Freitag den 14. März 1975
Nach der Auszeichnung von Gen.Dir. Geist der ÖIAG, der übrigens
die erste österreichische Auszeichnung überhaupt erhielt, schade
daß ich dies nicht vorher wußte, besprach ich mit ihm und Grünwald
das Südafrika-Geschäft. Geist ist deshalb unglücklich, daß jetzt
bereits die Diskussion losgegangen ist, denn auch die anderen
Partner haben sich das Projekt noch nicht annähernd geeinigt.
Derzeit existieren 5 Varianten, von 1.9 Millionen Tonnen bis
3 Millionen Tonnen. Daher schwanken auch die Investitionen von
1.2 Milliarden Rand bis 1.5 Milliarden. Strittig ist auch ob
Brammen oder Knüppel erzeugt werden. Letztere braucht die VÖEST
und die anderen Teilnehmer wollen aber Brammen. Die VÖEST würde
400.000 jährlich brauchen um in Donauwitz ein neues Drahtwalzwerk,
welches 300.000 Tonnen jährlich benötigt und in Krieglach ein Röhren-
werk mit ca. 100.000 Tonnen zu beliefern. Die Frage der Rohstoffver-
sorgung liegt also ausschließlich bei zukünftigen Projekten und
Investitionen in weiteren Fertigungsbetrieben. Das Hauptproblem
liegt darin, daß die Kapitaldecke von der neu zu gründenden Gesell-
schaft Saldana mit 50 Millionen Rand sehr gering ist. Die VÖEST
würde davon 1/4, ca. 300 Millionen Schilling brauchen. Das Problem
ist die Haftung. Für Investitionslieferungen auf die mindestens
30 Milliarden Projekt würde die VÖEST 2 Milliarden Exportlieferungen
tätigen und dafür die Österreichische Kontrollbank Haftung über-
nehmen. Dann kommen aber noch weitere Haftungen von bis 6 Milliarden
Schillinge, da eine Abnehmerhaftung von den Gesellschaften gegeben
werden muß. Der Vorteil wäre nur, daß der Erzpreis 40 % billiger
sein würde als der Weltmarktpreis, das hat man den ausländischen
Interessenten von der Regierung zugesagt und daß man gleichzeitig
auch Kohle sicherer hat als in irgendwelchen anderen Regionen.
Die VÖEST wäre mit 26 % beteiligt und Iskor, das ist der südafri-
kanische Stahlkonzern mit 51 %, Glöckner Deutschland 7.5, Estel 7 %,
Finsider Italien 7 %. Grünwald hat deshalb vor etlichen Monaten
schon vorgeschlagen man soll gegebenenfalls den VÖEST-Anteil auf
eine Größe reduzieren, wie es auch größere ausländische Firmen
Finsider, Glöckner usw. haben, nämlich 7-8 %. Kreisky hat damals
auch diese Idee abgelehnt und auch die VÖEST-Leute waren davon
nicht sehr begeistert. Eine Arbeitsplatzgefährdung ist also wenn
das Geschäft nicht zustande kommt nicht zu erwarten, da auch die
Edelstahlindustrie für die 500.000 Tonnen die jetzt rationell von
einer Betriebsgesellschaft erzeugt werden sollen, müßten mindestens
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5 Milliarden Schilling investiert werden. Wenn Österreich seine
Edelstahlindustrie in dem Spitzenfeld halten will, wie es jetzt
der Fall ist, muß diese Investition durchgeführt werden. Außerdem
bringt Edelstahl viel größere Erlöse, 20.000 Schilling pro Tonne
gegenüber 2 – 3.000 Schilling von Massenstahl, den die VÖEST-Alpine
erzeugt. Ich selbst bin am unglücklichsten, daß diese Diskussion
jetzt von der außenpolitischen Seite Kreiskys aufgezogen und damit
in ein ganz falsches Licht gerückt wurde. Bei den Algeriengas-
Finanzierungsprojekt haben wir eine ähnliche Situation vorgefunden
und haben dies viel besser gelöst. Dort haben wir gewartet bis die
Deutschen und die Schweizer auch ausgesprungen sind weil die Finan-
zierung so schlecht war und haben uns dann dem nur angeschlossen.
Obwohl auch von Anfang an klar war, daß der Finanzminister und die
Banken die notwendige Unterstützung für das Algeriengasprojekt
nicht geben können. Warum man unbedingt der Erste sein muß und dann
die ganze Schuld und die Öffentlichkeit gegen sich bekommt, ver-
stehe ich nicht.
Generaldirektor Seidl von der Lenzinger ruft mich verzweifelt an
und teilt mit, daß er jetzt erfahren hat, daß in Südafrika seine
Kontrahenten sich überhaupt nicht mehr rühren. Er exportiert
von der 1 Milliarde die wir nach Südafrika liefern, 200 Millionen,
das sind 16 % seiner Produktion. Wenn dies ausfällt und es ist wahr-
scheinlich, daß die Südafrikaner wegen der Stahlfrage so verärgert
sind und bei den Japanern kaufen, ist dies für seine Firma eine
Katastrophe. Zum Glück kann ich ihm sagen, daß ich vor längerer
Zeit, bevor die große Diskussion angefangen hat, Mussil davon
warnte aus der ganzen Angelegenheit ein Politikum zu machen. Leider
wurde dies nicht beachtet und heute stehen die ganze Zeitungen voll
mit Artikeln, obwohl noch gar nichts entschieden ist. Die ÖVP
glaubt und dies nicht vielleicht ganz zu Unrecht, ein gutes Politikum
bei dieser Sache zu erreichen und schießt aus allen Rohren. Seidl
wird diesbezüglich deshalb mit Mussil reden.
Meszaros, Frank und Gehart explizieren mir den neuen Energie-
sicherungsversorgungsgesetzentwurf. Meszaros, d.h. die ÖMV
hat sich restlos durchgesetzt, was mich an und für sich nicht
stört. Da die Zeit zu kurz ist zu einer einvernehmlichen Regelung
vor Aussendung des Entwurfes in die Begutachtung zu kommen, den
umgekehrten Weg gehen. Ob Frank jetzt nicht einen Entwurf vorgelegt
der die Interessen der nationalen Ölgesellschaft 100 % fast Rechnung
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trägt, dann wäre der Widerstand der Internationalen bei der
Begutachtung und ich werde Punkte berücksichtigen müssen zu
dem Ergebnis gekommen, daß vielleicht dann ein zu abgeschwächter
Entwurf ins Parlament gekommen wäre. In den Gesetzentwurf der
so perfektionistisch, daß ich fast Angst habe, gelang mir nur im
letzten Moment eine Bestimmung herauszunehmen, daß die Kosten für
Überprüfungen von Energieumwandlungsanlagen der Betreffende zu
zahlen hat. In diesem Fall hätte jeder Ofen der von Landeshauptleuten
geprüft werden wäre, den Ofenbesitzer eine neue Gebühr aufgebrummt.
Ein Kontrollapparat, wo die Rauchfangkehrer als Vorbild dienen, diese
aber weit übertroffen worden wären, wäre sicherlich die Folge ge-
wesen. Ich habe deshalb vorgeschlagen einen vorhergehenden Paragraph,
den letzten Absatz, wo über die Kontrolle steht, daß der Landeshaupt-
mann eine solche machen kann, als eigenen § 60 zu nominieren damit
nicht der ganze Entwurf umgeschrieben werden muß. Hier habe ich
wieder einmal ein gutes Gefühl gehabt, denn man erklärte mir dann
rundwegs es sei unmöglich überhaupt einen Paragraph herauszunehmen,
da bereits die Entwürfe abgezogen sind. Hätten wir also statt der
einen Seite die restlichen Seiten alle austauschen müssen, wäre
es sicherlich zu einem Aufstand im Hause gekommen. Auf was man
alles manchmal Rücksicht nehmen muß, ist unbeschreiblich.
Dir. Hautzenberg von der ÖDK zeigt mir die Feasibility Study die
die ÖDK ausgearbeitet hat. Sie möchte den 300-MW-Block so schnell
als möglich in Voitsberg III in Angriff nehmen. Dies ist auch meine
Absicht, da wir gerade in diesem Bezirk dringend jetzt einen
größeren Auftrag brauchen.
Inthal, der Betriebsratsobmann von der ÖDK, möchte, daß wir
das Kontaktkomitee einberufen. Die Verbundgesellschaft müßte
jetzt nach seiner Meinung nach ebenfalls reorganisiert werden.
Der Personalplan den er verlangt hat und bis jetzt nicht bekommen,
würde zeigen, wie auch dort eine Überbesetzung festzustellen ist.
Außerdem soll der Aufsichtsrat geändert werden und die Belegschafts-
vertreter wünschen mehr Einfluß. Dies gilt übrigens auch für den
Aufsichtsrat der ÖDK, wo Inthal mir erklärt, sie werden in Hin-
kunft einen Vizevorsitzenden stellen wollen. Der derzeitige Vor-
sitzende Werner spricht sich jetzt in der letzten Zeit mit den
Betriebsräten und Belegschaftsvertretern sehr schlecht und deshalb
wollen sie, daß er nicht mehr der Fraktionssprecher wird, sondern
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Landeshauptmannstellvertreter Frühbauer, wollen sie, daß im
Aufsichtsrat die sozialistische Fraktion gestärkt wird, damit
der Vorsitzende Werner nicht die Dirimierung braucht, wo große
Schwierigkeiten entstehen, weil sie ihm meistens dazu zwingen müssen
Da jetzt im Aufsichtsrat zwei VP-ler automatisch zurücklegen, näm-
lich Frey und Haas, beide Bundesmandate sollte nur in Hinkunft nur
eines davon besetzt werden. Ich erkläre Inthal, daß dies nur dann
geht, wenn die ÖVP daraus nicht eine ausgesprochen Kampffrage
macht. Da gleichzeitig auch die Personalfrage bezüglich der Vor-
standsverlängerung Kugler und dessen Stellvertreter zur Diskussion
steht, fürchte ich, daß die ÖVP wirklich überfordert ist. Inthal hat
sich vorgestellt, daß eine Verlängerung Kuglers nur dann in Frage
kommt, wenn gleichzeitig Steiner sein Nachfolger wird. Stadtrat
König in der Klagenfurter Gemeinde, höre ich aber, möchte auch doch
aus der Politik wieder ausscheiden. Dies würde bedeuten, daß dann
die Nachfolge Kuglers nicht so eindeutig läuft. Der dritte Kandidat
Klinger, der jetzt die Buchhaltung führt, wird angeblich von den
ÖAAB-lern nicht ernst kandidiert. Das Ganze hat Inthal hat von
einem Lasnig, ÖAAB-Mann, der derzeit allerdings keine Funktion hat,
wohl aber die graue Eminenz sein soll. Intal möchte bei der Ge-
legenheit gleich das Personalreferat reorganisieren. Dr. Rode geht
Ende 1975 in Pension und dafür möchte er, daß Dr. Krassnitzer ein
VP-ler, der in 3 Jahren in Pension geht, nachrückt. Dafür soll
Turner das Sozialreferat und die Stellvertretung bekommen, so daß
automatisch nach 3 Jahren dann der Turner der Personalreferent ist
und dann automatisch ein ÖVP-Mann die Sozialbetreuung hat. Solange
Krassnitzer noch Personalvertreter ist, soll Personal von Kugler
weggenommen und beiden Vorstandsdirektoren unterstellt werden.
Dies ganze ist eine sehr komplizierte und umfangreiche Änderung
und ich fürchte, daß die ÖVP nur zu einzelnen Schritten bereit ist.
Ideal wäre, wenn jetzt endgültig die Nachfolge Kuglers bestimmt
wird und dies womöglich auf Steiner fällt, weil dann die anderen
Probleme nicht unter einem gewissen Druck verhandelt werden könnten.
Wenn die Personalabteilung befriedigt gelöst wird, würde ich auf
alle Fälle auf Änderung des Aufsichtsrates im jetzigen Zeitpunkt
verzichten. Ich habe Inthal klar und deutlich gesagt ich halte es
nicht möglich, daß jetzt innerhalb eines Jahres alles das geändert
wird, was man vorher 4 Jahre vollkommen unverändert gelassen hat.
Solange Frühbauer das Referat geführt hat, waren scheinbar
diese Wünsche überhaupt nicht berücksichtigt oder im entferntesten
diskutiert werden. Jetzt soll man alles auf einmal erledigen.
Ich habe Inthal auch drauf aufmerksam gemacht, daß weil er sich
gegen eine Erhöhung der Aufsichtsratsgebühren ausgesprochen hat,
ich dies ich nicht beabsichtige zu tun. Wohl aber wird es notwendig
sein im Zusammenhang auch mit der Änderung der Bezüge der Direktoren
von mir schon angedeutet, die gesamten Gehaltsschema und Gehalts-
probleme einer Neuregelung zuzuführen. Der Lohntangentenanteil
in der Elektrizitätswirtschaft steigt dauernd und es ist unmöglich
diese Entwicklung fortzusetzen. Da Lohnerhöhungen und Gehaltser-
höhungen immer kommen werden, muß eben durch Rationalisierung und
Reorganisierung die Lohntangente auf diesem Weg gedrückt werden.
Dazu dient auch die Zusammenführung der Enns mit der Donau. Be-
züglich der Tauernkraftwerke schlägt Inthal vor, sollte man die
Nachfolge Nyvelt jetzt endgültig besprechen. Er hat gehört, daß
man Perl von der Verbund für diesen Posten vorsieht, wo er größte
Bedenken hat. Ich beruhige ich insoferne, daß ich sage, Perl ist
zwar ein guter Genosse, aber für diesen Posten ist Mayer von Bre-
genz vorgesehen. Ein Vergleich, den er anstellen will, wo er mir
nachher gesteht, daß man auch abgepakelte Politiker nicht in die
Elektrizitätswirtschaft bringen soll, er spielte hier sicherlich
an Fridl, O.Ö., an, halte ich entgegen, daß Mayer Fachmann ist, aus
der Elektrizitätswirtschaft kommt und genau der richtige Mann
gegen Kandolf auch von der politischen Seite her.
ANMERKUNG für GEHART: Bitte alle Punkte fürs Kontaktkomitee vor-
bereiten und Tagesordnung darüber ausschicken.
Die Veranstaltung im Renner-Institut von Klagenfurt war gut be-
sucht und hat auch eine sehr interessante anschließende Dis-
kussion gegeben. Anschließend kamen natürlich Intervenienten,
interessant war Prof. Jungfer, der Besitzer der Bären-Batterie,
der angeblich Bundesheeraufträge jetzt nicht mehr bekommt, weil
er in Grenznähe sich befindet. Ich habe ihm zugesagt ich werde mit
Lütgendorf darüber reden.
ANMERKUNG für REIM: Bitte Branchenreferat befragen, was es davon
weiß.
Tagesprogramm, 14.3.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)