Dienstag, der 1. Juli 1975

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Dienstag, 1. Juli 1975

In der Ministerratsvorbesprechung erörtert Kreisky seine Rede zur
Wirtschaftslage, die er im Parlament halten wird, und meint, sie würde
sehr pessimistisch sein, denn dazu sei jeglicher Grund. Die Verstaat-
lichte, aber auch die Privaten hätten eine sinnlose Überbeschäftigung,
und würden nun die Arbeitskräfte freistellen. Bei der Aufnahme der
Arbeiter und Angestellten hätten sie sich überhaupt nicht nach be-
triebswirtschaftlichen oder gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten
verhalten, sondern des Management sei überall untüchtig, hätte
sinnlos Leute angestellt. Jetzt bei der wirtschaftlichen Schwierig-
keit müsse der Staat, d.h. die Regierung die Verantwortung für die
Entlassung und Kündigung übernehmen. Die Steyr-Daimler-Puch hätten
ein Riesenlager von 1.100 LKWs und Traktoren. Das neue Management
meint, der Betrieb sei nur zu retten, wenn man preisliche Kosten
reduziert und wenn 100 entlassen werden.

Bielka teilt mit, dass Tunesien 500 Traktoren kaufen wollte und dass
man nur 300 geliefert hat. Die Steyr-Daimler-Puch meint sie hätte
in Summe schon 4000 Traktoren nach Tunesien geliefert und 2000 Pumpen,
dass aber der Preis jetzt so schlecht sei, da International Harvest
durch die Pfundabwertung so billig liefern kann. Die Preissituation
ist bei Steyr-Daimler-Puch so, dass Feichtinger der neue Vorstands-
direktor erklärt, bei 870.000 Schilling des LKW ist er um 150.000
Schilling zu teuer. Der derzeitige Generaldirektor Rabus möchte
seinen Vertrag verlängert, Kreisky ist aber absolut dagegen.

Mittwoch, den 9., wird für 16 Uhr eine längere Ministerbesprechung,
um mit der Personalpolitik uns klarzuwerden, angesetzt. Kreisky will
verhindern, dass das Lehrlingsproblem sich noch verschärft wenn Post
und Bahn, d.h. also auch der Staat jetzt nur jammert und keine Lehr-
linge einstellt. Von Wenzl hat er einen geharnischten Brief bekommen,
da die Lehrplätze in Oberösterreich nicht zur Verfügung stehen die
die Schulentlassenen brauchen.

ANMERKUNG für WAIS und WANKE: Den regionalen und branchenmässigen Lehr-
lingsunterbringungsplan erstellen.

Wagner hat gegen die Mautgebühr der Südautobahn einen geharnischten
Brief geschrieben. Die Zeitungen, Kronenzeitung und Kurier haben


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nachdem die Parteien keine Finanzierung bekommen, ihre Annoncen-
gebühr wesentlich erhöht. Die Südautobahn-Diskussion soll der
Kronenzeitung neue Leser in der Steiermark erschliessen, gleich-
zeitig nützt sie jede Gelegenheit um selbst ihre Gewinnsituation
zu verbessern.

Die ÖBB braucht zusätzliche neue Elektroloks und möchte die Tourista,
die von Brown-Boveri, Elin und Siemens um 20% teurer verkauft werden
als von der ASEA, oder die alte Reihe 1042 weiterbestellen. Ganz
klar war mir bei dieser Bemerkung nicht, was Kreisky wirklich beab-
sichtigt. Lanc hat sich nicht gemeldet.

ANMERKUNG für REIM: Bitte feststellen, was unser Branchenreferat über
die Problematik weiss.

