Mittwoch, 13. August 1975
Gen.Dir. Böhm und Stanek von Waagner-Biro ersuchen mich, daß
von Leykam die große Investition nicht ausschließlich nach
Firmen im Ausland vergeben werden sollen. Leykam hat sich für
das nordische System entschlossen und will unter gar keinen
Umständen das Cogland-Verfahren machen, welches von der VÖEST
und teilweise Waagner-Biro bei Steyrermühl angewendet wird. Hier
gibt es große Schwierigkeiten, die Fabrik kann noch immer nicht
einwandfrei nach den Cogland ihre Produktion aufnehmen. Waagner-
Biro möchte aber, daß doch wenigstens von ihr einwandfrei produ-
zierten Kesseln Kocherei, vielleicht auch sogar für die VÖEST die
Bleicherei in Österreich bestellt wird. Ich erkläre sofort, daß wir
in unserer Foerderung verlangt haben, daß mindestens 50 % in
Österreich verbleiben muß. Wahrscheinlich wird Leykam 70 % nach
Österreich vergeben. Haffner wird mit Gen.Dir. Spiegelfeld darüber
sprechen. Sollten sich Schwierigkeiten ergeben, dann werde ich
auf alle Fälle mit Spiegelfeld resp. mit der CA als Finanzier und
Besitzer reden. Ich verweise allerdings neuerdings darauf, daß
Gen.Dir. Gruber sich sehr beschwert hat, über die Ausführungen
die Waagner-Biro bei dem Theiß-Kraftwerk gemacht hat. Waagner–
Biro hat damals angeblich schlechte Werksarbeit geleistet. Mit
Recht verweisen aber die Vertreter, daß sie im Ausland jetzt die
größten Aufträge bekommen und deshalb die österreichischen Inves-
titionen als Referenzen insbesondere bei der Umweltschutzinvestition
jetzt dringend brauchen. Wir einigen uns dahingehend, daß ich so
wie in der Elektrizitätswirtschaft überall versuchen werde bevor der
endgültige Zuschlag ins Ausland geht noch einmal die österreichischen
Firmen gefragt werden sollen ob sie preislich und qualitätsmäßig
nicht doch in das Offert das der Ausländer legt, einsteigen können
und wollen. Waagner-Biro ist sehr erfreut zu erfahren, dass Voits-
berg 3 gebaut wird. Jetzt bewerben sich um ein ähnliches Projekt,
nämlich ein Ölkraftwerk im Suezkanalgebiet bei Suez mit 300 MW
um 2,5 Milliarden Schilling.
ANMERKUNG für REIM: Wir müssen einen Weg finden, daß bevor österr.
Firmen Anlagen ins Ausland vergeben, tatsächlich wir davon so zeit-
gerecht erfahren, daß wir noch einen letzten Versuch über Vergabe
nach Österreich machen können.
Da ich den Vertretern die Gruber-Briefantwort zur Kenntnis
bringen wollte, versuchte ich herauszubringen, wo und wann dieses
Schreiben von uns beantwortet wurde. Zu meiner größten Überra-
schung komme ich dann drauf, daß bei der Sekt.VI der Gruber-Brief
vom 7.7. nicht einmal noch bearbeitet wurde. Wenn ich in meinen
Aufzeichnungen nicht festgehalten hätte was mit den Brief und dem
Problem überhaupt geschehen ist, wüßten wir überhaupt nicht wo
die ganze Angelegenheit steckt.
ANMERKUNG an ALLE: Wie können wir unser Kontrollsystem verbessern.
Die wichtigsten Vertreter der Handelskammer mit Kammeramtsdirektor
Kehrer an der Spitze, mit denen ich bereits gestern verhandelt habe,
die Vertreter der Arbeiterkammer mit Kammeramtsdirektor Scheer und
des Gewerkschaftsbundes mit Generalsekretär Hofstetter mit den
Kollegen hatte ich auch gestern bereits fraktionelle Besprechungen,
einigen sich bei mir nach längerer Diskussion, daß wir im Lehrlings-
problem doch eine Lehrstellenangebotserfassung machen sollen. Kehrer
hat nur große Bedenken, daß es fachlich einwandfrei in so kurzer
möglich sein wird. Hofstetter gibt seine Zustimmung, daß die Ver-
handlungen über die Änderung der Verhältniszahlen so schnell als
möglich beginnen sollen, um zu einen positiven Ergebnis zu gelangen.
Alle stimmen zu und die Gewerkschafts- und Kammerfraktion liest nach-
her noch den Brief den ich an alle Präsidenten und Landeshauptleute
schreiben werde, daß wir das Verfahren verkürzen sollen, damit im
September doch die neuen Verhältniszahlen so schnell als möglich
im Bundesgesetzblatt erscheinen sollen und können. Kinscher wird
von mir beauftragt mit Dr. Winkler, Handelskammer, Patzold, Arbeiter-
kammer, und Verzetnitsch, Gewerkschaftsbund, alle Details für die Er-
hebung der Lehrstellen-Angebote so schnell als möglich zu besprechen
und auf Kosten des Handelsministeriums diese Erhebung durchzuführen.
