Freitag, 14. November 1975
Bei der Überreichung des Staatswappens an die Firma Danubia
war in meiner Information kein Wort, daß es sich hier um einen
französischen Besitzer handelt. Wenn man sich nicht die Informationen
von anderer Stelle besorgt, meistens aber durch geschicktes Fragen,
ohne daß man zu erkennen gibt, wie wenig man weiß, auf die Details
stoßt, hängt man schön in der Luft. Zur Auszeichnung selbst war
Präsident Igler gekommen, der übrigens eine ungeheure Aktivität
entfaltet, außerdem war Nationalrat Dallinger von der Ange-
stelltengewerkschaft. Die Metallarbeiter hatten nur Sekretäre
resp. die Frauenreferentin Fast geschickt. Interessant für mich
war, daß für diese Zählerproduktion die Firma die schon immer in
französischen Händen war, versuchte nach dem zweiten Weltkrieg
durch spezifische österreichische Vorschrift, die sie den Auf-
sichtsbehörden eingeredet hat, versuchte sich den österreichischen
Markt zu sichern, d.h.abzuschirmen. Als dann die Deutschen mit
ihren DIN-Normen insbesondere die Firma Siemens über einen ge-
kauften österreichischen Betrieb einbrachen, ging dieses Quasi-
Monopol verloren. Der Vorteil aber war, daß damit der große
französische Konzern, der österreichischen Produktionsstätte für
den gesamten DIN-Bereich die Produktion übertrug. Was also zuerst
als ein Unglück in der Verkaufspolitik schien, stellte sich nachher
als ganz passable Lösung dar. Der Betrieb wird in den nächsten 2 Jahre
40 Millionen Schilling investieren. Ich frug den Geschäftsführer,
einen sehr jungen Mann der äußerst tüchtig ist, ob er sich allein
auf Gas- und Elektrizitätszähler beschrankt. Gerade die Fernwärme wird
in Hinkunft sehr viele Haushaltszähler brauchen. Die derzeitige
Lösung wonach ein Haus mit der Fernwärme oder gar mit Warmwasser
von der Zentralheizung versorgt wird, ohne daß in den einzelnen
Wohnungen der Verbrauch gemessen wird, führt zu einer ungeheuren
Energievergeudung. Er verriet mir unter dem größten Siegel der Ver-
schwiegenheit, daß sehr wohl, wahrscheinlich nicht er, sondern
der Konzern an einer solchen Zählerproduktion plant, die spätestens
in zwei Jahre vorliegen wird. Die Absatzlage ist derzeit sehr schlecht,
da die Neubauten wegfallen und dadurch die Ausweitung fehlt. Da-
rüber hinaus wird jetzt die Idee vom Eichamt gewälzt, von 16 Jahre auf
32 Jahre zu verdoppeln, d.h. der Ersatzbedarf wesentlich abnehmen
wird. Trotzdem wird die Firma heuer noch, wie mir der Geschäftsführer
sagt, über die Runden kommen. Der Betriebsrat Schmid, ein sehr
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tüchtiger Mann, hat sogar bei der Versammlung mitgeteilt, daß
er mit der Firma eine entsprechende Pensionsleistung vereinbart
hat. Nach 10 Jahren bekommt einer 7.5 % und er steigt glaube ich bis
zu 15 % des Bezuges.
In einer Bürobesprechung haben wir neuerdings das Problem der
Motivierung, Aktivierung des Handelsministeriums besprochen. Die
ursprünglich vor 5 Jahren geborene Idee, mit Hilfe von Wochen-
programmen dem Haus zu sagen wo der Minister tätig sein wird und
damit sie entsprechende Vorbereitungen treffen könnten um Unterlagen
zu liefern, hat sich als Fehlschlag erwiesen. Ich glaube sogar das
Gegenteil ist eingetreten. Unterlagen oder Anfragen, Diskussionen
usw. habe ich in dieser Zeit vielleicht ein Dutzend bekommen. Durch
die Information was aber der Minister macht oder resp. nicht macht,
haben die Leute, die nicht kooperieren wollen, und solche gibt es
sicherlich auch, eine ziemlich genaue Kontrolle über mich bessen .
Ich habe mich oft gewundert, wieso die Handelskammer so gut informiert
war, was alles geschieht. Der Informationswert meines Büros, der
durch diese Wochenprogramme besonders gegeben war soll erhalten
bleiben. Wir werden nur mit der neuen Aufteilung des Ressorts im
Büro auch ein neues Informationssystem an die Sektionen einführen.
Jour fixe mit der Arbeiterkammer, Blaha, Lacina und Maurer,
Zöllner ist erkrankt, man befürchtet sogar eine leichte Lungen-
entzündung – und Gewerkschaft Lachs und Schmidt, wie Büro, Wanke
und Heindl. Es ergibt sich eine harte und lange Diskussion über die
Sanierung der Textilbetriebe Ost. Übereinstimmend herrscht die
Meinung vor, daß Igler versucht auf Kosten des Staates und Risiko
des E&E-Fonds und ERP die drei Firmen zu sanieren. Diese Methode
und Vorgangsweise stößt einheitlich auf Widerstand und Ablehnung.
Allerdings müssen alle zugeben, daß wir keine Alternative haben.
Die Vöslauer geht auf alle Fälle vor die Hunde wenn es nicht zu
einer Reorganisation kommt. Solange nicht der Bericht von Dr. Schramm,
E&E-Fonds, vorliegt, oder solange mindestens nicht klar ist, wieviel
Schoeller-Bank und wahrscheinlich auch noch die anderen Besitzer
dieser drei Betriebe von ihrem Privatvermögen auch noch dazu bei-
tragen, sollte kein Ministervortrag von mir gemacht werden. Ebenso
muß noch geklärt werden was Soz.Min. Häuser aus AMF wirklich be-
zahlt. Ich bin überzeugt, daß es keine 30 Millionen werden, wie
wir und die anderen Besitzer hoffen. Ein allgemeiner Bericht an den
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Ministerrat hätte nicht viel Sinn. Eine allgemeine Ermächtigung,
daß z.B. die Richtlinien des ERP-Fonds geändert werden anstelle
von 30 % eine 100 %-ige Investitionsfinanzierung, kann aber erst ge-
stellt werden, bis die Details wirklich klar sind.
ANMERKUNG für REIM: Gröger soll noch weitere Details versuchen
zu klären, bevor Ministerratsvortrag mir vorgelegt wird.
Das neue Preisgesetz das in die Begutachtung geht wird von mir
an alle Teilnehmer verteilt. Die Arbeiterkammer, ja auch der Ge-
werkschaftsbund scheinen nur an einem Scheingefecht mit der Handels-
kammer interessiert zu sein. Ihre Politik dürfte ausschließlich
dahingehen, wenn die jetzt ebenfalls zu ändernden Marktordnungen
Änderung der Fondszusammensetzung und Abstimmungsmodalität ihren
Wunsch entsprechend verbessert werden, der Viehverkehrsfond aus-
lauft, dann die alte Preisregelung auch wieder verlängert wird
ohne größere Änderungen vorzunehmen. Ich bin eigentlich der
Auffassung man sollte mit dem neuen System einfachgesetzliche
Regelung, womit die Rutenfunktion erreicht wird, das Auslangen
finden. Ich sehe schon den Moment kommen, wo im Parlament knapp
vor Ablauf der derzeit befristeten Wirtschaftsgesetze, d.i. Juni 76,
doch irgendein Kompromiß zustande kommen wird und das Ergebnis
sein wird, daß die einfachgesetzliche Regelung wieder nicht
kommt. Bis zu diesem Zeitpunkt muß aber zumindestens die Diskussion,
ob ich verfassungsrechtlich eine solche einfachgesetzliche Regelung
überhaupt so machen kann, wie sie Jagoda vorschlägt, geklärt sein.
Ich habe dann immer die Möglichkeit auf diese nur von den sozia-
listischen Mandaten anhängige Lösung zu verweisen. Damit hat sich
dann der Wunsch auf eine weitgehendere Preisregelung von der
sozialistischen Seite auf die ÖVP-Seite rübergeschoben. Dann wird
der Bauernbund nicht nur an den Marktordnungen und der Wirtschafts-
bund ebenfalls, sondern auch an der Preisregelung sein Interesse
deutlich sichtbar zeigen müssen. Politisch ist dies von großem
Vorteil. Ich erleide dadurch allerdings einen Prestigeverlust,
weil mein Wunsch die einfachgesetzliche Regelung, die ja auf alle
Fälle von der SPÖ allein beschlossen werden könnte, nicht durch-
dringt. Ich muß deshalb die Regelung auf alle Fälle immer wieder
nur als Ersatzregelung bezeichnen und propagieren.
Über die Beschlüsse der EFTA bezüglich Portugal, Investitionsfonds,
und Schweden, Schuhglobalkontingent, berichtete ich und es herrschte
Übereinstimmung, daß den Portugiesen weiterhin jedwede Unter-
stützung und gegen die Schweden alle Mittel eingesetzt werden sollen
damit diese ihr EFTA-widriges Verhalten aufgeben.
Eine längere Diskussion ergab sich aus den Anträgen der Wiener
Stadtwerke bezüglich Gaspreis und dann auch der Elektrizitätspreis-
wünsche. Da die Paritätische Kommission gestern beschlossen hat
sie wird nun zum allerletzten mal versuchen die Gaspreisregelung
bezüglich der Erzeuger, ÖMV und RAG in ihrer Kompetenz zu behalten
habe ich derzeit keine besondere Veranlassung bei der Gaspreis-
festsetzung für die Letztverbraucher auf dieses Problem einzugehen.
Sollte ich dies nämlich müssen, dann wird es unmöglich sein bis
1.1. den Gaspreis festzusetzen. Die Stadtwerke müssen aber diesen
Gaspreis haben, da sie für ihren Gasbezug hauptsächlich auch durch
die Erhöhung des Sowjetgases 12.5 % mehr bezahlen müssen. Ihr Antrag
für die ansonsten gestiegenen Kosten macht 9.7 % aus. Das offizielle
Preisverfahren muß so schnell abgewickelt werden, weil Nekula
noch im Gemeinderat bis Mitte Dezember zur Beschlußfassung kommen
muß. Maurer von der Arbeiterkammer glaubt riesig lange Zeit zum
Überprüfen zu haben. Hier wird sich glaube ich sehr bald zeigen,
daß Czettel, der neue Präsident, wesentlich expeditiver ist und fest
entschlossen auch im Interesse der Investitionstätigkeit der Gas-
werke einen baldigen Beschluß herbeizuführen. Allerdings ist for-
mell noch bis Jahresende Hrdlitschka der amtsführende Präsident.
S.Chef Frank, Bandhauer von der Verbund, Horwath vom Burgenland und
insbesondere Fremuth, diskutierten anschließend an dem Jour fixe
mit allen Teilnehmern die Problematik der Änderung der Energie-
organisation. Zuerst glaubte Horwath als burgenländischer Landes-
vertreter, daß es sehr zweckmäßig ist, wenn der Gewerkschaftsbund
tatsächlich seine Organisationswünsche, wie er sich ausdrückt,
in den Raum stellt. Straffe Reorganisation der Elektrizitätswirt-
schaft, äußersten Fall in einer Gesellschaft für ganz Österreich.
Horwath meinte, dies sei nur eine deklaratorische Forderung und
zwischendurch würden die entsprechenden Preisanträge über die Bühne
gehen. Er war sehr verwundert und versuchte dann einen Rückzug als
er von mir hörte, daß der Preisantrag eben mit der Organisations-
änderung von seitens des Gewerkschaftsbundes gekoppelt wird.
Dieser möchte womöglich überhaupt nicht und wenn, dann erst
mit 1. Juli den Strompreis erhöhen unter gleichzeitiger Beschluss-
fassung über eine Reorganisation. Ich habe bisher versucht schritt-
weise dieses Zeil anzupeilen. Frank ist mit mir einer Meinung, daß
wir diesmal auch wieder einen kleinen Schritt machen sollen. Mein
Vorschlag geht dahin, das Aufbauprogramm und vor allem auch die
Abnahme resp. Beteiligung der Landesgesellschaften an Voitsberg III
zu erreichen. Solange wir nämlich nicht einvernehmlich zu einer
Reorganisation schrittweise kommen, bliebe uns nur die gesetzliche
Änderung der Elektrizitätsorganisation. Dies setzt aber eine 2/3-
Mehrheit voraus, das das einfachgesetzliche zweite Verstaatlichungs-
gesetz vom Verfassungsgerichtshof jetzt schon entschieden ist, nur
mit qualifizierter Mehrheit geändert werden kann. Diese würden wir
garantiert nicht bekommen, dafür aber eine Diskussion über angeblich
weitere Verstaatlichung auslösen. Fremuth warnte ganz entschieden
vor einer solchen Vorgangsweise. Er meint mit Recht, es würde dadurch
im Ausland der Eindruck entstehen, daß doch die Regierung weitere
Verstaatlichungen durchführen möchte. Niemand würde von der Reorga-
nisation, alle von der Verstaatlichung reden. Damit wäre unsere
Kreditfähigkeit und Würdigkeit gerade auf dem Gebiet der Elektri-
zitätswirtschaft sehr erschüttert.
Überlegungen, ob es tatsächlich notwendig ist für jedes Kernkraft-
werk eine eigene Gesellschaft gründen, sollen in Hinkunft besonders
angestellt werden. Hier bin ich auch der Meinung, daß man anders
vorgehen soll als dies meine Amtsvorgänger machten. Sowohl ÖVP-
Minister Weiß als dann Frühbauer haben immer die Idee gehabt für
jedes Kernkraftwerk eine eigene Gesellschaft zu gründen wegen der
verschiedenen Beteiligungen der einzelnen Länder an jedem Kern-
kraftwerk. Ich bezweifle, daß es notwendig ist eine solche Auf-
splitterung durchzuführen.
ANMERKUNG für GEHART und WANKE: Hier müßte man entsprechende Stu-
dien und gegebenenfalls in der Grundsatzgruppe Diskussion abführen.
Horwath berichtete auch, daß im Elektrizitätsverband vorige Woche
die ÖVP-Länder-Direktoren hinter dem Berg mit ihren Preisforderungen
halten wollten. In dieser Woche wurde beschlossen bis 18.11. die
perzentuellen Anträge aller Länder zu formulieren. Bis 25.11. soll
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dann die Bestätigung der Landeshauptleute beigebracht werden.
Wien liegt scheinbar mit ihren 28 % an der Spitze. Vorarlberg 18.9 %,
die Bewag 18 % und die Steiermark 15 %. Die anderen Prozentziffern
wußte Horwath nicht. Bei derartig exorbitanten Forderungen sehe
ich kaum eine Möglichkeit, daß wir bis zum 1.1. tatsächlich den
neuen Strompreis festsetzen. Die größte Problematik bleibt, daß
die westlichen Bundesländer Tirol und Vorarlberg einen wesentlich
tieferen Strompreis jetzt schon haben und auch gar nicht einen so
hohen Preis brauchen, als wahrscheinlich Wien, NÖ und die Steweag,
die mit Öl heizen. Trotzdem muß man ihnen entsprechende Preis-
korrektur geben, weil nur dadurch eine weitere Differenzierung
der österreichischen Stromtarife verhindert wird. Alle Ideen hier
einen Ausgleich zu schaffen, daß man ungleiche Erlössituation
eine Bereitstellungsprämie, Mengenrabatt usw. ausgleicht, geht nicht.
Fremuth meint, hier würde der Verwaltungsgerichtshof bei einer Be-
schwerde sofort aufheben. Die Riskengemeinschaft die die Elektri-
zitätswirtschaft bezüglich der Versorgung darstellt und deren Aufgabe
die Verbundgesellschaft gerade ist diese Risken auszugleichen, gibt
uns nicht die Möglichkeit durch preisrechtliche Maßnahmen auch hier
einen Erlösausgleich zu dekretieren. Die einzige Möglichkeit wäre
eine Abgabe nach dem Finanzgesetz ähnlich der Stärkeförderung.
Neu aber eine Steuer wird man kaum einführen können. Mit Hilfe von
Fördermittel wäre natürlich ein Ausgleich möglich, doch sind diese
seit langer Zeit unverändert. Aus dem ERP-Fonds stehen 100 Millionen
zur Verfügung, die ja jetzt noch durch die Kohleninvestitionen ge-
kürzt werden sollten und aus dem Kapitalzufuhr 300 Millionen wurde
seit 1963 unverändert der Investitionsbedarf derzeit mit max. 5 %
gedeckt. Als es 1963 eingeführt wurde waren es immerhin noch 30 %.
Hier bekommen sowieso nur die notleidendsten Gesellschaften eine
Kapitalaufstockung, so daß mit diesen beiden Fördermittel nichts
erreicht werden kann. Für die Elektrizitätsorganisationsänderung
konnten wir keine einvernehmliche Auffassung erzielen. Dies war von m;
mir auch gar nicht beabsichtigt. Es ist schon ein großer Erfolg
wenn es gelungen ist den Gewerkschaftsvertretern klarzumachen, daß
es sich hier um ein äußerst kompliziertes Problem handelt, das
durch die Beteiligung der Länder an den Sondergesellschaften eine
ganz andere rechtliche Ausgangsbasis darstellt als die Reorgani-
sation der Stahl- und Eisenindustrie. Dort war der Bund 100 %-iger
Eigentümer und konnte natürlich dann verfahren wie er es für zweck-
mäßig und für sinnvoll hielt. Hier bei der Elektrizitätswirtschaft
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müssen wir infolge der Besitzverhältnisse und vor allem des
harten Widerstandes der Länder, auch der sozialistischen, damit
rechnen, daß wir nur schrittweise und im engsten Einvernehmen
mit den Landesorganisationen vorgehen können.
Tagesprogramm, 14.11.1975