Ziesel vom Fernsehen will ein Interview von Kreisky über die Ergeb-
nisse im Köflacher Bezirk. Kreisky verlangt jetzt von allen Ministern
die entsprechenden Unterlagen. Er war sehr verwundert zu hören, dass
das Handelsministerium ihm bereits, nachdem er den Wunsch gestern
geäussert hat, heute die Unterlagen schon geliefert bekam. Neuerdings
machte ich Kreisky darauf aufmerksam, dass die WTK noch immer nicht
die Kalkulationen über die Kohlen für Voitsberg III geliefert hat.
Kreisky meinte dieses Management wolle sich auch vor der Verant-
wortung drücken und gebe deshalb weder ihm noch sonst jemand die
Unterlagen. Vielleicht ist dies vom Wahltermin aus gesehen gar nicht
so schlecht. Jetzt kann sich Kreisky, aber auch mehr oder minder auch
ich, auf die WTK, wenn ich hart attackiert werde, ausreden. Da ich be-
reits einigemale urgiert habe, sehe ich eigentlich keine Veranlassung
dies neuerdings zu tun. Dies umso mehr als die WTK ja als verstaat-
lichter Betrieb Kreisky untersteht und nicht mir. Häuser bringt
Nachmittag seinen Bericht über die Arbeitsmarktsituation in dem Be-
zirk und die ist wesentlich besser als Kreisky, aber auch ich erwartet
habe.

ANMERKUNG für REIM: Bitte vom Sozialministerium immer kritische Be-
zirke speziell analysieren lassen.

Vom Kupferbergbau Mitterberg nuschelt Kreisky, dies sei erledigt. Da
ich weiss, dass die Salzburger gegen eine Stillegung ganz entscheidend
protestieren, die ÖIAG aber keinerlei weitere Mittel mehr zur Verfügung


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stellen möchte, werde ich aus dieser Bemerkung nicht klar.

ANMERKUNG für REIM: Reiter muss einen Brief oder eine Unterlage be-
sitzen, bitte beschaffen.

Die OPEC, hätte Kreisky erfahren und auch Bielka sei davon informiert,
baut oder kauft in Wien ein grösseres Gebäude. Damit ist erwiesen,
zumindestens für Kreisky, dass sie in Wien bleibt.

Eine längere Debatte typisch Kreisky'scher Art, ergibt sich wegen der
Möglichkeit, ob die UNO-Soldaten wählen können. Ein Soldat hat ihm
einen Brief geschrieben und er ist auf die Idee gekommen ein Charter-
flugzeug von der Regierung zu bestellen und mit einem Unkostenbeitrag
von 100 bis 200 Schilling die
UNO-Soldaten am Wahltag nach Österreich zu bringen. Innenminister,
Aussenminister und vor allem Lütgendorf versuchen ihm die Schwierig-
keit klarzumachen. Kreisky ist von dieser Idee aber so begeistert, dass
er ernstlich glaubt, der Abschnitt könnte von anderen UNO-Truppen
in der Zwischenzeit besetzt werden und die 860 Mann, oder zumindestens
ein Grossteil davon könnten von Israel und Zypern nach Wien geflogen
werden. Lütgendorf meint kurz und prägnant, die Idee sei politisch sehr
gut, aber nur undurchführbar. Das ganze will Kreisky strengst ver-
traulich behandelt haben, über die weitere Entwicklung bin ich sehr
gespannt.

Im Ministerrat verlangt Weihs eine Protokollberichtigung, weil ihn
auf der Schwedenreise 3 Herren und nicht wie im Protokoll vorgesehen
2 begleiten. Kreisky macht neuerdings darauf aufmerksam, dass die
75% Reisequote nach wie vor aufrechterhalten ist. Androsch berichtet,
dass 4.4 Milliarden Konjunkturausgleichsbudget ein Gesetzentwurf
im Nationalrat eingebracht wird um im Herbst die notwendigen finan-
ziellen Mittel für eine weitere Wirtschaftsbelebung zu besitzen.