In der zentralen Arbeitsgruppe wurde von der Gewerkschaftsseite vor
Monaten ein diesbezüglicher Vorschlag gemacht. Die Hauptschwierig-
keit sehe ich darin, daß wie ich Kehrer beweisen kann, die Arbeits-
ämter vollkommen unzulängliche Informationen besitzen. Kehrer hat
interessanterweise von Vorarlberg einen Bericht wonach noch 250
Lehrstellensuchende Ende Juli vorhanden sind. Nach einer vom Sozial-
ministerium vorgelegten Aufstellung gibt es aber 1.300 die Lehr-
stellen suchen. Hier handelt es sich aber wahrscheinlich nur um
die Schulentlassenen von denen der größte Teil bereits sicherlich
schon untergekommen ist. Dieses Beispiel überzeugt Kehrer, daß
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wir bei jeder Erhebung ein besseres Ergebnis bekommen werden als
derzeit zur Verfügung steht. Eine zweite Schwierigkeit ist sicherlich
darin, daß nur in NÖ, Salzburg und Kärnten eine einzige Lehrlings-
stelle bei der Handelskammer ist. Sonst überall ist eine Trennung
zwischen allen Sektionen, die von der Handelskammer direkt bearbei-
tet werden und den Gewerbesektionen, wo bei den Innungen die Lehr-
linge in jeder Innung einzeln behandelt werden. Dieser zersplitterte
Aufbau in einzelnen Ländern ist unangenehm, wird sicherlich auch
von der Handelskammer nicht goutiert, konnte aber wahrscheinlich
aus traditionellen Gründen nicht beseitigt werden. Ob es gelingen
wird im neuen Berufsausbildungsgesetz eine organisatorisch ein-
heitliche zentrale Lösung für jedes Bundesland zu finden, wird
sich zeigen. Die Gewerkschaft wird es sicherlich verlangen.
Verzetnitsch verlangt dann auch noch, daß ich die Unternehmer auf-
fordern soll, Lehrlinge aufzunehmen. Die Handelskammervertreter
stellen fest, daß sie dies ständig macht. In der burgenländischen
Handelskammerzeitung habe ich einen solchen Aufruf von Graf tat-
sächlich gefunden. Auch die anderen Kammern haben sich, wenn auch
nicht so dezidiert und so engagiert dafür eingesetzt. Eine weitere
Forderung Verzetnitsch ist über oder zwischenbetriebliche Lehrlings-
ausbildung zu fördern. Meches, der neue Vorsitzende des Berufsaus-
bildungsbeirates, erklärt, daß man auch darüber reden könnte. Kehrer
verweist allerdings, daß es sich hier nur um individuelle Fälle
handeln kann. Ein Aufruf den Verzetnitsch verlangt, daß der Bund,
die Länder, Gemeinden und die verstaatlichten Betriebe sich um mehr
Lehrlinge kümmern sollen, wird von mir dahingehend, daß ich be-
reits für die Elektrizitätswirtschaft eine solche Aktion gestartet
habe und daß in der Regierung bereits wegen der Bahn, Post und
öffentlichen Dienst diesbezüglich positiv gesprochen wurde.
ANMERKUNG für WAIS: Bitte drängt bei den Elektrizitätsunternehmungen
unsere Direktoren, daß sie weitere Lehrlinge wie die ÖDK einstellen.
Ich schreibe an den Landtagsabgeordneten Laurich, der mir ein
Gedächtnisprotokoll über angebliche Abzweigung von Zinsstützungs-
geldern für Konsulententätigkeit usw. durch Ortmann einen Brief,
wo ich die konkreten Unterlagen verlange. Wir haben uns zu dieser
Vorgangsweise nach längerer Diskussion auch mit Heindl entschlossen,
weil auf so vage Behauptungen auf der einen Seite nichts unternommen
werden soll und kann, auf der anderen Seite ich aber natürlich ein
solches Gerücht nicht im Raume stehen lassen darf. Bukowski teilt
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mir mit, daß auch jetzt das Strafverfahren gegen den ehemaligen
Wiener Berghauptmann eingestellt wurde, der auf Grund der seiner-
zeitigen Beschuldigungen bei uns sofort den Dienst quittiert hat
und eine private Tätigkeit, wo er wesentlich besser bezahlt wurde
aufgenommen hat. Die Beschuldigungen gegen Ortmann sind ungeheuerlich
und gehen in Dimensionen, die ich mir beim besten Willen nicht vor-
stellen kann. Wenn Schladming für sein Hallenbad 1.5 Millionen
Schilling Zinsenzuschuß bekommen soll, was an und für sich
schon eine gigantisch hohe Summe ist, dann kann ich mir beim besten
Willen nicht vorstellen, daß man dafür 150.000 Schilling Konsu-
lententätigkeit und Beratung verlangen kann. Wais wird sich den
Akt ausheben und schauen, wie überhaupt die ganze Angelegenheit
Hallenbad in Schladming bearbeitet wurde und welche Größenordnung
vorgesehen ist. Heindl sagt mit Recht, daß von solchen Beschuldigungen,
auch dann, wenn sich herausstellt, daß sie vollkommen haltlos sind,
irgendwie etwas auf den Betreffenden hängen bleibt. Aus diesem
Grund verlange ich Unterlagen um eine strenge Untersuchung und gegebe-
nenfalls natürlich eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft machen
zu können.
Nachdem die Kollegen der Brauereien mit den Unternehmen seit
mittags vergeblich verhandelt haben, ersuchen sie mich um 8 Uhr
abends doch noch einmal mit mir sprechen zu können. Selbstverständ-
lich fahre ich sofort in den Brauereiverband. Dort finde ich eine
sehr ungute Situation vor. Beide Teile glauben ihr Maximum ge-
leistet zu haben und sind noch immer um ca. 2 % auseinander. Beide
Teile erklären mir dezidiert, daß sie nicht mehr einen Schritt
auch noch weiter nachgeben können. Der Sprecher der Unternehmer-
seite Egger meint sie hätten jetzt siebenmal verhandelt, das
letzte Mal sogar die Unternehmer nach Salzburg zusammengerufen,
um sich ein Verhandlungspouvoir für die letzte Verhandlung zu
holen, diese sei jetzt ausgeschöpft und sie hätten keine Mög-
lichkeit mehr, auch nur einen Schritt weiterzugehen. Die Be-
triebsräte wieder sagen, daß sie sich eine solche Behandlung
nicht gefallen lassen können und möchten auf alle Fälle mit Streik-
maßnahmen antworten. Nach stundenlangen Diskussionen und Zwischen-
gesprächen und Zwischenverhandlungen hoffe ich, daß es gelungen ist
einen letzten Kompromißvorschlag der Unternehmerseite rauszureißen.
Danach würden die Löhne um 11 % erhöht werden, dafür allerdings
die bereits bei der letzten Verhandlung festgelegte Anhebung der
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Stammarbeitersonderzulage auf 100 % von 75 % jetzt nur auf 85 %
und der Flaschenbierpreis für Haustrunk von 2.85 auf 2.74 re-
duziert. Dafür verlangen die Unternehmer aber dezidiert, daß
die Laufzeit des Vertrages, sowie das letzte Mal mit 13 Monate fest-
gelegt wird. Ich telefoniere dann noch lange mit Gen.Dir. Beurle,
die Kollegen Macho und Smader sind dabei anwesend und versuche
ihn davon zu überzeugen, daß wir 13 Monate nicht akzeptieren können,
nachdem bereits 12 Monate mehr oder minder von der Unternehmerseite
angeboten würde. Die Unternehmerseite steht allerdings auf dem Stand-
punkt, daß es sich hier um eine Paketlösung gehandelt hat, wovon sie
eben jeden Teil wieder rückgängig machen können, wenn es nicht zur
Annahme des Paketes kommt. Dies sei jetzt ein neues Paket und wie
Beurle mir sagt, müßten sie auf die 13 Monate bestehen. Auf der
anderen Seite ist man auch nicht bereit diesen Kompromiß anzunehmen,
sodaß die Verhandlungen dann weiter fortgeführt werden. Ich selbst
sehe aber jetzt meine einzige Chance zu einer Lösung zu kommen darin,
daß ich Beierle erkläre ich werde mich bemühen, dieses Kompromiß
mit einer Zwölfmonats-Laufzeit durchzubringen. Wie hart es auf der
Unternehmerseite selbst zugehen muß, erkenne ich darin, daß nach
einer halben Stunde Beratungen der Unternehmer noch immer kein Er-
gebnis vorliegt, weil Beurle jetzt mit den anderen Unternehmungsleitun-
gen telefonieren muß. Dies ist für mich die einzige Möglichkeit zu
sagen, man soll auf diesem Kompromiß versuchen zu einer Lösung zu
kommen und die Sitzung zu verlassen. Der vernünftige Teil unserer
Kollegen meint, man müsse sich das neue Offert durchrechnen. Natür-
lich macht es ein böses Blut, wenn man einen höheren Prozentsatz
Lohnerhöhung zwar rausgehandelt hat, dafür aber eine bereits vereinbarte Stammarbeiter-Sonderzulage von 100 % jetzt auf 85 % reduziert.
Die Kollegen sehen aber ein, daß man unbedingt durchrechnen muß,
weil ansonsten die Unternehmer später einmal mit Recht sagen können
sie hätten ein Angebot gemacht, das der Arbeiterschaft mehr bringt
als vielleicht dann letzten Endes doch abgeschlossen wurde. Die
Lohnverhandlungen werden jetzt tatsächlich immer härter und
schwieriger. Man braucht für Zehntel Prozente wochenlange Verhand-
lungen und Einschaltung von Spitzengremien, wie z.B. den Obmann
der Lebensmittelarbeiter. Ich erklärte den Unternehmern wo ich allein
zuerst mit ihnen verhandelt habe, daß meine Funktion niemals darin
bestehen kann Lohnverhandlungen zu führen, sondern ausschließlich
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darin, daß wie in den letzten Jahrzehnten ich immer meine Tätig-
keit auch verstanden habe, ausgleichend zu wirken und zu friedlichen
Lösungen zu kommen.
Tagesprogramm, 13.8.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)