Freitag, 28. November 1975
Baumeister Weidinger, den ich persönlich überhaupt nicht kenne,
wünscht von mir eine Bestätigung über die Bonität seiner Firma und
über seine Exportbemühungen insbesondere nach dem Iran. Nach dem
Motto: Frechheit siegt, hat er mich sofort per Du angesprochen, was
mich an und für sich gar nicht stört, besonders wenn es sich um
einen Genossen handelt. Er war aber sichtlich enttäuscht, als ich
ihm erklärte, dass ich überhaupt niemandem Bestätigungen über Bonität
geben und schon gar nicht über ein Verfahren für Herstellung von
Fertigteilhäusern. Andererseits erklärte ich ihm sofort, dass Minister
Osman von Ägypten im nächsten Jänner kommt und er zu diesem Zeit-
punkt entsprechende Vorbereitungen treffen soll, damit er eventuell
dieses Bausystem den Ägyptern zeigt. Ich vermittelte ihn sofort
zu Min.Rat Fälbl resp. unseren Branchenrefenten.
ANMERKUNG FÜR REIM: Bitte erkundige Dich, ob die Ägypter daran ein
Interesse hätten über das Fachreferat.
Die ungarischen Management-Experten stellten sich als ein Direktor
und eine Mitarbeiterin von der Leichtindustrie in Ungarn heraus.
In Ungarn ist es scheinbar üblich, dass in jedem Ministerium resp.
in grösseren verstaatlichten Betrieben Management-Schulungen und
auf alle Fälle Bürokratien entstehen oder sind, die sich mit diesen
für die westlichen Staaten so typische Entwicklung auch beschäftigen.
Unsere österr. Managementinstitute haben die Leute bereits eine ganze
Woche betreut, ihnen die Einrichtungen gezeigt und sie waren sehr
befriedigt.
Anschliessend nützte ich die Gelegenheit, um mit Gröger gleich über
die weitere Entwicklung der Management-Arbeitsgemeinschaft, die wir
doch erheblich subventionieren, zu reden. Wanke und Gröger sind der
Meinung, dass wir jetzt noch zuwarten sollen, wie sich die ganze
Lage weiter entwickelt. Die Leistungen sind für unsere Ziele eigent-
lich sehr unzulänglich. Das einzige, was sich unsere Management-Institute
geeinigt haben, ist, dass sie dieses Programm ein wenig abstimmen und
wir das Programmheft in Form einer Broschüre bezahlen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Ich glaube, wir sollten eine neue Zielvorstellung
und gemeinsames Programm mit den Instituten erarbeiten.
Gröger nützte die Gelegenheit, um darzulegen, dass es notwendig
wäre, als Nachfolge von Dinzl Dr. Bock vom Präsidium der Industrie-
sektion zuzuteilen. Ich erklärte ihm sofort, dass ich dazu keine
Möglichkeit sehe, denn seinerzeit wurde die Grumbeck-Abteilung nicht
zuletzt auf seinen Vorschlag und Wunsch der Personalvertretung nur
geschaffen, um eben Grumbeck eine Abteilung zu geben. Jetzt ist
Grumbeck der Nachfolger von Dinzl in dieser Abteilung als Zweitzu-
teilung der Dienstälteste auch sachlich am meisten prädestinierte
und hat daher vollkommen zurecht die Möglichkeit die Dinzl-Abtei-
lung zu übernehmen. Dadurch wird die Abteilung 2 selbstverständlich
wieder aufgelöst und die so verhältnismässig geringen Agenden,
dieser Abteilung auf andere verteilt.
Beim Jour fixe mit AK und ÖGB war Gott sei Dank mein alter Streit-
hansel Zöllner wieder gesund. Bezüglich der Papierförderung kam
ich mit Wehsely überein, dass doch ein grösserer Betrag für die
nö. Zellstoffproduktions GesmbH von Turnauer reserviert werden sollte.
