Dienstag, der 13. Jänner 1976

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Dienstag, 13. Jänner 1976

Bei der Klausurtagung zeigt mir Frühbauer einen Brief der Kelag
an ihn, wo Pacheiner darauf hinweist, dass die Verbundgesellschaft
nicht zu ihrer mündlichen Vereinbarung, die Lohmann und er geschlossen
haben, steht. Frühbauer gibt mir aber sofort zu, dass Lohmann entgegen
den seinerzeitigen Geist der Vereinbarung zwischen ihm und mir und
der Verbundgesellschaft sich durch einen Irrtum auf grössere Zuge-
ständnisse eingelassen hat. Lohmann wollte nachher, als er drauf-
kam, dies sofort korrigieren, nur Pacheiner steht auf dem Stand-
punkt, was er mit Lohmann vereinbart hat, gilt. Frühbauer versucht
jetzt Pacheiner davon zu überzeugen, ohne ihm eine Weisung zu geben,
denn er befürchtet, dass einmal der Rechnungshof sonst ihn beschul-
digen könnte, besser vereinbarte Konditionen auch wenn sie auf einem
Irrtum beruhten, nicht in Anspruch genommen zu haben.

ANMERKUNG FÜR TIEBER UND FRANK: Bitte so schnell wie möglich Kelag
und Vorarlberg abschliessen, damit nicht noch neue Komplikationen ent-
stehen.

Einleitend am zweiten Tag der Klausurtagung hat Kreisky ganz besonders
darauf hingewiesen, dass das Wohnungsproblem und die Zusagen in
unserer Regierungserklärung aus dem Jahre 1970 bis jetzt nicht einge-
halten wurden, 5.000 Wohnung pro Jahr mehr, er sagte zwar, dies rich-
te sich nicht als Kritik gegen Moser, doch in dieser Nichterfüllung
sieht er eine ganz grosse Gefahr. Die Regierung setzt Milliarden ein
und hat keinen Erfolg. Die Regierung hat versagt, dies sei eine Schick-
salsfrage für die Regierung. Damals habe er Fachleuten geglaubt und
jetzt müsse er Herzmanovsky-Orlando zitieren: Man glaubt gar nicht
wohin Fachleute kommen, wenn man sie nur lässt. Die Mietzinsbildung
wird ja auch jetzt in den letzten Jahren auch für die grosse Masse
der Arbeiter, also unserer Wähler, unerträglich hoch. Dazu kommt
noch, dass die meisten in Genossenschaftswohnungen wohnen, dort hohe
Ablöse zahlen müssen und eigentlich gar nichts von ihrer Wohnung haben,
zum Unterschied von den Eigentumswohnungsbesitzern. Diese zahlen heute
nicht mehr als in Genossenschaftswohnungen und können, wenn sie aus-
ziehen, ihr Kapital irgendwie wieder verwerten. Hier wird es früher
oder später einen Aufstand geben. Kreisky bezeichnet es als eine
Enteignung der Mieter und da die Genossenschaften als sozialistisch
gelten, sie werden ja von Sozialisten geführt, wird es hier einen


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schweren Rückschlag dann der Partei geben. Als ich abends in unserem
Bezirksausschuss über dieses Problem besonders auch referierte,
wurde mir mehr oder minder bestätigt, dass wir hier schon jetzt
in einer sehr kritischen Phase sind, wenn auch nicht nach 15 Jahren,
wie Kreisky behauptete die Rückzahlung der Ablöse bei den Genossen-
schaftswohnungen Null ist sondern erst nach 40 Jahren, so ist die
Differenz doch sehr gross. Der Eigentumswohnungsbesitzer kann wahr-
scheinlich sogar mit entsprechendem Gewinn, wenn er investiert und
seine Wohnung in Ordnung gehalten hat, sie verkaufen, während der
Genossenschaftswohnungsbesitzer eben einen Bruchteil dessen kriegt,
was sie ihn einmal gekostet hat. Immer mehr komme ich zur Überzeugung,
dass mein vor Jahrzehnten gemachter Vorschlag, die Gemeinde Wien
und alle unsere Genossenschaften sollten einem Gesetz zustimmen,
dass jeder seine Wohnung ins Eigentum automatisch übertragen bekommt,
der einzig richtige Weg war.

