Samstag, der 17. Jänner 1976

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Samstag, 17. Jänner 1976

Die Konsumgenossenschaft Wien, Direktor Kadits, hatte im Einrichtungs-
haus in Vösendorf Leute der Presse versammelt. Er ersuchte mich,
dorthin zu kommen und ich kam diesem Ersuchen mehr widerwillig
als begeistert nach. Ich erklärte der Presse, dass ich durch diese
ständigen Kontakte nicht mit den Konsumgenossenschaften und den
Konsumkaufhäusern sondern selbstverständlich auch mit den privaten
Kaufhäusern eine gewisse Information habe, die unmittelbarer ist
als die statistischen Ergebnisse oder die Prognosen des Wirtschaftsfor-
schungsinstitutes. Trotzdem bin ich über diese Art der Information
nicht sehr glücklich. Das Einrichtungshaus hat mit dem Bastler-
eck über 300 Mill. Umsatz gehabt, sicherlich eine beachtliche
Leistung, aber auch von solchen punktuellen Informationen eine falsche
Entscheidung ohne weiters getroffen werden kann, erörterte
ich der Presse, warum wir eine fundiertere Meinungsumfrage vom
Verein für Konsumenteninformation durchführen. Kadits erklärte mir,
er möchte in der nächsten Zeit mit mir engen Kontakt halten,
um die Aktivitäten der Genossenschaft mit den Intentionen des
Handelsministers abzustimmen. Dieselbe Absicht hatte auch der
leider verunglückte Peterschelka, der wahrscheinlich am ehesten
die Konsumgenossenschaften auch aus ihrer schwierigen finanziellen
Phase durch die Holzgeschäfte bedingt herausgeführt hätte. Selbst-
verständlich erklärte ich auch Kadits, dass ich jederzeit zu einer
Aussprache bereit bin und so wie jeder anderen Handelsgesellschaft
auch der Konsumgenossenschaft volle Unterstützung insbesondere
bei Preissenkungen geben würde.

Beim Abflug der ägyptischen Delegation habe ich dann dem Vertreter
des Minister Osman ganz besonders noch unter vier Augen einge-
schärft, dass das Tunnel-Projekt für Österreich ungeheuer
entscheidend sei. Wenn es zu diesem Auftrag kommt, wird das ein
Fanal in der ägyptisch-österreichischen Beziehung sein. Der
Staatssekretär versicherte mir, dass sein Minister dies auch
so betrachte und er überzeugt ist, dass es gelingen wird, dieses
so grosse und wichtige Projekt in der nächsten Zeit positiv abzu-
schliessen.

Am Abend traf ich im Volkstheater den Aussenminister und berichtete
ihm über die ägyptischen Verhandlungen. Bielka hat bezüglich der
Idee Kreiskys, eine arabisch-österreichische Gesellschaft zu


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gründen, nur ein Bedenken, dass nämlich die arabischen Staaten
sich nicht auf eine Person oder auf eine Anzahl von Personen werden
einigen können. Die arabisch-österreichische Gesellschaft würde
deshalb auf der österreichischen Seite ein Team haben das einheit-
lich auftritt, während auf der arabischen Seite die einzelnen Länder,
man denke nur an Syrien und Ägypten, Saudi-Arabien und Libyen
keinesfalls Übereinstimmung erzielt werden würde. Zum Glück habe
ich dieses Projekt nicht zu verwirklichen, ja bin nicht einmal dafür
verantwortlich. Hier wird Kreisky in Eigenregie diese Gesellschaft
gründen und dann die entsprechenden Schritte, die dafür notwendig
sind, vorbereiten. Eine solche grosse Gesellschaft wäre natürlich
für die Abwicklung der Geschäfte, die sich vielleicht doch jetzt an-
bahnen, sehr interessant.

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Tagesprogramm, 17.1.1976


Tätigkeit: Bundeskanzler
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    Tätigkeit: GD Konsum


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