18.5.
Pfingsten 1975
Die Besprechung mit Heinz Fischer hat ergeben, dass die SPÖ keine
Fristsetzung des Energiesicherungsgesetzes macht. Zuerst hatte
Heinz Fischer mir erklärt, es bestünde die Möglichkeit, dass die
nächste Präsidialsitzung gemeinsam mit der Fristsetzung für das
Einkommensteuergesetz, Parteienfinanzierung auch das Energiesicherungs-
gesetz beschliesst. Eine rationelle Spitzenbesprechung, ich weiss
nicht wer aller dabei war, auf alle Fälle Benya, Robert Weisz und
Heinz Fischer, hat dann eine andere Taktik ergeben. Wenn die ÖVP näm-
lich bei der Parteifinanzierung, d.h. den Subventionen die gegeben
werden, im Finanz- und Budgetausschuss nicht bereit ist die Ein-
kommensteuernovelle, welche die Steuerfreiheit von Parteispenden
vorsieht, auf die Tagesordnung zu setzen, dann wird ein eigener
Antrag des Finanz-und Budgetausschusses gemacht und in diesem Antrag
wird zum Parteifinanzierungsgesetz angehängt die Steuerabzugs-§
der Einkommensteuer. Eine solche technische Möglichkeit, sie ist zwar
nicht sehr schön, gibt es; mit dieser Regelung kann man also auf
der einen Seite die Subventionen der Partei beschliessen. auf der
anderen Seite dann im Anhang sozusagen auch das Einkommensteuergesetz
novellieren. Aus diesem Grund hat man sich dazu durchgerungen,
eine Terminisierung von keinem Gesetzentwurf mehr von der ÖVP zu
verlangen. Ich setzte Heinz Fischer auseinander, dass damit wahr-
scheinlich die ÖVP nicht mehr bereit sein wird, in dieser Legislatur-
periode tatsächlich das Energiesicherungsgesetz zu beschliessen.
Die ÖVP wird einem Unterausschuss zustimmen, der Unterausschuss wird
auch seine Arbeit aufnehmen, den Unterausschuss werden ständig
Schwierigkeiten gemacht werden, das Gesetz ist ja auch sehr umfang-
reich, und entweder wird dann sofort von uns nachgegeben und nur
die wichtigsten Bestimmungen versucht zu retten, die kaum über das
notwendigste hinausgehen wird, oder die ÖVP wird so lange mit dem
Gesetz im Unterausschuss Detailfragen besprechen, bis eben die
Juli-Sitzung vorüber ist. Die einzige Überlegung die ich jetzt
anstelle, ist, ob es nicht zweckmässig ist, auch die Ratifizierung des
Vertrages auf die neue Legislaturperiode hinüber zu schieben.
Hier habe ich leider nicht die Kompetenz, sondern die liegt ja beim
Aussenminister. Ich werde aber diesbezüglich mit Bielka sprechen.
Ich bin überzeugt, dass die ÖVP auch einen solchen Vorgang gut-
heissen würde. Sie hat heute sicherlich gar keine Interesse mehr,
wie dies seinerzeit die Handelskammer so dezidiert verlangt hat,
dass wir wirklich jetzt schon der Energieagentur beitreten.
Brantl, der einen Artikel für die Salzburger Nachrichten schreiben
muss, und dem ich über den Vorgang, wie ihn Heinz Fischer mir ge-
schildert hat bei meinem Besuch bei ihm, informierte, war ein wenig
erschüttert. Er meinte mit Recht, vielleicht habe ich mich zu wenig
für diese ganze Frage engagiert. Andererseits allerdings darf man
nicht vergessen, dass dieses Gesetz nur mit 2/3-Mehrheit beschlossen
werden kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man die öffent-
liche Meinung für die ganzen Lenkungsmassnahmen die wir ergreifen
müssten können, mobilisieren kann. Da ich mir von allem Anfang klar
war, dass der Gesetzentwurf wie wir ihm vorgelegt haben, unter gar
keinen Umständen die ÖVP Zustimmung bekommt, bin ich eigentlich
auch über die Vorgangsweise nicht allzusehr erschüttert. Für mich
war dies ja doch mehr oder minder eine Alibi-Handlung. Wenn man
will, dieselbe Vorgangsweise wie bei dem allumfassenden Preisgesetz.
Da die ÖVP zustimmen muss, müsste ich eigentlich vorher versuchen
einen Akkord zu erreichen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Dort
wo ich allein entscheiden könnte, wie z.B. Gewerbeordnung, versuche
ich Monate, ja jahrelang einen Konsens zu erreichen. Dort wo ich
nicht entscheiden kann, weil ich die Stimmen der ÖVP brauche, lege
ich radikalere Forderungen vor, wissend dass die ÖVP dies auf alle
Fälle ablehnt. In der Öffentlichkeit spielt es aber meiner Meinung
nach gar keine Rolle. Die Öffentlichkeit hat weder über das allum-
fassende Preisgesetz, noch beim über die Ergebnisse die mehr als
mager gewesen sind, der § 3b kann doch kaum administriert werden,
sich nur dafür interessiert, geschweige dem aufgeregt und irgend
eine bedeutende Entscheidung verlangt. Man soll Gesetze, die nicht
unmittelbar den Einzelnen berühren und von denen er ständig mehr oder
minder beeinflusst wird, glauben, dass die auch nur im entferntesten
in der Öffentlichkeit oder bei der Bevölkerung ein grosses Interesse
erwecken. Hätte die öffentliche Meinung, also die Presse, das
Fernsehen und Radio nicht so sehr über die Strafrechtsreform als
gesellschaftspolitischer Faktor berichtet, kein Hund hätte sich
darum gekümmert. Dasselbe gilt übrigens auch von der Familienrechts-
reform. Nur wer unmittelbar davon betroffen ist, hat eventuell ein
Interesse an dieser Bestimmung die für ihn zutrifft. Anders sieht
dies natürlich bei Steuergesetzen aus, wo er ununterbrochen zahlt,
oder nicht zahlen muss. Trotzdem glaube ich wird es notwendig sein
die Taktik zu überlegen. Vielleicht ist meine Konsenspolitik
falsch, vielleicht muss man überhaupt wesentlich mehr grundsätzliche
26-0616
Probleme mit Grundsatzgesetzen in Angriff nehmen.
ANMERKUNG für WANKE: Was sagt die Grundsatzgruppe zu diesen grund-
sätzlichen Überlegungen.