Sonntag, 1. Juni 1975
Beim Mittagessen mit einigen Regierungsmitgliedern und Kreisky
kam natürlich die Diskussion auch auf die wirtschaftliche Lage
zu sprechen. Firnberg und ich versuchten Kreisky über den Lebenshaltungs-
kostenindex aufzuklären. Firnberg behauptete, dass jeder neue Index
auch wenn er noch so viele Positionen umfasst, kaum ein anderes
Bild geben wird als die alten mit geringeren Positionen. Kreisky
nahm mit Befriedigung zur Kenntnis, dass der neue Index trotzdem
er mehr Positionen beinhalten wird, weniger steigt als der derzeit
gültige. Dies ergibt sich aus der anderen Gewichtung. Das wirkliche
Problem und hier war ich im Gegensatz zu Kreisky liegt aber darin,
dass solange die Preise wie jetzt am Rohstoffsektor, am Halbfabrikate-
Sektor und ganz besonders aber bei Fertigprodukten für den Produzenten
fallen, dies scheinbar für die Regierung gut ist, in Wirklichkeit aber
damit die erwartete Konjunktur weiter hinausgeschoben wird. Das
Fallen der Preise bedingt, dass die Unternehmer geringere Gewinn-
erwartungen haben, dass sie dadurch selbstverständlich weniger inve-
stieren und damit der Konjunkturaufschwung nur verzögert wird. Mein
altes Motto: regelmässig und mässige Preissteigerungen, ist wahr-
scheinlich wirklich die Voraussetzung für einen kontinuierlichen
Konjunkturanstieg.
Mit Gen.Dir. Himmer von der Porsche AG, den ich kurz in seinem Land-
haus am Obertrumer See besuchte, erkundigte ich mich über die Si-
tuation am Automarkt. Himmer bestätigte mit, dass die ersten drei
Monate sehr gut waren, dann aber im April/Mai es wesentlich schwächer
wurde. Der aus dem ersten Quartal sich ergebende Aufschwung ist auch
nicht eingetroffen. Allerdings hat er derzeit selbst bei dem Käfer
Lieferzeiten von 4 Monaten. Ich bekam hiermit wieder einmal bestä-
tigt, dass die Deutschen durch ihre Gründlichkeit, Schmücker hatte
ja 25.000 Arbeiter erklärt müssten abgebaut werden und die Produk-
tion eingeschränkt, sodass jetzt gar nicht mehr ausgeliefert werden
kann resp., was ich vielmehr glaube, durch die politische Absicht
dieser Massnahmen gegen die SPD-Regierung mit dazu beigetragen,
dass die Konjunktursituation in der BRD sich noch nicht so verbessert
hat, wie es wahrscheinlich möglich wäre. Ich erwarte auch, dass einige
Unternehmen im September eine ähnliche Politik in Österreich machen
werden. Wenn wir nicht bis dorthin durchgestartet haben, werden sie,
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wie ich hoffe nur vereinzelt, Massnahmen setzen aus politischen Gründen,
die man der Regierung anlastet. Das typischeste Beispiel war 1966
als die ÖVP gewann, dass die Firma Heiru in einem Rundschreiben er-
klärte wegen des Wahlerfolges ist er bereit den Arbeitern eine 10 %-ige
Lohnerhöhung zuzugestehen.
Himmer beschwerte sich bei mir, dass die Tufting-Produktion, wo Porsche
ebenfalls eingestiegen ist, durch das Verhalten von Wilhelm – Eybl-
teppiche keine Vereinbarung, wenn notwenig sogar ein offizielles
Kartell zustande kommt. Die Produktion ist jetzt sehr gedrückt und
die Preise katastrophal. Deshalb hat auch er sich entschlossen, eine
Absatzorganisation zu schaffen. Dies hat den Obmann der Sektion Handel
Komm.Rat Schönbichler veranlasst, ein Rundschreiben herauszugeben,
wo er darauf hinweist, dass die grösste Importorganisation die Händler-
organisation nämlich Porsche jetzt den Handel ausschaltet und er stellt
den Mitglieder anheim, auch bei der Handelsorganisation Porsche eben
keine Autos mehr zu kaufen. Himmer war darüber sehr erzürnt, auch ich
finde die Vorgangsweise einmalig. Ich habe Himmer vorgeschlagen, wenn
er mir einen diesbezüglichen Brief schreibt, bin ich gerne bereit, die
ganze Frage offiziell bei der Handelskammer zur Sprache zu bringen.
Er wird dieses Problem mit Frau Piëch besprechen.
Androsch berichtete mir andeutungsweise von der Pariser IEA-Besprechung.
Herausgekommen ist natürlich nichts, ausser dass man sich jetzt in
einem besseren Klima befindet, da die Franzosen und die Amerikaner schein-
bar nicht mehr auf Kollisionskurs stehen.
Präs. Ford und Sadat wurden uns vorgestellt und interessanterweise hat
sich gar niemand so gerissen, mit denen unbedingt ins Gespräch zu
kommen. Ford blieb bei Firnberg und Leodolter stehen, wahrscheinlich
weil sie unsere zwei Frauen in der Regierung sind und ich stand zufäl-
lig daneben. Was sollte ich mit ihm daher andres sprechen als dass
ich einlud, er möge in Österreich einmal einen Skiurlaub verbringen.
Er erklärte sofort, Kreisky hätte ihn zur Olympiade eingeladen, lehnte
auch gar nicht hundertprozentig ab sondern erkundigte sich über die Ent-
fernungen von Salzburg nach Innsbruck und von den Skigelegenheiten usw.
Natürlich bin ich überzeugt ist das nur ein unverbindliches Gespräch,
propagandistisch kann man es aber vielleicht einmal verwenden.
Am Tisch sass ich mit dem Kabinettchef von Präs. Sadat und dem neuen
ägyptischen Botschafter. Ich erinnerte diesen, dass sein Vorgänger
erklärt hat, wir sollten die Follow-up-Gespräche und insbesondere
Geschäfte im einzelnen durcharbeiten und ich nichts mehr von ihm ge-
hört habe. Den offiziellen Antrittsbesuch, sagte ich sofort, könne er
sich ersparen, wir kennen uns jetzt ja und er soll gleich mit konkreten
Wünschen kommen. Unser Botschafter in Kairo, Maschke, war ebenfalls an-
wesend und erklärte mir nachher, dass der Planungsminister die Absicht
hätte, nach Österreich zu kommen. Er drängt sehr darauf.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte kläre, wie wir mit Ägypten jetzt weiter
verfahren sollen.