Lütgendorf berichtet, dass von 104 Millionen Dollar UNO-Schulden
für den Heereseinsatz 32.5 Millionen jetzt refundiert wurden. Für die
Winterausrüstung der UNO-Soldaten hätten wir 2.5 Millionen Dollar be-
kommen. Kreisky ist glücklich, da man jetzt endlich in der Öffent-
lichkeit sagen kann, dass zumindestens die materiellen Aufwendungen
Österreichs dadurch nicht so hoch sind. Von seinem Italienbesuch be-
richtet Lütgendorf, dass er mit der Firma Selenia und den italienischen


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Heeresstellen verhandelt habe, damit Radarnetzteilgeräte über die
österreichische Firma Schrack resp. durch deren Einschaltung geliefert
werden sollen. Auch die Waffenfabrik Beretta sei bereit Teilfertigungen
an Steyr-Daimler-Puch zu geben. Wegen Major Reder hat er ebenfalls
interveniert. Hier meint Kreisky, es sei leider alles vergebens, denn
selbst Bundeskanzler Schmidt, der die 2 Milliarden Dollar Kredit den
Italienern gegeben hat, hat dort versucht und selbst bei dieser Ge-
legenheit kein befriedigendes Zugeständnis bekommen.

Die Erklärung von Kreisky und Androsch war 1 1/2 Stunden, weshalb ich
zum Pressefrühstück zu spät kam. Koppe war mit den Männern des Ener-
giesparen erschienen, die Arbeitsgemeinschaft für Produktionsförderung
die neu gegründet wurde, berichtete gerade über die Papiersituation.
Derzeit liegen 20.000 Tonnen auf Lager, gegenüber 4.000 normal.
80 Schilling kostet die Tonne jetzt auf Anfrage eines Journalisten von
einem Direktor mitgeteilt. im Inland und um 40 Schilling kann man jede
Menge jetzt importieren. Koppe schickte mir einen Zettel, dass ist
keine Pressekonferenz, sondern eine Volksbildungsveranstaltung die
Journalisten verscheucht. Harte Fakten, oder absagen. Tatsächlich
waren l/2 Dutzend unbedeutende Journalisten erschienen, dafür ein
Dutzend Zuhörer, Gewinnpreisträger, Direktoren oder Beamte.

Das Pressefrühstück muss, was ich die ganze Zeit schon fordere, besser
vorbereitet werden, die Journalisten müssen motiviert werden. Dazu
soll ja Puffler einen neuen Mann vom Bundespressedienst bekommen.
Wenn der aber nicht entsprechend informiert und teilweise sogar da-
rauf geschult wird, geht dies wieder daneben. Bukowski hat Angst,
dass wenn der neue Mann zu engen Kontakt mit Koppe bekommt, dann sofort
Puffler dagegen sein wird.

ANMERKUNG für HEINDL: Bitte übernimm Du, der mit Puffler am leichtesten
sprechen kann, ohne dass der Name Koppe fällt, diese Einschulung

Mühlbauer ruft an und möchte mir für die Tauernkraftwerke Dr. Kiessling,
den Baudirektor der KELAG, empfehlen. Ich erkläre ihm, dass ich vor
Oktober keinerlei Entscheidung treffe und dann nur der besten Mann
in Frage kommt, der seiner Meinung nach auch Gmeinhart ist, er meint
allerdings der würde von unten nicht weggehen, man würde ihn nicht weg-
lassen. Kommt Zeit, kommt Rat wie wir dieses Problem so lösen, dass dann


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tatsächlich der beste Mann zu den Tauern kommt.

Präs. Ribera der Handelskammer Barcelona kommt mit einer Delegation
und dem spanischen Botschafter. 51 Firmenvertreter hätten jetzt Be-
sprechungen in Österreich um den Handelsverkehr zwischen Spanien und
Österreich zu verbessern. In einem einzigen Nebensatz wird das Problem
der Zollermässigung und bilateraler Verhandlungen zwischen Österreich
und Spanien erwähnt. Ich gehe sofort darauf ein und erkläre, dass die
spanische Regierung mit der EG beabsichtigt eine Regelung zu erreichen.
Ausserdem wurde ja seinerzeit innerhalb der EFTA über dieses Problem
eingehend gesprochen. Der Botschafter erklärt den letzten Stand der
spanischen Regierung, da die EG Verhandlungen länger dauern, will man
auch wieder mit der EFTA ins Gespräch kommen. Ich erkläre daher sofort,
dass wir als EFTA-Mitgliedsstaat bilaterale Besprechungen deshalb un-
möglich führen können., was alle einsehen. Ich werde zur Messe nach
Barcelona eingeladen, lehne aber mit der Erklärung ab, dass ich zu
Messebesuchen allein keinesfalls die Zeit habe. MR Steiger habe ich
über das Gespräch sofort informiert, da damit klargestellt ist, dass
bilaterale Gespräche wie die Handelskammer sie will, auch nicht von
spanischer Seite erwartet werden, sondern eben im Rahmen der EFTA,
vielleicht doch jetzt Parallelverhandlungen beginnen.

ANMERKUNG für BUKOWSKI: Bitte Aussenamt offiziell über das Gespräch
verständen. Willenpart resp. Raaber wird ein Protokoll machen.

Heindl ersucht mich Herrn Hirsch von den Vereinigten Fettwerken
zu empfangen. Diese Ölfirma ist aus der Vegetabilen 40 %, Besitzer
Hirsch Olea 18 % und der Rest Estermann, an der die Deutschen seinerzeit
mit 18 % beteiligt waren, vor 2 Jahren gegründet worden. Mit 21 Milli-
onen Schilling Kapital und 10 Millionen erwirtschafteten Rücklagen
hat sie derzeit bei der Oberbank 25 Millionen Schilling Kredit. Durch
die ungeheuren Schwankungen in den Rohstoffpreisen, der Deckungswert
beträgt 225 Gulden die Tonne, im Oktober 74 ist sie auf 325 gestiegen
und jetzt auf 130 gefallen. Termingeschäfte für 76 gehen sogar mit 100.
Dadurch entsteht ein Verlust von 40 Millionen. 20 Millionen kann die
Firma selbst tragen, für 20 Millionen braucht sie verbilligte Kredite.
Da sie derzeit 20.000 Tonnen im Jahr. nämlich 16.000 Tonnen Öl und
4.000 Tonnen Fette produziert, ist sie ein grösserer Produzent als
Unilever. Hirsch fürchtet, wenn die Firma zugrunde gegangen ist, wird


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Unilever dann das Monopol haben. Ich kann trotzdem keinerlei Zusagen
machen, Heindl glaubt, wir könnten über die produktive Arbeitsmarkt-
förderung vom Sozialministerium für die dortigen 200 Beschäftigten
eine Arbeitsplatzsicherung erreichen, indem wir einen verbilligten
Kredit oder Zinsenzuschüsse zur Verfügung stellen. Dafür sehe ich
eigentlich keine Möglichkeit.

Bei der Bauernbesprechung kommt durch einen reinen Zufall Kreisky
ebenfalls auf das Ölproblem und die Neugründung von einer Ölpresserei
und Extraktion zur Sprache. Kreisky ist davon überzeugt, dass Eisenberg
der zuletzt jetzt in Jugoslawien eine Anlage gebaut hat, mit der
Agrarindustrie Wohlmeyer gegen den Unileverkonzern eine solche Fabrik
in Österreich errichten würde, jetzt aber nicht mehr die Unterstützung
von den Bauern oder der ÖVP hat, da man Unilever-Anlagen in der
Schweiz bevorzugt. Lehner erklärt, dass Unilever jetzt in der Schweiz
nicht bauen kann, weshalb das Projekt sehr interessant ist. Ich mache
darauf aufmerksam, dass Unilever in der Schweiz ein 400.000 Tonnen
Projekt plant. Eisenberg aber maximal 150 bis 200.000 in Österreich
errichten möchte. Diese Anlage könne nicht kostengünstig arbeiten, sei
zu klein und man müsse deshalb versuchen, vielleicht auch wenn Unilever
daran interessiert ist, eine gemeinsame Konstruktion zu finden. Die
Mindestgrösse sei 300.000 Tonnen. Auf keinen Fall, erkläre ich, bin
ich bereit, den weitgehenden Schutz, der in einem Fettwirtschaftsfonds
oder ähnlicher Konstruktion enden würde, zu unterstützen, wie
Wohlmeyer das letzte Mal gefordert hat und wie auch sogar die Konsum-
genossenschaftsvertreter mich wissen liessen.

Die Bauernverhandlungen wurden auf zwei Teile geführt. Vormittag wo
die ersten Probleme konkreter besprochen, aber noch keine
endgültigen Ziffern genannt wurden und Nachmittag wo man sich weitesgehendst einigte. Wegen der Bauernpension hat Häuser einen Briefent-
wurf vorgelegt, der aber nicht die Zustimmung von den Bauern bekam und
deshalb wird jetzt diese Seite eine Formulierung eines Briefes vor-
legen. Das ganze wird also in Brief und Antwortbrief wahrscheinlich
eine, vielleicht sogar einigermassen befriedigende Lösung finden.
Häuser klärt dass er für die Verminderung des Ausgedingeanrechnungs-
satzes 350 Millionen Schilling ab 1.1.76 braucht und gleichzeitig
für die Erhöhung 11.5 % der derzeit bestehenden Renten 450 Millionen,
also insgesamt 800 Millionen Schilling. Demgegenüber wird nur ein
Beitragsaufkommen von 180 Millionen Schilling bestehen. Die Renten-
angleichung würde für die Ledigen von 126 Schilling bis 207.50 und


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für die Verheirateten von 461 bis 836.60 Schilling mit 1.1.1976
eintreten. Bei Vieh ist die Bauernseite einverstanden, dass eine
Formulierung kommt, wo die Regierung eine aktive Viehexportpolitik
betreiben wird, was auch finanzielle Leistungen des Staates beinhaltet.
Bei Milch sind sie dann mit 25 Groschen für die erste Qualität. 20
Groschen für die zweite Qualität und 10 Groschen für die dritte
Qualität einverstanden. Gleichzeitig wollen sie von mir eine Zusicherung
dass die Produktaufteilung so erfolgt, dass sie nicht auf Krisengro-
schen rückwirkt. Kreisky fragt was dies bedeutet und ich erkläre
ihm sofort, dass sie den meisten Teil auf die Trinkmilch umlegen wollen,
was aber vollkommen unmöglich ist. Wir haben das letzte Mal über den
Aufteilungsschlüssel uns auch geeinigt und ich sehe darin zwar eine
Schwierigkeit, glaube aber dass wir diese gemeinsam lösen können.
Zuerst wollen die Bauern noch herauszögern, erkennen aber dann dass
jeder Tag der späteren Festsetzung des Verbraucherpreises für die
Molkereien einen Riesenverlust darstellt, da sie auf die Erhöhung des
Erzeugerpreises mit 1.7. bestehen. Minkowitsch schlägt deshalb vor,
wir sollten jetzt in der Preiskommission sofort die Verhandlungen und
Berechnungen auf der Einigungsbasis, die sie letzten Endes dann doch
akzeptieren, vornehmen. Interessant war, dass sie allen Ernstes
tatsächlich glaubten 25 Groschen könnten sie für jede Milch bekommen.
Da aber der Qualitätsanteil I. Klasse 85% beträgt, II. Klasse 12%,
so sind sie dann mit dem Aufteilungsschlüssel, den Weihs gemacht hat
einverstanden. Bei Getreide gibt es eine lange Diskussion und Kreisky,
der mit 5 Groschen begonnen hat, geht sofort auf die 10 Groschen
für Normalweizen und Roggen, 15 Groschen für Qualitätsweizen und
20 Groschen Durum. Hier ergibt sich die grösste Schwierigkeit dass
ich verlange die landwirtschaftlichen Genossenschaften müssen zu-
stimmen, dass sie dieses Getreide übernehmen und dann erst mit 1.2.
die höheren Mehlpreise und Brotpreise in Kraft treten und dadurch
eigentlich erst für die jetzt übernommenen höheren Getreidepreise
die Deckung erfolgt. Minkowitsch teilt Nachmittag mit, er hat mit
Rasser über dieses Problem gesprochen und er erklärte, dass die Finan-
zierungsmittel vorhanden sind. Hier allerdings steht eindeutig fest
dass die Genossenschaft nur gemeint hat, sie könne die Millionen-
beträge aufbringen um die Ernte aufzukaufen. Keinesfalls bin ich über-
zeugt haben diese Leute darüber geredet, dass sie dann auch die Kapi-
talverzinsung usw. tragen müssen, ohne eine entsprechende Vergütung
zu bekommen. Ich verweise deshalb darauf, dass jetzt schon ein An-


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trag vorliegt die Aufkäufer- und Grosshandelsspanne von derzeit
17 Schilling für Roggen und 20.15 für Weizen auf 25.25 Schilling zu
erhöhen. Interessanterweise habe ich von meinem Büro die falsche
Information bekommen, die alte Zahlen beinhaltet; erarbeitet Dr.
Knobloch, kontrolliert Abteilungsleiter Dr. Kurzel, approbiert von
Gruppenleiter Dr. Singer und Information an mich unterschrieben mit
25.6., Jagoda. Mein Büro am 26.6. bestätigt, da ja auch von uns ge-
sehen, und wenn ich mir die Detailziffer nicht ansehe, rede ich dort
Mist. Manchmal könnte man verzweifeln.

Minkowitsch möchte gerne dass über die Getreidepreise im Land-
wirtschaftsministerium geredet wird. Ich erkläre sofort, dass dafür
das Handelsministerium zuständig ist und die Verteilung der Land-
wirtschaftsminister durchzuführen hat, in die ich mich auf gar keinen
Fall einmische. Weihs ist nämlich davon überzeugt, dass er bis anfangs
Feber mit der Ernte durchkommt und dadurch das System, das die Bauern
anstreben, nämlich jetzt den Getreidepreis zu erhöhen und erst im Feber
alle anderen Verbraucherpreise, funktionieren kann. Kreisky ist nämlich
mit der Idee einverstanden und sieht darin eine Möglichkeit mit den
Bauern zu einem Ergebnis zu kommen. Um die grössten Schwierigkeiten, die
nach Abschluss dieses Paktes eintreten werden, vorwegzunehmen, werde
ich unverzüglich am nächsten Tag eine Besprechung mit den Kammern und
in weiterer Folge dann mit allen beteiligten Stellen, d.h. Getreide-
handel, Mühlen, Brotindustrie, Bäcker usw. abführen. Niemand soll sagen
können, er ist nicht vorher informiert gewesen. Die Bauern versprechen
nämlich jetzt das Blaue vom Himmel, was sie alles tun werden, wenn sie
nur einen Getreidepreis jetzt bekommen, ich bin aber überzeugt dass
sich ungeheure Schwierigkeiten dann ergeben werden. Zum Glück ist
bei der Milch nur ein Übernahmepreis, d.h. ein Festpreis festgesetzt,
bei Getreide gibt es nur Höchstpreise. Ich werde deshalb auf alle Fälle
die Anordnung so machen, dass dies klar und deutlich zum Ausdruck kommt.
Ich habe Minkowitsch neuerdings vorgeschlagen man soll für Getreide
nur mehr Qualitäts- und Durumpreise festsetzen und den Normalweizenpreis
dem Marktangebot überlassen. Es wird in der weiteren Zukunft gar
nichts anderes übrig bleiben als Normalweizen auf den freien Markt
einspielen lassen, damit er sich nicht allzu sehr vom Futterweizen
abhebt. Da wir Normalweizen garantiert nicht exportieren können,
Verfütterungsmöglichkeiten auch nur beschränkt sein werden, die Pro-
duktion aber immer mehr zunimmt. kommen wir in dasselbe Absatzdilemma
wie bei den anderen Agrarprodukten. Jetzt wird die Bauernschaft wieder
auf die nationale Reserve hinarbeiten. Wir werden gigantische Lager


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und ungeheure Kosten. Ich bin neugierig ob sie wenigstens die 10
Groschen von Kreisky letzten Endes dann akzeptieren.

Die OKA hat sich bereit erklärt die Kohlenpreise für die WTK von
81.40 Schilling auf 106.– Schilling zu erhöhen, wenn sie gleich-
zeitig ihren Strompreis um 2.5% erhöhen darf. Die Arbeiterkammer
und die Landwirtschaftskammer waren damit einverstanden. Unerwartet
wurde nun von der Industrie in Oberösterreich und damit auch von der
Handelskammer dieser Erhöhungsprozentsatz abgelehnt und nur einer
2%igen Erhöhung zugestimmt. Ich habe deshalb sofort den Vorstand der
OKA zu mir gebeten um ihm dies mitzuteilen. Klimesch erklärte, dann
seien sie nicht imstande den Kohlenpreis zu bezahlen. Dies sei in
meinen Augen aber eine Angelegenheit die sie in Oberösterreich mit
ihren Landeshauptmann Dr. Wenzl aufmachen müssen. Wenn es zu keiner
Zustimmung von der Handelskammer für die 2.5% kommt, werde ich den
Preisantrag mit 2% genehmigen und es bleibt dann bei den Oberöster-
reichern ob sie der WTK 106 oder 103 oder noch weniger für 10^6 be-
zahlen. Die Verantwortung trägt dann insbesondere Oberösterreich und
ganz besonders Landeshauptmann Wenzl. Er ist gleichzeitig Vorsitzender
des OKA-Aufsichtsrates und nimmt sich immer sehr um die oberösterreichi-
sche Kohle. Den politischen schwarzen Peter lasse ich mir hier nicht
zuspielen. Klimesch war überhaupt ein wenig verärgert weil jetzt die
Verbund ihn mitgeteilt hat, dass sie beim Kernkraftwerk den Anteil
von 50% derzeit nicht übernehmen könne. Die Landesgesellschaften
möchten aber am liebsten das zweite Kernkraftwerk noch diese Woche
beschliessen. Ich stellte mich 100%ig vor die Verbund und erklärte
dezidiert, dass nicht die Verbund Schuld sei, wenn jetzt polnischer
und sowjetischer Strom und Voitsberg III errichtet wird, sondern dass
dies ausschliesslich auf meine Verantwortung und Initiative zurück-
geht. Heimische Quellen werden auf alle Fälle vor Errichtung des
zweiten Kernkraftwerkes restlos ausgenützt. Für mich ist bei aller
Achtung der Elektrizitätsunternehmungen der Länder und bei deren Mit-
wirkung und Zusammenarbeit auf das ich grössten Wert lege, noch immer
die gesamtelektrizitätswirtschaftliche Situation massgebend. Preis-
werte Importe, aber vor allem der Ausbau der inländischen Rohenergie
haben Priorität vor dem zweiten Kernkraftwerk. Klimesch fragte mich
ob ich bereit bin, dies auch vor den Ländervertretern resp. Landes-
gesellschaften zu erklären, was ich ihm sofort zusagte.

Eine Bemerkung von Kreisky war im Laufe der Diskussion mit den Bauern


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für mich typisch. Kreisky, der immer wieder meine Bedeutung in diesen
Verhandlungen herausstreicht, der darauf hinweist, wie schwierig ich
es habe, mit allen gut auszukommen, und der ich also stets bemüht ein
Kompromiss zu erzielen, sei in Wirklichkeit ein Konservativer in der
Regierung. Der zweite sei Lütgendorf, aber aus anderen Überlegungen.
Auf die erstaunten Gesichter der Bauernvertreter erklärte er, was
unter meinem Konservativismus zu verstehen ist, dass ich nämlich an
dem Zustand gutes Einvernehmen insbesondere mit der Handelskammer
nichts ändern möchte. Alle diese Bemerkungen, die er auch bezüglich der
Verantwortung, die er zu tragen hat, und das Ausreden auf ihn, immer
sehr wohlwollend mir gegenüber erklärte, also typisch in der Ver-
handlungsführung. Damit lockerte er das Gespräch auf, zeigte, dass
ich mich sehr bemühe um Lösungen, dass er andererseits aber als Re-
gierungschef letzten Endes die Verantwortung trägt und dass es halt
sehr schwer ist in dieser Materie zu einem Einvernehmen zu kommen.
Ich muss zugeben, dass er dies sehr geschickt macht, obwohl in meinen
Augen dies nicht die optimale Lösung ist. Der einzige Fortschritt,
den ich gegenüber dem Vorjahr bemerke, ist, dass er jetzt nicht womöglich
noch, wie dies im Vorjahr der Fall war, mit dem Allgemeinen Bauernver-
band, den Freiheitlichen, dem Arbeitsbauernbund und dem Bauernbund
gleichzeitig verhandelt, weil dadurch gar nichts anderes herauskommt
als nur weitere Lizitation. In seinen Lernprozess hat er jetzt end-
lich zur Kenntnis genommen, dass es zweckmässiger ist, mit der
stärksten Organisation zu verhandeln, den Umweg hätte er sich ersparen
können, wenn er, wie ich dies gemacht hätte und auch in Hinkunft immer
nur tun werde, eben mit der Landwirtschaftskammer als der gesetzlichen
Interessenvertretungen zu verhandeln. Dies ist die alleinige offi-
zielle Stelle, dort hat der Bauernbund ja dominierend alle Möglich-
keiten entweder zuzustimmen oder abzulehnen, die anderen können sich
nicht aufregen, denn sie sind teilweise sogar dort vertreten und
wenn sie sich dort nicht durchsetzen können, ist es ihre Angelegenheit.
Wenn Kreisky jetzt immer behauptet, in Koalitionen kommt alles viel
teurer, dann kann ich nur sagen, selbst in einer Koalitionsregierung
oder in Koalitionsverhandlungen wäre bei der Milch und bei Getreide,
Vieh und Sozialleistung auch nicht mehr herausgekommen. Die politischen
Gegebenheiten und Notwendigkeiten erfordern eine Lösung mit den
Bauern. Billig wird sie nicht sein. Da Kreisky dem Druck der Strasse,
insbesondere den Bauernaufmärschen entgehen will, wofür ich volles
Verständnis habe, ist er eben bereit, mit ihnen zu einer Einigkeit zu
kommen. Da der Teufel im Detail steckt, werden wir noch eine ganze


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Reihe von Schwierigkeiten haben. Androsch beharrt unter anderem
auf alle Fälle darauf, dass die seinerzeit zugesagte Verbilligung des
Magermilchweges ihn 62 Millionen Schilling im Budget kostet. jetzt
aufgehoben wird. Brandstätter bemerkte zwar pacta servanda sunt. Androsch
erklärt, die Getreideüberbrückungsstützen können nicht mehr geben
und die Magermilchstützung müsse wegfallen. Das wird noch ein lustiger
Streit in der Durchführung.

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Tagesprogramm, 1.7.1975

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

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Tagesordnung 170. Ministerratssitzung, 1.7.1975

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hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)

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Nachtrag TO 170. Ministerratssitzung, 1.7.1975


Tätigkeit: Präs. Bauernbund
GND ID: 118894366


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    GND ID: 1017902909


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      Tätigkeit: Kriegsverbrecher


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        Tätigkeit: BMW? Steyr-Daimler-Puch?


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: GD OKA


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Agrarindustrie Gmünd


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: LH Kärnten, SPÖ


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: BK BRD, SPD


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                      Tätigkeit: Straßburg


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: MR HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Reg.R HM


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                            Tätigkeit: MR HM


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                              Tätigkeit: Dir. TKW


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                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
                                  GND ID: 130620351


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: SChef HM
                                    GND ID: 12195126X


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                      GND ID: 102318379X


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                                        Tätigkeit: Beamter Sekt. I HM


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Raiffeisen-Generalanwalt


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Vereinigte Fettindustrie


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Beamter HM


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Beamter HM


                                                Einträge mit Erwähnung:


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: Vermittler von Geschäften, öst. Generalkonsul in Seoul, Südkorea


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                      GND ID: 118566512


                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                        Tätigkeit: Kabinettschef Kreisky [ident mit Reiter, C; 3.11.1971 Fredi Reiter genannt]]


                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                          Tätigkeit: Präs. LWK


                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                            Tätigkeit: MR HM


                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                              Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                GND ID: 130327808


                                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                                  Tätigkeit: GD Steyr-Daimler-Puch


                                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                                    Tätigkeit: Finanzminister
                                                                    GND ID: 118503049


                                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                                      Tätigkeit: GS Präs.konf. LWK AR Verbund
                                                                      GND ID: 12906288X


                                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                                        Tätigkeit: oö. LH (ÖVP), GD OKA
                                                                        GND ID: 119017555


                                                                        Einträge mit Erwähnung: