommen hätte.

Beim Ball der SPÖ Landstrasse traf ich Herrn Dvorak und Muliar, beide
Schauspieler, die sich ganz offen zur Sozialistischen Partei bekennen,
obwohl dies für sie immer schwieriger wird. Während 1970, ja sogar
auch in der Oppositionszeit viele neutrale Schauspieler sich bereit-
erklärten, für Kreisky einzutreten, fürchten sie, dass dies jetzt immer
weniger der Fall sein wird. Da es sich aber hier um Opinion Leader
handelt, ist diese Entwicklung sehr zu bedauern. Dvorak, der im ORF
ständiger Mitarbeiter ist, meint, dass auch dort die Reorganisation
eine grosse Unsicherheit gebracht hat. Ich kann mir genau vorstellen,
wie so mutige Exponenten der Partei in den Gremien, sei es ORF für Dvorak
oder Burgtheater für Muliar, solche sozialistischen Bekenner dann immer
für alles geradestehen müssen, auch dann wenn sie überzeugt sind, dass
man es besser machen könnte und gerne anders haben möchte. In diesem
Fall bin ich immer sehr froh, dass ich hier nicht für ein Ressort ver-
antwortlich bin, wo man in Bereiche eingreift, die von den Massenmedien
oder von der Bevölkerung ganz besonders beachtet und kritisiert werden
und wo Personalentscheidungen notwendig sind. Wer in eine Elektrizitäts-


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gesellschaft als Aufsichtsrat geschickt wird, ist verhältnismässig
problemlos gegen die Burgtheaterdirektionsbesetzung oder die ORF-
Kulturredaktion oder Unterhaltungsredaktion usw. Muliar hatte auch
einen deutschen Gast, einen Bonner Genossen, der für die Kultur
verantwortlich ist, mitgebracht und wir unterhielten uns ein wenig
über die zukünftige Entwicklung in Westdeutschland. Diese schaut für die
Partei gar nicht gut aus. Muliar war insbesondere froh zu erfahren,
dass nach Meinungsumfragen, wie sie wie Blecha mir sagt die Sozialisten
noch immer weit vor der ÖVP liegen. Wie Schleinzer deshalb immer
wieder behaupten kann, es ist jetzt schon Kopf an Kopf ist mir uner-
klärlich. Es sei denn, Blecha würde uns einen Schmäh erzählen, was
aber sicherlich nicht der Fall ist. Sowohl Dvorak als auch Muliar haben
selbstlos um des Kaisers Lohn und Dank auch entsprechende kurze Kabarett-
einlagen gebracht. Für das Publikum war es natürlich viel zu wenig
und ich selbst habe nur eines empfunden, sie hätten müssen unbedingt
eine Draufgabe geben. Leider waren sie dazu trotz des Applauses nicht
zu bewegen.

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Tagesprogramm, 8.3.1975




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