ANMERKUNG FÜR TIEBER UND WAIS: Bitte noch einmal mit Holoubek Bespre-
chungen aufnehmen, ob wir nicht eine andere Lösung, die meiner ähnelt,
finden können.

Kreisky kam auch auf die krisenhafte Entwicklung der Wirtschaft in
der Welt und damit auch in Österreich zu sprechen. Er meinte, in
Deutschland sprach man von Silberstreifen und dass das Konjunkturtal
bereits durchschritten sei und ständig steigen die Arbeitslosenziffern.
Er appellierte, dass man seine Sprachregelung, dass die Krise noch
kommen könnte, übernehmen sollte. Trifft sie nicht ein, umso besser
für die Regierung und die Partei. Kreisky forderte mich auf, jetzt
zu berichten. Beim Hinunterfahren hatte ich mit Tieber eine längere
Diskussion, ob ich in der Regierungsklausur dasselbe sagen sollte,
was eine Woche später ich bei der Wirtschaftskonferenz ich referieren
sollte. Wir waren uns beide nicht ganz klar. An und für sich hatte ich
nie in den letzten Jahren bei solchen grossen Veranstaltungen wie
Klubtagungen, Parteitage, Parteirat, Regierungsklausur usw. das Wort
ergriffen. Ich halte nämlich eigentlich gar nichts davon, dort ent-
sprechende Bemerkungen oder Pläne in kurzer Zeit darzulegen. Meistens
kommt es zu einer Konfrontation und man müsste wesentlich mehr Zeit
haben und vor allem einmal das Schlusswort, um durch Erwiderung dann
andere Behauptungen entweder widerlegen zu können oder zumindestens
seien Standpunkt aufklären zu können. Ich habe mir deshalb schon


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seit Jahrzehnten das Prinzip angewöhnt, in der Diskussion nicht zu
reden sondern überhaupt nur auf Aufforderung kurze Erklärungen abzu-
geben. Z.B. erinnere ich mich an den Parteitag in Villach, wo ich das
auf Wunsch Kreiskys getan habe und wo ich eigentlich sehr unbefriedigt
dieser Aufforderung nachgekommen bin. Das Ergebnis war auch danach.
Der Aufforderung Kreiskys entsprechend habe ich deshalb auch nur bei
der Regierungstagung auf Preisentwicklung, die Exporte, den Fremden-
verkehr und das Berufsausbildungsgesetz hingewiesen. Natürlich hat
Kreisky dann – wie ich es ja erwartet hatte und auch gewusst habe –
seine wirtschaftspolitischen Überlegungen angeschlossen. Er verwies
darauf, dass die Strukturbereinigung auf dem Textilsektor Ost unter
Igler sowie die Papierumweltschutzregelung unter Mitwirkung der Re-
gierung kooperativ zwischen Industrie und Regierung erfolgt. Nach der
Stahl- und Eisenfusion jetzt also in der Privatwirtschaft genau die-
selbe Politik unter Zuhilfenahme der Regierung. Er dankte Czettel, dass
er als Arbeiterkammerpräsident gleich die neue Idee gehabt hat und
meint, die freischwebenden Unternehmungen müssten jetzt zusammenge-
führt werden. Die SGP aber nicht mit der Wiener Brückenbau, d.h. VÖEST
weil die VÖEST dies gar nicht imstande ist, diese macht ihre eigene
Politik in der Konjunktur und in der Krise muss sie sich erst be-
währen. Kreisky ist auf die VÖEST nicht sehr gut zu sprechen, denn
er sagt, die Wiener Brückenbau ist gar kein florierender Betrieb und
wenn man einen Betrieb mit ihr zusammenführen würde, kämen nur insbesondere
die Wiener Betriebsstätten zu Schaden. Man konnte heraushören, VÖEST-
Zusammenlegungen bedeuten eigentlich Stillegungen. Er wird und dies
teilte er streng vertraulich mit, bei der Wirtschaftsaussprache nächste
Woche, eine industrielle Kommission vorschlagen, bestehend aus Credit-
anstalt, Länderbank, Schoeller, BAWAG, ÖIAG, ÖGB, Industriellenver-
einigung, Arbeiterkammer und Handelskammer. Die Landwirtschaftskammer
meint er wird dabei nichts zu suchen haben, denn letzten Endes werde
auch die Arbeitgebervertreter bei den genossenschaftlichen Fragen
nicht herangezogen. Von den Ministerien sei das Bundeskanzleramt,
der Finanzminister und der Handelsminister zuzuziehen. Die ganze
industrielle Kommission würde bei ihm ressortieren, weil das BKA
für die wirtschaftliche Koordination zuständig sei. Ziel müsse es
sein, drei bis vier österreichische Grosskonzerne mit 10 – 12.000
Beschäftigten zu schaffen. Es könne ohne weiteres neue gemischte Eigen-
tumsformen geben, ein Vorbild sei Siemens Austria, wo die 43 % von
der ÖIAG stillschweigend überall akzeptiert werden. Dies sei ein florie-
render Betrieb und ein grosser Erfolg. Kreisky kann jetzt nach Jahren,