Da die Anträge von Borregaard mit 500 Mill. wesentlich reduziert
werden können, 100 Mill. hat Borregaard selbst zugegeben, Wehsely
denkt, es könnten 150 Mill. sein, da der Pölser Antrag mit
200 Mill. und Brigl mit 160 Mill. sicherlich nicht in vollem
Umfang zum Tragen kommen, müsste ein grösserer Betrag auch für
die nö. Zellstoffproduktions GesmbH zur Verfügung stehen Allerdings
ist dieses Projekt noch sehr nebulös. Turnauer hat noch immer nicht
zu erkennen gegeben, wie er die 500 Mill. S Eigenkapital mit Borregaard
gemeinsam aufbringen möchte. Dies ist ebenfalls erst ein Viertel der
2 Mia. Investitionssumme. Wichtig erscheint nur, dass wir uns nicht
auf allzu grosse Projekte einlassen, die dann nicht ausfinanziert
werden können und wo man weitere Forderungen dann als Handelsminister-
riumsbudget stellen wird. Ich habe bis jetzt von Androsch niemals
mehr Mittel verlangt und möchte dies auch in Hinkunft nicht tun.
Erstens ist es für mich klar, dass in dieser budgetären Lage er
wirklich sparen müsste und zweitens soll niemals gesagt werden, dass
auch ich mehr Budgetmittel für das Handelsministerium verlangt habe.
Durch die seinerzeitige Erhöhung von 3 auf 5 % Gewerbesteueranteil
für die Bürges – Gewerbestrukturverbesserung bekomme ich sowieso
solange die Gewerbesteuer steigt und dies wird auch im nächsten Jahr,
da die Berechnung immer zwei Jahre zurückliegt, der Fall sein, muss
ich mit diesen Mitteln auskommen. Kritisch wird es nur in drei
Jahren, weil dann die Rezessionsjahre zur Veranlagung kommen und
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sicherlich ein entsprechender Rückschlag des Gewerbesteuerertrages
zu erwarten ist. Langfristig darf ich also das Handelsministeriums-
budget nicht mit Projekten verpflastern.
ANMERKUNG FÜR ALLE: Bitte auf diese Entwicklung stets Bedacht nehmen.
Die Preiserhebung vor und nach der Erhöhung der Mehrwertsteuer wird
von allen begrüsst. Schmidt hat nur vollkommen recht, wenn er erklärt,
man sollte die Computerlisten von 1972 als Grundlage nehmen.
Erstens haben wir dadurch die Möglichkeit, einen grösseren Artikel-
rahmen festzulegen, der bereits eingeführt ist und von dem die
Unternehmer mehr oder minder annehmen, dass er allumfassend gewesen ist.
Zweitens haben wir aber dann einen Preisvergleich mit den alten Computer-
listen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte die endgültige Auswahl mit Koppe und mir
noch besprechen.
Die Arbeiterkammer und teils der ÖGB waren nicht genau informiert,
wie es jetzt mit dem Ausschuss Keller über Gewährleistung, Garantie
usw. im konsumentenpolitischen Beirat weitergehen soll. Das Justizmini-
sterium, die Bürokratie scheinbar ohne Wissen von Keller, d. h.
dem Büro von Broda, hat eine Sitzung einberufen, um über gesellschafts-
rechtliche Konsumentenschutzpolitik zu verhandeln. Wir haben im
letzten Moment diese Zweigleisigkeit dadurch verhindern können,
dass wir Keller und ich Broda überzeugt haben, dass es zweckmässig
ist, bei uns im Beirat über die konsumentenpolitische Seite auch
der Justizverwaltung zu verhandeln, während über die gesellschafts-
rechtliche (GsmbH, AG-Gesetz usw.) rein im Justizministerium zu ver-
handeln ist. Selbstverständlich werden dann die Gesetze, die auch
vom konsumentenpolitischen Standpunkt erlassen werden müssen, im Justiz-
ministerium vorbereitet und auch ausgesendet und dann natürlich in
die Regierung eingebracht. Auf alle Fälle hoffe ich, dass es dadurch
gelungen ist, eine Zweigleisigkeit zu verhindern und was noch viel
wichtiger ist, eine Konkurrenzorganisation neben dem Verein für Konsumentenorganisation und dem Handelsministerium – Konsumentenpolitischen
Beirat – zu verhindern.
Bezüglich der Preisregelung für Naturgas – der Antrag stammt von der
AK Oberösterreich – kommen wir überein, dass jetzt abgewartet wird,
was in der Paritätischen Kommission herauskommt. Hier gibt es differente
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Auffassung zwischen AK und ÖGB, aber ich hoffe, dass es Schmidt
gelingen wird, auch Zöllner davon zu überzeugen, dass der jetzt
eingeschlagene Weg zielführender ist. Tumpel teilte mit, dass die
Gasgesellschaften sich verpflichtet haben, für Anfang Dezember die
Unterlagen zu liefern und dass es jetzt schon feststeht, dass die
RAG keinerlei Preiserhöhungen vornehmen wird, weil die Index-
Schwankungen unter 5 % bleibt. Schmidt urgierte, dass es notwendig
wäre, bei der ÖMV jetzt die Prüfung langsamer durchzuführen.
Er fürchtet, dass jetzt unsere Beamten eine exakte und verhältnis-
mässig schnelle Prüfung einleiten und dadurch die ÖMV ihre Ziffern
vorlegen muss. Ich konnte mir nicht verkneifen darauf hinzuweisen,
dass die AK mich ganz hart attackiert hat, weil ich nicht sofort die
Preise seinerzeit gesenkt habe und ein Preisverfahren eingeleitet habe
Jetzt beginnt die AK auch sich mehr dafür zu interessieren, wie es
bei den weiteren Ausbau der Lagerstätten, der Mineralölsteuerer-
höhung usw. bestellt sein wird bevor sie eine endgültige Linie
bezüglich von Produktenpreiserhöhungen einschlägt. Für mich ist
es ganz selbstverständlich, ich werde den Weg, den ich eingeschlagen
habe, unbeirrt fortsetzen, weder mich von momentanen Attacken der
Arbeiterkammer noch von allzu sehr taktischen Überlegungen der ÖMV
leiten lassen, einmal Hü und einmal Hott zu sagen. Die Prüfung
wird fortgesetzt, sie wird, wenn sie einigermasen gründlich ist
sowieso sehr sehr lange dauern.
Eine längere interne Diskussion in unserem Büro nahm doch die Frage
des organischen Einbaues von Herbert Tieber in Anspruch. Reim war sehr
erschüttert, als er wie er sich ausdrückte, mehr oder minder über-
raschend erfuhr, er müsse das Zimmer sofort räumen. Er sieht die
politische Notwendigkeit vollkommen ein, dass jetzt das Sekreta-
riat und das Büro umorganisiert wird. Nach längerer Diskussion
leider in Abwesenheit von Reim, der erkrankt ist, den ich aber
telefonisch sofort informierte und beruhigte, einigten wir uns dahin-
gehend, dass Tieber auf alle Fälle in den ersten Wochen im Zimmer
von Gehart sitzt, wodurch Reim in seinem Zimmer bleiben kann.
Reim wieder hat dann nachdem ich telefonisch mit ihm gesprochen
habe und ersucht, er soll auf alle Fälle, solange er Fieber hat, zu
Hause bleiben und erst am Montag kommen, wieder Gehart angerufen
und ihm mitgeteilt, dass er eine ganz andere Zimmerkombination
vor hätte, nämlich sogar aus dem 1. Stock in das 2. Stockwerk zu
übersiedeln. Letzten Endes einigten wir uns, dass wir am Montag,
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wenn Reim zurück ist und vor allem einmal Tieber hier ist
dieses Problem endgültig bereinigen werden. Wanke erinnerte
mich zu Recht, dass in der Arbeiterkammer wir auch eine solche
Diskussion gehabt haben und ich damals glaube ich erklärt
habe, schön, dann ziehe halt ich irgendwo hin, womit natürlich
dann auch dieses Problem endgültig bereinigt war. Ich habe dieser
Frage wahrscheinlich Zeit meines Lebens viel zu wenig Augenmerk
zugewendet, als ich 1945 in der AK begonnen habe, war ich mit Wirland-
ner in einem Zimmer, da wegen Platzmangels gar keine andere Möglich-
keit bestanden hätte. Ich erinnere mich aber noch sehr gut, dass auch
damals bereits immer die grösste Diskussion war, wer sitzt wo und wer
hat das schönere Zimmer und warum sitzt der dort und nicht da. Ich
muss also feststellen, dass sich auch im Laufe von 30 Jahren dieses
Problem nicht geändert hat. Ich hoffe nur, dass wir es besser lösen,
als es momentan den Anschein hat. Das Ziel kann doch nur sein,
dass das Büro besser funktioniert und dass womöglich niemand belei-
digt ist und vielleicht gar so verärgert, dass die Mitarbeit im
Team darunter leiden würde.
Tagesprogramm, 28.11.1975