Mittwoch, 21. bis Samstag 24. Jänner 1976
Nach jahrelangem Drängen habe ich erstmalig die Arbeitstagung
der Hoteliervereinigung besucht. Ich war sehr überrascht, wie wenig
dort eigentlich gearbeitet wird. Wenn wir in der Arbeiterkammer oder
Gewerkschaft solche Tagungen machen, habe ich immer eingeführt,
dass mittags die Leute Skifahren gehen können, und man früh oder
nachmittags dann entsprechende Referate hielt. Dort ist es aber üb-
lich, dass den ganzen Tag nichts gemacht wird sondern am Abend
2 – 3 Stunden höchstens eine Aussprache erfolgt. Dazu hatte man
diesmal Androsch und mich und einige internationale Hotelier-
und Fremdenverkehrsfachleute geladen. Ein Teil davon konnte in-
folge der schlechten Witterung und Sperre der Strassen überhaupt
nicht anreisen. Daher beschränkte sich die Aufmerksamkeit auf
den letzten Tag auf Androsch, der dann doch noch kam und zwei Tage
vorher auf mich. Politisch gesehen waren die Anwesenden natürlich
zum grössten Teil in der ÖVP verankert, vielleicht einige politisch
unabhängig. Das Forum entsprach meinem Bedürfnis, vor Gegnern zu
referieren und mit ihnen zu diskutieren. Wie ich nachher hörte,
waren alle begeistert, obwohl sie mir wahrscheinlich sachlich nicht
in jedem Punkt recht gaben. Sallinger selbst, der auch am ersten
Tag bei meinem Referat anwesend war, meinte nachher zu mir, Sie
machen das sehr geschickt. Bei ihm hat sich dann sicherlich die
Überzeugung gefestigt, mich niemals zu Handelskammmerveranstal-
tungen einzuladen. Die Hoteliervereinigung als freie Organisation
dagegen, legt grössten Wert darauf, Minister – wenn ich so sagen
darf – zu sammeln. Insbesondere der Präsident Skardarasy hat mir gleich
bei erster bester Gelegenheit sein Du-Wort angetragen. In kleinem
Kreis wird dann natürlich über die unmöglichsten und möglichen
Probleme diskutiert. Was mich aber am meisten erschüttert hat,
war, dass Sallinger unter Anwesenheit von Vizekanzler Bock diesem
ins Gesicht sagte, dass er mit mir besser zusammenarbeitet als
seinerzeit mit ihm. Die anderen Fremdenverkehrsfachleute erklärten
mir immer wieder, dass sie mit Bock fast keinen Kontakt hatten.
Sallinger erklärt auch in der Diskussion freimütigst, dass er nicht
mit allem übereinstimmt, was ich mache, dass ich viel zu wenig mich
für den Fremdenverkehr insoferne einsetze, als ich mich gegen andere
Gesetze, wie z.B. jetzt wegen der Bewirtungsspesen, Einspruch erhebe.
Meine Erklärung ist freimütig und offen, dass diese Regierung überhaupt
nur existiert, weil jeder seine eigene Kompetenz versucht zu wahren
und dort eben nach seiner Meinung die notwendigen Massnahmen setzt.
Keinem Minister fällt es ein, bei einem anderen ein Veto deshalb ein-
zulegen. Ich erklärte daher lange bevor Androsch schon kam, dass
ich den Bewirtungserlass zugestimmt habe und mich jetzt nicht von ihm
distanzieren will und nach wie vor dazu stehe. Ich versprach ihnen
auch keine Erleichterung, denn dies ist reine Aufgabe des Durchfüh-
rungserlasses, den Androsch sicherlich wird noch mit ihnen gemeinsam
besprechen und dann in seiner Verantwortung beschliessen. Ich bin
nämlich fest davon überzeugt, dass dieses System jeder macht seine
Arbeit und koordiniert wird letzten Endes ja doch von Kreisky,
das einzig wirksame ist und uns dadurch auch diesen Erfolg in den
letzten sechs Jahren gebracht hat. Ich behauptete auch in aller Öffent-
lichkeit, dass die vorhergehenden Regierungen durch ihr gegenseitiges
Dreinregieren jedes einzelnen Ministers in die Kompetenz des
anderen so wenig erfolgreich gewesen sind. Gerade auf dem Gebiet
des Fremdenverkehrs konnte ich auf die gute Zusammenarbeit zwischen
den Ministerien und ganz aber zu den effektiven Erfolgen der Hotelier-
vereinigung berichten. Wie alle versicherten, waren sie trotz der
gegenteiligen Auffassung in gewissen Punkten in einem befriedigt, näm-
lich über die offene Aussprache.
Fritz Mauthner war als Hotelier auch zu dieser Tagung gekommen und
hat mir bezüglich Zucker und Getreide entsprechende Vorschläge
gebracht. Er war sehr erschüttert von mir zu erfahren, dass in der
Zuckerfrage jetzt eine neue Situation entstanden ist. Bezüglich der
Getreideversorgung ist er bereit, an einer Änderung des jetzigen
Systems allerdings nur in der Stille mitzuarbeiten. Zur Tarnung
meinte er, er hätte nicht genug Zeit, um die Einzelheiten zu über-
legen und zu besprechen, dafür wären ja wirklich die Beamten in den
Ministerien vorhanden. In Wirklichkeit bin ich überzeugt, weiss er
ganz genau, dass ich früher oder später die neue Getreideordnung,
d.h. die freiere Wirtschaft auf diesem Sektor durchziehen werde.
Deshalb möchte er nicht sich jetzt als einer der wichtigsten Ge-
treideimporteure und Saatzüchter von diesem Gedanken
sein. Andererseits aber weiss er noch nicht genau, ob die Landwirtschaft
auch mitspielen wird. Damit er hier nicht zwischen zwei Sesseln
sitzt, er sieht glaube ich die neue Zeit schon kommen, möchte er
den Zug nicht verpassen und sich andererseits mit den Getreideprodu-
zenten und insbesondere mit den Landwirtschaftsvertretern nicht
verscherzen. Mir andererseits ist an diesen Aussprachen deshalb
so gelegen, weil ich nur so grössere Schnitzer vermeiden kann.
Was wir dringendst brauchen sind Informationen von den unmittelbar
davon Betroffenen. Ich hoffe, dass es Plesch gelingt, hier eine
bessere Information von allen möglichen davon betroffenen Kreisen
zu bekommen. Nur so können wir grobe Fehler vermeiden.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Prüfe, ob wir auf diesem Gebiet diesen
Weg global beschreiten können.
Interessant war, dass an diesem Kurs auch Nimmerrichter, Staberl
von der Kronen-Zeitung, teilnahm. Ich vermute dies zumindestens,
vielleicht war er auch wirklich nur Gast. Bei den Vorträgen habe
ich ihn nie bemerkt, wohl aber seine Frau, die – wie sie selbst
sagt – Annocenkeilerin in einer deutschen Zeitschrift ist. Mit Staberl
selbst hatte ich daher Gelegenheit, bei diesem Seminar ein wenig zu
diskutieren. Ich sagte ihm freimütig, dass mir oft seine destruktive
Schreibeweise sehr empört. Seine Frau meinte aber privat sei er
wenigstens doch ein erträglicher Mensch, was ich ohne weiteres be-
stätige. Staberl selbst fühlte sich dadurch hart angegriffen und
erklärte, warum er z.B. niemals Artikel, die er schreibt, recherchiert.
Seiner Auffassung würde er nämlich überhaupt zu keinem Artikel
kommen, weil er alle Für und Wider immer wieder erst prüfen müsste.
Andererseits sagte er hat er noch niemals irgendetwas aufgegriffen,
was nicht vorher bereits irgendwo untersucht würde. Der wichtigste
Grund seiner Schreibeweise ist aber, dass die Kronen-Zeitung sich
selbst erhalten muss und deshalb, wie er sich ausdrückte, die Leser
ständig neu gewinnen muss. In der ersten Republik wären 30.000 Leser
genug gewesen, um eine Zeitung zu erhalten, heute sind es 400.000.
Ich erklärte Staberl immer wieder, dass ich mich persönlich gar nicht
über die Kronen-Zeitung beschweren kann, seine Angriffe treffen mich
verhältnismässig wenig, weil sie im Verhältnis zu anderen, selbst
die von ihm sehr konziliant sind.
Sallinger erkundigte sich, wer jetzt eigentlich Römer-Nachfolger
wird. Ich zählte ihm nur die Bewerber auf und er meinte dann sofort,
dann wird es Wanke. Er selbst plädierte scheinbar für Steiger.
Da – bevor ich Wanke nannte – er meinte, das sei ein guter Mann und
er sollte unbedingt der neue Sektionschef aus dem Hause kommen.
Kommerzialrat Scheiner, der eigentlich für den Präsidenten Skardarasy
der anfangs erkrankt war, einsprang, hat mir gegenüber erklärt, er
müsste wegen Zolles und dessen Berufung als Geschäftsführer der ÖFVW
gegen die er war, grosse Abbitte tun. Zolles sie heute auch auf der
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anderen Seite der anerkannte Fachmann, der sich bestens bewährt.
In der Personalpolitik – und darauf kann Heindl auch sehr stolz
sein – haben wir tatsächlich glaube ich eine gute Hand gehabt bis
jetzt und obwohl wir nur Genossen bestellt haben, von keiner
Seite eine sachliche Kritik bekommen. Sallinger muss zugestehen,
gegen die einzelnen Bestellungen nach einiger Zeit auch nichts mehr
einwenden konnte, wenn er sich dann überzeugt hat, wie gut dieser
Mann ist.