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nachdem diese Fusion seinerzeit parteipolitisch hart umstritten war,
dies als Erfolg hinstellen. Damals musste die Partei und er ganz
besonders sich gegen die harten Vorwürfe einer Entstaatlichung unserer
Siemens 100 % verstaatlichten Betriebe zur Wehr setzen. Ich hätte
angenommen, dass jetzt die Linke nicht nur bei der Regierungsklausur
sondern wenn dieser Plan dann bekannt wird, auch bei der Diskussion
in unseren Parteigremien aufschreit. Als Rechter habe ich gegen die
Entstaatlichung, sei es Bauring, sei es also jetzt dann in den neuen
Eigentumsformen, wie Kreisky sich ausdrückt, gar nichts einzuwenden.
Kreisky verlangt nämlich, dass sie innerkonzernlich ein unbestrittenes
Mitspracherecht garantiert bekommen. Mir persönlich kam es nie auf die
Eigentumsform in den letzten 30 Jahren an, sondern immer wie ich
glaube auf die immer wichtigste Frage, wie weit gibt es eine Mitsprache.
nicht der Eigentumsbegriff war für mich entscheidend, sondern die
Befehls- und Anordnungsgewalt, anders ausgedrückt: Wer ist der Be-
stimmer?

Kreisky kündete auch eine binationale Gesellschaft an, dies konnte er
umso mehr, als ich ihm am Vortag schon mitteilte, dass die ägyptische
Delegation Minister Chafei und auch der ägypt. Botschafter mir mitteil-
ten, dass Ägypten mit einer solchen Regelung einverstanden ist, ja
sie sogar sehr begrüsst. Kreisky glaubt, diese Gesellschaft ist not-
wendig und das Misstrauen der Araber gegen die Investitionen der
Europäer mit Milliarden Dollar-Beträgen, das sie nur zahlen müssen,
abtauen muss. Er möchte einen fair deal 50 : 50. Diese arabisch-
österreichische Handels- und Industriegesellschaft soll keine Studien-
gesellschaft sein, sondern soll ein beträchtliches Aktionskapital haben
um grosse Aufträge durchführen zu können. Diese Gesellschaft muss
sich dann um die einzelnen Geschäfte bemühen. Mit den Staatshandels-
ländern gehen grosse Geschäfte nur, wenn sei eine politische intensiv,
d.h. wenn Österreich dort auch politisch intensiv eintritt. wenn man
sich nicht um die Geschäfte dort von der politischen Seite kümmert,
so sieht man, wie es dann sofort abwärts geht, das typischste Bei-
spiel ist die Schweiz. Kreisky überschätzt zweifelsohne den Einfluss,
den jetzt seine Besuche oder gar die meinen in den einzelnen Ländern
haben. Richtig ist, dass diese Staatshandelsländern und ganz be-
sonders der COMECON teilweise nach politischen Gesichtspunkten ent-
scheidet, dies aber ausschliesslich der Politik jetzt zugute zu schreiben,
halte ich für übertrieben. Kreisky hat sogar, wie ich bei der Presse-
konferenz dann feststellen kann, ich wurde danach gefragt, am Vortag


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erklärt, nach dem Westen sei die Handelskammer, d.h. die Handels-
delegierten verantwortlich, die Ostgeschäfte und ganz besonders
jetzt der Nahe Osten, d.h. Ägypten aber sei durch die Politik der
Regierung und deren Aussenhandelspolitik bestimmt. Buchacher von
der Presse fragte mich sofort, ob die Handelsdelegierten dort ver-
sagt hätten, und ich korrigierte, nachdem Kreisky aufgeklärt hatte,
dass er dies nicht so meinte, die Handelsdelegierten seien überall
gut. Ich unterstrich, dass wir mit dem System, wie es jetzt existiert
zufrieden sind. So wie wir aber 1970 beginnend die Ostoffensive
eröffneten, so wollen wir jetzt für den arabischen und asiatischen
Raum ganz besonders aber für die OPEC-Staaten eine neue Export-
offensive starten.

Kreisky verwies auch dann darauf, dass er mit Tito und Kardelj
besprochen hat, auch eine jug.-österr. Gesellschaft zu gründen,
die insbesondere in der dritten Welt entsprechende Projekte ver-
wirklichen soll. Jugoslawien hat durch durch seine blockfreie
Politik einen guten Ruf und den möchte Kreisky durch diese neue
Gesellschaft besonders zu einer Exportoffensive nützen. Aufgabe
dieser Gesellschaft sei nicht allein nur das Geschäft aufzureissen,
sondern auch die Kontrolle über die Durchführung zu übernehmen
und gegebenenfalls immer wieder nachzustossen. Kreisky meinte zum
Schluss, er wird am Montag ja sehen, ob die Opposition mit dieser
Idee mitgeht, er meint, sie wird sich kaum dagegen aussprechen können.

Bezüglich des ERP-Fonds meinte er, dieser müsste erweitert werden
da durch die Inflation allein sein Umfang ja ständig materiell
und real sinkt. Androsch, der dann sofort aufgefordert wurde, seine
Konzeption darzulegen, hat zu diesem Punkt erklärt, für die Er-
gänzung der Fremdfinanzierung und des ERP-Fonds müsse man neue
Wege finden. Er stellt sich 1,5 bis 2 Mia. S vor, die allerdings
über die Investitionskredit AG emittiert werden und in Offenmarkt-
politik wie auch für den ERP-Fonds von der ÖNB dann rediskontiert
werden sollen. Androsch geht also in diesem Fall auf klaren Kolli-
sionskurs gegen die Nationalbank-Fraktion insbesondere Kienzl.
Dieser hat mir vor Monaten schon gesagt, er lehnt diesen Weg
strikte ab, weil er dieselbe Diskussion und Auseinandersetzung
mit der Opposition befürchtet, wie seinerzeit über die Postsparkasse
die Finanzierung zum Jahresende 1974 erfolgte. Benya war bei diesem
Sitzungstag nicht anwesend und ich habe Robert Weisz, der noch


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immer im Präsidium sitzt und deshalb an der Tagung teilnimmt,
besonders darauf aufmerksam gemacht. Niemand soll mir ein illoyales
Verhalten vorwerfen können. Aus dem Referat war nämlich diese
Feinheit nicht herauszuhören.

Auch Androsch hat in seinem Beitrag ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass er seine Informationen als streng vertraulich betrachtet
weil er sie bei der Wirtschaftskonferenz dann im Detail darlegen will.
Neben der Beschäftigungssicherung glaubt er, dass die Zahlungsbilanz
in Ordnung gehalten werden muss. Nur so, meint er, war es ihm möglich,
unmittelbar nach dem 5. Oktober für 23 Mia. S die Finanzierung zu er-
reichen. Ganz besonders stolz ist er auf eine 300-Mill.-$-Anleihe,
deren Verzinsung um 18 % unter der Verzinsung ist, die die SU bekommen
hat. Hier versteht Androsch es sehr geschickt, über die Schwierigkeit
der Finanzierung seines Defizits hinwegzuturnen, indem er die Einzel-
heiten und womöglich positive Momente besonders herausstreicht. Er
sagt also nicht, wie hoch die Verzinsung ist und welche Belastung
uns dadurch in Zukunft erwachsen soll, sondern dass es geglückt ist,
eine bessere Kondition als die SU zu erreichen. Um also die Beschäftigung
zu sichern, möchte er die Aufträge für öffentliche Investitionen ausser
der Strassenbau-Milliarde und der Nahverkehrs-Milliarde durch Freigabe
der Stabilisierungsquote mit 3 Mia. für den Hochbau 1,5 Milliarden S
für die Bundesbahn 1,5 Mia. S ankurbeln. Von der Bundesbahn erhofft
er dafür entsprechende Dienstpostenreduzierungen. Lanc, der gestern als
sein Nahverkehrskonzept nicht angenommen wurde, zu mir die Be-
merkung machte, alles andere sei Topfen, äusserste sich zu diesem
Wunsch oder Vorschlag überhaupt nicht. Die grösste Schwierigkeit wird
ja mit der Gewerkschaft über die Reduzierung der Dienstposten zu einer
Einigung zu kommen, sein. In Lanc' Haut möchte ich auch nicht
stecken. Um die Bauwirtschaft stärker anzukurbeln beabsichtigt Androsch
für das Jahr 1976 die vorzeitige AfA, die er voriges Jahr mit 25 %
bestehend aufgehoben hat, für 1 Jahr mit 50 % einzuführen. Ausserem
soll die Investitionssteuer heuer auf Null gestellt werden, dafür 1977
wo nur mehr 2 % vorgesehen ist auf 4 % erhöht und 1978, wo sie bereits
ausgelaufen wäre, dann noch einmal mit 2 % eingehoben werden. Der Aus-
fall der Investitionssteuer beträgt heuer 5 Mia. S, wovon der Bund
3,5 Mia. zu tragen hat und 1,5 Mia. die Länder. Diese Investitions-
steuerverschiebung hat sicherlich damit zu tun, dass - wie Androsch
andeutet – sein Budgetdefizit 1977 und 1978 auf die Hälfte wie er
sich ausdrückt rationalisiert werden muss. In Wirklichkeit habe ich
das Gefühl kann er die hohen Defizite kaum mehr oder nur sehr schwer
finanzieren.



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Androsch kündete weiters an, dass eine Senkung der Bankrate möglich
ist, die Soll-Zinsen aber nur minimal senken können, weil insbesondere
die Haben-Zinsen, ohne dass er sagt, auf Forderung des ÖGB damals
auf auf 5 % hinaufgedrückt wurde. Da diese nicht gesenkt werden
können, wird es zu einer minimalen Sollzinsen-Senkung kommen.
Der E+E-Fonds wird geändert werden müssen, insbesondere im Hin-
blick auf die Textilreorganisation Ost. Auch für die Exportfinan-
zierung wird er entsprechende Massnahmen setzen, bekannt ist, dass
er ja die Haftungsgarantie und Finanzierungsrahmen wesentlich er-
höhen wird. Fürs Fremdenverkehrskonzept, sagte er, hätte ich ja
schon alles gesagt, in Wirklichkeit habe ich nur angedeutet, dass
ich bei der Hoteliervereinigung in Zürs unsere neuen Vorschläge unter
breiten werde, die allerdings dem Finanzminister keine zusätzlichen
Mittel kosten. Androsch meinte auch, die Abwicklung der Fremden-
verkehrskredite müsse wesentlich schneller erfolgen, was mich sofort
zu dem Zwischenruf veranlasste, dass er falsch informiert ist.
Die Abwicklung erfolgt nämlich schnell, was nur nicht funktioniert
ist die Zuteilung der Mittel, sei es aus ERP- oder vom Finanz-
minister. Anschliessend kam er zu mir und ich sagte ihm mit aller
Deutlichkeit, wenn er wünscht, dass diese in Hinkunft auch gegen-
über dem Werber klargestellt ist, dann werde ich veranlassen, dass
unmittelbar nach Bearbeitung von uns eine Mitteilung an den Ansucher
geht, dass er jetzt warten muss, weil die Geldzuteilung nicht erfolgt.
Androsch meint, man müsse dies mit dem ERP-Büro und auch mit seinem
Haus besprechen, dass dies schneller und zweckmässiger erfolgt.

ANMERKUNG FÜR TIEBER UND PLESCH: Bitte sofort veranlassen, dass
unser Haus mit den beiden Stellen eine zweckmässigere Zuteilungs-
modalität bespricht.

Bezüglich der Bürges kündigte Androsch an, dass hier Ressort-
besprechungen stattfinden. Ich erklärte ihm anschliessend dann
sofort unter vier Augen, dass ich nicht bereit bin, grosse Ver-
besserungen zu machen und dann kein Geld von ihm dafür zu bekommen.
Androsch sah dies ein.

ANMERKUNG FÜR PLESCH UND TIEBER: Bitte sofort informieren, welche
Ressortbespechungen hier stattgefunden haben, und wieso wir davon
nichts wissen.



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Tieber war anschliessend beim Mittagessen sehr erschüttert über die
Abwicklung dieser ganzen Besprechung. Er meinte, ich hätte rein
sachlich und kurz informiert, wie es mein System ist und daran hätte
Kreisky und ganz besonders Androsch eine umfassende sicherlich in-
haltlich bedeutendere Erklärung abgegeben. Das liegt aber nicht
nur an meinem System sondern auch an der Kompetenz. Tieber wird
in einem Lernprozess, der bei uns 5 Jahre dauerte, mit Wanke habe
ich diese Diskussion seit Jahren geführt, auch zur Kenntnis nehmen
müssen, dass in Wirklichkeit das einzige Wirtschaftsressort das
etwas zu bestellen hat, das Finanzministerium ist. Dort liegen die
steuerlichen Entlastungsmöglichkeiten, dort liegen die budgetären
Zuwendungsmöglichkeiten, weshalb er in Wirklichkeit nur ent-
sprechende grosse Erklärungen und schwerwiegende Entscheidungen tref-
fen kann. Alle anderen Wirtschaftsressorts sind mehr oder
minder davon abhängig, was sie bekommen. Wenn sie, wie z.B. das
Verkehrsressort dann noch Milliardenbeträge bräuchten und diese
nicht kriegen, dann kann es dazu kommen, dass Ankündigungen nicht
erfüllt werden können. Wenn das Landwirtschaftsressorts anderer-
seits Milliardenbeträge bekommt und dann die Verteilung durchführt
aber nicht so, wie es der Finanzminister oder gar der Bundeskanzler
gerne haben will, dann kommt er auch hier ständig in Kollision.
Aus diesen Erkenntnissen habe ich bereits in den ersten Regierungs-
jahren die Konsequenz gezogen und niemals vom Finanzminister Geld
verlangt, ich werde das auch in Hinkunft nicht tun, keinerlei
Versprechungen gemacht, weil ich sie sowieso nicht erfüllen könnte,
und mich in der Politik daher äusserst vorsichtig bewegt. Das Einzige,
was ich damit erreichen konnte, das ist aber glaube ich sehr viel,
das ist das Gesicht zu wahren, das ist aber schon sehr viel.

Ein typisches Problem war in der Kritik und Auseinandersetzung die
Diskussion über die Staatstheater. Sinowatz wurde ausdrücklich von
Kreisky aufgefordert, dass dieser Punkt besprochen werden muss.
Sinowatz erörterte, dass seit der Dienstinstruktion von Gratz der
Theaterverband volle Autonomie der künstlerischen Leitung der Oper,
der Burg usw. gibt. Ein Generalsekretär soll das koordinieren.
Jungbluth, der von Kreisky und von Gratz damals eingesetzt und
enthusiastisch begrüsst wurde, hat jetzt nach Kreiskys Auffassung
versagt. Es war ein Fehlgriff, wie er sich ausdrückt. Jungbluth hat
scheinbar einige Bemerkungen gemacht, Kreisky mit seiner Transparenz
möchte womöglich, dass auch die nicht aufgeführten Inszenierungen


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wie z.B. Königin der Nacht, in den Tätigkeitsbericht aufgenommen
werden, Kreisky wieder kritisiert mit Recht, dass bei den Theatern
überhaupt nicht gespart wird und Gagen bezahlt werden, nicht nur
für schwache Leistungen sondern für Nicht-Leistungen. Da jetzt
der Rechnungshof-Tätigkeitsbericht zwar noch nicht im Parlament
aber ihm scheinbar schon bekannt aufliegt, so fürchtet er darüber
eine verheerende Diskussion. Sinowatz muss jetzt auslöffeln, was
ihm andere eingebrockt haben. Selbst Beteuerungen von Kreisky,
dass das gar nichts mit einer Kritik an Sinowatz zu tun hat,
wären für mich nicht befriedigend. Ich kenne dieses Problem noch
aus der Ölversorgungsdiskussion.

Die anderen Minister referierten dann, da ja kaum mehr Zeit war,
ganz knapp, wobei Lütgendorf sehr wohl alle seine Punkte vor-
brachte. Kreisky, wenn er auf Schwierigkeiten stösst, erklärt
immer wieder, das müsste bilateral besprochen werden oder das
sei eine Angelegenheit, die die Regierung nur betrifft, d.h.
er weicht Schwierigkeiten in grösserem Forum verständlicher-
weise aus. Immerhin aber hat Lütgendorf genau dasselbe gemacht, was
wahrscheinlich Kreisky und Androsch auch tun, er wird sagen, er hat
berichtet, und damals hat man ihm nicht ausdrücklich in allen Fra-
gen widersprochen. 2.000 Dienstposten mehr, Taggelderhöhung von
20.- auf 30.- S, nach 12 Militärleistung LKW-Registrierung,
Kasernenbau um 305 Mill. S pro Jahr durch 6 Jahre usw. Bezüglich
der LKW-Registrierung meinte Kreisky, das müsse er mit dem Handels-
minister besprechen. Meiner Meinung nach kann man ruhig darauf
verzichten, denn wenn es zu einer Mobilmachung, gibt es sowieso
keinen Diesel in genügender Menge, so dass die Unternehmer ohne
weiteres Bereit sein werden, freiwillig ihre LKW dem Militär
zu verpachten oder gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen.

ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte aus Image-Gründen jetzt sofort mit
Büro von Lütgendorf Verhandlungen aufnehmen.

Am interessantesten war, dass Weihs noch ein Programm entwickelte,
wie wenn er dieses Jahr mindestens noch Landwirtschaftsminister
bliebe. Ich an seiner Stelle hätte in gagartiger Weise gesagt,
da ich sowieso bald ausscheide, wird ja Haiden dann das Ge-
schäft führen und er soll gleich berichten. Dies hätte ihm einen
phantastischen Abgang gegeben und Haiden wahrscheinlich für alle
Zeiten mit ihm versöhnt. Häuser und Bielka z.B. haben sich über-
haupt nicht zu Wort gemeldet. Sie waren in meinen Augen optisch
klüger.



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Das Gespräch mit der polnischen Delegation unter Führung von
2 Generaldirektoren und dem Botschafter sowie Handelsrat
sowie den Vertretern der Juniorwerke Ing. Weiss und dem
Sachwalter verlief in der ersten Phase sehr positiv. Der Sach-
walter und Weiss sowie ein Vorsitzender des Aufsichtsrates
hatten nicht angenommen, dass die Polen tatsächlich ein so
grosses Interesse haben, eventuell die Fabrik weiterzuführen.
Bis jetzt waren nur Ungarn, Schweizer usw. hier, die den Be-
trieb "ausbaneln" wollten. Die Absicht war, die Maschinen preis-
wert zu kaufen. Ich liess die Polen nicht im unklaren, dass
Kreisky erwartet, dass der Betrieb weitergeführt wird. Bezüg-
lich der vermögens- und kapitalmässigen Verflechtung Joint
venture usw. könnten alle Variationen mit uns diskutiert werden.
Die Regierung wird sich auch einsetzen, dass es zu einer
erträglichen Lösung bezüglich der Konkursabwicklung kommt
Die Aufteilung im Rahmen einer Kooperation kann gefunden, so
wie die Polen vorschlagen., wenn sie den Betrieb besichtigt
haben. Polen möchte seine Fahrradproduktion von 1 Mill. Stück
auf 2,5 Mill. erhöhen. Dazu benötigen sie Maschinen und Ausrü-
stungen, die in Gleisdorf vorhanden sind. Dann würde, wie der
polnische Generaldirektor mit Recht sagt, eine Zulieferung von
Teilen erfolgen, die im Westen wesentlich teurer erzeugt werden.
Auf dieser Basis könnte dann eine Kooperation zwischen den Län-
dern erfolgen und der Absatz im COMECON-Markt aber auch in der
westlichen Welt gesichert werden. Noch jetzt ist Polen imstande,
von der 1 Mill. Räder, die sie produzieren, 400.000 zu exportie-
ren, davon 300.000 nach Kanada und nach Amerika. Ich habe aller-
dings immer das Gefühl, dass in Polen der Preis nicht das ent-
scheidende ist. Uns kann es aber nur recht sein, wenn eine
Möglichkeit der Kooperation auf dieser Basis gefunden wird.

Der poln. Botschafter Karski interessierte sich dann auch für
die Gasleitungserrichtung der WAT und hat mit der ÖMV schon
Besprechungen aufgenommen. Ebenso seit über Petrolkoks jetzt ein
konkretes Besprechungsstadium erreicht. Fälbl, der anwesend war,
will jetzt mit der ÖMV diesbezügliche Besprechungen führen.

ANMERKUNG FÜR WAIS UND PLESCH: Bitte diese Frage klären.



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Minister Chafei hat in der Creditanstalt in einem kleineren
Kreis ein kurzes Referat gehalten und dann hat sich eine mühsam auf-
rechterhaltene kurze Diskussion zwischen 3 oder 4 CA-Leuten und
ihm ergeben. Bei einem anschliessenden Buffet konnte ich fest-
stellen, dass vielleicht doch einige Geschäfte gehen werden.
Leider nicht schon jetzt das Tunnel-Projekt.

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Tagesprogramm, 13.1.1976

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

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hs. Notizen

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Tabelle "Europäischer Preisvergleich ausgewählter Produkte" (hs. Notizen Rückseite)

29_0050_03

hs. Notizen

29_0050_04

Tabelle Importe/Exporte 1970, 74/75 (hs. Notizen Rückseite)


Tätigkeit: DoKW


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    GND ID: 1017902909


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      Tätigkeit: Beamter HM


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        Tätigkeit: Unterrichtsminister


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          Tätigkeit: Präsident AK
          GND ID: 121924882


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            Tätigkeit: stv. Außenhandelsminister
            GND ID: 127276920


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              Tätigkeit: Dir. KELAG


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                Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


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                  Tätigkeit: Bautenminister


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                    Tätigkeit: Staatschef Jugoslawien


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                      Tätigkeit: Verkehrsminister, LH-Stv. Ktn.
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                        Tätigkeit: Theatermanager


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                            Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
                            GND ID: 130620351


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                              Tätigkeit: SChef HM
                              GND ID: 12195126X


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                                Tätigkeit: Chef Energiesektion


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                                      Tätigkeit: Kabinett Staribacher


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                                        Tätigkeit: Sekr. JS, Tiroler SPÖ-Politiker


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                                          Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
                                          GND ID: 119083906


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                                              Tätigkeit: Bundeskanzler
                                              GND ID: 118566512


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                GND ID: 11870396X


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      GND ID: 130327808


                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                        Tätigkeit: Finanzminister
                                                        GND ID: 118503049


                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                          Tätigkeit: FSG-Vors., SPÖ-Klubobmann, Volksanwalt


                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                            Tätigkeit: IV, GD Wr. Schwachstromwerke (WSW)


                                                            Einträge mit Erwähnung: